Restaurierung der Historischen Ziese Orgel

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Transkript:

Bericht über die Restaurierung der Historischen Ziese Orgel in der ev. Kirche Oberkalbach Vorbemerkung Über die Orgel in der ev. Kirche Oberkalbach liegen zwei Gutachten von Kirchenmusikdirektor Jürgen Hessel und dem Orgelsachverständigen Gunther Martin Göttsche vor. Aus beiden Gutachten geht hervor, dass die Orgel 1850 von Bernhard und Jakob Ziese aus Ellingerrode gebaut wurde. Verschiedene Umbauarbeiten sind durch die Orgelakte belegt. So wurde 1953 die Balganlage durch einen großen Schwimmerbalg mit einem Schöpfer erneuert. Die größte und entscheidendste Veränderung wurde 1969 durch die Firma Gebrüder Hoffman, Ostheim/Rhön ausgeführt. Dabei wurde die gesamte Mechanik im modernen Stil aus Aluminium, Eisen und Plastik ersetzt. Die Mixtur und der Sesquialter wurden ebenfalls erneuert. Diese Umbauarbeiten bildeten einen erheblichen Eingriff in den Ursprung des Instrumentes. Im Jahr 2002 wurde das Instrument von Herrn Tobias Späth, Betriebsleiter der Orgelbauwerkstatt Mebold besichtigt und begutachtet. Die Grundsubstanz der Orgel mit den noch vorhandenen originalen Teilen konnte als sehr solide bezeichnet werden und trotz der verschiedenen Eingriffe war die Originalität der Brüder Ziese noch deutlich erkennbar. Aktiver Holzwurmbefall war nicht festzustellen. Auf der Grundlage der bereits vorhandenen Gutachten und der Besichtigung wurde ein Angebot zur Restaurierung der Orgel erstellt und im April 2002 wurde der Auftrag durch die ev. Kirchengemeinde erteilt. Durch notwendige Baumaßnahmen in der Kirche verzögerte sich der Wiedereinbau des Instrumentes und die Fertigstellung um insgesamt 3 Jahre. Der nachfolgende Restaurierungsbericht dokumentiert die ausgeführten Arbeiten und bildet den Abschluss der Restaurierung. 1

Pfeifenwerk Vorgefundene Disposition I. Manual Principal 8 von C-Dis Holz offen, von E-g Zink im Prospekt, ab gis Metall, alt Hohlflöte 8 offen, Holz, alt Octav 4 Metall, alt, Ergänzungspfeifen aus der Mixtur Gedact 16 ab c, Holz, alt, früher Gedackt 4 Gambe 8 C-e Zink, fis -f Metall, von 1902, ehemals Quinte 2 2/3 Mixtur 1 1/3 Zinn von 1969, ehemals auf 2 Basis II. Manual Sesquialter II ab c neu, Metall Floete dulce 4 von C-g Holz, alt, ab gis -f Metall, aus alten Mixturpfeifen Gedact 8 Holz, alt Salicional 8 C-H Holz, ab c -f Metall Pedal Octavbaß 8 Holz, alt Violonbaß 8 Holz, alt Subbaß 16 Holz, alt Koppeln II/I, I/P, II/P Das Pfeifenwerk war bis auf 4 Register original erhalten. Der Prinzipal 8 war von E g in Zink ersetzt, die Quinte 2 2/3 durch eine Gambe 8, die Mixtur und der Sesquialter waren erneuert. Bei dem vorgefundenen Gedackt 16 ab c handelte es sich um das originale Gedackt 4. Die Beschriftung auf den Pfeifen deutete sehr genau darauf hin. Die Stöcke zeigten ebenfalls deutliche Spuren von umgebohrten Pfeifenlöchern. Dabei wurden die oberen zwei Oktaven entfernt und das große C auf c gestellt. Die beiden tiefen Oktaven waren dadurch nicht besetzt. In den verschiedenen Registern tauchten auch vereinzelt Pfeifen aus der alten Mixtur auf, sie wurden als Ergänzung benutzt. Bei der Floete dulce 4, die offen aus Holz ist, waren die Pfeifen von gis - f ebenfalls durch Mixturpfeifen ersetzt und ohne Raster in die Löcher gestellt. Das gesamte Pfeifenwerk war in einem schlechten Zustand und teilweise sehr stark verschmutzt. 2

Das Pfeifenwerk wurde gründlich gereinigt, die Metallpfeifen wurden dafür im warmen Wasser ausgewaschen. Die Pfeifenmündungen und Füße wurden gerichtet und wenn nötig neu gelötet. Die Holzpfeifen wurden ausgesaugt und feucht ausgewischt. Risse, schadhafte Vorschläge und Füße wurden verleimt und wenn nötig zugespundet. Bei den gedackten Holzpfeifen wurden die Spunde neu eingepasst und auf guten Sitz überprüft. Das Register Subbaß 16 bekam durchweg neue Hirnholzstopfen. Die Stimmbleche bei den offenen Holzpfeifen wurden gerichtet und wenn nötig erneuert. Alle Fremdpfeifen in den einzelnen Registern wurden entfernt und durch rekonstruiertes neues Pfeifenmaterial ergänzt. Gambe 8 wurde belassen. Mixtur und Sesquialter wurden komplett erneuert. Für die neuen Metallpfeifen wurde ein auf Stärke gegossenes Material verwendet. Die Oberfläche ist nur mit einer Ziehklinge bearbeitet. Dadurch ist nach unseren Erfahrungen die Stabilität der Metallpfeifen gegenüber dem maschinell gehobelten Material besser. Auch passt es sich dem alten Pfeifenmaterial sowohl klanglich wie auch optisch sehr gut an. Heutige Disposition I. Manual Principal 8 von E g neu, 88% Hohlflöte 8 durchgehend alt Octav 4 die aus der Mixtur benutzten Ergänzungspfeifen sind entfernt und in der vorgefundenen Bauweise rekonstruiert. Gedact 4 (jetzt 16 ab c) steht wieder auf seinem originalen Platz. Die fehlenden Pfeifen von fis - f wurden rekonstruiert. Gambe 8 wurde belassen Mixtur 1 1/3 rekonstruiert II.Manual Sesquialter II C - h gemeinsam mit Floete dulce 4, ab c rekonstruiert Floete dulce 4 die aus der Mixtur benutzten Ergänzungspfeifen wurden entfernt, die fehlenden Holzpfeifen von gis - f rekonstruiert. Gedact 8 durchgehend alt Salicional 8 durchgehend alt Pedal Subbaß 16 durchgehend alt Octavbaß 8 durchgehend alt Violonbaß 8 durchgehend alt Alle Pfeifen wurden im vorgefundenen Charakter neu- bzw. nachintoniert und auf eine saubere Ansprache und Stimmhaltung überprüft. 3

Windlade Alle Windladen waren bei der letzten Renovierung überarbeitet worden. Der Windladenkorpus wurde dabei lackiert und der Pulpetenboden durch eine Tischlerplatte ersetzt. Die Unterseite der Windladen war mit Gummituch und Weißleim abgedichtet. Die Koppelventile waren zugeleimt, da im Spieltisch eine mechanische Koppel eingebaut war. Der Tonumfang für die Pedalkoppel betrug 26 Ventile = C c. Der Ventilboden war mit Papier beklebt und die Ventile mit Filz und Leder belegt. Die Schleifen, Schleifenverbinder, Stöcke und Raster machten einen sehr guten Eindruck. Unpraktisch und nicht original war die zusätzlich angebrachte Windzuführung an den Spunddeckeln. Bei der stummen Probe auf Dichtigkeit zeigten sich einige Durchstecher zwischen den Schleifen. Die Windladen wurden ausgebaut, in die Werkstatt gebracht und dort zerlegt. Erst zu diesem Zeitpunkt wurden die großen Schäden an der Pedallade sichtbar, die durch Eindringen von Wasser über das undichte Dach entstanden waren. Dies hatte zur Folge, dass alle Spunde und zum Teil auch die Schiede lose waren und neu mit Warmleim verleimt werden mussten. Ein komplett neues Abrichten der Lade war erforderlich. Alle Laden erhielten wieder einen massiven Pulpetenboden aus Fichte, die Lederpulpeten wurden nach alten Vorbildern rekonstruiert. Um eine präzisere Spielart zu bekommen war es notwendig, die Ventile doppelt zu beledern. Die zugeleimten Koppelventile wurden wieder geöffnet, um die originale Ventilkoppel wieder herzustellen. Der Ventilboden wurde ebenfalls einmal beledert. Fehlende Riegel und Keile wurden ersetzt. Die Schleifenbahnen und Stöcke wurden auf Dichtigkeit überprüft und aus Sicherheitsgründen mit Kerntuchringen versehen. Die vorhandenen flexiblen Kondukten wurden durch Zinnrohre ersetzt. Spieltisch Der vorgefundene Spieltisch wurde 1969 eingebaut und wirkte an dem alten Gehäuse wie ein Fremdkörper. Die Tastenbeläge waren aus Kunststoff und in ihren Abmessungen nicht passend zur historischen Orgel. Sämtliche Koppeln und Wippen bestanden, der Zeit entsprechend, aus Aluminium. Die zahlreichen Stecker und Schalter im Spieltischbereich wirkten sehr störend. Die Pedalklaviatur stammte ebenfalls von 1969. Der Spieltisch wurde in seiner originalen Bauweise rekonstruiert. Dazu wurden Untersuchungen an der noch vorhandenen Ziese Orgel in Kressenbach vorgenommen. Die Klaviaturen wurden von unserer Werkstatt in historischer Bauweise hergestellt. Die Tastenführungen sind nicht ausgetucht, als Führungsstifte wurden Messingstifte verwendet. Die Klaviaturbacken sind im vorderen Bereich mit starkem Nussbaumsägefurnier belegt und mit Schellack poliert. Die Pedalklaviatur wurde ebenfalls in unserer Werkstatt rekonstruiert. Da für die Manualkoppel I/P die nötigen Koppelventile in der Windlade vorhanden waren, wurden diese auch wieder aktiviert. Die Manualkoppel II/I ist als verschiebbare Wippenkoppel zwischen den beiden Manualen angelegt. Dies bedeutet zwar eine Abweichung von der Kressenbacher Orgel, wurde aber zugunsten eines besseren Übersetzungsverhältnisses in Kauf genommen. 4

Spiel- und Registertraktur Die Spieltraktur wurde ebenfalls 1969 erneuert. Die Wellenbretter bestanden aus Tischlerplatte, die Wellen aus Aluminium. Alle Reguliermuttern waren ebenfalls aus Aluminium und Kunststoff. Sämtliche Metallwinkel waren in Spitzenlagern (Wiener Kapseln) gelagert. Die Durchgänge in den Windkasten waren durch Plastiklinsen abgedichtet. Die Anhängung an die Ventile war durch einen mit Kunststoff ummantelten Draht hergestellt. Die Registertraktur ist zum größten Teil original. Der Registerzug von Violon 8 ließ sich nicht mehr betätigen und die Achsen in den Wellen und Stangen hatten zu viel Spiel. Die Spielmechanik wurde nach dem historischem Vorbild in Kressenbach rekonstruiert. Die Abstrakten wurden aus feinjähriger Fichte hergestellt. Die Wellenrahmen und -bretter sowie die Wellen wurden aus Fichte hergestellt. Für die Wellenlagerung wurden mit Schellack getränkte Hammerfilzbuchsen, die in Döckchen aus Weißbuche gelagert sind, verwendet. Dadurch wird ein präziser, ruhiger und spielfreier Lauf der Wellen erzielt. Ärmchen und Winkel wurden aus Obstholz angefertigt. Alle Abstraktendrähte, Mechanikachsen und Stifte sind aus Messing. Windanlage Der Schwimmerbalg mit mechanischer Schöpfvorrichtung von 1969 steht links neben der Orgel. Er wird durch einen Motor, der ohne Schallschutzkasten aufgestellt ist, angeblasen. Durch den fehlenden Schutzkasten war die Geräuschentwicklung sehr groß. Der Wind führte teilweise durch alte, sowie neue Kanäle zur Orgel. Zwei zusätzliche Kanäle speisten die Hauptwerkswindladen durch die aufgesägten Spunddeckel. An einigen Stellen waren Lederdichtungen defekt. Das vermutlich erste Gebläse von 1950 steht noch in der Turmkammer. Die Balganlage wurde gereinigt und neu abgedichtet. Der Motor bekam einen schallgedämmten Kasten, der mit einem Luftfilter versehen ist. Alle Windkanäle wurden auf Dichtigkeit überprüft, zum Teil neu beledert und abgedichtet. Die 1969 neu dazugekommenen Kanäle in die Spundklappen wurden entfernt. Die Windzufuhr erfolgt jetzt wieder von Unten in den Pulpetenboden. 5

Gehäuse Das Gehäuse ist in einem befriedigenden Zustand. Bis auf ein paar Risse in den Füllungen macht es einen stabilen Eindruck. Die Zugänglichkeit war nur von rechts möglich, da die Tür im Untergehäuse durch ein Podest verstellt war. Das Ständerwerk der Windladen und der Register- und Spielmechanik waren nur mit Nägeln auf dem Fußboden fixiert. Das Gehäuse wurde vor Ort gründlich gereinigt und anschließend mit einem umweltfreundlichen Holzschutzmittel HM1 vorbeugend behandelt. Für die nicht ausreichende und instabile Befestigung des Ständerwerkes wurde ein neuer starker Bodenrahmen aus Eiche angelegt. Alle elektrischen Schalter und Leitungen am Gehäuse wurden entfernt und die entstandenen Löcher wurden ausgebessert. Neue Schalter für Motor und Beleuchtung sind jetzt an der Brüstung installiert. Zusammenfassung Die Arbeiten an der Orgel wurden alle nach historischen Kenntnissen und handwerklichen Traditionen ausgeführt. Die zu ergänzenden Holzteile wurden mit dem Handhobel verputzt, um eine identische Oberfläche zu bekommen. Alle Verleimungen von Holz und Leder wurden mit Hautleim verleimt und bleiben dadurch reversibel. Alle Orgelteile von 1969, die keine Verwendung mehr fanden, wurden in das Orgelteilelager nach Schlüchtern gebracht. Alle historisch relevanten Orgelteile, die wegen zu starker Beschädigung nicht mehr verwendet werden konnten, sind auf dem Dachboden der Kirche gelagert. Die Orgelbauwerkstatt Mebold bedankt sich an dieser Stelle für das ihr entgegen gebrachte Vertrauen und die, trotz der erschwerten Umstände einer extrem langen Bauphase, gute und immer hilfreiche Zusammenarbeit. Wir freuen uns mit der Gemeinde über den erfolgreichen Abschluss aller Arbeiten und wünschen ihr Freude und Ermutigung in ihrem neu gestalteten Kirchenraum und an den Klängen der restaurierten historischen Orgel. SOLI DEO GLORIA! Marianne Mebold, J. Tobias Späth 6