Texte 6. Ostersonntag B, 2018
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- Carl Sommer
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1 Texte 6. Ostersonntag B, 2018 Schrifttexte vom Sonntag ERSTE LESUNG Apg 10, Auch auf die Heiden wurde die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen Lesung aus der Apostelgeschichte Als Petrus in Cäsarea beim Hauptmann Kornelius ankam, ging ihm dieser entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch. Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist. Noch während Petrus dies sagte, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten. Die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, konnten es nicht fassen, dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde. Denn sie hörten sie in Zungen reden und Gott preisen. Petrus aber sagte: Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben? Und er ordnete an, sie im Namen Jesu Christi zu taufen. Danach baten sie ihn, einige Tage zu bleiben. ZWEITE LESUNG 1 Joh 4, 7-10 Gott ist die Liebe Lesung aus dem ersten Johannesbrief Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.
2 Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe. Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat. EVANGELIUM Joh 15, 9-17 Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt + Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. Dies trage ich euch auf: Liebt einander!
3 Predigt Liebe will gelernt sein (zu: Jh 15, 9-12) Wenn man manchmal mitkriegt, wie wenig die Leute noch vom Christentum wissen, macht das schon Sorge. Oft ist das Letzte, was sie noch parat haben, dass Jesus sagt: Ihr müsst euch alle lieb haben!... oder so ähnlich. Christentum ist Nächstenliebe, sagen sie. Gott ist der liebe, gute Opa. - Warum nicht gleich die liebe Mutti? Wenn die Kanzlerin Mutti ist, warum dann nicht auch Gott? Machen wir uns nichts vor: Das ist keine Ehre; das ist Geringschätzung. Und die ist beide Male gleich groß. Aber: schauen wir näher hin. Im Johannesevangelium spricht Jesus über die Liebe (griech.: agápe). Das ist keine romantische oder erotische -, auch keine idealisierende Liebe. Was Jesus über die Liebe sagt, bei Johannes, ist äußerst nüchtern. Liebe ist hier eine Haltung, die man im Lauf des Lebens lernt; so wie man Werte und Vorstellungen als Kind von den Eltern übernimmt: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! (Jh 15, 9) Diese Liebe ist Lebenseinstellung, sie wird erlernt, sie ist Erziehungssache. Sie funktioniert nach dem Schema: Vormachen, Nachmachen, Einüben. So wie Kinder von den Eltern Tischmanieren lernen; von den Lehrern das Rechnen, von ihrem Land die Sprache und (wenn es gut geht) von ihrer Religion die Idee Gott. Darum die Aufforderung: Das ist mein Gebot (griech.: entolè): Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. (Jh 15, 12) Ver-störend, wie emotionslos und rationalistisch Jesus im Johannes-Text von der Liebe spricht. Und als wenn er (Jesus? Johannes?) noch eins draufsetzen wollte, sagt er auch noch: Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete (entéllomai). (Jh 15,14) Dieses Gebot gebe ich euch: Liebt einander! (Jh 15, 17) Es geht im Evangelium also nicht um Liebes-Lyrik, auch nicht um spirituelle Erbauung und schon gar nicht um Nachhilfe für Ehe und Partnerschaft. Es geht viel nüchterner um eine Lebenseinstellung, die wir im sozialen Kontext, in dem wir leben, lernen. Daran sind Elternhaus, Schule, Kirche sowie politische und kulturelle Einflüsse beteiligt. Nur wenn in einer großen Gesellschaft der gelebte Glaube aus diesen Quellen gespeist wird: Familie, Schule, Kirche, Politik und Kultur, dann kann die Religion eine tragende Lebenseinstellung sein. (Das Aufhängen
4 von Kreuzen in öffentlichen Gebäuden ist pure Augenwischerei: Es behauptet die gesellschaftliche Relevanz des Kreuz-Symbols. Das ist schlicht Betrug am denkenden Menschen.) Umgekehrt gilt: Nur als Lebenseinstellung (als soziale und kulturelle Formung der Persönlichkeit) und nicht durch Symbolhandlungen wird Religion gesellschaftlich wirksam: - Als reine Geistlichkeit ist sie auch beim besten Willen für die Lebensrealität untauglich. Einseitige Spiritualisierung macht die Religion zu einem Machtinstrument und macht sie anfällig für den Missbraucht als Opium fürs Volk. - Als reines Lehrgebäude wird sie zum dogmatischen Überbau aus Vorschriften und Verboten. So wird sie zum Machtinstrument der Bevormundung und Entmündigung: Die einfachen Leute können da ja nicht mitreden. - Als rein emotionales Trostwerk wird Religion zum Ersatz für tätige Caritas und den Dienst am Nächsten. Eine Religion der Liebe ohne die selbstlose Tat der Nächstenliebe wird zynisch. Für alle hier angedeuteten Fehlentwicklungen gibt es in allen Religionen allzu viele Beispiele. - Da zeugt es von großer Weitsicht, dass die Predigt Jesu vor genau diesem Fehler ganz nüchtern warnt: Macht die Religion nicht zu einem pharisäischen Werk der Vorschriften und Verbote. Gott ist Mensch geworden, nicht eine Maschine. Macht die Religion nicht zu einem Sumpf der Gefühle. Menschen nur aufzuputschen, hat noch nie ein humanes Zusammenleben gesichert. Und: macht die Religion nicht zu einem Spirituellen Gespenst, das vorgibt, die Zukunft zu kennen. Dahinter verbirgt sich Manipulation, nicht aber das Evangelium der Gnade, das die Menschen lehrt, dass Gott i n den (und nicht außerhalb der) gesellschaftlichen und naturgegebenen Regelwerke tätig ist. Was für ein Evangelium - und was für eine handfeste -, politisch und gesellschaftlich handfeste Grundlage für die Existenz unserer Kirche in der heutigen Gesellschaft: Durch Lernen kommt die Liebe in die Welt. Sie erschöpft sich nicht in den Trieben des Menschen, auch nicht in den Resten seiner Instinkte. Liebe ist Lern-Ergebnis und damit immer auch schöpferische Antwort; Liebe ist Reaktion auf ein Vorbild und darin immer auch kreative
5 Neuschöpfung. Ihre Nähe zum Göttlichen zeigt sich darin, dass sie immer persönlich und eigenständig sein will. Sie spiegelt nicht nur ein Vorbild wieder. Sie ist immer neu und erstmalig. Sie wird also gelernt und eingeübt und ist doch zugleich kreativ und immer neu. Sie ist gewusst (wenn wir lieben, wissen wir das in der Regel) und zugleich ist sie doch auch Überraschung und Geschenk. Sie ist ein ganz weltlich Ding, und ist Wunder! Sie ist tatsächlich beides. Darum steht im 1. Johannesbrief: Die Liebe ist aus Gott. Und: Jeder, der liebt, stammt (deshalb) von Gott. (1 Jh 4, 7) Diese Liebe ist menschlich und göttlich zugleich. Liebe unter Menschen bildet (im Idealfall) die Liebe ab, die Gott zu uns hat. Augenscheinlich ist das so: Liebe will gelernt sein... (Dr. H-J. Reuther, Pfr.)
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9 Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! 10 Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe.
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