Die hindernisfreie Stadt Vision und Realität

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1 Die hindernisfreie Stadt Vision und Realität Mit dieser Folie sind wir schon mitten drin im Thema Sie sehen Menschen mit Gehbehinderung oder Fahrzeugen an einer Haltestelle Sie sehen hier einen Mann mit Velo, Frau im Rollstuhl, Frau mit Gipsbein und Gehstöcken, Alte Frau mit Stock, Kind im Kinderwagen Die hindernisfreie Stadt betrifft alle Altersgruppen und alle Arten von Behinderungen, auch selbstverständlich für Menschen mit Sehbehinderung und Hörbehinderung Die Stadt für ALLE Ist die Vision Diese Folie zeigt auch schon gleich, warum der Vortrag NICHT die Behindertengerechte Stadt heisst, sondern die Hindernisfreie Stadt Es sind Massnahmen, die zum Grossteil allen zugute kommen, nicht nur Menschen mit Behinderung 1

2 Hindernisfreies Bauen ist Bauen für Alle Hindernisfreies Bauen ist die Voraussetzung, damit Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Man muss hierfür erst mal aus der Wohnung können, und andere Gebäude und Anlagen benutzen können. Kontakte, Freizeit, Berufsausbildung und Berufsausübung geht nur durch eine baulich angepasste Umwelt Die Gleichstellung ist noch lange nicht in den Köpfen angekommen. Hierfür sensibilisieren wir täglich. Menschen werden immer älter. Gehbehinderungen, Sehbehinderungen und Hörbehinderungen nehmen zu im Alter. Die meisten alten Menschen betrachten sich jedoch nicht als behindert. Das ist ein Grund, warum es nicht behindertengerechtes Bauen heisst, sondern hindernisfreies Bauen. Auch durch Medizinische Fortschritte werden Menschen mit Behinderung selbständiger Hindernisfreies Bauen ist ein Teil der heute viel beschworenen Nachhaltigkeit. Als Beispiel: Je länger ALTE Menschen mit Behinderungen in ihrer Wohnung bleiben können und nicht ins Altersheim müssen, desto mehr Kosten werden der Gesellschaft gespart, pro Jahr 1.5 MRD Franken 2

3 Hindernisfreies Bauen ist Bauen für Alle. DREI VIERTEL der Massnahmen kommen allen zugute, nicht nur Menschen mit Behinderung. Das ist noch ein Grund, warum es nicht behindertengerechtes Bauen heisst, sondern hindernisfreies Bauen. 2

4 Eine Auflistung der Behinderungsarten in der Schweiz aus dem Jahr 2008 Procap: spricht von ca. behinderten Menschen in der Schweiz Das Statistisches Bundesamt spricht von 1.4 Mio Rollstuhlfahrende Menschen gibt es ca : das entspricht 0.5% der Bevölkerung Es gibt weitaus mehr Gehbehinderte Menschen: : knapp 5% der Bevölkerung Sehbehinderte Menschen gibt es ca : das ist 1% der Bevölkerung. Eine andere Zahl, die ich von Helen Zimmermann bekommen habe, spricht gar von sehbehinderten Menschen in der Schweiz! Das sind über 4% der Bevölkerung. Die am meisten vertretene Behinderungsart ist Hörbehinderung: : das entspricht 8% der Bevölkerung Man sieht: Sind gar nicht so viele Leute im Rollstuhl Die grösste Anzahl sind gehbehinderte, sehbehinderte und hörbehinderte Menschen. Dabei sieht man auch: die meisten Menschen sind behindert aufgrund ihres Alters (Die rote Säule) Die gelbe Säule (übrige Behinderungen, nicht altersbedingt) ist dagegen sehr 3

5 klein! Zwei Zahlen zum Vergleich: 1960: 0.5 Mio Menschen über 65 Jahre 2020: 1.5 Mio Die Realität ist: wir werden alle älter, und Behinderungen nehmen dadurch zu. Beispielsweise lässt die Sehkraft beim Älterwerden erheblich nach, ebenso das Hörvermögen. In der Umgangssprache wird ja immer noch zwischen normal und Behindert unterschieden, z.b. normale Toiletten. Jedoch: Körperlicher Verfall und Abbau im Alter ist NORMAL! Nur will man das nicht sehen. 3

6 Es gibt Gesetze zum Hindernisfreien Bauen auf Bundesebene und Kantonsebene. 4 von 9 Architekten wissen nicht, dass das Hindernisfreie Bauen eine Gesetzliche Anforderung ist, und ist nicht etwa nur ein freundliches Entgegenkommen. Hindernisfreiheit ist ein RECHT, und keine freiwillige grosszügige Geste. Auf unserer homepage Bauberatung finden Sie genauere Informationen dazu. Die Gesetze zur hindernisfreien Anpassung unterstützen die Umsetzung der Vision 4

7 Die Kantonsverfassung Zürich besagt, dass Menschen mit Behinderung Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Gebäuden haben UND dass die Anpassungen hierfür bereits bis Ende 2010 erfolgt sein mussten. Öffentlichen Bauten und Anlagen im Sinne der Kantonsverfassung sind Gebäude, die der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dienen z.b. Schulen, Kirchen, Bahnhofsgebäude, Post, Schauspielhaus, Museum und auch die Hochschulbibliothek der ZHAW, in der der Vortrag gehalten wird. 5

8 Es gibt Normen zur hindernisfreien Gestaltung bzw. Bauen Diese unterstützen die Umsetzung der Vision Seit 2009 gilt die Norm SIA 500 Hindernisfreie Bauten für den Hochbau. Sie heisst nicht mehr «behindertengerechte Bauten» wie die frühere Norm In der jetzigen SIA 500 wird die Einhaltung auch von anderen europäischen Normen gefordert: Beleuchtung von Innenraum und Arbeitsplätzen im Freien: SN EN und 2 Rollstuhlplätze in Zuschaueranlagen: SN EN Bedienelemente für Aufzüge: SN EN Treppenlifte: SN EN Automatisierte Karusseltüren: SN EN Kraftbetätigte Türen: SN EN Induktive Höranlagen: SN EN Raumakustik und Beschallungsanlagen: DIN

9 Die Grundanforderungen an eine Hindernisfreie Bauweise sind: Absolute Hindernisse, also unüberwindbare Hindernisse, müssen vermieden werden: Das sind z.b. Stufen Zu schmale Tür Zu kleines WC Fehlende Höranlage für Hörgeräteträger Touch screen Die Minimalforderung oder Vision ist also ohne absolute Hindernisse Relative Hindernisse sind Hindernisse, für die man Hilfe benötigt. Diese müssen vermieden werden. Das ist z.b. eine zu schwere Tür Eine zu steile Rampe, die man alleine nicht befahren kann Schlechte Ausleuchtung Schlechte Akustik, so dass ich Mühe zum verstehen habe Oberstes Ziel ist die selbständige Benutzbarkeit 7

10 Hier sehen Sie die Anforderungen an 3 Gebäudekategorien Bei Neubau oder Umbau/Sanierung muss Hindernisfrei gebaut werden Ab wann, z.b. ab welcher Gebäudegrösse, regeln kantonale Gesetze 1: Öffentlich zugängliche Gebäude und Anlagen Diese müssen zugänglich und benutzbar sein. 2: Wohnungen Neu erstellte oder umgebaute und sanierte Wohnungen müssen besuchsgeeignet und hindernisfrei anpassbar sein als Minimalstandard. Hindernisfrei anpassbar heisst, dass die Baulichen Grundvoraussetzungen erfüllt sind, damit bei Bedarf Anpassungen mit geringem baulichem Aufwand nach den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Person durchgeführt werden können. 3: Bauten mit Arbeitsplätzen Neu erstellte oder umgebaute Bauten mit Arbeitsplätzen müssen zugänglich sein und individuell anpassbar; Kundenbereiche müssen hindernisfrei erreichbar sein Kantonale Gesetze regeln, ab wann im Gebäude für Angestellte hindernisfrei 8

11 gebaut oder umgebaut werden muss Stufenlose Erschliessung und Rollstuhl-WC als wichtigste Anforderung Der einzelne Arbeitsplatz muss dann anpassbar sein an die individuellen Bedürfnisse Kundenbereiche müssen Hindernisfrei sein z.b. Höhe von Empfangstisch: mit Rollstuhl unterfahrbar Höranlage bei Schaltern Kunden-WC Die Anforderungen des Hindernisfreien Bauens liegen im normalen Rahmen, es sind normale Anforderungen wie z.b. Genügende Breite von Türen und Korridoren, rutschsicherer und befahrbarer, nicht spiegelnder Bodenbelag, Stufenlosigkeit Ich habe eine Frage: Was schätzen Sie, wie hoch im Neubau die Mehr-Kosten für die Hindernisfreie Bauweise liegen? Im Neubau sind dies 1.8%, so viel wie die Baureinigung (Nationalfondsstudie) Bei Umbaumassnahmen liegen die Kosten etwas höher; Durchschnittlich bei 3.5% 8

12 Links sehen Sie eine Anzeige im freien Wohnungsmarkt «Dringend gesucht». Rollstuhlgängige Wohnungen sind immernoch sehr starke Mangelware. Das ist die Realität. Rechts sehen Sie, wie jemand in seiner Wohnung selber den unteren Bereich der Tür herausgebrochen hat, damit er mit dem unten breiteren Rollstuhl durchfahren kann! Das ist KEINE Anpassung mit geringem baulichem Aufwand. Kantonale Gesetze regeln, ab wieviel Wohnungen im Gebäude hindernisfrei anpassbar gebaut werden muss, wenn Neu gebaut wird oder saniert wird Wohnungen müssen nicht «behindertengerecht» sein. Das Ziel oder die Vision ist ein flächendeckender Bestand von Wohnungen, die den baulichen Minimalstandard erfüllen, also besuchsgeeignet sind und hindernisfrei anpassbar sind, um dann bei Bedarf Anpassungen mit geringem baulichem Aufwand durchzuführen. Nur so erreicht man eine Breitenwirkung. Ziel ist also nicht, dass es einzelne perfekte Behindertenwohnungen gibt. Und hindernisfreie Wohnungen sind auch familiengerecht. Das Ziel oder die Vision ist, dass man alt werden kann in der angestammten Wohnung! 9

13 Gerade im Alter ist ein Wechsel des Wohnumfelds nicht einfach. Wenn man in einer hindernisfreien Wohnung lebt, muss man aber auch nach draussen kommen, also auf die Strasse. Neben der Wohnung muss auch der öffentliche Raum, das Umfeld, zugänglich sein für ein selbständiges Wohnen, also die Zugänglichkeit zur Apotheke, zur Amtsstelle oder zum Restaurant Hier sehen Sie eine alte Frau mit Rollator auf dem Trottoir. Das Trottoir ist beidseitig durch Kanten eingegrenzt. Links ist die Strasse, rechts ist eine Einfahrt, in der ein Auto steht. Eine Kante ist schlecht mit dem Rollator zu überwinden, weil man sich auf Rollator stützt (um das Gleichgewicht zu halten), aber zum Überwinden von Bordsteinen muss man den Rollator anheben : Gefahr dass man umfällt. Mit dem Rollator sind Absätze schwer zu überwinden. Diese müssen also so tief wie möglich sein. 10

14 links im Bild sehen Sie als Trennelement zwischen Fussweg und Fahrbahn eine 3 cm hohe senkrechte Kante. Diese ist für Sehbehinderte Menschen mit dem weissen Stock spürbar. rechts im Bild sehen Sie als Trenn- und Führungselement eine 4 cm hohe, sehr schräge Kante als Trennung zwischen Fussweg und Velostreifen Diese ist mit dem weissen Stock sowohl ertastbar und visuell wahrnehmbar und auch mit Rollstuhl, Rollator und Gehhilfen überfahrbar Für Sehbehinderte Menschen sind ertastbare Absätze lebenswichtig zur Sicherheit und zur Wegführung/ Orientierung Hier hat man also einen Kompromiss gefunden zwischen möglichst niedrigen überfahrbaren Kanten und möglichst hohen, ertastbaren Kanten. 11

15 Dieses Bild zeigt einen Mann mit weissem Stock und einem Blindenhund, der an einer Baustellenabschrankung entlang geht. Platten mit Stolper-Kanten liegen auf dem Boden. Baustellen sind ein grosses Problem, da sie den angestammten Weg plötzlich verändern, und man sieht ja nicht, wo es entlanggeht. Bei Abschrankungen darf die untere Traverse max. 30 cm hoch liegen, damit man sie noch spüren kann Übrigens: hier im Aussenbereich ZHAW-Bibliothek sind Hutförmige Gussnoppen Diese Entsprechen nicht der Norm, sind mit Stock schwer erkennbar, weil sie entweder zu niedrig oder zu wenig breit sind. Wichtig ist für die Sicherheit -Dass man Verkehrsflächen erkennen kann -Das Gefahrenstellen gesichert sind (Abschrankung) -Und dass Verletzungsgefahren vermieden werden Für die Orientierung ist wichtig -Dass die Wegführung erkennbar ist 12

16 -eine Kontrastreiche Gestaltung -Und lesbare Beschriftung und Information Fehlende Orientierung = relat. Hindernis, man kommt also nur mit Hilfe weiter 12

17 Dieses Bild zeigt ein Leitlinie, auf die eine Baustellenwand gestellt wurde. Das darf nicht sein. Der gewohnte Weg wird plötzlich versperrt, man findet sich nicht mehr zurecht. Leitlinien müssten hier neu zur Umleitung geführt werden. 13

18 Sie sehen hier einen unebenen Pflasterbelag mit einem befahrbaren Betonstreifen drin. Auf dem linken Bild ist eine alte Frau mit Rollator zu sehen. Auf dem rechten Bild eine Familie mit Kinderwagen. Die Strasse ist in Winterthur. Das sind Massnahmen die allen zugute kommen. Denkmalpfleger lieben das historische Pflaster. Mit der Denkmalpfleger haben wir immer wieder Diskussionen, wenn denen ein Stein wichtiger als ein Mensch ist. Kürzlich habe ich einen sehr bösen Zeitungsartikel gelesen über die Lärmbelästigung von Rollkoffern auf historischem Altstadt-Pflaster. Auch hier kommt ein ebener Belag allen zugute! Man kann historischen Pflasterbelag abschleifen, so dass er für alle besser befahrbar wird und weniger laut! 14

19 Ein sehr gutes Beispiel für die Umsetzung der Vision ist die Planung der Rudolfstrasse in Winterthur im Neuwiesenquartier Westlich des Bahnhofs. Die gesamte Planung wird von der BKZ begleitet. Sie sehen hier eine Begegnungszone mit Strassencafe und Sitzgelegenheiten (leider ohne Rückenlehne) auf der linken Seite, und Veloverkehr auf der rechten Seite. Mischverkehrsflächen z.b. an ÖV Haltestellen stellen eine Gefahr nicht nur für Sehbehinderte dar. Hier wird deshalb noch ein Trennelement/ Führungselement erstellt, sogenannter taktil-visueller Randabschluss: z.b. Wasserrinne Diese schafft klare Funktionszuweisungen für Fussgänger und Velos über 2 Längsachsen Eine Verkehrstrennung ist für die Sicherheit deutlich besser 15

20 Wenn man dann den Weg von Zuhause zur ÖV-Haltestelle geschafft hat, ist eine ebene Einstiegskante sehr wichtig. Dieses Bild zeigt eine Tram-Haltestelle. Sie sehen hier einen Mann im Hand- Rollstuhl, der gerade in das Tram hineinfährt, und daneben einen Mann im Elektro-Rollstuhl. Mit ebenen Einstiegskanten geht es schneller zum ein- und aussteigen. Rampen auszulegen hält alle auf, und die Tramchauffeure können ihren Fahrplan nicht einhalten und werden ärgerlich. Es ist effizienter, dadurch wird weniger Rollmaterial benötigt. Eine Gleich-Hohe Einstiegskante ist nicht nur für Rollstuhl oder Rollator zwingend nötig, sondern auch sehr wichtig für Kinderwägen oder wenn man was schweres transportiert. Einen Hand-Rollstuhl kann man noch bedingt kippen, um hohe Einstiegs-Kanten in das Tram zu überwinden. Beim Elektro-Rollstuhl geht das nicht mehr. Auch das ist Bauen für Alle. Für Hörbehinderte muss das 2-Sinne Prinzip eingehalten werden. Durchsagen an Tramstationen, z.b. wegen Verspätung oder einem Ersatzbus, müssen für Hörbehinderte auch mit Schrift erkennbar sein 16

21 Nach dem Aussenbereich geht es jetzt in das Gebäude. Hier sieht man eine alte Frau mit Rollator, die vor den 3 Stufen zum coop Laden steht. Eine häufige Hürde bei bestehenden Gebäuden sind Stufen vor dem Eingang, die man nachträglich z.b. mit einer Rampe ausgleichen muss. Stufen sind ein absolutes Hindernis Die Forderung oder Lösungsstrategie, also Vision sagt: Im Minimum ohne absolute Hindernisse, z.b. ohne Stufen Es gibt ja den coop-slogan Für mich und Dich. Ich hatte kürzlich ein Telefonat mit einem Projektleiter vom Coop, den ich daran erinnert habe, dass der Slogan auch tatsächlich umgesetzt werden muss, damit es nicht nur für mich ist, aber nicht für Dich. Er hat mir dann zugesichert, dass Coop alles daran setzt, hindernisfrei zu bauen. 17

22 Hier sehen Sie den Zugang zum Physikgebäude der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur ZHAW Ein Öffentlich zugängliches Gebäude gemäss Kantonsverfassung Eine Notlösung bei bestehenden Stufen ist eine Hebebühne. Diese ist NIEMALS für Neubauten zulässig Eine Hebebühne ist Nicht jederzeit verfügbar (oft Bedienung nur mit dem Spezialschlüssel Eurokey) Sehr langsam (15 cm/sec) Platzbedarf 18

23 Hier sehen Sie einen Treppenlauf zum Bundeshaus in Bern, bei dem nachträglich der Gebäudezugang mit Treppenlift hergestellt wurde Ein Öffentlich zugängliches Gebäude gemäss Kantonsverfassung Nur dort, wo es gar nicht anders geht, kann man als allerletzte Massnahme einen Treppenlift installieren. Im öffentlichen Bereich ist ein Treppenlift meist defekt wegen Vandalismus, mangelnder Wartung, oder Fehlbedienung. Er ist langsam, umständlich und Nicht einfach zu bedienen und für Benutzung mit Kinderwägen, Gehstöcken oder Rollator nicht möglich. Hat auch sehr geringe Transportkapazität, und eine unbefriediegende Ästhetik! Architekten denken oft, man kann ja einfach einen Treppenlift einbauen und nichts weiter tun. Aber das ist nur bei bestehenden Gebäuden oder bei individuellen Wohnungsanpassungen die allerletzte allerschlechteste Lösung. 19

24 Hier sehen Sie die Katholische Kirche St. Anton in Zürich, bei der nachträglich ein Aussenlift erstellt wurde Die ist die weitaus bessere Lösung Der Lift ist gut sichtbar und gut auffindbar, und nicht irgendwo verschämt bei einem Hintereingang versteckt Und er ist auch für gehbehinderte Menschen oder mit Kinderwagen nutzbar. Dieser Lift wurde nach einer Intervention der BKZ bereits 2001 anlässlich der Sanierung der Kirche erstellt. Die Denkmalpflege hat diesen Lift offensichtlich akzeptiert Häufig Diskussionen bei denkmalgeschützten Objekten, wobei die Denkmalpflege rechtlich auf der gleichen Ebene steht wie das Hindernisfreie Bauen bzw. Behindertengleichstellungsgesetz. Das Ziel ist, einen Konsens zu finden bei denkmalgeschützten Objekten. Denkmalschutz ist also kein Argument, um auf das Hindernisfreie Bauen zu verzichten. 20

25 Hier sehen Sie eine Rampe mit barockem Schwung, die die Treppen am Haupteingang der katholischen Kirche St. Joseph in Zürich hochführt. Das ist ein Beispiel für einen ästhetischen nachträglich angebrachten Gebäudezugang. Man hat aus der Not eine Tugend gemacht, und die Rampe nicht verschämt versteckt, sondern sie gehört zur Architektur! Sie führt direkt zum Haupteingang, und nicht zu einem Nebeneingang, wie es bei denkmalgeschützten Gebäuden öfters der Fall ist. Hier wurde mit der Denkmalpflege ein Konsens gefunden. 21

26 Hier sehen Sie eine Frau im Rollstuhl an einem hoch angebrachten Geldautomaten. Auch im Parkhaus oder an der Tankstelle müssen Automaten zugänglich sein -Konflikt, wenn nur 1 Automat vorhanden: Stehende alte Menschen, die sich schwer bücken können und den Bildschirm lesen müssen 22

27 Sie sehen hier auf der linken Folie einen sehbehinderten Mann mit weissem Stock im Lift, der vergeblich versucht, die hoch angebrachten, kleinen Tasten ohne Relief zu erspüren. Beschriftung und Bedienelemente sind oft unleserlich, zu hoch angebracht, nicht reliefartig ertastbar Selbst Lift-Firmen bauen Aufzüge oft nicht Norm-gerecht. Auf der rechten Folie sehen Sie wie es sein soll: eine Bedienhöhe die auch aus dem Rollstuhl möglich ist, grosse Tasten, Kontrastreich und mit spürbarem Relief Ich fahre oft in diesem Lift und transportiere manchmal grosse Sperrige Gegenstände, so dass ich selber kaum Platz habe. Auch da bin ich froh, wenn ich gut erreichbare grosse Tasten habe, an die ich noch herankomme 23

28 Hier sehen Sie eine Treppe an einem Bahnhof Mit beidseitigen gut greifbaren Handläufen mit Stufenmarkierung Für Gehbehinderte und Sehbehinderte notwendig Manche Personen können nur einen Arm benutzen, brauchen also einen beidseitigen Handlauf, um in beiden Richtungen gehen zu können. Im Fluchtfall bei Panik sehr wichtig, wenn man den Aufzug nicht benutzen kann. Aber auch wenn man was schweres trägt ist ein beidseitiger Handlauf hilfreich Am Handlauf hat es ja auch eine spürbare erhabene reliefartige Beschriftung also Information am Handlauf (Gleis) 24

29 Auf dem linken Bild sehen Sie ein handgeschmiedetes Handlaufende, bei dem ein Teufel auf einem Drache reitet. Ein Handlauf, den man nicht greifen kann. Der Teufel liegt im Detail, das ist beim Hindernisfreien Bauen sehr häufig der Fall. Auf der rechten Seite sehen Sie ein mehrfach gebogenes Blechprofil als Handlauf in einem Fluchttreppenhaus in einem Spital. Auch dieses ist schlecht greifbar und nur einseitig angebracht. die Handläufe hier im Gebäude 25

30 Im linken Bild sehen Sie Rollstuhlplätze im Zuschauerbereich eines Stadions Die Anzahl und Grösse bemisst sich gemäss der SN EN Rollstuhlplätze Für Hörbehinderte werden wesentliche akustische Informationen visuell vermittelt, also Anzeigetafeln Auf der rechten Seite sehen Sie einen Hörsaal mit ansteigenden Sitzreihen In diesem Fall kann man mit dem Rollstuhl nur im vordersten Bereich sein, und ist da etwas ausgestellt Bei der Kantonsschule im Lee in Winterthur haben wir Anpassungen für eine Schülerin begleitet. Im Physik- und Chemieraum ist die gleiche Situation. Die Schülerin im Rollstuhl muss dort im untersten Bereich mit einem eigenen Tisch direkt vor dem Lehrer sitzen. Da fühlt man sich natürlich etwas blöd. Bei Neubauten oder Umbauten sind zwingend Plätze für Schüler und auch Lehrer im Rollstuhl vorzusehen. 26

31 Wichtig für Hörsäle, Schulen ist auch eine gute Raumakustik und Beschallungsanlage Höranlage für Hörgeräteträger Der Vortragende muss gut ausgeleuchtet sein, damit schwerhörige Menschen seine Lippen besser sehen können Theater- und Konzertsäle, Kinos: Gerade Kino ist für gehbehinderte Menschen eine wichtige Freizeitmöglichkeit 26

32 Hier sieht man einen neu erstellten unterirdischen Laden im Bahnhof Zürich, bei dem die grossen Glasscheiben voll durchsichtig sind. Es fehlt die Markierung auf Augenhöhe. Das ist eine Gefahr nicht nur für Sehbehinderte. Ich bin in diesem Laden nach dem bezahlen von der Kasse zum Ausgang gegangen, und wäre fast gegen die Glaswand gelaufen, als ich noch auf mein Portemonnaie geschaut habe, und schon rausgelaufen bin. Glasscheiben müssen auf Augenhöhe markiert werden gemäss NORM!. 27

33 Hier sehen Sie einen Schalter in einem Amt, also öffentlich zugänglichem Gebäude, der auf Tischhöhe liegt und unterfahrbar ist. Bei Schaltern muss auch die Raumakustik gut sein Beleuchtung muss gut sein für Lippen ablesen Bei einem Schalter mit Glastrennung wird eine induktive Höranlage benötigt 28

34 Hier sehen Sie ein rollstuhlgängiges WC aus dem Schauspielhaus Zürich mit orangen Wänden und Steinboden. Das Bild zeigt, dass ein Rollstuhl-WC nicht wie im Operationssaal aussehen muss, sondern sehr wohl ästhetisch gestaltet sein kann. Es weist aber dennoch Mängel auf: - Fehlende Rückenlehne man hat oft keine Kraft in den Beinen, und muss sich anlehnen, und zwar so, dass man nicht immer die Klosettspülung betätigt - Lavabo ist zu ausladend und nimmt Platz vor der Toilettenschüssel weg; es muss abgerundete Kanten haben 29

35 Wo stehen wir in der Schweiz derzeit? Die Vision ist, dass ALLE Menschen Zugang haben sollen Bauten und Anlagen müssen selbständig benutzbar sein und bei Altbauten im Minimum ohne absolute Hindernisse. Die Praxis zeigt, dass die Anliegen teilweise gegensätzlich sind, wie z.b. die gezeigte Kante zwischen Strasse und Trottoir. Darum ist nicht das Maximum, sondern das Optimum FÜR ALLE Varianten von Behinderung die Lösung. Das Vermeiden von baulichen Hindernissen verbessert den Komfort und die Sicherheit aller. Es gibt seit 10 Jahren das Behindertengleichstellungsgesetz, das auch bauliche Vorgaben macht. Die gesetzlichen Anforderungen sind gut, aber die Umsetzung ist jedoch ungenügend Den Bauämtern und Architekten sind die gesetzlichen Anforderungen nicht bekannt und auch nicht die Normen zur Umsetzung Es wird oft auch nicht als so wichtig angesehen. Die Anpassung von öffentlich zugänglichen Bauten wurde entweder nicht durchgeführt oder ist nur mangelhaft erfolgt 30

36 Täglich beraten wir Bauämter und Architekten hierzu und klären auf Die Schweiz hat keine Erfahrung mit Kriegsversehrten, die nach den Kriegen ihre Ansprüche erhoben. Durch die Gebirge wird von den Rollstuhlfahrenden etwas mehr Sportlichkeit verlangt. So sind z.b. bei steiler Hanglage Rampen möglich, die steiler als die sonst üblichen 6% sind. In den einzelnen Kantonen gibt es unterschiedliche Gesetze zum Hindernisfreien Bauen, insbesondere im Wohnungsbau. So ist jeder Kanton einzeln zu betrachten. Einzigartig in der Schweiz ist das flächendeckende System von hindernisfrei anpassbaren Wohnungen, die erst bei Bedarf mit geringem baulichem Aufwand behindertengerecht werden. Einzigartig ist auch das schweizerische System von kantonalen Bauberatungsstellen. Hierdurch wurde eine starke Struktur aufgebaut, die nicht so leicht umzustossen ist. Durch die Überprüfung von Baugesuchen durch die Bauberatungsstellen wird dem Hindernisfreien Bauen ein grosser Schub gegeben. Das Behindertengleichstellungsgesetz ist dem der EU ähnlich. Es gibt das Europäische Konzept für Zugänglichkeit (ECA). Ich habe hier ein Ansichtsexemplar. Hieran haben sich 22 Länder beteiligt, auch die Schweiz. Das ist ein prinzipielles Grundlagenwerk mit einigen konkreten Hinweisen für die hindernisfreie Gestaltung. 30

37 Hindernisse abbauen und Brücken aufbauen - dafür braucht es die Bauberatung Sehr wichtig ist, dass man sensibel wird für die Belange und Anforderungen von Menschen mit Behinderung. Jeder Mensch kann jederzeit behindert werden. Das Vermeiden von baulichen Hindernissen verbessert den Komfort und die Sicherheit aller, im Sinne des design-für-alle. Auf unserer homepage finden Sie viele Informationen zu den baulichen und gesetzlichen Anforderungen : > Bauberatung Hier finden Sie auch unsere Telefonnummern und Mailadressen, wenn Sie Fragen zum Hindernisfreien Bauen haben. 31