Norddeutsches Seminar für Strahlenschutz. Gefahren ionisierender Strahlung

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Transkript:

Norddeutsches Seminar für Strahlenschutz Gefahren ionisierender Strahlung

Ionisation Entfernen eines oder mehrerer Elektronen aus dem neutralen Atom A A + + e - Aus einem elektrisch neutralem Atom wurden zwei (oder mehrere) Ionen (geladene Teilchen) erzeugt Ionisierungsenergie

Entstehung der Röntgenstrahlung Erzeugung von freien Elektronen an der Kathode ( Minuspol ) Beschleunigung der Elektronen Aufprall der Elektronen auf die Anode ( Pluspol ) - Bremsstrahlung - Charakteristische Strahlung

α Strahlung Heliumkerne (2 P + 2 N) bei schweren Kernen z.b. Radium-226, Polonium-210 222 88 Ra 86Rn+ 226 4 2 He

Wechselwirkung mit Materie α-strahlung Ionisation (1MeV: 60000 IP/cm) Anregung abgebremstes Teilchen nimmt zwei Elektronen auf Helium Reichweite in Luft: einige cm Reichweite in Feststoffen: einige µm Abschirmung: Blatt Papier

β - Strahlung Elektronen (β - -Strahlung) 137 Cs 56Ba+ 1 0 n p+ 137 0 55 1 1 0 0 1 1e+ 0 e ν Positronen (β + -Strahlung) z.b. Na-22 Na Ne + 22 22 0 11 10 + 1 e 1 1 0 0 1 p 0 n + + 1 e+ 0ν

β-strahlung Ionisation (1 MeV: 50 IP/cm) Bremsstrahlung Anregung Streuung Abgebremste Elektronen werden von positiven Ionen eingefangen oder lagern sich an neutrale Atome an Abgebremste Positronen vereinigen sich mit Elektronen unter Aussendung von Vernichtungsstrahlung Reichweite in Luft: einige m Reichweite in Feststoffen: einige mm Abschirmung: Plexiglas (+ Blei)

γ-strahlung entsteht im Kern tritt meist in Folge der oben genannten Zerfälle auf elektromagnetische Welle hoher Energie isomere Übergänge senden γ-strahlen aus; z.b. 137m 56 99m 43 Ba Tc 137 56 99 43 Ba + γ Tc + γ

γ-strahlung Photoeffekt γ (1) + + A A + e Compton-Effekt + γ ( 1) + A A + e + γ (2) Paarbildung Kernphotoeffekt γ γ e + + e + e + e + p + n Halbwertschichtdicke (Luft): einige 100 m Halbwertschichtdicke (Blei): ca. 0.1 mm (100 kev) ca. 8 mm (1 MeV)

Neutronenstrahlung Erzeugung von Neutronen Kernkraftwerk z.b. 235 Neutronenquelle z.b. Am-Be-Quelle Spallation Protonenquelle: 14 1 144 89 92 U + 0 n 56Ba+ 36Kr + 3 9 4 7 N(α, p) 4 2 12 6 1 0 1 0 n Be + He C + n +γ 17 8 O 9 4 Be(α, n) 12 6 C

Neutronen Stoß (Energieübertragung) Moderator (D 2 O; C) Einfang (Kernreaktion) z.b. B, Cd, Hf, Ag 109 47 Ag+ 1 0 n 110 47 Ag 110 48 Cd + β + γ 98 42 Mo+ 1 0 n 99 42 Mo 99 43 Tc + β +γ

Abschirmung von Neutronen Thermalisierung Einfang Abschirmung der entstehenden Strahlung Entsprechend Detektion mit der Neutronensonde

Energievergleich Auf einen Menschen (75 kg) wird eine Energie von 500 J übertragen: A) Wärmeenergie (Wasser mit T = 100 C) B) Strahlungsenergie Welche Übertragungsvariante zeigt die größere Wirkung?

Energievergleich: Rechnung Strahlungsenergie 500 J / 75 kg = 6,6 J/kg = 6,6 Gy Wasser (100 C) 1 g H 2 O (1 ml) 1 Erwärmung 1 cal 1 cal = 4,1 J 100 Erwärmung 410 J 500 J 1,2 ml H 2 O (100 C) Ab 5 Gy 50% Todesrisiko!

Abstand halten Abstandsquadratgesetz Beispiel: Gehäusedurchlassstrahlung Äquivalentdosisleistung [msv/h] 25 20 15 10 5 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2 Abstand vom Brennfleck [m]

Dosen, Dosen, Dosen Röntgen Zahn: 0,01 msv (entspricht 1/3 Throrax-Aufnahme) Röntgen Thorax: 0,03 msv (1) CT Schädel: 2 msv (67) CT Thorax: 6 msv (200) CT Abdomen: 15 msv (500) 750MBq Tc99 m -MDP: 4 msv (125) 400 MBq F18-FDG: 8 msv (250) 5 Stunden Flug: 0,03 msv (1) Mars und zurück: 3000 msv (100000) 20 Zigaretten: 0,03 msv (1) Fliegendes Personal: 5 msv pro Jahr (150) Natürliche Strahlenexposition in Deutschland: 2,5 msv pro Jahr (80)

Norddeutsches Seminar für Strahlenschutz Natürliche und künstliche Strahlenexposition

Natürliche und zivilisatorisch veränderte natürliche Strahlenexposition Kosmische Strahlung Terrestrische Strahlung Belastung durch Radon und folgeprodukte Belastung durch inkorporierte natürliche Radioaktivität

Kosmische Strahlung Woher? Energiereiche Teilchen Gamma-Strahlung Wieviel? Teilweise Absorption in der Erdatmosphäre Meereshöhe: ca. 32 nsv / h 0.3 msv / a 12.000 m Höhe: ca. 3000-6000 nsv / h! Fliegendes Personal ( 103 StrlSchV) Weltraum

Höhenstrahlung

Terrestrische Strahlung Woher? Natürliche Radionuklide mit sehr hoher HWZ, z.b. Thorium-232 (14 Mrd. Jahre) Uran-238 (4.4 Mrd. Jahre) Uran-235 (700 Mio. Jahre) Kalium-40 (1.3 Mrd. Jahre) Zerfallsprodukte dieser Nuklide Sind in unterschiedlichen Konzentrationen in der Erdkruste vorhanden

Terrestrische Strahlung Wieviel? Nordd. Flachland 40-70 nsv / h Gebirgsregionen mit Granitformationen bis 180 nsv / h ca. 0.4 msv / a Region mittlere Dosis msv pro Jahr max. Dosis msv pro Jahr (im Freien) Deutschland 0,4 5 Kerala (Indien) 4 55 Esperito Santo (Brasilien) 6 175 Ramsar (Iran) 6 860

Aktuelle γ-dosisleistung IMIS: Integriertes Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität Bundesamt für Strahlenschutz BfS Ständige Messung an 2000 Stellen in Deutschland www.bfs.de

Deutschland 16.02.2011

IMIS: Molfsee

IMIS: Kornbach (Bayern)

Inkorporierte natürliche Radioaktivität Woher? Pflanzliche / tierische Nahrungsmittel Wasser Kalium-40 (0.012 % im natürlich vorkommenden Element) C-14 Ca. 100 Bq / kg Wieviel? Standardmensch: ca. 130 Bq / kg Ca. 0.3 msv / a

Radon Woher? Zerfallsprodukt des Urans Gasförmig Überall in geringer Aktivitätskonzentration vorhanden Belastung des Atemtraktes durch Inhalation Aus Erdrissen Aus Baustoffen Schnelle Verteilung in freier Atmosphäre [Gebäude] > [ im Freien ] Wieviel? Natürlich: ca. 0.2 msv/a Ziv. veränd. ca. 0.9 msv/a

Die Radon- Karte Rn-Konzentration in 1m Tiefe 2346 Messpunkte 5 1000 kbq/m 3 Rn(Bodenluft) / Rn (Raumluft) liegt bei 1-5

Natürliche Strahlenexposition Kosmisch 0,3 msv/a Terrestrisch 0,4 msv/a Ingestion 0,3 msv/a Inhalation 1,1 msv/a Gesamt: 2,1 msv/a