Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft im Heiligen Geist sei mit euch allen. Amen.

Transkript

1 2. Kor. 4,3-6 Epiphanias Jan in Landau und Crailsheim Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft im Heiligen Geist sei mit euch allen. Amen. (Predigttext wird später verlesen) Der Herr segne sein Wort an uns allen. Amen 1 Liebe Gemeinde, kann man mit der Zunge sehen? Ich kann! - behauptete einst ein Kandidat bei Wetten dass? Er konnte anscheinend allein durch das Lecken an Buntstiften ihre Farbe erkennen. Das Publikum war verblüfft. Doch bald darauf entlarvte sich der Wettkandidat als Redakteur des Satiremagazins Titanic. Der angebliche Zungenseher hatte die Farben in Wirklichkeit doch mit seinem Auge erkannt. Denn die Augenbinde war nicht so undurchsichtig, wie man angenommen hatte. Also, das mit der Zunge sehen war nur ein Trick. Aber: Kann man mit den Ohren sehen? Ja, man kann! Jedenfalls behauptet das der Apostel Paulus. Und er meint es wirklich ernst und ohne Tricks. Da wollen wir doch mal hören, was er sagt: 3 Ist nun aber unser Evangelium verdeckt, so ist's denen verdeckt, die verloren werden, 4 den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes. 5 Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. 6 Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur

2 2 Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Mit seinen Ohren kann er sehen, nämlich die Herrlichkeit Gottes. Alles Humbug, alles Betrug? Ja, liebe Gemeinde, genau das hatte Paulus früher auch geglaubt: Nicht ganz dicht, diese Leute, die allen Ernstes behaupten, sie hätten einen von den Toten Auferstandenen gesehen. Nämlich diesen Jesus von Nazareth. Dabei war der doch nachweislich an einem Kreuz zu Tode gekommen. Der soll wieder auferstanden sein und leben - und allen möglichen Leuten erschienen sein? Solch ein Quatsch, hatte Paulus gemeint, das kann gar nicht sein. Schon allein deshalb nicht, weil dieser Gotteslästerer völlig zu Recht am Kreuz hingerichtet worden ist. Denn er hat behauptet, er sei der Sohn Gottes. Eine unerträgliche Gotteslästerung in den Ohren eines Pharisäers wie Paulus von Tarsus! Und dumm zugleich. Denn wenn er wirklich der Sohn Gottes gewesen wäre, dann wäre er ja unsterblich. Denn Gott kann nicht sterben! Doch nun behaupteten da allen Ernstes irgendwelche Verblendeten, dass dieser Jesus von Gott wieder auferweckt worden sei. Völlig ausgeschlossen! Dann hätte Gott ja diese Gotteslästerung beglaubigt diesem Jesus Recht gegeben! Was nicht sein darf, kann auch nicht sein! Und darum hatte er die Anhänger dieses Jesus vor Gericht gezerrt, um ihnen verbieten zu lassen, diesen Unsinn weiter zu verbreiten. Doch dann passiert dem Paulus genau das, was er hatte verbieten wollen: Er sieht ihn, den auferstandenen Christus! Sieht ihn vor Damaskus in seinem ganzen Lichtglanz, in seiner ganzen Herrlichkeit! Sieht, was er nicht für möglich gehalten hatte! Und in diesem Augenblick wird ihm klar: Ich habe mich geirrt! Dieser Jesus, den ich verfolgt habe, ist wirklich auferstanden! Er ist wirklich der Sohn Gottes! Als er das sieht, wird es hell im Leben des Paulus: Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben Seitdem kennt er nur noch eine Lebensaufgabe: anderen von diesem

3 hellen Schein, von der Herrlichkeit des auferstandenen Christus zu erzählen. Zwar können andere Menschen nicht sehen, was er gesehen hat. Aber er ist davon überzeugt: Man kann auch mit den Ohren sehen und die Herrlichkeit Christi erkennen. Das geht, das ist keine Trickserei; denn Gott selber befähigt uns dazu, die Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi mit unseren Ohren zu sehen. 3 Nun könnte es durchaus sein, dass jemand denkt: Mit den Ohren wackeln das kann ich auch. Aber mit den Ohren sehen? Ziemlich durchgeknallt, der da vorne! Ja, Schwestern und Brüder, das ist eine Erfahrung, die wohl nicht nur ich mache: Es gibt Menschen, die zur frohen Botschaft, zum Evangelium keinen Zugang haben. Sie können damit nichts anfangen, aber auch so gar nichts! Wie gerne würde ich diesen Menschen beweisen, dass das wirklich stimmt, was wir glauben! Wie gerne würde ich lückenlos dokumentieren, dass es sich lohnt, Christ zu sein! Etwa, dass man dann gesünder ist als andere Menschen, dass man dann mehr Erfolg hat im Beruf und in der Liebe, dass man sich überhaupt besser fühlt! Doch oft genug sieht es genau nicht danach aus. Christen sind nicht besser dran. Ja, manchmal scheinen gerade sie in ihrem Leben besonders viel auf den Deckel zu bekommen. Beweist das nicht das Gegenteil? Nein! sagt der Apostel Paulus. Wenn Menschen dem Evangelium von Jesus Christus nicht glauben, dann liegt das nicht an unseren Argumenten, nicht an unseren Missionsmethoden oder Strategien. Sondern denen, die nicht glauben, hat der Gott dieser Welt den Sinn verblendet, wie der Apostel sagt. Die Bibel nennt den Gott dieser Welt an anderer Stelle Teufel oder Satan. Seine Namen sind Programm: Teufel, das kommt von einem griechischen Wort und bedeutet: der alles auf den Kopf stellt, der die Maßstäbe verrückt. Und Satan, das ist im Hebräischen der Ankläger, der mit fiesen Tricks versucht, den Menschen reinzulegen.

4 4 Wir haben es also nicht mit einer harmlosen Witzfigur zu tun, sondern mit dem, der diese Welt beherrscht, der die Meinungen macht, der den Willen Gottes auf den Kopf stellt, der aus gut böse und aus böse gut macht. Und die Menschen machen mit, immer wieder! Immer wieder werden sie so verblendet, dass sie das Evangelium nicht hören, dass sie nicht zum Glauben finden, dass sie nicht auferstehen zum ewigen Leben! Und vielleicht ist der Teufel deshalb dort am Werk, wo das Evangelium verkündet werden sollte: in der Christenheit, in den Kirchen. Vielleicht ist er immer gerade dort am Werk, wenn andere Themen das Evangelium überlagern und verdrängen. Bleiben wir also auf der Hut. Und bei Christus und seinem Wort. Und: Keine Angst vor dem Satan: Er ist nur Gott dieser Welt, und nicht Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Er ist nur ein Auslaufmodell. Denn diese Welt vergeht. Und die neue Zeit ist längst angebrochen mit der Auferstehung Jesu Christi. Der Teufel hat nur Gewalt über die ewig Gestrigen, über die, die noch nichts mitbekommen haben von der großen Wende der Geschichte, von der entscheidenden Niederlage des Todes, damals am Ostermorgen in Jerusalem. Und wenn er sich auch noch so viel Mühe gibt: Er kann nicht verhindern, dass das Licht des Evangeliums eben doch immer wieder Menschen erreicht. Gerade auch solche wie Paulus, die davon gar nichts wissen wollten, die diesem Evangelium so fern waren. Gerade an Epiphanias feiern wir, dass die Botschaft von Christus Menschen in aller Welt erreicht hat und immer noch erreicht. Keine Macht dieser Welt kann das Licht des Evangeliums zum Verlöschen zu bringen. Denn Gott selbst sorgt dafür, dass Menschen dieses mit ihren Ohren sehen können. Überall da, wo es gepredigt wird, wo die Botschaft von Jesus Christus verkündigt wird, auf den Kanzeln und in den Kinderzimmern, in Hinterhöfen und Klassenräumen, in den Krankenhäusern oder auch in großen Hallen, über Radio, Fernsehen oder übers Internet! Die Herrlichkeit des Evangeliums wird gepredigt auf vielfache Weise.

5 5 Und auf vielfache Weise sehen die Menschen mit ihren Ohren die Herrlichkeit des Herrn! Und zwar da, wo kein Mensch eigentlich die Herrlichkeit Gottes vermuten würde: im Angesicht des Kindes in der Krippe, im zerschlagenen Angesicht des Gekreuzigten dort sehen sie das Angesicht des Auferstandenen. Und dann, liebe Gemeinde, beginnt dieses Licht des Evangeliums auch durch sie hindurch zu leuchten! Das, was in den Herzen aufgeleuchtet ist, das macht hell. Es ist eine Fortsetzungsgeschichte: Menschen, die mit ihren Ohren sehen, die bringen andere zum Sehen mit ihren Ohren. Nicht aus eigener Kraft und Vollmacht, sondern durch den, der sie Sehen gemacht hat: Gott selbst durch seinen Heiligen Geist. So, wie Luther es im Kleinen Katechismus ausgedrückt hat: Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten. Da lernen die Ohren das Sehen! Da kommt Licht in die Finsternis. Da kommt der Glaube in eine ungläubige Welt. In uns, und auch durch uns. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, der seinen hellen Schein in unsere Herzen gegeben hat. Amen.