Bankomatgebühren. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Faber Universität Salzburg. Fachbereich Privatrecht

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1 Bankomatgebühren Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Faber Universität Salzburg Fachbereich Privatrecht

2 I. Einleitung Zwei Anlässe: Verbandsverfahren izm Verrechnung von Euronet- Behebungsentgelten an Verbraucher. Novelle zum VZKG (ab ): - 4a VZKG neu: Kontoführende Bank muss Verbraucher-Kunden von Entgelten, die unabhängige Bankomatbetreiber für Behebungen in Rechnung stellen, befreien. - 4 Abs 2 VZKG neu: Entgeltvereinbarungen für mittels Zahlungskarte durchgeführte Bargeldabhebungen an Geldautomaten nur wirksam, wenn im Einzelnen ausgehandelt. 2

3 II.A. Weiterverrechnung / VKI-Sicht These: Von Euronet verrechnetes Entgelt sei letztlich von kontoführender Bank zu tragen. Bildschirmtext bei Euronet-Abhebung: Der Eigentümer dieses Terminals, Euronet 360 Limited, wird dem Karteninhaber für die gewählte Transaktion eine Gebühr von EUR 1,95 berechnen. [Diese Gebühr wird zusätzlich zu den eventuell anfallenden Gebühren, die Ihr kartenausgebendes Kreditinstitut veranschlagt, berechnet.] Wenn Sie [mit der Gebührenerhebung einverstanden sind und] fortfahren möchten, drücken Sie bitte Annehmen. Wenn Sie [keine Gebühr bezahlen und diese Transaktion] abbrechen möchten, drücken Sie bitte Abbruch auf dem Bedienfeld. 3

4 Begründung in zwei Schritten: 1. Klausel im Rahmenvertrag Bank Kunde: Der Karteninhaber ist berechtigt, an Geldautomaten im In- und Ausland, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol gekennzeichnet sind, mit der Bezugskarte und dem persönlichen Code Bargeld bis zu dem vereinbarten Limit zu beziehen. => Daher Bargeldbehebungen als Zahlungsdienst aus Rahmenvertrag geschuldet. 2. Nach 27 Abs 2 ZaDiG dürfen Entgelte für die Erbringung von Zahlungsdiensten nur dann verrechnet werden, wenn sie vorher gemäß 28 Abs 1 Z 3 lit a wirksam vereinbart worden sind. (Solche Vereinbarungen existieren nicht.) 4

5 II.B. Weiterverrechnung / Banken-Sicht Bargeldbehebung bei Euronet sei Einzelzahlung außerhalb eines Rahmenvertrags isd 32 ZaDiG (Vertrag Euronet Kunde). - Bank erhalte lediglich Anweisung => Aufwandersatzanspruch ( 1014 ABGB) gegen Kunden. 27 Abs 2 ZaDiG greife von vornherein nicht: - Verpflichtung der Bank aus Kartenvertrag beschränke sich auf Zugang zum System. => Auszahlung ist keine Leistung aus Rahmenvertrag. 5

6 II.C. Stellungnahme (zum System des ZaDiG) 1. Einzelzahlung isd 32 ZaDiG im Verhältnis Euronet Kunde 32. (1) Erfolgt eine Einzelzahlung nicht innerhalb eines Rahmenvertrages, so hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer ( ) die Informationen betreffend ( ) die Entgelte ( 28 Abs 1 Z 3 lit a) ( ) mitzuteilen oder zugänglich zu machen. ( ) Hinweis: Ausnahmebestimmung in 2 Abs 3 Z 15 ZaDiG: (3) Dieses Bundesgesetz ist auf folgende Tätigkeiten nicht anzuwenden: ( ) 15. Dienste von Dienstleistern, die keinen Rahmenvertrag mit dem ( ) abhebenden Kunden geschlossen haben, bei denen ( ) an multifunktionalen Bankautomaten Bargeld abgehoben wird, vorausgesetzt, dass diese Dienstleister keine anderen der 1 Abs 2 genannten Zahlungsdienste erbringen. 6

7 2. Die Entgeltbestimmungen des ZaDiG 27. (2) Entgelte für die Erbringung von Zahlungsdiensten oder im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag dürfen nur verrechnet werden, wenn sie vorher gemäß 28 Abs 1 Z 3 lit a oder 32 Abs 1 wirksam vereinbart worden sind. 28. (1) Der Zahlungsdienstleister hat dem Zahlungsdienstnutzer folgende Informationen und Vertragsbedingungen mitzuteilen: ( ) 3. Über Entgelte, Zinsen und Wechselkurse: a) alle Entgelte, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat, und deren Aufschlüsselung; ( ) UU relevant: 1. Entgelt = auch Aufwand- und Kostenersatz. 2. an den Zahlungsdienstleister zu entrichten. 7

8 Bargeldbehebung von 200 beim Euronet-Automaten: Überweisung ,95 (kontoführende) Bank Bankomatbetreiber (Euronet) Anweisung zur Überweisung ,95 an Euronet Anspruch 1014 ABGB ( ,95) Aufwandersatz für Durchführung ,95 Kunde Anforderung bzw Auszahlung 200 8

9 (ergänzende Hinweise) ad Schutzzweck des 28 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG (Kostentransparenz für Kunden): - Entgelt-Information durch den dritten Betreiber des Geldautomaten (Euronet) genügt. - Stütze: 27 Abs 4 Z 2 ZaDiG (bzw noch deutlicher Art 50 Abs 2 ZaDi-RL 2007/64: Information vom Dritten zu erteilen). 9

10 II.D. Vertragsauslegung 1. Zu klärende Fragen 1. Welche Leistung schuldet die Bank aus dem Rahmenvertrag? 2. Ist ein Entgelt für diese Leistung im Rahmenvertrag vereinbart? 2. Mögliche Auslegungsergebnisse Der Karteninhaber ist berechtigt, an Geldautomaten im In- und Ausland, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol gekennzeichnet sind, mit der Bezugskarte und dem persönlichen Code Bargeld bis zu dem vereinbarten Limit zu beziehen. Deutungsvarianten: a) Die Bank schuldet das Recht (und die technische Möglichkeit), an Bankomaten Bargeld zu beziehen ( Zugang zum System ). b) Die Bank schuldet Pflichten gemäß (a) plus die Auszahlung selbst. Wenn Variante b) & kein gesondertes Entgelt im Rahmenvertrag vereinbart ( 27 Abs 2 ZaDiG): Freistellungsverpflichtung (Erfüllungsübernahme, 1404 ABGB). 10

11 3. Gesichtspunkte im Rahmen der Auslegung a) Warnhinweis: Betreiber von Geldautomaten ( Dritte ), mit welchen die [Bank] keinen Vertrag abgeschlossen hat, können die Durchführung von Kartentransaktionen, insbesondere Bargeldbehebungen, an Geldautomaten gegen Verrechnung eines gesonderten Entgelts anbieten. In diesem Fall wird dem Karteninhaber vor Durchführung der Kartentransaktion am Geldautomaten vom Betreiber des Geldautomaten die Durchführung der vom Karteninhaber gewünschten Kartentransaktion gegen ein bestimmtes Entgelt angeboten. Im Fall des Einverständnisses des Karteninhabers wird diesem das vereinbarte Entgelt bei Vornahme der jeweiligen Transaktion direkt vom Betreiber des Geldautomaten verrechnet. b) Preisaushang für Zahlungskarten: Barabhebung im Rahmen des Maestro-Service am Bankomaten im Inland.. kostenlos 11

12 III.A. Novelle zum VZKG / Überblick Zwei Probleme aus Sicht des Gesetzgebers: a) Banken vereinbaren vermehrt Entgelte für einzelne Behebungen. b) Drittanbieter berechnen Entgelte. Maßnahmen: ad a) Wahlmöglichkeit des Verbrauchers zwischen (i) Zahlungskonto mit Pauschalentgelt für u.a. alle Bargeldbehebungen und (ii) Zahlungskonto mit zusätzlichem Entgelt für Barbehebungen; muss im Einzelnen ausgehandelt sein ( 4 Abs 2 VZKG). ad b) Befreiungspflicht bzgl Behebungsentgelten von unabhängigen Drittanbietern ( 4a VZKG). 12

13 III.B. Übergangsrecht 36 Abs 3 VZKG: Die 4 Abs 2 und 4a treten mit 13. Jänner 2018 in Kraft. (wohl ha, sofern kein Analogieschluss möglich oder Auslegung anderes ergibt:) Neuregelung anzuwenden auf Sachverhalte, die nach Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht werden. für 4 Abs 2: Vertragsabschluss ab für 4a: Bargeldbehebung beim Drittanbieter ab (für Unterlassungsbegehren im laufenden Verbandsprozess: Verurteilung setzt Rechtswidrigkeit bereits vor Gesetzesänderung voraus.) 13

14 III.C. Zu 4 Abs 2 VZKG 4 Abs 2 VZKG neu: (2) Eine Vereinbarung, nach welcher der Verbraucher ein Entgelt für einzelne Bargeldabhebungen von seinem Zahlungskonto an Geldautomaten mit einer vom kontoführenden Zahlungsdienstleister zum Zahlungskonto ausgegebenen Zahlungskarte zu zahlen hat, ist unwirksam, es sei denn der Zahlungsdienstleister beweist, dass die Vertragsbestimmung mit dem Verbraucher im Einzelnen ausgehandelt worden ist. 1. Geltungsbereich: Bank Kunde (Euronet Kunde?) 2. Verhältnis zu Aufwandersatzansprüchen der Bank (zb für direkt verrechnete Behebungsentgelte ausländischer [bzw inländischer] Banken) 3. Was passt noch unter im Einzelnen ausgehandelt? (zb Wahl zwischen mehreren Tarifmodellen?) 14

15 III.D. Zu 4a VZKG Entgeltansprüche unabhängiger Betreiber von Geldautomaten 4a. Der Zahlungsdienstleister hat den Verbraucher von der Zahlung von Entgelten zu befreien, die ein Dienstleister gemäß 2 Abs 3 Z 15 ZaDiG vom Verbraucher für Bargeldabhebungen mit der zum Zahlungs-konto des Verbrauchers ausgegebenen Zahlungskarte beansprucht. 1. Anwendungsbereich: Entgelte unabhängiger Drittanbieter Konsequenz: Direkt-Entgelt für Behebung bei (ausländischer) Bank nicht erfasst. (IPR?) 2. Zu 4 Abs 2 und 4a gemeinsam: Inhaltliche Ausgestaltungsmöglich-keiten für Entgeltvereinbarung nach 4 Abs 2: - insb: Entgelt-Differenzierung nach Geldautomat-Betreiber? 4a hindert den Zahlungsdienstleister selbstverständlich nicht daran, dem Verbraucher für Bargeldabhebungen an Automaten unabhängiger Betreiber Entgelte zu verrechnen, die im Rahmenvertrag gemäß 4 Abs 2 wirksam vereinbart worden sind und die unabhängig davon anfallen, an welchem Geldautomaten die Abhebung erfolgt. (Erläut 2284/A 25. GP, 3) 15

16 E. Verfassungsrechtliche Bedenken? Eingriff in die Eigentumsfreiheit? Rechtfertigung: - Öffentliches Interesse? (Verbraucherschutz) - Verhältnismäßigkeit? Maßnahme geeignet, um Ziel (Verbraucherschutz) zu erreichen? Maßnahme notwendig (dh gelindestes Mittel aller geeigneten Maßnahmen)? Adäquanz/Verhältnismäßigkeit ies (Güterabwägung: Überwiegt das öffentliche Interesse im Vergleich zum Eingriff?) 16

17 IV. Fazit De lege lata: - Aus ZaDiG selbst folgt keine Verpflichtung der Bank, Entgelte für Behebungen bei Drittanbietern zu übernehmen. - Anderes Ergebnis allenfalls aus konkreter Vertragsgestaltung. Zur Rechtslage ab : - Verfassungskonformität fraglich. - Wenn nicht verfassungswidrig: uu Ausstrahlen auf Interpretation des 4 Abs 2 VZKG. 17

18 Anhang 1 Vermerk der Kommissionsdienststellen zur Anwendung der Verordnung (EG) 924/2009 ( ), S 3: Bei Euro-Abhebungen vom Konto des Karteninhabers an einem Geldautomaten in einem anderen Mitgliedstaat gibt es nach Ansicht der Kommissionsdienststellen kein Indiz für ein direktes und unabhängiges Vertragsverhältnis zwischen Geldautomatenbetreiber und Karteninhaber. Indem der Automatenbetreiber dem Karteninhaber Zugang zu seinem Konto verschafft und die Bargeldabhebung ermöglicht, handelt er lediglich als Beauftragter oder Stellvertreter der kartenausgebenden Bank. Der Karteninhaber führt den Zahlungsvorgang ausschließlich innerhalb seines Rahmenvertrags mit dem Kartenemittenten durch. 18

19 Anhang 2 2 Z 15 VZKG definiert Entgelte als: alle etwaigen Kosten und eventuelle Vertragsstrafen, die der Verbraucher für oder in Bezug auf die Erbringung von mit einem Zahlungskonto verbundenen Diensten an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat. 19