Predigt am Sonntag, um 9.30 Uhr in M stein-erlöserkirche

Transkript

1 Predigt am Sonntag, um 9.30 Uhr in M stein-erlöserkirche

2 LIEDER: 67, 1-4 (Herr Christ der einig Gott Sohn), 803/4; Gloria 180.2; Gott in der Höh sei Preis und Ehr; 432 (1-3) Gott gab uns Atem; 395 (1-3) Vertraut den neuen Wegen Predigttext: Exodus 3, 1-15 (1)Moses Berufung Mose aber hütete die Schafe Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian, und trieb die Schafe über die Steppe hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb. (2) Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. (3) Da sprach er: Ich will hingehen und die wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt. (4) Als aber der HERR sah, dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. (5) Gott sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! (6) Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. (7) Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. (8) Und ich bin hernieder gefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter. (9) Weil denn nun das Geschrei der Israeliten vor mich gekommen ist und ich dazu ihre Not gesehen habe, wie die Ägypter sie bedrängen, (10) so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst. (11) Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? (12)Er sprach: Ich will mit dir sein. Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge. (13)Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt! und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen?

3 (14) Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen:»ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt. (15) Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der HERR*, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht. Liebe Gemeinde! Burnout heißt eigentlich ausgebrannt. Es ist heute eine Krankheit, die Pfarrer und Lehrer bevorzugt haben sollen: Ausgebrannt, leer, gestresst, keine Kraft mehr, keine Ideen, keine Lust mehr zur Arbeit. Ach, viele Menschen sollen ihn heute haben, den Burnout! Auch Mose hatte offensichtlich eine ähnliche Krankheit, nachdem er als Mitherrscher des Pharao zum Verbrecher geworden war und einen ägyptischen Polizisten umgebracht hatte. Dann ist er von Ägypten geflohen war und weit weg - im Lande Midian wurde er ganz schlicht ein Hirte in der Familie Jethro und gründete dabei eine Familie. Und dann passiert eines Tages diese Geschichte: Er war wohl ein wenig zu weit gegangen mit seiner Schafherde bis hinter die Wüste, bis an den Berg Gottes, den Horeb. Die große Berufungsgeschichte des Mose fängt also damit an, daß ein Hirte mitten im Geblöke seiner Tiere zu weit geht, über das Normale hinausgeht. Und als da plötzlich vor ihm ein Busch brennt, da wurde Mose neugierig. Er will sehen, was hinterm Berg im Busch ist. Und alle Äußerlichkeiten werden jetzt wichtig. Er sieht einen Busch, der brennt, aber nicht verbrennt. Und von da an war nichts mehr wie vorher: Die Herde nicht mehr und seine Familie nicht mehr und sein Volk nicht mehr und Pharao nicht mehr. Nur diese Stimme fing an zu brennen in ihm, diese wundersame Erscheinung aus dem brennenden Dornbusch wird ihn in Zukunft nicht mehr loslassen. Diese Stimme Gottes wird sein Leben grundlegend verändern. Diese Stimme ruft ihn unmißverständlich: Mose, Mose! und er antwortet: Hier bin ich. Das, liebe Gemeinde, ist die Stunde des Mose, der zu weit gegangen ist und das Außergewöhnliche sehen möchte. Und dann wird seine Neugier in ganz neue Bahnen gelenkt. Er darf nicht auf den Busch klopfen und schon gar nicht auf den brennenden. Ein Engel hält ihn mit großen Händen zurück. Die Stimme Gottes weiht den brennenden Dornbusch zum Heiligen Land : Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land. Mose muß die Schuhe ausziehen, an denen bekanntlich Schmutz und Unreinheit kleben. Der Hirte versteht langsam, daß jetzt allerhöchste Ehrfurcht geboten ist. Eine Haltung, die viele von uns gar nicht mehr so recht kennen. Was ist Ehrfurcht? Ehrfurcht vor dem Leben?

4 Mose kniet voller Ehrfurcht barfüßig im Staub, beugt sich zu Boden, hält ein Tuch vor die Augen und hört, was zu ihm gesagt wird. Es ist ein einmaliges Gespräch, das ihn zu dem macht, was Gott von ihm will: Er soll für sein Volk in die Verantwortung. Nun ist sein Ohr geöffnet und er wird in Zukunft viele Gespräche mit seinem Gott führen, ja er wird zum Sprachrohr, zum Sprecher seines Gottes und seines Volkes werden, zum Sprecher Gottes bei seinem Volk und zum Sprecher des Volkes bei seinem Gott. Zuerst aber wird der Dornbusch mit dem brennenden Feuer für ihn zum Ahnenbaum. Die Väter und Mütter sind bei Gott nicht tot, denn Gott ist nicht ein Gott der Toten. In Gott leben die Väter und Mütter weiter. Und so stellt sich der große Unbekannte vor als der Gott der Väter und Mütter, der Gott Abrahams und Sarahs, Isaaks und Rebekkas, Jakobs und Leas und Rahels. Vor diesem Gott der Väter und Mütter bekommt Mose so viel Respekt, daß er sein Angesicht verhüllt. Der vorher so Neugierige spürt seine menschliche Grenze: Er kann Gott nicht anschauen von Angesicht zu Angesicht. Aber das Feuer dieses Gottes brennt weiter, ohne zu verbrennen. Die Liebe Gottes brennt weiter, ohne zur Asche zu werden. Diese Liebe macht nicht blind, im Gegenteil geistesgegenwärtig: Mose nimmt die ganze Bandbreite des göttlichen Handelns wahr. Das heilsame Tun Gottes wird in Verben, in Wörtern des Tuns erzählt: sehen hören erkennen herabsteigen erretten und herausführen, das ist von Mose bis heute die Reihenfolge der göttlichen Befreiung. Zuerst sieht Gott das Elend seines Volkes, dann hört er die Klage seiner geschundenen Kinder und das Geschrei über ihre Drangsalierer und Sklaventreiber. Gott erkennt von sich aus das menschliche Leiden und den menschlichen Schmerz. Dann steigt er herab. Er gesellt sich zu den Betroffenen, den Opfern aller Bedrängnis und verbündet sich mit ihnen, um sie zu erretten und herauszuführen als ihr Befreier. Aber nun nicht so, daß mit einem Schlag alle Not und alles Elend beseitigt wäre. Gott nimmt sich vielmehr Zeit, vielleicht auch unsere Zeit für sein Rettungswerk und die Zeit der Menschen in Ägypten heute am Tahrireplatz, - er vollzieht seine Befreiung nicht über unsere Köpfe hinweg. Er schließt uns Menschen vielmehr ein und macht uns zu seinen Mithelfern und Mitarbeitern in dieser Welt wie damals Mose: So geh nun, ich will dich zum Pharao senden... Gott schickt seinen Mann und sein Volk in die Verantwortung der Geschichte. So werden sie geschickt! Sie sollen keine stumpfen Objekte der Geschichte bleiben, im Gegenteil, das Feuer des Dornbusches schlägt Funken im Kopf und im Herzen des Mose. Er soll zum Pharao gehen, dem Kopf der ägyptischen Unterdrücker mit einer der schönsten biblischen Botschaften auf den Lippen, die bis heute von Tausenden und Abertausenden von Menschen, auch Konfirmanden und jungen Menschen gesungen wird: Let my people go Laß mein Volk ziehen: Raus aus der Unselbständigkeit! Raus aus der Sklaverei!. Freilich erscheint mir Mose dann wiederum auch kein anderer Menschentyp als Du und ich. Er ist genauso ängstlich und zurückhaltend, wenn er etwas

5 Besonderes tun soll, wenn er Verantwortung tragen soll, und so klingt sein Allerweltseinwand menschlich sehr verständlich: Wer bin ich schon, daß ich zum Pharao gehe... Mose hat zwar Feuer gefangen, aber es ist kein Strohfeuer, es fängt langsam in ihm zu brennen an. Aber wenn es einmal brennt, dann richtig. Dann kommt die Glut von unten und erwärmt die Geschichte. In seiner Sendung pflanzt Gott das Feuer des brennenden Dornbusches in das Herz und in den Kopf seines Propheten und seiner Menschen heute besonders anschaulich am Volk der Ägypter! - und so kann Gottes Befreiungshandeln Hand und Fuß bekommen. Aber Mose will es genau wissen. Er fragt Gott nach seinem Namen: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt! Und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name? was soll ich ihnen sagen? Mose erfährt den Namen des einmaligen Gottes. Mit seinem Namen verbürgt sich der Unbekannte dafür und wird offenbar. Und dieser Name lautet ganz merkwürdig JHWH. Viele Übersetzer haben an der wahren Übersetzung dieses Namens bis heute gerätselt, liebe Gemeinde. Die Einheitsübersetzung sagt: Ich bin, der ich bin. Die Lutherübersetzung wählt das Futur: Ich werde sein, der ich sein werde. Oder Ich werde mit dir sein. Mit diesem Namen sendet Gott Mose mitten in die Geschichte seines unterdrückten Volkes hinein. Und in dieser Sendung bekommt Mose einen unwiderstehlichen Mut. Er riskiert es, hinzugehen. Er riskiert sich für seinen geheimnisvollen Jahwe. Das Feuer seines Gottes hat in ihm zu brennen begonnen und fasziniert ihn und fordert ihn heraus. Vor dem heiligen Gott wird für ihn alles Leben seines Volkes heilig und er macht sich auf den Weg. Aber, liebe Gemeinde, was hat das alles mit uns zu tun? In unserer Erlöserkirche steht der Kerzenständer als unser brennender Dornbusch. Wie viele haben hier schon eine Kerze angezündet für ein neugeborenes oder krankes Kind, für Menschen, die mir am Herzen liegen oder für Verstorbene, - und dann hat in uns etwas wieder zum Brennen angefangen. Ich denke, wir haben da eine Ursprungsgeschichte des Gottesglaubens in unserer Kirche, wie sie tiefgründiger kaum zu finden ist. Wir machen auch wie Mose unsere Grenzerfahrungen und sehen dann weiter. Vor uns und in uns fängt immer wieder etwas zu brennen an und brennt dann weiter. Manchmal nennen wir es den inneren Funken oder das innere Licht, das uns auf den Weg bringt, etwas Befreiendes zu tun. Und dabei werden wir auch zu Mitarbeitern und Mithelfern Gottes. Und wir dürfen dabei wissen: Seine Liebe für uns und bei uns brennt, aber sie verbrennt nicht. Sie wärmt uns vielmehr, auch wenn er uns manchmal so fern und so unbekannt vorkommt. Die Ehrfurcht vor dem Gottesnamen lerne ich aus dieser alten Erzählung. Seine Name hat auch Bedeutung für uns: Ich werde sein, der ich sein werde auch in deiner

6 Menschengeschichte. Ich werde mit dir sein auch in den schlimmen Dingen des Lebens. Immer wieder hat Menschen dieser befreiende Glaube grundlegend geholfen. Bei anderen hat er nicht geholfen. Dazu kommt mir der General Harras in den Sinn, die Hauptfigur in Carl Zuckmayers Film Des Teufels General. Er antwortet einem jungen Offizier auf die Frage: Glauben Sie an Gott folgendes: Ich weiß es nicht, ich bin ihm nie begegnet. Aber das lag an mir. Ich wollte ihm nicht begegnen. Er hätte mich vor Entscheidungen gestellt, denen ich ausweichen wollte. Ich habe nur das Erdenkbare und das Erkennbare geglaubt. An das, was man prüfen, entdecken, finden kann. Aber die größte Findung aller Zeiten habe ich nicht erkannt, sie heißt Gott in vielerlei Gestalt immer Gott Du aber wenn du mich fragst: Du darfst ihm vertrauen. Jesus hat diesen Gott, diesen Ich werde mit Dir sein Gott noch einmal besonders vorgestellt im Gleichnis vom Verlorenen Sohn als ganz und gar Barmherzigen Vater oder auch als ganz und gar Barmherzige Mutter. Die Konfirmanden tragen uns jetzt dieses Evangelium vor und vielleicht fängt da bei euch allen auch etwas zu brennen an und überwindet den Burnout im eigenen Gottesglauben.

7 Fürbitten Barmherziger Gott, du bist das Licht des Lebens, dein Sohn hat ein besonderes Licht in unser Leben gebracht, dein Heiliger Geist gibt uns Klarheit und Wärme. 1. Erleuchte alle, die mit deinem Namen nichts anfangen können oder die deinen Namen gar missbrauchen, dass sie mit deinem Namen neu die Ehrfurcht vor dem Leben finden. 2. Erleuchte alle, die ausgebrannt, erschöpft, gestresst oder verzagt sind. Gib ihnen neue Kraft und neuen Glauben! 3. Erleuchte alle, die krank sind und leiden. Gib ihnen Menschen zur Seite, die ihnen echt helfen können! 4. Für die Menschen in Ägypten bitten wir: Lass sie Wege finden, um ihr ganzes Land in Frieden und Gerechtigkeit und in Freiheit zu regieren. 5. In unserer Landeskirche beten wir heute besonders für unsere Partnerkirche in Honduras und die Menschen da: Höre das Schreien deines Volkes in Honduras. Höre, tröste und stärke dein Volk. Hilf, dass wir als Kirche den Menschen, die von der täglichen Kriminalität traumatisiert sind, beistehen!