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2 5. Bau- und Bemessungswasserstände Zur Planung und Dimensionierung von Bauwerken (Gebäude, Baugrube, Einschnitt etc.) ist die Kenntnis des Grundwasserspiegels bzw. des Grundwasserstands notwendig. Die Höhe des anstehenden Grundwassers bestimmt den auf ein Bauwerk wirkenden Wasserdruck, der in der Bemessung berücksichtigt werden muss. Ferner müssen u. U. Strömungskräfte, die durch natürliche oder durch die Bautätigkeit hervorgerufene Strömungsvorgänge entstehen, berücksichtigt werden (fließt einem Einschnitt oder einer Baugrube Wasser zu, so wirken z. B. Strömungskräfte, die die Standsicherheit der Böschungen bzw. Baugrubenwände ungünstig beeinflussen). Der erwartete Grundwasserstand hat auch Einfluss auf das Konstruktionsprinzip des Bauwerks sowie den Bauablauf (z. B. ob eine Auftriebssicherung oder eine Wasserhaltung notwendig wird). Im Rahmen des gültigen Normenwerkes wird daher hinsichtlich des maßgebenden Grundwasserstands zwischen dem Bau- und dem Endzustand unterschieden. Die Frage, ob und wenn ja welches Abdichtungssystem (z. B. weiße Wanne) notwendig ist, kann ebenfalls nur mit Kenntnis der Grundwasserverhältnisse beantwortet werden. Die im Baugrund anzutreffenden Wässer werden häufig noch in Schichtwasser, Sickerwasser und eigentliches Grundwasser unterschieden. Letztendlich ist eine solche Unterscheidung kaum zielführend. Maßgebend ist, wie hoch das Wasser im Baugrund maximal (während der Bauzeit 155

3 und während des Betriebs/der Nutzung des endgültigen Bauwerks) ansteigen kann. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass durch das geplante Bauwerk selbst ein höherer Wasserstand verursacht werden kann als im ungestörten Zustand. Das kann z. B. bei Bauwerken auftreten, die eine absperrende Wirkung auf die Grundwasserströmung haben (z. B. bei wasserundurchlässigen Stütz- oder Verbauwänden). Neben den im Baugrund auftretenden Wässern (siehe oben) sind auch Oberflächenwässer (z. B. Hochwasserüberschwemmungsgebiete, Fließgewässer) sowie Niederschlagswässer für die Festlegung der bauzeitlichen und der endgültigen Bemessungswasserstände zu beachten. 5.1 Festlegung des Bemessungswasserstandes Da die Kenntnis der Grundwasserverhältnisse eine herausragende Bedeutung für die erfolgreiche und sichere Planung und Ausführung von Bauwerken hat, sind Aussagen hierzu wesentlicher Bestandteil eines Baugrundgutachtens bzw. eines Geotechnischen Untersuchungsberichts entsprechend DIN EN Im Zuge der Baugrunduntersuchung müssen daher auch Erkenntnisse über die Grundwasserverhältnisse im Untersuchungsbereich gesammelt werden. Um zutreffende Festlegungen treffen zu können, ist i. d. R. eine langjährige Beobachtung von vor Ort hergestellten Grundwasserbeobachtungspegeln erforderlich, aus denen 156

4 dann bei einer ausreichenden Beobachtungsdauer mit statistischen Verfahren maximale Wasserstände abgeschätzt werden können. Basierend auf den Ergebnissen und Daten dieser Grundwassermessungen und Prognoseberechnungen kann der Sachverständige für Geotechnik unter Berücksichtigung von Hochwassergefahrenkarten, hydrogeologischer Karten, der örtlichen Topographie und den im Erkundungsbereich ausgeführten Bohraufschlüssen (Stichtagsmessungen) die für das Bauvorhaben relevanten Wasserstände festlegen. Die Festlegung kann umso besser und zutreffender sein, je länger der Beobachtungszeitraum der Grundwasserverhältnisse über entsprechende Grundwasserbeobachtungspegeln ist, sodass diese in einem sehr frühen Planungszeitraum hergestellt werden sollten. Diese sogenannten Bemessungswasserstände, die maßgebend für die weitere Planung sind, müssen getrennt für den End- und den Bauzustand angegeben werden (s. o.). Gelegentlich wird für den bauzeitlichen Bemessungswasserstand auch der Begriff Bauwasserstand verwendet. Bemessungswasserstand für den Endzustand Der Bemessungswasserstand ist der höchste innerhalb der planmäßigen Nutzungsdauer des Bauwerks (mehrere Jahrzehnte, oft 100 Jahre) zu erwartende Grundwasser-, Schichtenwasser- oder Hochwasserstand, zuzüglich eines Sicherheitszuschlags. Der Bemessungswasserstand kann unterhalb oder an der Geländeoberkante liegen und wird unter Berücksichtigung langjähriger Beobachtungen und zu erwartender zukünftiger Gege- 157

5 benheiten festgelegt. In hochwassergefährdeten Bereichen kann der Bemessungswasserstand auch über der Geländeoberkante liegen. Bemessungswasserstand für den Bauzustand (Bauwasserstand) Der Bauwasserstand ist der höchste aller Voraussicht nach innerhalb der Bauzeit (mehrere Monate bis Jahre) zu erwartende Grund- oder Schichtenwasserstand, je nach Datenlage noch mit einem Sicherheitszuschlag. Der Bauwasserstand kann bei günstigen hydrogeologischen Bedingungen unterhalb des Bemessungswasserstands liegen, kann aber auch diesem entsprechen. Der Bauwasserstand ist für die Bemessung von Bauzuständen (z. B. die Baugrubensicherung bei Baugruben) relevant. Insbesondere bei Baugruben ist auch der Frage der Auftriebssicherung im Bauzustand (z. B. Baugrubensohlen) besondere Bedeutung zuzumessen. Im Falle eines unerwarteten Grundwasseranstiegs (z. B. infolge Hochwassers etc.) sind hier zur Gewährleistung der Standsicherheit ggf. Zusatzmaßnahmen zu treffen. Der Bauwasserstand ist zudem maßgebend für die Dimensionierung für bauzeitliche Grundwasserhaltungsmaßnahmen. Zusätzlich zu den vorstehend beschriebenen Wasserständen wird für die Dimensionierung von Versickerungsanlagen ein mittlerer, höchster Wasserstand definiert (vgl. ATV DVWK Merkblatt 138). Dieser Wasserstand wird i. d. R. zwischen den beiden vorstehend definierten Wasserständen festgelegt und dient auch zur Festlegung, ob ausreichende Flurabstände vorhanden sind, um eine Versickerung durchführen zu können. 158

6 Bei der Festlegung der Bau- und Bemessungswasserstände ist zu beachten, dass es auch infolge von Regenereignissen lokal zum Aufstau von Wasser kommen kann, das hierdurch zeitweise höher als der großräumige geschlossene Grundwasserspiegel ansteht. Dies kann z. B. innerhalb der Arbeitsraumverfüllung einer Baugrube auftreten, insbesondere wenn das Verfüllmaterial eine größere Durchlässigkeit als der anstehende Boden aufweist. Hinweis Auch Sickerwasser, das oberhalb einer durchgehenden Grundwasseroberfläche zuströmt, kann sich unter bestimmten Voraussetzungen aufstauen und zu einem höheren Grundwasserstand führen. In vielen Fällen wird daher der Bemessungswasserstand in Höhe der Geländeoberfläche angesetzt. Bei der Festlegung des Bau- als auch des Bemessungswasserstands ist zudem zu beachten, dass die Grundwasserstände i. d. R. einer ausgeprägten jahreszeitbedingten Schwankung unterliegen. Insbesondere bei Baumaßnahmen mit einer geringen Dauer können somit mit der Festlegung des Bauzeitraums, die bauzeitlich erforderlich Maßnahmen und Aufwendungen ggf. erheblich reduziert werden. Grundsätzlich ist es möglich, analog zu einer Grundwasserabsenkung für den Bauzustand, auch den Bemessungswasserstand durch geeignete Dränagemaßnahmen, sofern diese wasserrechtlich zulässig sind, zu beeinflussen. Durch eine geeignete und dauerhaft wirksame Dränagemaßnahme 159

7 kann der Wasserspiegel abgesenkt bzw. auf ein vorgegebenes Maß begrenzt werden, soweit weiterhin gewährleistet ist, dass die Dränagemaßnahme rückstaufrei funktioniert. Dies ist dann bei der Bemessung von Bauteilen, z. B. in Hinsicht auf die Auftriebssicherung und Bauwerksabdichtung, zu berücksichtigen. Es sei angemerkt, dass auch oberhalb des Bemessungswasserstands i. d. R. Wasser als Haft-, Kapillar- und Sickerwasser im Baugrund vorhanden ist, sodass Maßnahmen zur Bauwerksabdichtungen bzw. der Schutz vor Kapillarwasser notwendig werden. Bild 12: Typische Situation mit einem Bemessungswasserstand unter der Geländeoberfläche und einem tieferem Bauwasserstand. Abgeleitet aus einem mittlerem Grundwasserstand und einer Grundwasserganglinie (A). (Quelle: Autoren) 160

8 Bild 13: Geringdurchlässiger Baugrund, der Bemessungswasserstand entspricht der Geländeoberfläche, der Bauwasserstand liegt unter der Aushubsohle der Baugrube (B). (Quelle: Autoren) Bild 14: Durchlässiger Baugrund, hochwassergefährdeter Bereich: der Bemessungswasserstand liegt über dem Gelände (C). Aufgrund des Bauwasserstands auf Geländeoberfläche ist eine dichte Baugrube (D) oder eine geschlossene Wasserhaltung erforderlich (E). (Quelle: Autoren) 161

9 Bild 15: Bemessungswasserstand auf Höhe der Geländeoberfläche - Konsequenzen für das Bauwerk: bei geeigneten Böden Dränage und wirksame Verhinderung von drückendem Wasser am Bauwerk (F) oder wirksame Abdichtung gegen drückendes Wasser (G). (Quelle: Autoren) 5.2 Überwachung Während der Bauausführung müssen die tatsächlichen Grundwasserverhältnisse durch geeignete Maßnahmen überwacht und mit den planerischen Angaben verglichen werden. Die Kontrolle der Grundwasserverhältnisse kann mittels Meßeinrichtungen (z. B. Pegel) erfolgen. Zusätzlich ist auf Sickerwasserzutritte bzw. das Zuströmen von Schichtwasser zu achten. Dies gilt in besonderem Maße, wenn erosionsgefährdete Bodenarten durch die Bautätigkeit aufgeschlossen werden (z. B. bei Baugrubenböschungen, durchlässigen Verbauwänden etc.). 162

10 Bei Abweichungen von den erwarteten Grundwasserverhältnissen oder ungewöhnlichen Phänomen ist dies unverzüglich den Beteiligten (Bauherr, Planer, Baugrundgutachter etc.) mitzuteilen. In solchen Fällen sind die Auswirkungen der geänderten Verhältnisse umgehend zu prüfen und ggf. geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Aufgrund des Schutzgutes Grundwasser können derartige Abweichungen im Hinblick auf Genehmigungen zur Grundwasserentnahme (wasserrechtliche Genehmigung) etc. erhebliche Auswirkungen auf den Bauablauf und die Baukosten sowie im schlimmsten Fall auch für das endgültige Bauwerk haben. Beim Bau in hochwassergefährdeten Bereichen (Überschwemmungsgebieten) sind auch die entsprechend verursachenden Fließgewässer zu beobachten und ggf. frühzeitig Maßnahmen festzulegen, für den Fall, dass Alarmwerte bzw. Maßnahmenwerte überschritten werden (z. B. Räumen von Baugruben). 163

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