Chronologischer Reise-Bericht Türkei



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Transkript:

1 Chronologischer Reise-Bericht Türkei Kloster Mor Gabriel / Tur Abdin / Istanbul 27.9. 5.10.2014 Mitglieder der Delegation: Edgar Lamm Vorsitzender der IGFM Deutsche Sektion e.v. Volkmar Klein MdB Mitglied des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU-NRW Walter Flick Referent für Religionsfreiheit der IGFM Benjamin Lassiwe Journalist Sabri Alkan Dolmetscher ------------------------------------------------------ 27.9.2014 7:25 Abflug von Frankfurt über Istanbul nach Mardin 16:45 Ankunft Fahrt nach Midyat 28.9.2014 Kloster Mor Abraham Gesprächspartner: Ishok Ergun, Pfarrer der syrisch-orthodoxen Gemeinde Midyat Yusuf Turker, Verwalter Ayhan Gurkan, Lehrer Der Pfarrer wurde im Kloster Mor Gabriel ausgebildet. Er war dort 13 Jahre lang Schüler.

2 Er betreut in Midyat 130 christliche Familien mit insgesamt etwa 500 Personen. In der Stadt leben 90.000 Muslime. Für sie existieren 35 Moscheen. Im Jahre 1972 gab es nur eine Moschee. Der Bau neuer Kirchen ist verboten. Das Kloster wird von einer Stiftung getragen. Das Kloster engagiert sich seit drei Jahren im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten in der Betreuung christlicher Flüchtlinge aus dem Irak und aus Syrien. Zur Zeit betreut es 54 Familien mit 230 Personen. Die syrische Grenze ist etwa 40 km entfernt. Die Flüchtlinge sind zum Teil in leer gewordenen Wohnungen von Christen untergebracht, die früher nach Europa ausgewandert sind. Christliche Flüchtlinge gehen kaum in Lager. Nur wenige 100 m vom Kloster entfernt befindet sich ein staatliches Flüchtlingslager, das unter der Aufsicht des Gouverneurs steht. Wir konnten das Lager vom Dach des Klosters klar sehen und fotografieren. Ein Zutritt zum Lager ist nicht möglich. Genau handelt es sich um zwei Lager: Eines für zur Zeit etwa 3700 Muslime und eines für zur Zeit etwa 2400 Jesiden. Beide Gruppen sind strikt voneinander getrennt. Die beiden Zeltlager sind mit einem hohen Stacheldrahtzaun gesichert. Der Eingang wird von Polizei bzw. Militär bewacht. Uns wurde berichtet, dass die Flüchtlinge die Lager nur sehr eingeschränkt verlassen dürfen. Im Straßenbild von Midyat sieht man in der Tat kaum Flüchtlinge. Ernährung und medizinische Versorgung der Flüchtlinge scheinen gesichert. Die Flüchtlinge wollen alle nach Europa! Nach Aussagen unserer Gesprächspartner gibt es mit den Muslimen in Midyat keine ernsthaften Probleme. Die Christen werden sogar als nützliche Nachbarn geschätzt, da sie viele Besucher anziehen. Die Region lebt überwiegend von den Einnahmen aus dem Tourismus. Christen werden an den Schulen nicht benachteiligt. Sie müssen nicht am islamischen Religionsunterricht teilnehmen. (Hierzu gab es von mehreren Gesprächspartnern sehr unterschiedliche Aussagen. Siehe weiter unten.) Dennoch fühlen die Christen sich nie völlig gleichberechtigt, weil die Türkei nun einmal ein islamischer Staat ist. In den Geschichtsbüchern wurden Armenier und Assyrer Aramäer stets als Verräter bezeichnet. Diese Bücher wurden teilweise überarbeitet. Nach wie vor wird dort allerdings behauptet, die Armenier hätten Muslime umgebracht. Der Lehrer des Klosters erteilt inoffiziell für 76 Schüler in deren Freizeit Aramäisch- Unterricht. Offiziell ist dies immer noch verboten. Das Erlernen der Muttersprache wird daher weiterhin erschwert. Alle syrisch-orthodoxen Pfarrer in Europa haben Aramäisch in Mor Gabriel gelernt. In Midyat gibt es noch 8 intakte Kirchen, 6 syrisch-orthodoxe, 1 chaldäische und eine protestantische Kirche, die von den syrisch-orthodoxen Christen unterhalten wird. Es gibt noch eine chaldäische Familie, aber keine protestantischen Christen mehr in Midyat.

3 Der Verwalter berichtete von seiner kürzlichen Europa-Reise. Er habe den Eindruck, dass es in Europa mehr Islamismus gebe als im Südosten der Türkei! In Europa habe er mehr Kopftücher gesehen als in Midyat. In Midyat gebe es nur zwei voll verschleierte Frauen. Kloster Mor Gabriel Gesprächspartner: Erzbischof Timotheos Samuel Aktas Kuryakos Ergun, Stiftungs-Vorsitzender Erzdiakon Isa Gülten Mor Gabriel ist zweifellos das wichtigste Kloster und das geistige Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei. Es ist zudem das älteste christliche Kloster weltweit, das ohne Unterbrechung bestanden hat (seit 397). Der Erzbischof wurde bei allen unseren Gesprächen in der Region als oberste Autorität anerkannt. Seit 2008 wird das Kloster mit Gerichtsverfahren überzogen. Immerhin wurden Anfang 2014 12 Parzellen, die zuvor enteignet worden waren, zurückgegeben. 18 Parzellen sind aber nach wie vor strittig. Das Kloster verlangt auch deren Rückgabe. Ein weiterer Streitfall um die Ländereien betrifft die Klage eines Nachbardorfes, das Anspruch auf einen Teil des Klostergrundstücks erhebt. Dieser Fall wurde in 1. Instanz zugunsten des Klosters entschieden. Von der nächst höheren Instanz wurde dieses Urteil aber verworfen. Die endgültige Entscheidung steht noch aus. Eine 1991 erbaute Klostermauer wurde inzwischen zum Staatseigentum erklärt. Das Kloster akzeptiert dies nicht. Eine in diesem Zusammenhang erhobene Anklage gegen den Vorsitzenden der Kloster-Stiftung wurde mittlerweile aber fallen gelassen. Seit 2000 werden leer stehende Grundstücke, die nicht als Acker genutzt werden, enteignet und gehen in Staatseigentum über. Auf diese Weise wurde dem Kloster erst jetzt im September 2014 eine seit 1962 genutzte Weinanbaufläche weggenommen. Auch dagegen klagt das Kloster. Für alle strittigen Grundstücke zahlt das Kloster regelmäßig die Grundsteuer. Der Erzbischof spart nicht mit deutlichen Worten: Man will uns offenbar vertreiben. Oder aber man will uns nur noch als Museum. Der Erzbischof dankte ausdrücklich der deutschen Regierung und insbesondere der Bundeskanzlerin! Diese habe bei ihrem Besuch in Ankara darauf bestanden, den Erzbischof zu sprechen. Die türkische Regierung habe zunächst versucht, das zu verhindern. Auch Volker Kauder und der deutsche Botschafter wurden positiv erwähnt.

4 Der Erzbischof führt die teilweise Rückgabe von Grundstücken sogar auf das mutige Auftreten der Bundeskanzlerin sowie überhaupt auf die internationale Unterstützung zurück. Übrigens genießt Angela Merkel bei allen unseren Gesprächspartnern in der Türkei große Sympathien. Zum Überleben der Christen im Tur Abdin sagte der Erzbischof: Das ist für alle Christen der Welt eine Frage der Ehre. Wir haben keine Angst. Der Erzbischof befürwortete einen EU-Beitritt der Türkei für den Fall, dass sich das Land wie eine Demokratie verhalte und die Menschenrechte achte. Genau daran äußerte er aber Zweifel. Die Türkei werde eher versuchen, mit ihrer Kultur auf Europa einzuwirken, und nicht umgekehrt. Aramäischer Sprachunterricht ist verboten. Dennoch kommen täglich 30 Schüler nach der Schule ins Kloster zum Unterricht. In den Sommerferien sind es noch mehr. Im Kloster wohnen außer dem Erzbischof drei Mönche und 14 Nonnen. Mit allen Mitarbeitern und Schülern leben hier insgesamt 75 Personen. Flüchtlinge waren nur kurzzeitig im Kloster. Zum 100. Jahrestag des Völkermordes an den Armeniern und Assyrer Aramäern im kommenden Jahr befürwortet der Erzbischof ein würdiges Gedenken. Auf die Frage, ob er dafür ist, dass Mor Gabriel UNESCO-Weltkulturerbe werde, erläuterte er, dass er es sich vorstellen kann, wenn die Türkei dies nach Absprache mit dem Kloster beantragt. Er kritisierte die unkritische Haltung der Türkei gegenüber dem IS. IS-Kämpfer würden in der Türkei ausgebildet. Der IS sei auch ein Problem für Europa. Er wolle die Islamisierung der ganzen Welt. Der Erzbischof ist seit 1973 Abt des Klosters und seit 1985 Metropolit vom Tur Abdin. Der Erzdiakon Isa Gülten, rechte Hand des Erzbischofs und seit 1961 im Kloster, erläuterte, dass Träger des Klosters eine Stiftung sei. Deren Satzung erlaube die Verfolgung religiöser und sozialer Ziele. 29.9.2014 Besuch einiger christlicher Ortschaften im Tur Abdin mit aus Europa zurück gekehrten Assyrischen Christen Dorf Sare Viele Bewohner sind schon bis 1972 als Gastarbeiter nach Deutschland gegangen.1994 wurden die letzten beiden christlichen Familien vertrieben. Danach siedelten sich 30 kurdisch-muslimische Familien an. 2004 verließen die kurdischen Familien das Dorf wieder. Sie hatten dafür eine Entschädigung erhalten aus staatlichen Quellen und von den christlichen Rückkehrern. Die Kirche des Dorfes gehört heute dem Kloster Mor Gabriel.

5 Es ist das kleinste der von uns besuchten Dörfer. Unter 10 ständige Einwohner, keine Kinder, mehrere Rentner. Im Sommer ca. 100 Einwohner, wenn die Verwandten aus Europa kommen, die das Dorf auch finanziell am Leben halten. Vor Ort gibt es keine Arbeit, außer in geringem Umfang Weinanbau. Probleme mit muslimischen Nachbardörfern gibt es heute nicht mehr. Guter Kontakt zu anderen christlichen Dörfern im Tur Abdin. Eine tapfere kleine Gemeinschaft. Besonders positiv fiel Elio Akbaba auf - ein 23-jähriger junger Mann mit perfektem Deutsch aus Gütersloh, der jetzt hier lebt. Er war 2001 2007 Schüler in Mor Gabriel. Dorf Mar Bobo Die Bewohner unter ihnen Bulant Altun, vorher in Hamburg wohnhaft - berichteten von Grundbuchstreitigkeiten. Seit 40 Jahren werden ihre Felder nicht eingetragen. Ein muslimisches Nachbardorf erhebt Anspruch darauf. Sie fühlen sich als Christen benachteiligt. Das angerufene Gericht verhandelt einfach nicht. 1993 kam die islamische Hisbollah und hat die Christen vertrieben. 1993 bis 2003 war der Ort unbewohnt. Die Christen mussten 2003 von vorne anfangen. Die Hisbollah-Leute von damals leben heute in den kurdischen Nachbardörfern. Der Staat investiert in muslimischen Dörfern, aber nicht in christlichen. Insgesamt wohnen 43 Personen im Dorf. Viele Kinder. 11 Familien. Seit 9 Jahren zurückgekehrt. Die meisten lebten vorher in Deutschland, eine Familie in der Schweiz. Die Hälfte hat noch die deutsche Staatsangehörigkeit. Lebensunterhalt ist die Landwirtschaft. Der Alltag mit den wesentlich größeren kurdischen Nachbardörfern ist friedlich, man besucht sich gegenseitig zu religiösen Festen. Allerdings schwelt der jahrzehntelange Grundstücksstreit im Hintergrund. Die Nähe der syrischen Grenze beunruhigt. Die Kinder sind in der Schule vom Islamunterricht befreit. Es gibt einen Schulbus in die Stadt. Auch hier wurde uns gesagt, die Türken in Deutschland würden immer fundamentalistischer. Neben der schön restaurierten Kirche besuchten wir neben dem Friedhof noch eine alte kleine Höhlenkirche, die ins 3. Jahrhundert zurückgehen soll. Kloster Mor Augin Gesprächspartner: Pater Yoken Pfarrer Petros (zu Gast aus Istanbul)

6 Das am nächsten zur syrischen Grenze gelegene christliche Kloster (1 km). Auf dem Weg dahin über die alte Seidenstraße kamen wir bis auf 100 m an die Grenze heran. Eine andere Zufahrt gibt es nicht. Das Kloster imposant an einem Berghang gelegen stand 40 Jahre leer und war eine Ruine. Seit 2010 wird es wieder aufgebaut mit Hilfe von Spenden (aus dem Ausland). Es gehört grundbuchrechtlich dem Kloster Zafaran in Mardin. Der Mönch Pater Yoken wurde im Kloster Mor Yaqoub ausgebildet. 1989 2000 lebte er in Enschede (NL). 2000 2010 studierte er in Damaskus (Sitz des syrischorthodoxen Patriarchats). In den 1980er und 1990er Jahren verließen wegen der Gewaltwelle viele Christen die Türkei. Der vorherige Mönch des Klosters musste 1989 fliehen. Der Pater dankte der deutschen Bundesregierung und namentlich Angela Merkel für ihre Unterstützung der Christen in der Türkei. Ein seit 9 Monaten im Kloster wohnender Flüchtling entstammt einer vierköpfigen Familie aus Syrien. Er und sein Bruder sind vor 1 ½ Jahren geflohen, weil sie nicht in der syrischen Armee dienen wollten und Angst vor dem IS hatten. Die Familie lebt jetzt im Dorf Mar Bobo. Pafer (Mönch) Yoken hat zur Zeit zwei syrisch-orthodoxe Schüler aus Deutschland zu Sprach- und Religionsstudien für ein Jahr zu Besuch. Kurzes Gespräch mit dem syrisch-orthodoxen Pfarrer Petros aus Istanbul, der mehrere Wochen in Mor Augin zu Gast ist: Neben dem Bischof gibt es vier syrischorthodoxe Pfarrer in Istanbul. Es gibt etwa 20.000 syrisch-orthodoxe Christen in Istanbul, die überwiegend ihre Gottesdienste in katholischen Kirchen feiern. Die meisten sind in den 1980er und 1990er Jahren aus dem Tur Abdin dorthin geflohen. Die Genehmigung für eine neue syrisch-orthodoxe Kirche in Istanbul lässt schon lange auf sich warten. 30.9.2014 Besuch weiterer christlicher Ortschaften im Tur Abdin Dorf Kafro Das Gespräch fand im Haus von Bürgermeister Demir und seiner Familie statt. Kafro ist ein sehr wohlhabendes und in jeder Hinsicht mustergültiges christliches Dorf. Die Bewohner sind 2006 zurückgekehrt. 12 Familien: 10 aus Deutschland, je 1 aus der Schweiz und Schweden. Insg. 42 Personen. Viele Kinder. Sie wollten eigentlich schon 2001 zurückkommen, als der damalige Ministerpräsident Ecevit die Christen zur Rückkehr eingeladen hatte.

7 Wir sind zurückgekommen, weil wir ein Volk sind, eine lange Geschichte haben, und damit andere uns folgen, sagte der Bürgermeister. Religionsfreiheit existiere praktisch nicht. Die Kinder müssen zwangsweise am islamischen Religionsunterricht teilnehmen. Wer nicht teilnimmt, bekommt eine schlechtere Note. Die Imame erhalten vom Staat ein Gehalt, die christlichen Pfarrer nicht. Kurdische und christliche Wehrpflichtige werden in gefährliche Gegenden geschickt. Die Bewohner erwarten von Deutschland Unterstützung: Wir wollen die gleichen Rechte haben wie die Türken in Deutschland. Dorf Hah (Kirche St. Maria) Kurzbesuch. Gespräch mit dem Betreuer und Verwalter der Kirche. Erneute Frage nach dem Religionsunterricht. In Absprache mit dem Lehrer in den ersten Schuljahren befreit. Da dies aber zu schlechteren Schulnoten führt, nehmen die Schüler kurz dem Abitur wieder teil. Kloster Mor Yaqoub Gesprächspartner: Pater Saliba Er 419 gegründet. Juristisch gehört das Kloster zu Mor Gabriel. Zur Zeit leben hier 3 Mönche (darunter der Abt), 4 Nonnen, 13 Schüler, 1 Lehrer, 2 Mitarbeiter. Pater Saliba Er promoviert zur Zeit in Wien und war zu Besuch im Kloster. Auch er bestätigte, dass die Nichtteilnahme am islamischen Religionsunterricht schlechtere Schulnoten nach sich zieht. Er sprach von einem latenten Gefühl der Unsicherheit für die Christen in der Region, wenn es auch im Moment ruhig aussehe. Es gebe durchaus Extremisten in der Region. Mit dem muslimischen Nachbardorf bestehe ein gutes Einvernehmen. Es gebe keine Grundstücksauseinandersetzungen, aber Probleme bei der Genehmigung für Renovierungen und Erweiterungsbauten. Kurzbesuch. Dorf Ayinvert

8 Überwiegend muslimisches Dorf mit einigen christlichen Familien. Alte christliche Kirche Mor Had Bshabo. An der Mauer der Kirche sieht man noch Einschüsse von Angreifern aus dem Jahr 1915, als die Christen in die Kirche flüchteten. Gespräch mit einem früheren Bewohner, der jetzt in den USA lebt und zu Besuch war. Kurzes Gespräch mit einigen Flüchtlingen aus dem Nord Irak. 1.10.2014 Fahrt nach Mardin 11:00 Treffen mit der kürzlich gewählten christlichen Stellvertreterin des Oberbürgermeisters der Stadt Mardin Frau Februniye Akyol 12:00 Ahmet Türk Oberbürgermeister der Stadt Mardin (Kurde) Frau Akyol ist erst 26 Jahre alt. Sie wurde im März 2014 bei den Kommunalwahlen zusammen mit dem Oberbürgermeister in ihr Amt gewählt. Der Vorschlag zu dieser gemeinsamen Kandidatur kam von PKK-Chef Öcalan. Alleine hätte sie als Christin keine Chance gehabt. Die kurdische Partei wollte auf diese Weise deutlich machen, dass sie nicht nur Kurden vertritt. Frau Akyol betonte die große Bedeutung des Kloster Mor Gabriel für die christliche Minderheit. Man brauche ausländische Unterstützung. Die Kurden entschuldigen sich mittlerweile für den Völkermord an dem sie 1915 beteiligt waren. Sie erkennen ihn als Fehler. Die Gefahr durch den IS ist nach Ansicht von Frau Akyol im Westen zu spät erkannt worden. Sie fordert eine Schutzzone der UN in der Ninive-Ebene. In jüngster Zeit sieht sie die Kurden eher als Unterstützung für die Christen. Historisch sei das Verhältnis aber belastet wegen der Beteiligung der Kurden am Völkermord. Sie fordert von der türkischen Regierung: Wir wollen als Christen eine Heimat, Sprache, Schulen und eigene Identität. Oberbürgermeister Ahmet Türk ist ein seit 40 Jahren aktiver kurdischer Politiker. Er wurde 1973 erstmals in das türkische Parlament gewählt, dem er mit Unterbrechungen 36 Jahre angehörte. Er war in den 1980er und 1990er Jahren insgesamt 12 Jahre als politischer Häftling im Gefängnis. Er wurde bei den letzten Kommunalwahlen mit über 52 % wiedergewählt. Nach unserem Eindruck funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Türk und Akyol gut. Die Chemie scheint zu stimmen. Der Oberbürgermeister war der erste führende Kurdenpolitiker, der den Völkermord so benannte und sich offiziell dafür entschuldigte. Die Kurden hätten sich 1915 bedauerlicherweise aufhetzen lassen.

9 Türk: Weil wir klar sagen, es war ein Völkermord, werden wir angeklagt. Aber wir müssen die Wahrheit sagen. Man plane für das kommende Jahr eine Aktion zur Erinnerung an die Vorgänge von 1915. Der OB beklagt das Schweigen des Westens zur Unterdrückung der Kurden. Die Kurden hätten keine Volksgruppenrechte. Die Türkei versuche, die Kurden zu assimilieren. Im Westen herrsche große Unwissenheit über die Situation der Minderheiten. Die Türkei wolle auch keine Rechte für die Kurden im Irak und in Syrien. Er begrüßte die Waffenlieferungen an die Kurden im Irak. Auch verlangte er verstärkte Luftangriffe bei Kobani. Überhaupt stand die Situation in und um Kobani im Vordergrund seiner Ausführungen: Wenn Kobani fällt, ist der Friedensprozess zwischen Türken und Kurden zu Ende. Die Kurden in Kobani seien Brüder. Eine Schutzzone in Syrien sei aber abzulehnen, da diese von der türkischen Regierung nur als Kontrollinstrument geplant sei. Der OB lud uns mehrfach zum Besuch der Grenze bei Kobani ein (ca. 150 km entfernt von Mardin). Transport würde bereitgestellt. Das haben wir aber dankend abgelehnt.. 15:30 Kloster Zafaran Gesprächspartner: Bischof Philoxenos Saliba Özmen Der 50-jährige Bischof stammt aus dem zuvor von uns besuchten Dorf Mar Bobo. Er wuchs in Midyat auf und war Mönch in Mor Gabriel. Seit 2003 ist er Bischof von Mardin und Abt des Klosters. Er erwies sich als ausgesprochen sympathischer und offener Gesprächspartner. Er zeigte sich dankbar für unseren Besuch gerade in dieser schwierigen Zeit. Auch er lobte Angela Merkel für ihr Engagement zugunsten der Christen und insbesondere des Klosters Mor Gabriel. Wenn aus Europa Besuch kommt, dann in erster Linie aus Deutschland. Die Klöster Mor Gabriel und Zafaran sind die beiden größte Köster im Tur Abdin. Sie sind auch in baulicher Hinsicht auf den ersten Blick gut instandgehalten. Zafaran war früher der Sitz des syrisch-orthodoxen Patriarchen (heute Damaskus). Rechtsträger des Klosters ist eine Stiftung.

10 Der Bischof betonte, dass die Christen und die Klöster in dieser Region Bedeutung für das Christentum als Ganzes haben: Gerade hier müssen wir die Werte des Christentums verteidigen. Dies gelte auch für die Sprache Jesu, das Aramäisch. Immerhin werde an der Artukul Universität von Mardin auch Aramäisch gelehrt. Er hoffe, dass die Christen hier bleiben könnten. Es wäre auch positiv, wenn die christlichen Flüchtlinge hier blieben anstatt nach Europa weiterzureisen. Dazu bedürfe es aber internationaler Unterstützung, um Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Er sprach sich für die Errichtung einer Schutzzone in der Ninive-Ebene aus. Das Kloster plant die Gründung einer theologischen Schule. Auch das Kloster Zafaran hat Schwierigkeiten mit dem Katasteramt. 2.000 ha Land sind nicht eingetragen. Die Eintragung wurde abgelehnt. Auch für mehrere Kirchen fehlen Eigentumstitel. Dennoch bestehe mit der Stadt Mardin eine gute Kooperation. Auch mit dem früheren Gouverneur bestanden gute Beziehungen. Er hatte dafür gesorgt, dass aus EU-Mitteln für die Stadt Mardin ein Teil für Instandhaltungsarbeiten am Kloster eingesetzt wurde. Spenden aus Deutschland würden ebenfalls dafür eingesetzt. Auf lokaler Ebene gibt es wenig Probleme. Schwierigkeiten macht in der Regel die Zentralregierung. Wenn der Westen als Feind dargestellt wird, werden auch die Christen als Feinde angesehen. Im Kloster wohnen 35 Personen, darunter außer dem Bischof 2 Mönche, 15 Schüler und einige Mitarbeiter. Die Schüler erhalten Unterricht in Liturgie. Im Bistum Mardin leben etwa 100 christliche Familien mit 500 Personen. In Mardin gibt es einen syrisch-orthodoxen Pfarrer und acht Kirchen. Christliche Kinder sollten nach Ansicht des Bischofs nicht am islamischen Religionsunterricht teilnehmen müssen. Schiiten und Alewiten wollten dies im Übrigen auch nicht. In der Praxis läuft es in der Regel auf eine Ermessensentscheidung des Lehrers hinaus. 2.10.2014 Mittagessen mit Yusuf Bektas, Sekretär des Bischofs 17:35 Flug von Mardin nach Istanbul 19:45 Ankunft

11 3.10.2014 9:30 Pater Dositheos Anagnostopulos Ökumenisches Patriarchat der Griechisch-Orthodoxen Christen Protopresbyter (Erzpriester) Dositheos ist rechte Hand und Pressereferent des Patriarchen. Er machte 1960 in Istanbul sein Abitur und ging später zum Studium nach Deutschland. Danach arbeitete er 30 Jahre lang bei einem deutschen Chemiekonzern in Frankfurt. Nach seiner Pensionierung 2003 ging er zurück nach Istanbul und wurde Priester. Er ist ein sehr sympathischer und eloquenter Gesprächspartner. Er erläuterte, dass die Kirche St. Georg, Sitz des Patriarchats in Istanbul, eine Stiftung ist. Das Patriarchat selbst ist keine Stiftung. Die Folge seien störende juristische Unsicherheiten. Das Patriarchat wird in der Stiftungssatzung der Kirche St. Georg nicht erwähnt. Der Patriarch hat rechtlich keinerlei Status. Er ist nur einfacher türkischer Staatsangehöriger. Seit einiger Zeit habe die Stiftung keine Wahlen mehr durchführen können, weil die Wahlordnung außer Kraft gesetzt worden sei. Auch dies könne zu rechtlichen Problemen führen. In Istanbul gibt es immerhin noch 70 christliche Kirchen (von denen wir einige besuchen konnten) und 30 Pfarrer. Weltweit gehören 54 Diözesen zur griechischorthodoxen Kirche. 2011 hat Ministerpräsident Erdogan die Rückgabe enteigneter Kirchenimmobilien versprochen. Bisher wurden etwa 20 % zurückgegeben. Der griechisch-orthodoxe Patriarch Bartholomaios führt als Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen weltweit den historischen Ehrentitel Ökumenischer Patriarch. Dieser Titel wurde bisher von den türkischen Behörden abgelehnt und unterdrückt. Man sah darin eine weltweit agierende fremde Macht. Mittlerweile wird der Titel, z. B. beim Führen auf Briefbögen, toleriert und nationalistische Gruppen protestieren nicht mehr dagegen. Der frühere türkische stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc hat eine Diskussion begonnen, dass die berühmte Istanbuler Hagia Sophia, im 6. Jahrhundert als Kirche errichtet, dann ab dem 15. Jahrhundert nach der islamischen Eroberung von Byzanz als Moschee genutzt, dann seit 1932 unter Ata Türk als Museum genutzt, wieder Moschee werden soll. Es hat entsprechende Kundgebungen in Istanbul gegeben. Dositheos glaubt nicht, dass die Hagia Sophia in Istanbul wieder Moschee wird. Patriarch Bartholomaios hatte geäußert, wenn sie wieder als Gotteshaus genutzt werden solle, dann schon als Kirche, was sie ja ursprünglich war. In Trabzon am Schwarzen Meer und in Iznik sind die jeweiligen Hagia Sophia-Museen tatsächlich wieder in Moscheen umgewandelt worden. Das Problem ist die fehlende Priesterausbildung in der Türkei, seit das Seminar auf der Insel Chalki 1971 zwangsweise geschlossen wurde.

12 1960 lebten in Istanbul noch 110.000 orthodoxe Christen, 100.000 Armenier und 60.000 Juden bei 1,2 Mill. Einwohnern. Heute sind es nur noch 3.000 Christen, 60.000 Armenier und 18.000 Juden bei 20 Mill. Einwohnern. Das Patriarchat erhält keine staatlichen Gelder. Es wurde im Gegenteil seit 1923 (Staatsgründung, Lausanner Abkommen) nach und nach enteignet. Religionsfreiheit besteht theoretisch. In der Praxis gibt es nur Probleme. Missionierung ist gefährlich. Es gibt so gut wie keine christlichen Beamten. Konvertiten verstecken sich. Es gibt viele Krypto-Christen, oft Nachfahren der 1915 zum Islam Zwangskonvertierten: Leben nach innen christlich, nach außen muslimisch. 11:30 Besuch der Insel Chalki mit dem geschlossenen Priesterseminar im Kloster zur Heiligen Dreieinigkeit Die Insel Chalki gehört zu den Prinzen-Inseln im Marmara-Meer vor der Küste Istanbuls. Das Kloster liegt idyllisch auf einer Anhöhe mit Blick auf Istanbul. Die Führung durch das seit über 40 Jahren (seit 1971) geschlossene Priesterseminar hinterlässt einen bizarren Eindruck. Alles ist blitzsauber, keine Staubflocke auf den langen Fluren und den vielen Räumen. Offenbar wird hier regelmäßig geputzt für nichts. Das gesamte Kloster steht leer. Bis auf ein paar Tagungen im Jahr findet hier nichts statt. Immer wieder gab es Hoffnungen auf eine Wiedereröffnung des Priesterseminars bisher vergeblich. Nachmittags Besuch der katholischen Kirchen Maria Draperis und der großen Franziskanerkirche St. Antonius in der Fußgängerzone Istiklal Cadesi sowie der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskirche in der Nähe des Taksim-Platzes Vor dem Eingangsbereich der Franziskanerkirche war auf Tafeln eine Ausstellung anlässlich der Heiligsprechung von Papst Johannes XXIII aufgebaut, der von 1933 bis 1944 Apostolischer Delegat in Istanbul war. 4.10.2014 8:30 Attila Sulekoglu Pastor einer evangelikalen Gemeinde 1966 in Frankfurt/M als Sohn islamischer Eltern geboren. Später nach Istanbul übergesiedelt. In Istanbul wandte er sich der Religion zu - seine Eltern waren eher liberale Muslime und studierte den Koran. Er traf auf eine koreanische protestantische Missionarin, die ihn vom Christentum überzeugte. 1999 ließ er sich in der traditionsreichen protestantischen Union Church nahe der Fußgängerzone Istiklal Cadesi taufen.

13 Er ließ seine Religionszugehörigkeit im Ausweis von Moslem auf Christ umändern. Damals sei es noch schwierig gewesen, dies bei der zuständigen Behörde durchzusetzen, und es dauerte längere Zeit. Heute dauere die Umschreibung in Istanbul zehn Minuten. Er zeigte uns seinen Ausweis mit der Eintragung Christ. Er ist inzwischen Pastor einer kleinen Konvertitengemeinde von etwa 20 Personen und widmet sich ganz seiner Missionstätigkeit. Er erzählte uns, dass Gemeindemitglieder monatlich in der Fußgängerzone Istiklal Cadesi Bibeln anbieten. Dafür gebe es eine offizielle behördliche Erlaubnis! 10:00 Pater Christian Rolke Deutschsprachige katholische Gemeinde in der Türkei Pater Rolke arbeitet seit 2010 in Istanbul und stammt aus Hofheim bei Frankfurt/M. Er gehört zum Orden der Vinzentiner. Die Katholische Kirche hat in der Türkei keinen Rechtsstatus. Auch die katholisch-deutsche Gemeinde St. Paul existiert über rechtliche Hilfskonstruktionen. Sollten Muslime Interesse am katholischen Glauben haben, verweist er auf eine Stelle des Bistums Istanbul. Konvertiten aus dem Islam können nach dreijähriger Vorbereitung in die katholische Kirche aufgenommen werden. Pater Rolke ist zuständig für die deutschsprachige katholische Seelsorge in der gesamten Türkei. So hält er gelegentlich auch Messen in Bursa, Izmir und bei den deutschen Soldaten in Trabzon. Außerdem erteilt er Religionsunterricht an der deutschen Schule. Insgesamt vermutet man 70.000 bis 100.000 Passdeutsche in der Türkei. Pater Rolke war sehr vorsichtig bis ängstlich. Er ist sehr darauf bedacht, bei den türkischen Behörden nicht anzuecken. Kein sehr ergiebiges Gespräch bis auf die Erkenntnis, dass es eben auch sehr ängstliche Menschen gibt. 18:00 Ökumenische Andacht in Tarabya (Sommerresidenz des deutschen Botschafters) mit Pater Christian Rolke 5.10.2014 10:00 Kees Arendz Deutschsprachige evangelische Gemeinde in der Türkei Herr Arendz ist Niederländer und seit 10 Jahren in Istanbul. Er ist Mitglied des Kirchengemeinderates. Die Gemeinde hat 350 Mitglieder. Mit den Familien 800 Personen. Starke Fluktuation aufgrund der ausländischen Mitglieder. Die Pfarrerin gibt Religionsunterricht an der deutschen Schule. Die Gemeinde hat keinen Rechtsstatus. Er informierte uns über das gemeinsame Interparish Migrant Program

14 der Istanbuler Gemeinden für die vielen Flüchtlinge in Istanbul. Die Pfarrerin ist formal Angestellte des dt. Generalkonsulats. 120 Besuchergruppen im Jahr. 15:05 Rückflug von Istanbul nach Frankfurt 17:25 Ankunft Kurzes Resümee: Wir waren 5 Tage im Tur Abdin im Südosten der Türkei und 3 Tage in Istanbul. Der Reiseteil Tur Abdin war der wichtigere! Das Erlebnis der tapferen, sich aufopfernden Christen gerade noch 3.000 ist berührend und eindrucksvoll. Sie müssen kämpfen. Es geht ihnen nicht so gut wie den bequemen Christen hierzulande. Sie sind existenziell bedroht und haben Unterstützung verdient. Außerdem tragen sie dazu bei, dass das Christentum in seiner Ursprungsregion erhalten bleibt. Die alten Klöster in dieser Region sind Symbole der verfolgten Christenheit. Auf Basis dieses Berichtes wird ein separater Forderungskatalog erstellt. Edgar Lamm Walter Flick 13. Oktober 2014