3 Beckensitus. 3.1 Ren (Niere) Entwicklung der Niere LERNPAKET Anatomie 2 3 Beckensitus

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Transkript:

48 Anatomie 2 3 Beckensitus creativ collection 3 Beckensitus 3.1 Ren (Niere) Die paarigen Nieren (Ren) liegen retroperitoneal (werden aber trotzdem hier beim Beckensitus besprochen) und dienen der Filtration des Blutes. 3.1.1 Entwicklung der Niere Achten Sie beim Lernen der Nierenentwicklung darauf, wie sich die Strukturen der definitiven Niere aus zwei ursprünglichen Anlagen (metanephrogenes Blastem und knospe) zusammensetzen, und merken Sie sich die Derivate der knospe. Machen Sie sich außerdem klar, wie beim Aszensus der Niere die Gefäßversorgung wechselt. Besonders Chirurgen fragen im Mündlichen gern danach. Vorniere und Urniere. Die Niere entwickelt sich beim Menschen aus dem intermediären Mesoderm, wobei die einzelnen Entwicklungsstadien sich zeitlich teilweise überschneiden. Zunächst im Halsbereich die funktionslose Vorniere (Pronephros), die sich ab der 4. Woche wieder zurückbildet. Dabei entsteht der Vornierengang, der sich zum Urnierengang (s. u.) weiterentwickelt. Ab der 4. Woche entsteht die Urniere (Mesonephros), die zeitweilig Harn bildet. Sie besteht aus ca. 40 Nephronen und mündet in den Urnierengang (Wolff-Gang, primitiver Harnleiter), der an der Kloake endet. Ab der 6. Woche beginnt die Urniere sich zurückzubilden. Während sich die Urniere zurückbildet, beginnt sich ab der 6. Woche die Nachniere (Metanephros, s. u.) zu entwickeln. Diese wird schließlich zur definitiven Niere. Die Urniere spielt insbesondere beim Mann eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Genitalorgane (s. Abb. 3.1): Aus Abschnitten der Urnierenkanälchen entstehen beim Mann die Ductuli efferentes testis, aus dem Urnierengang entwickelt sich der Nebenhodengang und der Samenleiter. Nachniere und knospe. Die Nachniere (Metanephros, Anlagematerial der definitiven Niere) entwickelt sich aus dem metanephrogenen Blastem, das aus dem kaudalen Teil des intermediären Mesoderms hervorgeht. In das metanephrogene Blastem wächst die knospe hinein, die sich als dorsale Ausbuchtung am Urnierengang bildet. Die Spitze der knospe ist erweitert (Ampulle), sie verzweigt sich dichothom und induziert im metanephrogenen Blastem die Proliferation. Sie entwickelt sich weiter zum Nierenbecken, es entstehen die großen Nierenkelche (Calices majores). Die nachfolgenden Teilungen der Ampulle führen zur Ausbildung von kleinen Nierenkelchen (Calices minores), Papillargängen (Ductus papillares) und dem Sammel- Urniere Kloakenmembran primitives Perineum Sinus urogenitalis Gonade a Kloake Nachniere b Unterteilung der Kloake durch das Septum urorectale c Enddarm Urnierengang Abb. 3.1 Unterteilung der Kloake in Sinus urogenitalis und Anorektalkanal.

3.1 Ren (Niere) 49 rohrsystem. Die Glomeruli und das Tubulussystem dagegen stammen aus dem metanephrogenem Blastem. Der Stiel der knospe wird später zum Harnleiter. Aszensus der Niere. Bedingt durch das Längenwachstum des Embryos erfährt die Niere während ihrer Entwicklung einen Aszensus. Das bedeutet, dass sie sich vom 1. bis 3. Sakralsegment auf die definitive Höhe vom 12. Thorakalsegment bis zum 4. Lumbalsegment verlagert. Sie steigt also auf. Bei diesem Aszensus dreht sich die Niere so, dass das zunächst nach vorn gerichtete Nierenhilum (Nierenpforte, mit A. und V. renalis und ) schließlich nach medial zeigt. Während des Aszensus wechselt die Gefäßversorgung der Nierenanlage: Anfangs wird sie aus Ästen der Aa. iliacae, dann aus segmentalen Ästen der unteren Aorta versorgt. Die definitive A. renalis ist ein segmentales Gefäß auf Höhe des 2. Lumbalsegments. Nierenaplasie (Nierenagenesie). Dabei handelt es sich um das ein- oder doppelseitige Fehlen der Nieren, Nierenarterien und en infolge frühzeitiger Degeneration der knospe. Das Fehlen beider Nieren ist mit dem Leben nicht vereinbar. Die einseitige Aplasie (Kompensation der Funktion durch die gesunde Niere) ist häufig mit Fehlbildungen der Genitalorgane kombiniert. 3.1.2 Funktion Die Nieren produzieren den Urin, der über die ableitenden Harnwege nach außen gelangt. Dadurch regulieren sie die Konzentration der Elektrolyte und das Flüssigkeitsvolumen im menschlichen Körper und spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blut-ph-Wertes. Die Nieren sezernieren bei Volumenmangel die Protease Renin und regulieren so den Blutdruck. Außerdem bilden sie das Hormon Erythropoetin für die Blutbildung. 3.1.3 Aufbau Die Niere ist bohnenförmig, 10 12 cm lang, 5 6 cm breit und wiegt etwa 150 g. Sie wird bei der Aufsicht von außen eingeteilt in eine Vorderfläche (Facies anterior) und eine Hinterfläche (Facies posterior), einen oberen Pol (Extremitas superior) und einen unteren Pol (Extremitas inferior) und den dazwischenliegenden Parenchymteil. Die Niere ist von drei Hüllstrukturen umgeben: Capsula fibrosa (Organkapsel): Sie bildet die derbe, aus kollagenen Fasern bestehende innere Hülle. Am Nierenbeckenkelchsystem ist die Capsula fibrosa mit der Kelchwandung verwachsen und somit fixiert. Sie wird von pararenalem Fett umgeben. Capsula adiposa (Fettkapsel): Sie ist aus Baufett aufgebaut und umschließt die Niere und Nebenniere. Sie bildet das sog. Nierenlager und ist nur locker mit der Organkapsel verbunden. Fascia renalis (Fasziensack): Die äußere Hülle umschließt Niere, Nebenniere und Fettkapsel. Sie besteht aus einem ventralen dünnen und einem dorsalen dickeren Blatt. Diese Faszienanteile sind am oberen und am seitlichen Rand miteinander verwachsen. Nach medial (Nierenhilum) und kaudal ist der Sack offen. Bei der Untersuchung eines Patienten prüft man immer auch die sog. Nierenlager auf Klopfschmerzhaftigkeit: Dabei klopft man dem sitzenden Patienten leicht in die Flanken. Schmerzen in diesem Bereich können ein Hinweis auf entzündliche Nierenerkrankungen sein. Nierenrinde (Cortex renalis) Nierenmark (Medulla renalis) mit den Markkegeln (Pyramides renales) Columnae renales Der konvexe laterale Rand der Niere wird als Margo lateralis bezeichnet, der mediale, konkav geformte Rand als Margo medialis. Am Margo medialis findet sich außerdem das Hilum der Niere (Hilum renale), durch das die großen Gefäße und der Harnleiter ein- bzw. austreten. An das Hilum schließt sich die Nierenbucht (Sinus renalis) an, die von allen Seiten von Nierenparenchym umschlossen ist. Der Sinus renalis ist hinter der A. und V. renalis gelegen und beinhaltet das Nierenbecken. Schneidet man die Niere längs in zwei Hälften, erkennt man eine Vielzahl von Strukturen, die eine weitere Gliederung in die weiter außen gelegene Rindenschicht (Cortex renalis) und das innen gelegene Nierenmark (Medulla renalis) sowie das ganz im Zentrum des Organs gelegene Nierenbeckenkelchsystem ermöglichen (Abb. 3.2). Die Nierenrinde umfasst den ca. 1 cm breiten Randsaum. Von der Rinde kommend ragen säulenartige Gewebsanteile zwischen den Markpyramiden ins Organzentrum vor (Columnae renales). Das Nierenmark gliedert sich in 8 12 Markpyramiden (Pyramides renales), deren Basis zur Nierenoberfläche zeigt und deren Spitze in das Nierenbecken hineinragt. Die Spitzen der Pyramiden sind die Markpapillen (Papillae renales). Diese münden jeweils in die Kelche des Nierenbeckens. In die Markpapille münden die Papillengänge (Ductus papillares). Die Papillengänge sind zusammenfließende Sammelrohre. Der aus den Papillengängen tropfende Urin wird von den trompetenförmigen kleinen Nierenkelchen (Calices renales minores) aufgefangen und von dort in die Hauptkelche (Calices renales majores) geleitet, die schließlich in das Nierenbecken (Pelvis renalis) münden. Diese urinsammelnden Hohlräume der Nieren bezeichnet man auch als Nierenbeckenkelchsystem (NBKS). Details zum Feinbau der Niere finden Sie in den Skripten zur Histologie und zur Physiologie (für die schnelle Wiederholung haben wir hier für Sie Abb. 3.3 eingebaut). Die Histologie der Niere ist einerseits spannend und andererseits notwendig, um die Filterfunktion der Niere zu verstehen. Es lohnt sich, an dieser Stelle etwas Ruhe und Zeit zu investieren, um den histologischen Aufbau der Niere zu verstehen. Es wird Ihnen in fast allen anderen Fächern der Vorklinik dann zugutekommen. 3.1.4 Lagebeziehungen Nierenkelche (Calices renales) Nierenbecken (Pelvis renalis) Markstrahlen (Radii medullares) Abb. 3.2 Längsschnitt der Niere mit Eröffnung des Nierenbeckens. Die Nieren sind retroperitoneal an der rückseitigen Bauchwand befestigt. Sie erstrecken sich vom oberen Pol der Niere auf Höhe des 12. Brustwirbels bis zum unteren Pol auf Höhe des 3. Lendenwirbels. Das Nierenhilum ist in der Regel auf Höhe des 2. Lendenwirbels zu finden. Orientiert man sich an der Crista iliaca, so

50 Anatomie 2 3 Beckensitus distaler Tubulus, Pars convoluta Verbindungsstück Arterielle Versorgung. Die Aa. renales sind große Gefäße, die rechtwinklig auf Höhe von LWK 1 bzw. 2 aus der Aorta abdominalis austreten. Die rechte A. renalis zieht hinter der V. cava inferior zum Nierenhilum, die linke A. renalis verläuft direkt zum Organ. Beide Aa. renales teilen sich im Nierenhilum jeweils in einen vorderen und hinteren Ast (R. anterior und R. posterior), die sich wiederum in 4 5 Äste aufspalten. Diese treten als Endarterien in die Niere ein und teilen sich intrarenal dann weiter in die Aa. in- Nierenkörperchen (Glomerulus) proximaler Tubulus, Pars convoluta proximaler Tubulus, Pars recta distaler Tubulus, Pars recta Intermediärtubulus Pars ascendens Intermediärtubulus Pars descendens Sammelrohr Abb. 3.3 Glomerulus, Nierentubuli und Sammelrohr. ist der untere Nierenpol ca. 3 Finger breit (5 6 cm) oberhalb lokalisiert. Auch bei den Nieren sind die topografischen Beziehungen zu den Nachbarorganen von Bedeutung: kranial: Beiden Nieren sitzen die Nebennieren auf. kaudal: Beide Nieren grenzen im unteren Drittel ihrer Ventralfläche an die Flexuren des Colon transversum. dorsal: Mit ihrer Rückseite grenzen beide Nieren an den M. psoas major, den M. transversus abdominis und den M. quadratus lumborum, außerdem an den N. subcostalis, den N. iliohypogastricus und N. ilioinguinalis (Abb. 3.4). rechte Niere: Die Vorderfläche hat Kontakt zum Lobus dexter hepatis sowie zur Pars descendens duodeni vor dem Nierenhilum. linke Niere: Ventral grenzen der Magen, die Milz und vor dem Hilum der Pankreasschwanz an die Niere. 3.1.5 Gefäßversorgung Oesophagus V. cava inferior Truncus coeliacus A. mesenterica superior Nierenfettkapsel A. u. V. renalis 1. Engstelle 2. Engstelle Rectum Vesica urinaria Glandula suprarenalis A. suprarenalis media Niere A. u. V. renalis N. intercostalis XII. Rippe N. iliohypogastricus N. ilioinguinalis 4. Engstelle A. mesenterica inferior N. cutaneus femoris lateralis A. u. V. testicularis Aa. u. Vv. iliacae communes A. u. V. iliaca interna 3. Engstelle Abb. 3.4 Lage der Nieren im Retroperitoneum und verlauf mit Engstellen.

3.2 (Harnleiter) 51 Vas afferens A. interlobularis V. interlobularis V. arcuata Vas efferens peritubuläre Kapillarnetze A. arcuata Vom Glomerulus kann das Blut aber auch über die Vasa recta in das Mark abfließen, sodass das venöse Blut dann über Vv. rectae weiter in die Vv. interlobares und dann in die V. renalis dexter oder V. renalis sinister gelangt. Lymphabfluss. Die Lymphgefäße der Niere folgen dem Verlauf der venösen Nierengefäße und treten in die Nll. aortici laterales ein. Von dort gelangt die Lymphe über die Nll. iliaci interni und Nll. iliaci communes schließlich in den Truncus lumbalis dexter und sinister und dann in den Ductus thoracicus. 3.1.6 Innervation V. interlobaris A. interlobaris Vasa recta mit Arteriolae rectae und Venulae rectae Die Innervation der Niere erfolgt über den Plexus renalis, bestehend aus sympathischen und parasympathischen Fasern, die hauptsächlich aus dem Plexus coeliacus stammen (s. Anatomie- Skript 3). FAZIT DAS MÜSSEN SIE WISSEN! Aus den Kanälchen der Urniere (Mesonephros) entwickeln sich die Ductuli efferentes testis.! Die Niere erfährt während ihrer Entwicklung einen Aszensus. Abb. 3.5 Gefäßarchitektur in der Niere. terlobares. Diese verlaufen in den Columnae renales zwischen den jeweiligen Markpyramiden (Abb. 3.5). Dort, wo die Gefäße vom Mark in die Rinde übertreten und von der Seite auf die Basis der Markpyramide ziehen, heißen sie Aa. arcuatae. Sie verlaufen an der Grenze zwischen Rinde und Mark. Die Aa. arcuatae sind die bogenförmigen Arterien. Von der Basis einer Markpyramide ziehen Gefäße zwischen den Markstrahlen in die Rinde (Aa. interlobulares). Diese Arterien geben im weiteren Verlauf das Vas afferens für den Glomerulus ab (Abb. 3.5). Venöser Blutabfluss. Das venöse Blut erreicht über die rechte bzw. linke V. renalis die V. cava inferior. Die V. renalis sinistra überkreuzt in ihrem Verlauf die Aorta. In sie münden die V. suprarenalis sinistra sowie die V. testicularis sinistra bzw. die V. ovarica sinistra. Die V. renalis dextra, die V. suprarenalis dextra, die V. testicularis bzw. V. ovarica dextra münden jeweils direkt in die V. cava inferior. Machen Sie sich noch einmal klar: Auf der linken Seite nehmen die V. suprarenalis und die V. testicularis/ovarica einen Umweg zum Ziel: Sie münden in die Nierenvene. Auf der rechten Seite münden die Venen direkt in die V. cava. Die Nierenvenen verlaufen mit umgekehrter Fließrichtung parallel zu den Arterien. Dabei existieren zwei Möglichkeiten für den venösen Rückfluss: Vom Vas efferens des Glomerulus kann das Blut über Vv. interlobulares und weiter über Vv. arcuatae und Vv. interlobares in die rechte bzw. linke V. renalis abfließen. 3.2 (Harnleiter) Die en transportieren den Urin mittels peristaltischer Wellen von den Sammelbecken der Nieren in die Harnblase. 3.2.1 Entwicklung knospe. In der 6. Woche entsteht am Wolff-Gang kurz vor seiner Einmündung in die Kloake die knospe (S. 48), deren Stiel sich zum entwickelt, der mit seinem unteren Ende in die Blase führt. Bei der Entwicklung des s kann es zu Fehlbildungen in Form von Verdopplungen kommen: Beim fissus ist die Verdopplung inkomplett und auf den oberen Teil des s beschränkt. Beim duplex liegt eine komplette Verdopplung von der Harnblase (zwei ostien) bis zur Niere (zwei Nierenbecken) vor. Ein kann dabei am Blasenhals oder in die Urethra münden. Deshalb sind Harninkontinenz und Infektionen der Harnwege die führenden Symptome. 3.2.2 Aufbau und Lagebeziehungen Jeder Harnleiter hat eine Gesamtlänge von 25 30 cm und einen Durchmesser von ca. 5 mm. Die en sind primär retroperitoneal gelegen und verbinden das Nierenbecken mit der Harnblase. Von kranial nach kaudal werden sie in folgende Abschnitte unterteilt: Pars abdominalis: Sie beginnt am Nierenbecken und endet auf Höhe der Linea terminalis des Beckens und zieht senkrecht auf der Psoasfaszie nach kaudal. Bei der Frau hat der rechte bei seinem Austritt aus dem Nierenbecken Kontakt zur Pars descendens duodeni. Pars pelvica: Sie schließt sich an die Pars abdominalis an und endet an der Harnblase. Pars intramuralis: Sie zieht durch die Harnblasenmuskelschicht.

52 Anatomie 2 3 Beckensitus Die en ziehen vom Nierenhilum hinter der A. und V. renalis nach medio-kaudal (schräg-unten) ins Becken und treten schräg von lateral hinten-oben in die Blase ein. Dort bilden sie von innen sichtbar jeweils eine rechts und eine links gelegene öffnung (Ostium ureteris, Abb. 3.7). Auf ihrem Weg durch das Retroperitoneum und das kleine Becken kreuzen sie mehrere Strukturen (Abb. 3.4 und Abb. 3.6): Der überkreuzt den N. genitofemoralis. Der unterkreuzt die A. und V. testicularis bzw. A. und V. ovarica. Der überkreuzt die A. und V. iliaca communis (Pars pelvica). Der unterkreuzt den Ductus deferens bzw. die A. uterina (Pars pelvica). Dabei überkreuzt der linke Harnleiter die Iliakalgefäße in der Hinterwand des Recessus intersigmoideus. Das Wissen um die ganze Über- und Unterkreuzerei des Harnleiters scheint Ihnen vielleicht eine bloße Schinderei des IMPP zu sein. Denken Sie aber daran, dass der Harnleiter im Bauchraum ja eine relativ große Strecke überwindet und dabei ein nur 5 mm zartes Rohr ist. So kann man ihn bei Operationen leicht übersehen und muss daher genau wissen, an welchen Stellen man mit ihm rechnen muss! engen. In seinem Verlauf weist der drei physiologischen Engstellen auf (Abb. 3.4): 1. Engstelle: Nierenhilumaustritt nach medial und Biegung um 90 nach kaudal 2. Engstelle: Überkreuzung der A. und V. iliaca communis 3. Engstelle: Durchtritt durch die Muskelschicht der Harnblasenwand. 3.2.3 Gefäßversorgung Arterielle Versorgung. Die en werden stockwerkartig versorgt: oberer Abschnitt: Rr. ureterici aus der A. renalis mittlerer Abschnitt: A. testicularis bzw. A. ovarica, gelegentlich auch direkt aus der A. iliaca communis bzw. direkt aus der Aorta pelviner Abschnitt: einerseits von der A. vesicalis superior, zum anderen beim Mann von Ästen der A. vesicalis inferior oder bei der Frau von Ästen der A. uterina. Auch die A. pudenda gibt kleine arterielle Äste für den Harnleiter ab. FAZIT DAS MÜSSEN SIE WISSEN! Bei seinem Austritt aus dem Nierenbecken hat der rechte der Frau Kontakt zur Pars descendens duodeni.!! Der unterkreuzt die A. und V. testicularis bzw. A. und V. ovarica.! Der linke Harnleiter überkreuzt die Iliakalgefäße in der Hinterwand des Recessus intersigmoideus.!! Der unterkreuzt den Ductus deferens bzw. die A. uterina. Venöser Blutabfluss. Der venöse Blutfluss erfolgt in die Venen, die die Arterien begleiten. Ihre Anordnung ist ebenfalls etagenartig. Ihr Verlauf und ihre Benennung entsprechen denen der arteriellen Gefäße. Lymphabfluss. Die Lymphe der Harnleiter fließt in die Nll. lumbales. 3.2.4 Innervation In allen Schichten der wand gibt es autonome Nervengeflechte. Die sensiblen Fasern ziehen mit ihren afferenten Fasern auf Höhe von Th 11, 12 und L 1 in das Spinalmark ein. Über diese Innervation wird der Schmerz wahrgenommen, wenn es z. B. zum Harnstau im aufgrund von steinen kommt. Die spastischen Peristaltikwellen im Rahmen einer kolik sind sehr schmerzhaft. 3.3 Vesica urinaria (Harnblase) Die Harnblase (Vesica urinaria) sammelt den von den Nieren abgefilterten und über die Harnleiter nach distal abgeleiteten Urin. Sie speichert ihn, bis die Miktion willkürlich eingeleitet wird. Das Fassungsvermögen der Blase liegt in der Regel bei 500 ml Urin, aber schon ab einem Harnvolumen von 300 ml tritt Harndrang ein. 3.3.1 Entwicklung Die Harnblase sowie auch die Harnröhre entstehen aus dem entodermalen Sinus urogenitalis, der aus dem ventralen Teil der Kloake hervorgeht (Abb. 3.1). Der dem Mesoderm entstammende Urnierengang wird teilweise in die Harnblase einbezogen, sodass der dann direkt in die Harnblase mündet (Abb. 3.6). Die Harnblase entsteht damit aus zwei Keimblättern, den mesodermalen Anteil stellt das Trigonum vesicae (s. u.) dar. Der restliche Teil des Urnierengangs entwickelt sich beim Mann zum Ductus deferens, bei der Frau bildet er sich zurück. 3.3.2 Funktion Bei steigender Füllung der Blase relaxiert der M. detrusor vesicae, so dass der intravesikale Druck zunächst kaum ansteigt. Gleichzeitig melden Dehnungsrezeptoren in der Harnblasenwand, deren Perikaryen in den Spinalganglien liegen, die zunehmende Füllung an das sakrale Miktionszentrum auf Höhe von S 2 S 4 und in supraspinale Zentren. Bei einem bestimmten Füllungsgrad wird der Miktionsreflex eingeleitet: Durch Kontraktion steigt der Druck in der Blase nun stark an. Dieser Druckanstieg verstärkt über einen supraspinalen Reflexweg die Aktivität des Parasympathikus, sodass es zu einer Kontraktion des M. detrusor vesicae kommt und gleichzeitig die einmündungsstellen verlegt werden. Bei Querschnittslähmungen oberhalb des Miktionszentrums kann es zum Bild einer autonomen Blase kommen: Dies führt zu unwillkürlichem Urinabgang, gleichzeitig besteht jedoch oft eine unvollständige Blasenentleerung. Ein Blasenschrittmacher, der in der Vorderwurzel von S 2 implantiert wird, kann Patienten oft helfen. Der in der Blase entstehende Druck dient dem Auspressen des Urins in die Harnröhre. Zur Harnentleerung wird der M. sphincter urethrae internus vorwiegend mechanisch geöffnet, die Erschlaffung des durch den N. pudendus innervierten M. sphincter urethrae externus kann dagegen willkürlich kontrolliert werden. Weitere Mechanismen, die die Miktion unterstützen, sind ein Venenplexus, der im Anfangsabschnitt der Urethra liegt, bei Miktion ausgepresst wird und somit den Weg freigibt, und die Bauchpresse.

3.3 Vesica urinaria (Harnblase) 53 Urnierengang knospe Harnblasenhinterwand Die Harnblase ist ein subperitoneales Organ und vom Blasenscheitel bis zum Blasengrund von Peritoneum überzogen. Die geleerte Harnblase liegt beim Erwachsenen hinter den Schambeinbögen im kleinen Becken. Die Harnblasenspitze reicht im entleerten Zustand ein wenig über den Symphysenoberrand des Beckens hinaus. Je stärker die Blase gefüllt ist, desto mehr steigt sie ins große Becken auf. Eine prall gefüllte Blase kann sogar bis auf Höhe des Bauchnabels reichen. Bei einem akuten Harnverhalt kann der Patient trotz starken Harndrangs aufgrund mechanischer oder neurogener Ursachen kein Wasser mehr lassen. Die übermäßig gefüllte und schmerzhafte Harnblase kann dann als großer Tumor im Unterbauch getastet werden. Eine Ultraschalluntersuchung bestätigt den Verdacht sofort. Akuter Harnverhalt ist ein Notfall, der zunächst durch eine Einmalkatheterisierung behandelt wird. Dabei muss der Urin in mehreren Schritten abgelassen werden, damit es bei einer zu schnellen Entleerung nicht zu einer Blutung aus komprimierten Blasenvenen kommt. Trigonum vesicae Ductus deferens Abb. 3.6 Trennung des s (knospe) vom Urnierengang (Ductus deferens). [aus Ulfig, Kurzlehrbuch Embryologie, Thieme, 2009] 3.3.3 Aufbau Anteile. Die Harnblase ist ein Hohlorgan mit einer dicken muskulären Wand. Man unterscheidet: Corpus vesicae (Harnblasenkörper) Apex vesicae (Harnblasenspitze oder Harnblasenscheitel) Fundus vesicae (Blasengrund). An dem zum Beckenboden hin gerichteten Teil der Blase treten von dorsal die en durch die Wandmuskulatur. Dem kaudalen Anteil des Fundus liegt beim Mann von unten die Prostata an. Der Fundus verjüngt sich nach unten zum Blasenhals (Cervix vesicae urinariae), der dann in die Harnröhre übergeht. Innenrelief. Die Innenwand der Harnblase zeigt Schleimhautfalten, die durch die locker mit der Schleimhautschicht verbundene Wandmuskulatur aufgeworfen werden. Sie dienen der Dehnbarkeit der Harnblase und verstreichen mit zunehmender Füllung. Im Fundusbereich liegt ein faltenfreies, dreieckiges Areal (Trigonum vesicae). Hier ist die Schleimhaut mit der Muskelschicht fest verwachsen und dadurch straff gespannt. Das Trigonum vesicae befindet sich zwischen den Einmündungen der en (Ostia ureteris) und der Harnröhrenöffnung (Ostium urethrae internum). Am Ostium urethrae internum befindet sich zudem die Uvula vesicae. Dieses Blasenzäpfchen ragt von dorsal in die Urethraöffnung hinein und dient dem Verschluss und der Abdichtung der Harnblasenausflussbahn. Die Wand der Harnblase besteht aus insgesamt drei Schichten glatter Muskulatur, die zusammenfassend als M. detrusor vesicae bezeichnet werden. Am Blasenhals bilden speziell angeordnete Muskelfasern den M. sphincter urethrae internus (auch M. sphincter vesicae), der die Blase verschließt. Der M. sphincter urethrae externus enthält quergestreifte Muskulatur und kann daher willkürlich kontrolliert werden. Er wird durch den N. pudendus innerviert. 3.3.4 Lagebeziehungen Beim Mann liegen der Harnblase von dorsal die Ampullen des Ductus deferens und dorsolateral die Samenbläschen an. Außerdem befindet sich zwischen der Harnblase und dem Rektum die Excavatio rectovesicalis. Der Unterfläche der Harnblase liegt beim Mann die Prostata an. Bei der Frau liegt zwischen Harnblase und Rektum die Gebärmutter und untergliedert den Raum im weiblichen kleinen Becken in eine Excavatio vesicouterina (Raum zwischen Harnblase und Uterus) sowie eine Excavatio rectouterina (sog. Douglas- Raum, zwischen Uterus und Rektum). Der Uterus liegt der Harnblase von dorsal an, überragt die Blase und lagert sich ihr schließlich von kranial oben auf. Die Harnblase ist ventral mit Bändern im kleinen Becken befestigt: Lig. pubovesicale (bei der Frau): von der Symphyse zum Blasenhals Lig. puboprostaticum (beim Mann): von der Symphyse zur Prostata. 3.3.5 Gefäßversorgung Arterielle Versorgung. Die A. vesicalis superior (nicht obliterierter Anteil der A. umbilicalis) versorgt den anterio-superioren Anteil der Blase, die A. vesicalis inferior aus der A. iliaca interna den Blasengrund. Bei der Frau stammt die A. vesicalis inferior aus der A. vaginalis. Zusätzlich sind kleinere Äste aus der A. obturatoria, A. rectalis media, A. pudenda interna und bei der Frau auch aus der A. uterina an der Versorgung beteiligt. Venöser Blutabfluss. Der Plexus venosus vesicalis sammelt das venöse Blut der Blase und drainiert es dann in die V. iliaca interna. Bei der Frau liegt der Plexus venosus vesicalis um den Blasenhals und den Anfangsteil der Urethra. Das Venengeflecht der Blase kommuniziert zusätzlich noch mit der V. dorsalis clitoridis profunda und dem Plexus venosus vaginae. Beim Mann ist der Harnblasenplexus verbunden mit dem Prostataplexus, welcher das venöse Blut aus Prostata, Samenbläschen und Ductus deferens aufnimmt und in die V. vesicalis inferior und dann in die V. iliaca interna abführt. Das Blut kann auch über Vv. sacrales in den Plexus venosus vertebralis abfließen. Lymphabfluss. Die Lymphe aus dem oberen und seitlichen Teil der Blase fließt über die Nll. iliaci externi, der untere und hintere Teil (einschl. Trigonum vesicae) fließt ab über die Nll. iliaci interni und schließlich in die Nll. iliaci communes.

54 Anatomie 2 3 Beckensitus M. detrusor vesicae Abb. 3.7 Anatomie des unteren Harntrakts. a Männlich. b Weiblich Ostium ureteris a Trigonum vesicae Ostium urethrae internum M. sphincter internus Pars intramuralis Pars prostatica Prostata M. levator ani Pars membranacea M. transversus perinei M. bulbospongiosus Pars spongiosa b 3.3.6 Innervation Die Innervation erfolgt über den Plexus vesicalis. Die sympathischen Fasern stammen aus den Rückenmarksegmenten Th 11 L1 (Blasenzentrum), die parasympathischen Fasern aus den Segmenten S 2 S 4. Der Sympathikus bewirkt eine Kontraktion der Blasenwandmuskulatur im Bereich von Blasenhals und oberer Urethra und reguliert die Blasenfüllung im Sinne einer Retention von Urin. Die parasympathischen Fasern sorgen für eine Kontraktion des M. detrusor vesicae und eine Relaxation des M. sphincter urethrae internus, sodass der gesammelte Urin ausgepresst werden kann. Bei einer Schädigung der parasympatischen Fasern kommt es zu einer Beeinträchtigung der Miktion. FAZIT DAS MÜSSEN SIE WISSEN! Die Perikaryen der Dehnungsrezeptoren der Harnblasenwand liegen in den Spinalganglien.! Bei einer Schädigung der parasympatischen Fasern aus den Rückenmarksegmenten S 2 S 4 kommt es zu einer Beeinträchtigung der Miktion. 3.4 Urethra (Harnröhre) Die Harnröhre (Urethra) ist der letzte Teil des ableitenden Harnsystems und transportiert den Harn aus der Harnblase ins Freie. Wie die Harnblase auch entsteht die Harnröhre aus dem Sinus urogenitalis. 3.4.1 Aufbau und Lagebeziehungen Urethra feminina. Die weibliche Harnröhre ist 4 5 cm lang. Sie beginnt an der Harnblase am Ostium urethrae internum und zieht zwischen der Symphyse und der vorderen Wand der Vagina zum Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae). Hier mündet sie mit dem länglich-schlitzförmigen Ostium urethrae externum hinter der Glans clitoris. Lateral des Ostium urethrae externum münden die ausführenden Gänge der Glandulae urethrales, kleiner tubulärer Schleimdrüsen. Die weibliche Harnröhre ist sehr kurz, daher ist auch der Aufstieg von Keimen in die Harnwege und die Blase erleichtert. Dies ist der Grund dafür, dass Frauen häufiger unter Harnwegsinfektionen leiden als Männer. Urethra masculina. Die männliche Harnröhre ist ein ca. 25 cm langer, muskulärer Schlauch und zieht vom Boden der Harnblase (Ostium urethra internum) bis zur äußeren Öffnung (Ostium urethrae externum) an der Spitze der Glans penis. In die männliche Urethra münden die Ausführungsgänge der Samenblasen gemeinsam mit den beiden Ductus deferentes. Somit bildet die Harnröhre gleichzeitig den Weg für die Ejakulation der Spermaflüssigkeit. Die männliche Urethra wird in vier Abschnitte eingeteilt (Abb. 3.7 und Abb. 3.8). Pars intramuralis: Ein kurzer Abschnitt der Urethra innerhalb der Muskelwand der Harnblase, der am Ostium urethrae internum beginnt und vom M. sphincter urethrae internus umgeben wird. Pars prostatica: Sie ist 3 4 cm lang und der weiteste Teil der Harnröhre. Hier münden die zahlreichen kleinen Ausführungsgänge der Prostata. Lateral des sog. Samenhügels (Colliculus seminalis), der an der Rückseite der Harnröhre liegt, ziehen die Ausführungsgänge der Samenbläschen jeweils zusammen mit dem Ductus deferens und münden als Ductus ejaculatorii in der Mitte der Pars prostatica auf dem Samenhügel in die Harnröhre. Pars membranacea: Dieser Teil der Urethra ist 1 2 cm lang und tritt durch den Beckenboden hindurch, der vom Diaphragma pelvis und Diaphragma urogenitale gebildet wird (s. Anatomie-Skript 1). Er ist damit fest am Beckenboden fixiert. Die Pars membranacea wird zudem vom M. sphincter urethrae externus umschlossen. Mit einem Lumen von 3 mm Durchmesser ist sie der engste Teil der männlichen Harnröhre. Pars spongiosa: Sie zieht durch den Bulbus sowie das Corpus spongiosum des Penis (S. 68) und endet am Ostium urethrae externum. In diesem Abschnitt der Harnröhre finden sich die Lacunae urethrales und die Mündungen der Glandulae urethrales und Glandulae bulbourethrales. Urethraengen und Aufweitungen. Sowohl die männliche als auch die weibliche Harnröhre besitzen drei typische Engstellen: 1. Engstelle: innere Öffnung der Harnröhre am Blasenaustritt (Ostium urethrae internum Pars intramuralis) 2. Engstelle: Durchtritt durch den Beckenboden im Diaphragma urogenitale (Pars membranacea urethrae) 3. Engstelle: äußere Öffnung der Harnröhre (Ostium urethrae externum).