Seit über 50 Jahren steht Plácido Domingo auf der Bühne es ist eine einmalige Erfolgsstory:

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1 Plácido Domingo Das Porträt eines Opernstars ohne Starallüren If I rest, I rust. Plácido Domingo nimmt auf seiner Homepage in wenigen Worten das Wesentliche vorweg. Ob als unermüdlicher Sänger, agiler Dirigent, engagierter Förderer von Nachwuchstalenten oder erfolgreicher Geschäftsmann kein anderer im internationalen Opernbetrieb kann es mit dem Maestro aufnehmen. Als Sänger hat der Spanier Maßstäbe gesetzt, Rekorde gebrochen. Mit 75 Jahren will es der Maestro noch einmal wissen. Zwei Jahre lang hat er an seiner Groß- Inszenierung von AIDA als Stadion-Spektakel gearbeitet. Jetzt endlich ist es soweit: Paukenschlag, fortissimo - wer rastet, der rostet! Seit über 50 Jahren steht Plácido Domingo auf der Bühne es ist eine einmalige Erfolgsstory: - Bei mehr als 3800 Vorstellungen hat er in 147 Rollen gesungen. Seine 148. Partie, den Rodrigo in Don Carlos, will der Maestro im Juni 2017 an der Wiener Staatsoper singen. - Über 500 Auftritte als Dirigent hat er weltweit absolviert Grammys hat er abgeräumt, 19 Goldene Schallplatten und 21mal Platin mit seinen millionenfach verkauften Tonträgern eingeheimst. Ein beispielloses Repertoire und 101 Vorhänge nach einer Aufführung von Verdis Otello an der Wiener Staatsoper haben Plácido Domingo gleich zwei Einträge im Guinness Buch der Rekorde gesichert. Der Maestro betritt die Bühne immer zuerst mit dem linken Fuß und zieht den linken Schuh immer vor dem rechten an. Vor jedem Auftritt betet er zur heiligen Cäcilia, der Schutzpatronin der Musik und zu Sankt Blasius, dem Schutzheiligen des Halses. Nie ist ihm der Erfolg zu Kopf gestiegen, immer hat sich der Spanier die Erdung und den Kontakt zum Publikum bewahrt. Denn: Das Publikum ist der Gradmesser meiner Arbeit. Eine gute Stimme allein reicht nicht. Das Publikum muss dich lieben. Sein Charme, seine ungekünstelte Herzlichkeit ziehen Jahr für Jahr tausende Menschen in seinen Bann. Domingo ist ein Opernstar so ganz ohne Starallüren und Launen. Wo immer er auftritt, schüttelt der Maestro Hände, findet freundliche Worte. Höflichkeit ist die Tugend der Könige zu Recht feiert die internationale Presse Plácido Domingo denn auch als den König der Oper.

2 Er lässt Frauenherzen schmelzen Als einer der Drei Tenöre begeisterte Domingo in den 90er Jahren mit Luciano Pavarotti und José Carreras ein Massenpublikum für die klassische Musik. Eine Stimme wie warmer Honig, schrieb die Süddeutsche Zeitung. Die BUNTE schwärmte: Wenn er singt, schmelzen Frauenherzen. Wer wollte es bestreiten: Das außergewöhnlich warme Timbre seiner Stimme geht bei diesem Mann eine Symbiose mit einem bemerkenswerten schauspielerischen Talent ein. Plácido Domingo, Sternzeichen Wassermann, wurde am 21. Januar 1941 in Madrid geboren. Sein Vater Plácido Domingo Sr. und seine Mutter, Pepita Embil, waren gefeierte Zarzuela-Künstler. Zarzuela ist die spanische Form der Operette gründeten die Eltern eine eigene Theatergesellschaft in Mexiko. Mit acht Jahren erhielt der kleine Domingo den ersten Klavierunterricht. Bereits mit 14 wurde der talentierte Knabe in das nationale Konservatorium (Musikhochhochschule) von Mexiko aufgenommen, wo er später sein Examen als Pianist ablegte. Früh übernahm der heranwachsende junge Mann Verantwortung: Mit 16 heiratete er, ein Jahr später wurde Sohn Jose geboren. Auch wenn die Ehe nicht lange hielt der junge Vater nahm in der bunten Welt der Musik und des Theaters nahm jede sich bietende Tätigkeit an, um die Familie zu ernähren. Plácido begleitete Sänger in eleganten und weniger eleganten Bars; er übernahm kleine Rollen als Schauspieler; er arrangierte ein eigenes Musikprogramm für einen Radiosender in Mexiko Stadt; er sang kleinere Baritonpartien im Ensemble seiner Eltern und eine Nebenrolle in der ersten mexikanischen Produktion von My Fair Lady. Jede dieser Tätigkeiten sollte sich für seine weitere Karriere noch als überaus wertvoll erweisen war ein entscheidendes Jahr: Mit erst 18 Jahren sang Domingo als Bariton bei der Mexikanischen Staatsoper vor. Der Jury gefiel seine Stimme so gut, dass man ihn bat, eine Tenorarie vorzusingen. Domingo, das wurde dem Gremium schnell klar, war eigentlich kein Bariton sondern ein universeller Tenor! Der junge Mann wurde zunächst für kleinere Tenorpartien engagiert und debütierte noch im selben Jahr als Borsa in Verdis Rigoletto. Nur zwei Jahre später folgte die erste Hauptrolle: Domingo sang den Alfredo in La Traviata. Im November 1961 gab er sein US-Debüt in Dallas als Arturo in Donizettis Lucia di Lammermoor. *** Der Beginn einer steilen Karriere Das folgende Jahr brachte wichtige Änderungen: Plácido Domingo heiratete die Sopranistin Marta Ornelas, die er auf dem Konservatorium kennengelernt hatte. Beide zogen nach Tel Aviv, wo sie drei

3 Spielzeiten lang an der Israeli Opera arbeiteten. In dieser Zeit unterstützten Marta und der mit ihr befreundete Franco Iglesias, ein ebenfalls dem Ensemble angehörender mexikanischer Bariton, Placido dabei, seine Gesangstechnik ständig zu verbessern. Der Weg für eine der bedeutsamsten Karrieren in der Geschichte der Oper war geebnet. Nachdem die Domingos aus Israel zurückgekehrt waren, gab Marta ihre Gesangslaufbahn auf, um sich der Erziehung der beiden Söhne Plácido Jr. und Alvaro sowie der Laufbahn ihres Mannes zu widmen. Marta ist bis heute die Beraterin des Maestro. Jetzt, da die Kinder erwachsen sind, hat sie sich als Regisseurin in der Opernwelt etabliert. Darauf ist Domingo besonders stolz. Nur sechs Monate nach der Rückkehr aus Tel Aviv ereilte Domingo ein Ruf nach New York: Die City Opera engagierte ihn für die US-Uraufführung von Alberto Ginasteras Don Rodrigo, mit der das Ensemble seinen Sitz im Lincoln Center am New York State Theater eröffnen wollte. Es war der internationale Durchbruch. Fortan ging es Schlag auf Schlag. Domingo debütierte: an der Hamburger Staatsoper ( Tosca ), an der Wiener Staatsoper ( Don Carlos ); an der New Yorker Metropolitan Opera ( Adriana Lecouvreur ); in der Arena von Verona ( Turandot ), an der San Francisco Opera ( La boheme ), an der Scala in Mailand ( Ernani ); in seiner Geburtsstadt Madrid ( La Gioconda ), auf dem Edinburgh Festival (Beethovens Missa Solemnis ): am Londoner Royal Opera House ( Tosca ); an der Bayerischen Staatsoper ( La boheme ); an der Pariser Oper ( Il trovatore ); bei den Salzburger Festspielen ( Don Carlos ). Domingo hat alles gesungen, was mit einer Tenorstimme zwischen Mozarts Ottavio, Verdis Otello und Wagners Siegmund überhaupt erreichbar ist. Das Publikum auf dem Hügel in Bayreuth +erlebte ihn erstmals 1992, als er die Titelrolle in Parsifal sang. Seine zahllosen Engagements haben ihn an fast alle großen Opernhäuser weltweit geführt. Aber an keinem anderen Theater als der Met in New York ist der Maestro häufiger aufgetreten (mehr als 800 Aufführungen und 46 Rollen). 20mal hat Domingo hier als Sänger die Spielzeit eröffnet und damit den Rekord von Enrico Caruso gebrochen.

4 Die Süddeutsche Zeitung urteilte einmal, sicher zutreffend: Nimmt man alles an spezifischem Gewicht anderer Jahrhundert-Tenöre zusammen, zieht das jeweils ganz Einzigartige und Individuelle ab und addiert den enormen Rest, dann kommt nur einer heraus: Plácido Domingo. Immer gut für eine Überraschung Lebende Legende scheint objektiv betrachtet - eine eher untertriebene Beschreibung für den Maestro zu sein, der seit 2003 als Generaldirektor die Oper in Los Angeles leitet und neben seinen weltweiten Auftritten als Sänger zahlreiche Opern und Sinfoniekonzerte dirigiert. Stets ist der Maestro für Überraschungen gut so zum Beispiel, als er einmal in der Sesamstraße auftrat. Oder durch das Einsingen von Weihnachtsliedern mit der deutschen Schlagerikone Helene Fischer. Das Album verblüffte sowohl seine als auch ihre Fans. Gewiss: Die Karriere eines Sängers vor allem die eines Tenors kommt mit 50 an ihr (biologisches) Ende. Auch Domingo hat mit den Jahren Zugeständnisse an das Alter machen müssen und singt heute Bariton. Aber eine beneidenswerte Konstitution, eine sichere Technik und ein stabiles Nervenkostüm sind Gaben, die der Spanier sein Leben lang klug verwaltet hat. So wirkt Domingo weder auf der Opernbühne noch im Alltag als ein Gehetzter, Getriebener, Gestresster sondern tritt stets freundlich und entspannt auf. Eine Operation vor Jahren, keineswegs eine Bagatelle, steckte er weg wie ein Dreißigjähriger. Fit hält sich der 75jährige Maestro mit Golfen und Tennis. Domingo ist außerdem begeisterter Formel 1 Fan: Ich bewundere den Mut der Rennfahrer. Und, wie könnte es anders sein: Sein Fußball-Herz schlägt für seinen Heimatverein Real Madrid, wo er Mitglied ist. Wohltäter im Dienste auch der UNO Im Schatten des Scheinwerferlichtes und abseits der glamourösen Opernwelt gibt es noch einen anderen Plácido Domingo. - Da ist - zum einen - der generöse Wohltäter. Der Maestro hat viele Millionen Dollar aus Benefizkonzerten eingespielt, u.a. für die Opfer des verheerenden Erdbebens 1985 in Mexiko und des Hurrikans Katrina 2005 in New Orleans ersteigerte er Euro mit einem Trabi zugunsten der Raisa Gorbatschow Foundation, welche krebskranke Kinder in Russland unterstützt. - Da ist zum andern der große Förderer von Talenten. Seit 1993 unterstützt Domingo durch den von ihm ins Leben gerufenen Gesangswettbewerb Operalia hoch begabte junge Sänger.

5 - Da ist last not least der Sonderbotschafter des Guten Willens, zu dem ihn 2012 die UNESCO, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, berufen hat. - Da ist schließlich noch der Präsident von Europa Nostra, einer Organisation, die sich für Projekte zur Wiederherstellung und zum Erhalt des kulturellen Erbes Europas einsetzt. Es würde zu weit führen, alle Ehrungen und Auszeichnungen Domingos aufzuführen. Beispielhaft seien erwähnt: - der mit einer Million Dollar dotierte Birgit-Nilsson-Preis (eine der höchst dotierten Preise in der Welt der klassischen Musik), den ihm 2009 (als dem ersten Preisträger überhaupt) König Carl Gustav von Schweden überreichte. Das Geld stiftete Domingo seinem Sängerwettbewerb; - die amerikanische Presidential Medal of Freedom; - seine Titel als Kommandant bzw. Ritter der Ehrenlegion in Frankreich und Großbritannien; - die zahlreichen Ehrendoktor-Würden, etwa an den Universitäten Oxford und New York. Ich plane keinen Abschied Natürlich denkt Plácido Domingo mit 75 Jahren auch an den Tag X. Aber, sagt er: Ich plane keinen Abschied. Ich liebe meine Musik noch immer über alles. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Wenn ich eines Tages nicht mehr singen kann, nicht mehr dirigieren kann, werde ich Gott auf Knien danken für die wunderbare Zeit, die er mir geschenkt hat. Er werde aufhören - keinen Tag zu früh, aber auch keinen Tag zu spät. Vielleicht, wenn der Vorhang für immer gefallen ist, wird man den Maestro häufiger in seinem Restaurant Pampano in New York antreffen. Plácido Domingo - wörtlich übersetzt bedeutet das so viel wie beschaulicher Sonntag. Der sei ihm gegönnt irgendwann. *** Autor: Einar Koch, Oktober 2016