Emissionen aus PAK- belasteten Materialien in Innenräumen

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Transkript:

Emissionen aus PAK- belasteten Materialien in Innenräumen S. Michaluk, H. Lierke, M. Rüdiger Luftverunreinigungen in Innenräumen von öffentlichen Gebäuden, wie z.b. Schulen, stellen ein hygienisches Problem dar. Die in diesen Gebäuden beobachteten Innenraumbelastungen können auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein, wie beispielsweise bauliche Mängel, Fehler in der Lüftungstechnik, unsachgemäßes Lüftungsverhalten oder die Verwendung bestimmter Bauprodukte, Einrichtungsgegenstände oder Reinigungsprodukte, die chemische Stoffe in die Raumluft abgeben. Auch mikrobiologische Probleme (Schimmelbefall) spielen in öffentlichen Gebäuden eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren wurde viel über eine gesunde und hygienisch verträgliche Innenraumluftqualität in öffentlichen Gebäuden diskutiert. Wegen Verdacht auf Asbest, PCB und andere Innenraumschadstoffe wurden viele ältere Gebäude, speziell Schulgebäude umfangreich saniert. Dennoch gibt es nach wie vor aufgrund unzureichender baulicher Wartungsarbeiten und wegen Geldmangels der Kommunen einen großen Sanierungsbedarf bei öffentlichen Gebäuden. Der vorliegende Beitrag widmet sich den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) als ein Bestandteil der Luftverunreinigung. Abb.1: Parkett mit PAK - belastetem Kleber Abb. 2: Bohrkern mit PAK - belasteter Trennlage 101

Definition und Eigenschaften Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bilden eine Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die aus mindestens zwei oder mehreren miteinander verbundenen aromatischen Ringsystemen bestehen, die in einer Ebene liegen. Der einfachste PAK ist Naphthalin, bei dem zwei Benzolringe über eine gemeinsame Bindung anelliert sind, man spricht hier auch von kondensierten Ringsystemen. Diese ringförmigen Kohlenwasserstoffe können zudem zusätzlich mit Substituenten (häufig Methylgruppen) versehen sein. In weiterem Sinn werden auch Derivate mit Heteroatomen (vorrangig Sauerstoff und Stickstoff) in Form von Aldehyd-, Keto-, Carboxy- und Nitrogruppen, aber auch Heteroaromaten zu den PAK gezählt. Dadurch ergibt sich ein großer Variantenreichtum innerhalb der Gruppe der PAK. Die Toxizität und das häufige Vorkommen in der Umwelt führte durch die amerikanische Environmental Protection Agency (EPA) zur Aufnahme von 16 unsubstituierten PAK in eine List of priority pollutants. Die gewählten Aromaten gelten als repräsentativ für die PAK-Belastung verschiedener Standorte, die Einzelverbindung Benzo[a]pyren wird hierbei als Leitsubstanz der PAK und somit als Maßstab für die Kanzerogenität der gesamten Gruppe angesehen. PAK sind überwiegend neutrale, unpolare Feststoffe. Viele zeigen Fluoreszenz. PAK sind nur sehr gering wasserlöslich; mit zunehmender Anzahl kondensierter Ringe nehmen Flüchtigkeit und Löslichkeit (auch in organischen Lösungsmitteln) ab. Zahlreiche PAK sind nachweislich karzinogen, da sie bei der Metabolisierung im Körper epoxidiert werden und diese Epoxide in einer nucleophilen Ringöffnungsreaktion mit der DNA reagieren können. Wegen der unterschiedlichen toxikologischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften ist eine Einteilung in niedermolekulare PAK (2 3 Ringe) und höhermolekulare PAK (4 6 Ringe) sinnvoll. Verbindungen Naphthalin ist der einfachste PAK und ein farbloser Feststoff, der aus zwei anellierten Benzolmolekülen besteht. Weitere wichtige PAK sind Anthracen und Benzo[a]pyren. Darüber hinaus zählt man Acenaphthylen, Acenaphthen, Fluoren, Phenanthren, Fluoranthen, Pyren, Benzanthracen, Coronen, Ovalen, Tetracen, Pentacen und Chrysen zu dieser Stoffgruppe. In den letzten Jahren war es möglich sogenannte Superacene zu synthetisieren und zu charakterisieren. Diese Verbindungen bestehen aus einer Vielzahl anellierter Benzoleinheiten. Sie sind sehr stabil, haben einen extrem hohen Schmelzpunkt und stellen quasi eine Vorstufe des Graphits dar. Vorkommen PAK sind natürlicher Bestandteil von Kohle und Erdöl. Der bei der Verkokung von Steinkohle anfallende Teer enthält hohe Anteile an PAK. Daher ist seine Verwendung im Straßenbau und z.b. als Dachpappe ab 1970 verboten worden. Mit Steinkohleteer behandelte Produkte, z.b. teergebundener Asphalt aus der Zeit vor 1970, Teerpappe oder Teerimprägnierungen (für Telegrafenmasten oder Eisenbahnschwellen), enthalten daher viel PAK. Führt man die Destillation von Erdöl schonend durch, entstehen nur geringste Mengen. In Otto- und Dieselkraftstoff bzw. Heizöl findet man Spuren von PAK. Auch kommen sie in Tabakrauch und geräuchertem, gegrilltem und gebratenem Fleisch vor. In Gebäuden an verkehrsreichen Straßen kann sich PAK im Hausstaub anreichern. 102

Entstehung PAK entstehen bei der Pyrolyse (unvollständige Verbrennung) von organischem Material (z.b. Kohle, Heizöl, Kraftstoff, Holz, Tabak) und sind deswegen weltweit nachzuweisen. Der überwiegende Anteil der PAK stammt heute aus anthropogenen Prozessen, sie können aber auch natürlichen Ursprungs sein (Waldbrände). Ein wichtiger Prozess in Hinblick auf die Altlastenproblematik ist die Gewinnung von Koks und Gas aus Steinkohle. Abfallprodukte von Kokereien und ehemaligen Gaswerken (Teer) sind nicht selten Ausgangspunkt schwerwiegender Grundwasserverunreinigungen. PAK werden außerdem durch Kondensationsreaktionen aus Huminsäuren gebildet. In der Natur beobachtet man die Produktion von biologisch aktiven PAK durch Mikroorganismen, Pilze, Pflanzen und Tiere. Verwendung Nur wenige PAK-Einzelverbindungen werden gezielt hergestellt und finden als End- oder Zwischenprodukt Verwendung. Naphthalin dient in der chemischen Industrie als Zwischenprodukt hauptsächlich für Azofarbstoffe, Insektizide, Stabilisatoren, Pharmaka, Kosmetikzusätze und Weichmacher. 1-Methylnaphthalin dient zur Herstellung des Phytohormons 1-Naphthylessigsäure. In der Textilindustrie wurde ein Isomerengemisch aus 1- und 2-Methylnaphthalin als Lösungsmittel verwendet. Anthracen ist ein Zwischenprodukt bei der Farben- und Plastikherstellung. Einige Perylenderivate werden als hochwertige Pigmente verwendet. PAK sind ein natürlicher Bestandteil von Weichmacherölen auf Mineralölbasis. Diese finden z.b. in Kautschukprodukten Anwendung. Tendenziell weisen schwarze (z.b. Autoreifen, Gummigriffe an Werkzeugen) Kautschukerzeugnisse einen höheren PAK-Gehalt als helle Gummiartikel auf. Dies hängt allerdings stark vom eingesetzten Rußtyp bzw. von dessen Mengenanteil in der Gummimischung ab. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die mit dem Ruß eingeschleppten PAK fest an die Rußpartikeloberfläche gebunden sind und daher nur mit organischen Lösemitteln (nicht praxisnah!) extrahiert werden können. Weitere Quellen sind z.b. Massivparkette, insbesondere Mosaik-, Hochkantlamellen- und Stabparkette, aber auch Holzpflaster, welche in den 50er bis 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mit teer- oder bitumenhaltigen Klebern auf Zement- oder Asphaltestriche verklebt wurden. Diese Kleber sind meist mit PAK belastet. Abb.3: Parkett mit PAK - belastetem Kleber 103

Analysenmethoden Quantitative PAK-Analyse mittels TENAX-Röhrchen in Anlehnung an VDI 2100 Blatt 3, VDI 3482 Blatt 1 und Blatt 6 Mit einem Volumenstrom von 100 ml/min wird Luft (2-5 Liter) auf ein Sammelröhrchen gesaugt, welches mit dem Adsorptionsmittel TENAX TA gefüllt ist. Das PAK-beladene Tenax- Sammelröhrchen wird thermisch desorbiert, mittels Kapillar-Gaschromatographie und Massenspektroskopie (GC-MS) werden die Verbindungen detektiert. Die einzelnen Substanzen werden nach der Methode des Externen Standards über Vergleichsgemische quantifiziert. Für die Auswertung weiterer Substanzen wird ein im Full-Scan-Modus aufgenommenes Chromatogramm herangezogen. Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Materialproben nach DIN ISO 13 877; 1995-06 Die Analyse von PAK in Boden- und Materialproben erfolgt nach der EPA-Methode Nr. 1625. Nach Zugabe von 8 deuterierten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen wird die Materialprobe mit Toluol in Soxhlet oder mit Cyclohexan im Ultraschallbad extrahiert. Stark verunreinigte Extrakte werden säulenchromatograpfisch aufgereinigt. Anschließend wird der Extrakt auf ca. 1ml eingeengt. Der Nachweis der untersuchten Substanzen erfolgt mittels Kapillar- Gaschromatographie mit Massenspektrometer (GC/MS). Fußbodenbelag Estrich Trennlage Beton Abb.3: Bohrkern 104

Bewertung Im Jahr 2000 erarbeitete die Projektgruppe Schadstoffe der ARGEBAU die Hinweise für die Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK- Belastung durch Parkettböden mit Teerklebstoffen in Gebäuden (PAK Hinweise). Sie wurden in den Mitteilungen des DIBt Nr. 4 (2000) S. 114 123 veröffentlicht.(dibt- Deutsches Institut für Bautechnik) Die hauptsächlich in den 1950er-Jahren, aber vereinzelt auch noch bis in die 1970er-Jahre zur Verklebung von Stabparketten verwendeten Teerkleber traten in den 1990er-Jahren in den Blickwinkel der Öffentlichkeit. Da die schwer flüchtigen PAK hauptsächlich an Staub angelagert vorkommen, kam die Projektgruppe zu folgender Einschätzung: Für den Fall der PAK-Belastung durch teerhaltige Parkettklebstoffe kann keine Gefahrenschwelle festgelegt werden, von der über Vorsorgemaßnahmen hinaus Maßnahmen baurechtlich zwingend geboten sind. Nach TRGS 905 ist Benzo(a)pyren als krebserzeugender, erbgutverändernder, die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigender und fruchtschädigender Stoff der Kategorie 2 nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) einzuordnen. Benzo[a]pyren (BaP) gilt als Leitsubstanz für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Feststoffe (nach 35 GefStoffV) - Konzentration für die Zubereitung von Materialien: < 50 mg BaP/kg - Konzentration für Material und Staubproben: < 10 mg BaP/kg Luftgrenzwerte 2 µg BaP/m³ (TRGS 900) 1 µg/m³ (Summe PAK, TLAtV, Regionalinspektion Gera)) - Raumluft: bis > 3 ng BaP/m³ über BaP der Außenluft - Hausstaub: < 100 mg BaP/kg Frischstaub - Wohnungen: < 10 mg BaP/kg Frischstaub (Umweltmedizinischer Informationsdienst 2/2000) Abfallgrenzwerte 25 200 mg/kg (länderspezifisch) 100 mg/kg (Thüringen) Das Umweltbundesamt (UBA) für Gesundheit und Umwelthygiene gibt für die Einzelverbindung Naphthalin einen Richtwert I (Vorsorgewert) von 2,0 µg/m³ sowie einen Richtwert II (Interventionswert) von 20 µg/m 3 an. Das Erreichen bzw. bei Erreichen der Konzentration von RW II ist mittel- bzw. langfristig zu handeln, wobei beim Überschreiten, besonders für empfindliche Personen bei Daueraufenthalt eine gesundheitliche Gefährdung nicht auszuschließen ist. Eine Belastung mit Naphthalin kann auf die Anwesenheit einer komplexeren Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) hinweisen. Die Projektgruppe ging davon aus, dass in der Regel eine Instandsetzung des schadhaften Parkettbodens durch Schließen der defekten Fugen und anschließende Versiegelung ausreicht und nur in schweren Fällen eine vollständige Entfernung des Parkettbodens und Entfernen bzw. Absperren des teerhaltigen Klebstoffes notwendig ist. Für die Bewertung des Sanierungserfolgs kam die Projektgruppe zu folgender Einschätzung: 105

In Aufenthaltsräumen sollten expositionsmindernde Maßnahmen eingeleitet werden, wenn die Hausstaubkonzentrationen 100 mg BaP/kg Frischstaub überschreiten Bei Wohnungen oder anderen Räumen, in denen sich Säuglinge oder Kleinkinder über einen längeren Zeitraum regelmäßig mehrere Stunden am Tag aufhalten und in denen nutzungsbedingt Expositionen über Staub zu erwarten sind, wie z.b. in Kindertagesstätten oder Heimen, sollten expositionsmindernde Maßnahmen bereits durchgeführt werden, wenn die Hausstaubkonzentrationen 10 mg BaP/kg Frischstaub überschreiten In begründeten Einzelfällen wurden zusätzliche medizinische Untersuchungen empfohlen. Die PAK- Hinweise enthalten darüber hinaus Empfehlungen zu Arbeitsschutzmaßnahmen und zur Entsorgung PAK-haltiger Abfälle. Beurteilung aus medizinischer Sicht: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe sind vor allem durch ihre krebserzeugende Wirkung bekannt. Bevor diese karzinogen wirken können, müssen sie im Organismus metabolisch umgewandelt, das heißt zu dem eigentlichen karzinogen wirkenden Stoff aktiviert werden. Diese Eigenschaft teilen Sie mit den meisten Karzinogenen. Die Aktivierung erfolgt vornehmlich durch Enzyme des endoplasmatischen Retikulums, eines in nahezu allen Zellen, besonders aber in der Leber vorkommenden Fermentsystems. Zahlreiche Faktoren genetischer und nichtgenetischer Natur können die Aktivitäten dieser wie auch von entgiftenden Fermenten in einem im Einzelfall nicht vorhersehbarem Ausmaß beeinflussen. Hier kommen zusätzliche Faktoren ins Spiel, die Ursache der unterschiedlichen individuellen Disposition gegenüber Krebs sein können. Zur Krebsentstehung durch PAK liegen umfangreiche Daten aus Langzeitbelastungen am Arbeitsplatz vor. Die häufigsten Tumoren sind Lungenkrebs, Blasenkrebs und Hautkrebs. Es besteht hierbei eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der kumulativen PAK-Exposition und Lungenkrebs. Es werden aber hoch andere Tumorlokalisationen in Zusammenhang mit der Langzeitbelastung durch PAK diskutiert. Es ist bekannt, dass einige PAK wie z.b. die Leitsubstanz Benzo[a]pyren (BaP), beim Menschen erbgutverändernd wirken. Zum Einfluss von PAK auf Schwangere existieren bis jetzt aber nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen: Die neuen Möglichkeiten molekularer Epidemiologie zeigen aber deutlich einen schädigenden Einfluss pränataler Expositionen polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe in der Umgebungsluft auf die fetale Entwicklung. So korrelierte die Zunahme von PAK-DNA-Addukten (Marker für eine genotoxische Wirkung) in Leukozyten (weißen Blutkörperchen) des Nabelschnurbluts reziprok zum Geburtsgewicht und Kopfumfang des Neugeborenen. Das bedeutet, dass polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe Mutationen oder Chromosomenaberrationen auslösen, also das Erbgut eines Organismus verändern können. Vor allem höhere Schadstoffexpositionen während früher intrauteriner Lebensphasen können für spätere Krankheiten im mittleren Erwachsenenalter verantwortlich sein. Die biologischen Wirkmechanismen hierfür sind aber noch weitgehend unbekannt. Wir wissen nur, dass die komplexen Gemische der Schadstoffe inhaliert und im Blut der Mutter gebunden werden müssen. PAK sind hochgradig aktive biologische Komponenten, die mit den Prozessen während der Entwicklung oder Ernährung des Fetus interferieren. Djemek beobachtete bei der Analyse früherer Studien ein erhöhtes Risiko für eine intrauterine Wachstumsretardierung bei Expositionen gegenüber karzinogenen PAK. 106

Hieraus folgt, dass die Exposition gegenüber karzinogenen PAK während der Frühschwangerschaft das Wachstum des Kindes im Mutterleib beeinflussen kann. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen deuten daraufhin, dass die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe das Erbgut eines ungeborenen Kindes zu schädigen in der Lage sind. Eine generelle Abschätzung der Bedeutung kontaminierter Luft für die reproduktive Gesundheit ist aber noch nicht möglich. Einen Richtwert für eine in dieser Beziehung noch zulässige Konzentration kann nicht gegeben werden. Sanierung PAK- haltiger Bodenbeläge (Parkett) Sofern sich ein Parkett bzw. Fußboden als PAK-belastet herausgestellt hat, hängt der Sanierungsbedarf im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: 1. vom Benzo(a)pyren-Gehalt des Klebers 2. vom Zustand des Parketts Wichtig ist, dass die PAK-Freisetzung in den Innenraum unterbunden wird. Als expositionsmindernde Maßnahmen (siehe Ablaufschema) gelten beispielsweise häufiges Staubsaugen bei geöffnetem Fenster und unter Verwendung geeigneter Staubsaugerfilter, ferner das feuchte Wischen des Parketts und schließlich bei sehr schlechtem Parkettzustand das Abdecken des Parketts durch geeignete Sperrfolien. Diese Maßnahmen sind lediglich als "Erste Hilfe" zu verstehen und können eine Entscheidung in Bezug auf Parkettreparatur, Parkettüberbau oder Totalsanierung nicht ersetzen. Hierfür bieten sich in Räumen, in denen Parkettböden mit Teerklebstoffen verlegt sind, folgende Möglichkeiten an: Einschlussverfahren: Verschließen von offenen Fugen und Neuversiegelung des Parkettbodens oder Abdichten mit einem neuen Bodenbelag (Achtung: u.u. größere Bauhöhe) Versiegelungsverfahren: Entfernen des Parkettbodens und Absperren des Teerklebstoffes, z.b. mit diffusionsdichter Folie oder Dichtgrundierung Entfernungsverfahren: Entfernen des Parkettbodens und des Teerklebstoffs Eine Sanierung ist erforderlich, wenn aufgrund des schadhaften Zustands des Parketts PAK-haltiger Staub an die Oberfläche gelangt. Wenn die Parkettstäbe noch nicht locker sind und der Unterboden noch intakt ist, können die Fugen verschlossen und der Parkettboden neu versiegelt werden. Das Abdichten kann auch mit einem neuen Bodenbelag erfolgen. Um das Eindringen der PAK in den neuen Belag zu verhindern, sollte der Boden zuvor mit einer geeigneten Trennschicht, z.b. einer Metallfolie, abgedeckt werden. Bei diesen Sanierungsverfahren müssen keine besonderen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, da die PAK-belasteten Flächen nicht freigelegt werden. 107

Abb. 4: Ablaufschema Wird das Parkett mit oder ohne den darunter liegenden Kleber entfernt, ist mit einer erhöhten Freisetzung PAK-belasteter Stäube zu rechnen. Hier ist der Sanierungsbereich gegen andere Gebäudebereiche abzuschotten, Staubfreisetzung ist zu vermeiden und ein erhöhter Arbeitsschutz ist erforderlich. Nach Entfernen des Parketts wird der Teerkleber durch eine Epoxydharz-Versiegelung oder Aluminiumfolie abgesperrt. Das Entfernen des Klebers soll die Schadstoffquelle dauerhaft beseitigen, beim Abfräsen besteht allerdings eine große Gefahr der Sekundärkontamination durch Stäube. Daher ist u.u. ein Ausbau des Estrichs mit anhaftendem Kleber sinnvoller. 108

Praxisbeispiele In städtischen Bereichen liegen die Konzentration an Benzo(a)pyren, der Leitsubstanz der PAK, zwischen 1-10 ng/m 3 Luft. Hierbei ist zu beachten, dass Benzo(a)pyren weniger als 10% der Gesamtmenge an PAK ausmacht. Nach Untersuchungen in München lagen die Mittelwerte der PAK-Konzentrationen bezogen auf einen Kubikmeter Außenluft an einem verkehrsbelasteten Standort bei 201 ng. Die Konzentrationen an PAK in untersuchten Räumen sind deutlich höher. Trotz des ubiquitären Vorkommens der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe sollte eine weitgehende Expositionsverminderung angestrebt werden. Dies gilt insbesondere für die besonders empfindliche Gruppe der Schwangeren. Ergänzend sei hinzugefügt, dass auch die persönliche Lebensweise einen erheblichen Einfluss auf die Aufnahme von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen hat. So werden beim Rauch von 25 Zigaretten täglich, mehr Benzo(a)pyren aufgenommen als durch eine stark belastete Stadtluft. In der Praxis konnten in der Raumluft vereinzelt Naphtalinbelastungen von bis zu 60 µg/m³ ermittelt werden. Bei einer Gesamt-PAK-Belastung von 5 µg/m³ liegen diese Ergebnisse deutlich über den Richtwerten. Durchschnittlich lagen die Konzentrationen in Räumen mit teerhaltigen Parkettklebern oder PAK-haltigen Trennlagen bei 2 bis 20 µg/m³, d.h. innerhalb der Richtwerte vom UBA. Eine deutliche Reduzierung des Naphthalin-Gehaltes in der Raumluft konnte durch ein konsequent eingehaltenes Lüftungsregime in den beprobten Räumen erreicht werden (teilweise um den Faktor 10). Damit konnte die Notwendigkeit einer ordentlichen Lüftung entsprechen den Vorgaben u.a. für Schulgebäude bestätigt werden. Literaturverzeichnis Bundesinstitut für Risikobewertung: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Spielzeug. Aktualisierte Stellungnahme Nr. 051/2009 des BfR vom 14. Oktober 2009, Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden, Umweltbundesamt Berlin, August 2008 D'Ans-Lax, Taschenbuch für Chemiker und Physiker, 4. Auflage, Band 2, Springer Verlag 1982, ARGEBAU (2000): Hinweise für die Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK- Belastung durch Parkettböden mit Teerklebstoffen in Gebäuden (PAK-Hinweise), Fassung April 2000, Umweltmedizinischer Informationsdienst 2/2000 TRGS 551 - Teer und andere Pyrolyseprodukte aus organischem Material TRGS 900 - Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz Luftgrenzwerte -MAK- und TRK- Werte Ausschuss für Wohnmedizin und Bauhygiene der GHUP, Stellungnahme Prof. Dr. K. Fiedler, Berlin Juli 2008 I. H. Keith, W. A. Telliard: Priority pollutants I - A perspective view, In: Environmental Science Technology 13, (1979) DeMarini DM, Shelton ML, Bell DA.: Mutation spectra in Salmonella of complex mixtures: comparison of urban air to benzo(a)pyrene.: Environ Mol Mutagen 1994;24:262-275 Barker DJP.: The fetal and infant origins of disease. Eur J Clin Invest 1995; 25:457-463 Perera FP, Jedrychowsky W, Rau V, Whyatt RM: Molecular epidemiologic research on the effects of environmental pollutants on the fetus. Environ Health Perspect 1999; (107 suppl) 3:451-460 Dejmek J, Selevan SG, Solansky I et al.: Exposure to carcinogenic PAHs in utero and fetal growth. Epidemiology 1999;10:126 Marquardt H, Schäfer S.: Lehrbuch der Toxikologie, wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2004:592-601 Mücke W.: Mutagenität und Nitro-PAK-Gehalt von Feinstaub-Untersuchungen an einem verkehrsbelasteten Standort. Handbuch für Bioklima und Lufthygiene - 11. Ergänzungslieferung 4/2004, Ecomed Biowissenschaften Verlag Gebbers JO.: Luftverschmutzung und Fertilität.: Ars Medici 2007;17:838-840 109