Schöne Rinde. Natur & Pflanzen. Dekorativ erst recht im Winter

Transkript

1 Prunus serrula besitzt das typische Ringelbild der Kirschen in einer umlaufend hellen, feinen Strichzeichnung und dazu noch eine mahagonibraune Färbung. Natur & Pflanzen Schöne Rinde Dekorativ erst recht im Winter Bei der Auswahl von Gartengehölzen konzentrieren sich viele Menschen vorwiegend auf den sommerlichen Habitus. Das bedeutet: lange Monate im Winter ohne Highlights, gäbe es nicht die Vertreter mit ihren farbigen und skurrilen Rinden. Text & Bilder: Peter Springer 38 PFLANZENFREUND.CH 12/2018

2 Gehölze NATUR & PFLANZEN Einige Gehölze verfügen über eine ausgesprochen kunstvoll gefärbte Rinde, die nach dem Blattfall besonders zur Geltung kommt. In erster Linie sind hier die Birken zu nennen. Bereits der weiss marmorierte Stamm der Sand-Birke (Betula pendula) bildet einen schönen Kontrast zur dunklen Jahreszeit. Das reinste Weiss unter den Stammbildnern besitzt allerdings die Himalaya- Birke (Betula var. jacquemontii). Die Pflanze neigt dazu, sich mehrstämmig aufzubauen, was in Solitärstellung besonders reizvoll aussieht. Die Stammoberfläche ist glatt und reinweiss, nur stellenweise rahmweiss. Unterbrechungen gibt es dann, wenn sich breite Rindenpartien ablösen. In ähnlicher Weise zeigt sich auch Betula ermanii. Die Schwarz-Birke (Betula nigra) dagegen rollt ihre rotbraune Rinde in dichten Kräuseln auf. Damit ist sie besonders in der Jugendphase eine ausgesprochene Schönheit. Bei den Prunus sind vor allem die Arten maackii und serrula zu nennen, wenn von interessanten Rindenstrukturen die Rede ist. Die Amur-Kirsche (Prunus maackii) bildet bis zu 15 m hohe, oft mehrstämmige Bäume mit einer locker aufgebauten Krone. Auffällig ist die glatte, braungelbe Borke, die sich in dünnen Streifen löst und dann abrollt. Noch reizvoller ist die Rinde der Mahagoni-Kirsche (Prunus serrula). Sie besitzt das typische Ringelbild der Kirschen in einer umlaufend hellen, feinen Strichzeichnung und dazu noch eine mahagonibraune Färbung. Aufgrund ihrer schönen Rindenfärbung werden ausserdem die Vertreter der Cornus gerne gepflanzt. Es sind zudem äusserst anspruchslose Sträucher für fast jeden Standort. Der Weisse Hartriegel (Cornus alba) ist jener Vertreter mit roter Rindenfärbung. Die Sorte 'Sibirica' zeichnet sich durch einen besonders intensiven Farbton aus. Da die Rindenfärbung nur an jungen Zweigen gut ausgeprägt ist, sollte man die Sträucher gelegent- Mit ihren weiss marmorierten Stämmen sind Birken auch in der dunklen Jahreszeit ein Hingucker. 39

3 NATUR & PFLANZEN Gehölze Spektakulär: der Schlangenhaut-Ahorn Acer rufinerve. 2 Acer griseum besitzt eine zimtbraune Rinde, die sich in papierdünnen Streifen aufrollt. 3 Das typische Rindenbild zeigt sich bei Acer griseum bereits im Jugendstadium. 4 Wie kleine Leuchtfeuer in der Wintersonne: Salix purpurea als Kopfweide geschnitten. 5 Mit der unterschiedlich ablösenden Rinde entstehen bei der Platane braungelbe Muster. 6 Acer palmatum 'Sangokaku' macht es den Cornus nach und bildet intensiv rot gefärbte Zweige. 7 Nothofagus antarctica auf der dunkelbraunen Rinde befinden sich zahlreiche helle Lentizellen. lich durch einen starken Rückschnitt verjüngen. Ahorn mit Schlangenhaut Unter den Acer ist der Zimt- Ahorn (Acer griseum) mit einer attraktiven Rinde versehen. Hier ist es eine zimtbraune Rinde, die sich in papierdünnen Streifen aufrollt. Das typische Rindenbild zeigt sich bereits im Jugendstadium. Die Stars im Sortiment sind aber die Schlangenhaut-Ahorne mit ihrer attraktiven Rindenzeichnung. Bei Acer davidii ist es eine graugrüne, bei Acer capillipes eine olivgrüne Rinde mit schmalen, weissen Streifen. Acer capillipes bildet zudem noch rot gefärbte und bereifte Jungtriebe. Acer rufinerve besitzt entweder eine grüne Rinde mit grauweissen Streifen oder eine graue Rinde mit rosa Streifen. Alle Schlangenhaut-Ahorne bilden etwa 8 bis 12 m hohe Bäume oder Grosssträucher mit schräg aufstrebenden, locker verzweigten Ästen und einer breit trichterförmigen Krone. Auch in der Gruppe der Japanischen Fächer-Ahorne erweitern gegenwärtig Sorten mit auf- fälliger Färbung der Zweige das Sortiment. 'Mikawa Yatsubusa' bildet einen giftig grünen Austrieb und rote Blatthüllen, 'Katsura' fällt durch den frühen, bronze-orangefarben Austrieb auf. Beide neue Sorten sind langsam im Wuchs und eignen sich insbesondere für die Kübelbepflanzung. Acer palmatum 'Sangokaku' machte es den Cornus nach und bildet intensiv rot gefärbte Zweige. Wenn von attraktiven Stämmen die Rede ist, darf natürlich die Platane nicht fehlen. Mit der unterschiedlich ablösenden Rin- 40 PFLANZENFREUND.CH 12/2018

4 4 5 de entstehen braungelbe Muster. Sie gehört im Winter sicherlich mit zu den eindrucksvollen Gehölzen. Eher unauffällig, aber bei näherer Betrachtung auch reizvoll ist die Rindenzeichnung der Scheinbuche (Nothofagus antarctica). Sie entwickelt sich bei uns zu einem mehrstämmigen Grossstrauch mit einem ganz eigenwilligen, charaktervollen Wuchs. Die jungen Zweige sind regelmässig angeordnet und erinnern ein wenig an ein Fischgrätenmuster. Auf der dunkelbraunen Rinde befinden sich zahlreiche helle Lentizellen, die das interessante Gehölz vor allem im Winter zu einem Blickfang werden lassen. Bereifte und grüne Rinden Daneben gibt es einige Gehölze, deren Rinde grau oder weiss bereift ist. Meistens handelt es sich dabei um ein aufgebrachtes Wachs, welches leicht abgewischt werden kann. Verlieren diese Gehölze zum Winter ihr Laub, treten die äusserst attraktiven Zweige hervor. Besonders gut sieht das vor einer dunklen Kulisse aus (z. B. Taxus im Hintergrund oder ein dunkelgrüner und immergrüner Bodendecker). Vertreter dieser Gruppe sind beispielsweise Ölweide (Elaeagnus), Sanddorn (Hippophae) und mehrere Rubus- und Salix-Arten. Mit der grünen Färbung von Zweigen und Ästen erhalten einige Gehölzvertreter die Möglichkeit, auch im blattlosen Zustand assimilieren zu können. Was im Sommer kaum auffällt, erhält im Winter einen ganz besonderen Reiz. Bekannte Vertreter sind hier mehrere Ginster-Arten, der Schnurbaum (Sophora japonicum, dunkelgrüne Rinde mit hellbraunen Lentizellen) oder Jasminum nudiflorum. Als Exot innerhalb dieser Gruppe präsentiert sich Bitterorange (Poncirus trifoliata). Der reich verzweigte Grossstrauch bildet im Frühsommer schöne, reinweisse Schalenblüten und auch dann ein nur spärliches Blattkleid. Nach dem Blattfall im Herbst kommen die zum Teil zickzackförmig ge- 7 6 FOLLOW 41

5 NATUR & PFLANZEN Gehölze 1 wachsenen, intensiv grünen Zweige so richtig zur Geltung. An den Zweigen befinden sich darüber hinaus ebenfalls grüne, ein bis vier Zentimeter lange, abgeflachte Dornen. Bei den Koniferen sind auffällig farbige Rindenstrukturen eher selten. Häufiger sind wie bei vielen Kiefern-Arten die stark strukturierten, rissigen Borken eine ausgesprochene Zierde. Im Prinzip sind vor allem die alten Stämme von Thuja, Taxus, Chamaecyparis, Cupressus und Juniperus sehr attraktiv, weil die Borke teilweise in Schuppen oder Streifen abblättert und sich mit der darunter liegenden, rehbraun gefärbten Rinde ein schönes Farbenspiel bietet. Doch bleibt aufgrund der dichten, immergrünen Benadlung dieses Schauspiel oftmals im Verborgenen. Je nach Gartensituation und Begleitbepflanzung würde sich hier ein Aufasten und Freistellen des Stammes lohnen. So beispielsweise auch bei der Chinesischen Kopfeibe (Cephalotaxus fortunei), deren rotbraune Borke sich in grösseren Platten löst und ein farbiges Rindenbild hinterlässt. Der stark an Taxus erinnernde Baum (hat aber wesentlich längere Nadeln) ist allerdings nur in wintermilden Gebieten ausreichend frostfest. Stacheln, Dornen, Kork leisten Es muss aber nicht immer Farbe sein auch Strukturen wirken im Winter. Meist durch auffällige Stacheln, Dornen oder Korkleisten. Das Beispiel der Stacheldraht-Rose (Rosa omeiensis pteracantha) bringt es auf den Punkt. Sie bildet sehr grosse, in Längsrichtung der Zweige flügelartig verbreitete Stacheln. Diese sind im Austrieb blutrot und nehmen später den Farbton der braunroten Rinde an. Bei der Gleditsia triacanthos sind es lange, zum Teil sogar verzweigte Dornen, die besonders im laublosen Zustand Zierwert besitzen. Im Alter werden die Dornen auch am Stamm ausgebildet. Gleditsia wird vor allem aufgrund der Anspruchslosigkeit und Eignung für das Stadtklima geschätzt. Bei der Verwendung als Stadtbaum sollte aber auf stachellose Sorten zurückgegriffen werden. Für ökologische Pflanzungen hingegen ist der Baum hervorragend geeignet. Die Dornen bieten den Vögeln einen besonderen Schutz, weil Katzen den Stamm nicht erklettern können. Mit Korkleisten an den Zweigen schmücken sich Vertreter der Spindelsträucher. Euonymus alatus besitzt grüne Zweige, die mit vier schmalen, flügelartigen Korkleisten versehen sind. Alle 42 PFLANZENFREUND.CH 12/2018

6 Majestätisch: die Borke eines alten Riesenmammutbaums (Sequoiadendron giganteum). 2 Wie bei der Rubus thibetanus gibt es zahlreiche Gehölze, deren Rinde grau oder weiss bereift ist. 3 Die sogenannte Stacheldraht-Rose (Rosa omeiensis pteracantha) bildet sehr grosse, in Längsrichtung der Zweige flügelartig verbreitete Stacheln. 4 Gleditsia triacanthos schmückt sich auch am Stamm mit dekorativen Dornen. 5 Euonymus alatus mit auffälligen Korkleisten. 5 Vertreter der grossen Euonymus- Gruppe sind recht anspruchslose Sträucher, die gerne in Pflanzungen Verwendung finden. Ähnliche Korkleisten finden sich auch beim Amberbaum (Liquidambar styraciflua). Die einjährigen Triebe sind zunächst grün bis bräunlich, um sich dann später graubraun zu verfärben und mehr oder weniger stark die Korkleisten auszubilden. Der Baum ist somit nicht nur aufgrund seiner phantastischen Herbstfärbung, sondern auch im blattlosen Zustand eine Zierde. Die Bildung von Korkleisten ist allerdings stark von der Sorte abhängig. Sorten wie 'Burgundy', 'Paarl' und 'Parasol' bilden sie sehr stark, die häufig verwendete Sorte 'Worplesdon' hingegen kaum. Nicht nur Zweige, auch die Stämme mancher Gehölze können sich zu wahren Kunstgebilden entwickeln. Das wird jeder bestätigen, der alte Olivenbäume gesehen hat. Für unsere Breitengrade sind als Beispiele Hainbuche (Carpinus betulus) oder Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides) zu nennen. Ihre Stämme sind im Alter stark strukturiert und erinnern an geflochtene Zöpfe. FOLLOW 43