Gottesdienst vom in der Peterskirche zu Ex 3, 1 17 Pfr. Dr. theol. Luzius Müller, reformiertes Pfarramt beider Basel an der Universität
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- Nora Gerhardt
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1 Gottesdienst vom in der Peterskirche zu Ex 3, 1 17 Pfr. Dr. theol. Luzius Müller, reformiertes Pfarramt beider Basel an der Universität Exodus (Zürcher Bibel, Absatz LM) 1Und Mose weidete die Schafe seines Schwiegervaters Jitro, des Priesters von Midian. Und er trieb die Schafe über die Wüste hinaus und kam an den Gottesberg, den Choreb. 2Da erschien ihm der Bote des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Und er sah hin, und sieh, der Dornbusch stand in Flammen, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt. 3Da dachte Mose: Ich will hingehen und diese grosse Erscheinung ansehen. Warum verbrennt der Dornbusch nicht? 4Und der HERR sah, dass er kam, um zu schauen. Und Gott rief ihn aus dem Dornbusch und sprach: Mose, Mose! Und er sprach: Hier bin ich. 5Und er sprach: Komm nicht näher. Nimm deine Sandalen von den Füssen, denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. 6Dann sprach er: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Angesicht, denn er fürchtete sich, zu Gott hin zu blicken. 7Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Schreien über ihre Antreiber habe ich gehört, ich kenne seine Schmerzen. 8So bin ich herabgestiegen, um es aus der Hand Ägyptens zu erretten und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes und weites Land, in ein Land, wo Milch und Honig fliessen, in das Gebiet der Kanaaniter und der Hetiter und der Amoriter und der Perissiter und der Chiwwiter und der Jebusiter. 9Sieh, das Schreien der Israeliten ist zu mir gedrungen, und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie quälen. 10Und nun geh, ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, heraus aus Ägypten. 11Mose aber sagte zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte? 12Da sprach er: Ich werde mit dir sein, und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen. 13Mose aber sagte zu Gott: Wenn ich zu den Israeliten komme und ihnen sage: Der Gott eurer Vorfahren hat mich zu euch gesandt, und sie sagen zu mir: Was ist sein Name?, was soll ich ihnen dann sagen? 14Da sprach Gott zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und er sprach: So sollst du zu den Israeliten sprechen: Ich-werde-sein hat mich zu euch gesandt. 15Und weiter sprach Gott zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sprechen: Der HERR, der Gott eurer Vorfahren, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer, und so soll man mich anrufen von Generation zu Generation. 16Geh und versammle die Ältesten Israels und sprich zu ihnen: Der HERR, der Gott eurer Vorfahren, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und hat gesagt: Ich habe auf euch geachtet und auf das, was euch angetan wird in Ägypten. 17Und ich habe beschlossen: Ich will euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in das Land der Kanaaniter und der Hetiter und der Amoriter und der Perissiter und der Chiwwiter und der Jebusiter, in ein Land, wo Milch und Honig fliessen.
2 Predigt Liebe Gemeinde, jene die mich kennen, wissen, dass ich mich immer wieder mit der Frage auseinandersetze, wie wir mit biblischen Texten umgehen können, wie wir sie lesen sollen. Es ist dies die Frage nach der sogenannten Hermeneutik biblischer Texte. Der heutige Predigttext drängt mich dazu, diese Frage erneut aufzuwerfen, denn er wirkt seltsam zusammengestückelt holperig gewissermassen. Als Leserinnen und Hörer dieser Erzählung verstehen wir wohl, dass es alles in allem um die Berufung des Mose und die Selbstvorstellung Gottes geht. Aber die sorgfältige Lektüre des Textes lässt allerhand Brüche, Wiederholungen und Spannungen erkennen. Diese Brüche und Wiederholungen werden üblicherweise aufgrund der Textentstehung, der sogenannten Literaturgeschichte, erklärt: Man ist sich heute in der Forschung recht einig, dass der Text der fünf Bücher Mose Elemente aus verschiedenen Zeiten und Traditionen enthält, die in einem langen, komplexen Prozess zusammengearbeitet wurden bis hin zum vorliegenden Text. Wir können uns dies stark vereinfacht etwa so vorstellen: Würde wir aus den vier Evangelien des NTs eine Geschichte Jesu komponieren wollen und würden wir dabei alle Einzelheiten der vier Evangelien zu berücksichtigen versuchen, so würde dieses neue Einheitsevangeliums gewiss auch allerhand Wiederholungen und Spannungen aufweisen. Ich möchte heute nicht über die historische Entstehung unseres Textes sprechen. Gewiss kann diese historische Entstehung die heutige Textgestalt erklären. Ich interessiere mich aber heute für einen hermeneutischen Ansatz, der die heutige Textgestalt nicht erklärt, sondern begründet; einen Ansatz, der uns nicht bloss zeigt, weshalb der Text so ist, wie er ist, sondern weshalb er so sein soll, wie er ist. Es geht in diesem hermeneutischen Ansatz um die sogenannte Textpragmatik, um die Frage, wozu unser Text eigentlich dienen soll? Dabei müssen wir uns klar machen: Unser Predigttext ist nicht für die einmalige Lektüre verfasst worden, wie ein Zeitungbericht, den man nach einmaliger Lektüre informiert beiseite legt. Unser Text will nicht in diesem Sinne informieren. Ich meine, es gäbe verschiedene Anzeichen, dass unser Text uns Leser im Wesentlichen erinnern will. Erinnern kann uns dieser Text aber nur, wenn wir ihn bereits kennen, wenn wir den Text bereits gelesen oder gehört haben. Deshalb setzt der Text gewisse Dinge beim Leser voraus und andere wiederholt er ständig, ein Text, der nicht auf Erstinformation., sondern auf Erinnerung aus ist, kann so verfahren. Ich meine, unser Text wolle immer wieder gelesen werden, um uns den Inhalt ständig in Erinnerung zu bringen. Dieses wiederholende Erinnern geschieht im Gottesdienst. Diese Texte wurden für den Gottesdienst geschrieben. Der Gottesdienst ist kein einmaliger Event, sondern eine ständig sich wiederholende Feier. Die gottesdienstliche Feier ist wesentlich ein Sich-Wiedererinnern aufgrund dieser Texte und also auch ein immer sich wiederholendes Verinnerlichen dieser Texte. Lassen sie uns mit diesen hermeneutischen Vorüberlegungen nun an den Text heran gehen. Ich weiss nicht, ob sie den heutigen Predigttext bereits einmal gehört oder gelesen haben, wie es bei diesem Text eigentlich der Fall sein sollte.
3 Die Erzählung setzt damit ein, dass Mose die Schafe seines Schwiegervaters an den Gottesberg Horeb getrieben habe. Von diesem Gottesberg war bisher nie die Rede. Dennoch wird er mit bestimmtem Artikel eingeführt (nicht ein Gottesberg, sondern der Gottesberg ), als ob er uns Lesern längst bekannt sein müsste. In Vers 12 heisst es dann: Da sprach er (Gott): Ich werde mit dir (Mose) sein, und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen. Dieser Vers 12 hat vermutlich dazu geführt, dass der Horeb bereits früh in der jüdischen Tradition mit dem Sinai, dem Berg der Offenbarung der Tora, identifiziert wurde. Ich meine, es gehe in Vers 12 nicht so sehr um den genaue Ort des Berges, als vielmehr um die Verheissung, dass das biblische Israel Gott an geheiligtem Orte dienen und feiern werde. Dieses Volk werde einst seinen eigenen Gott feiern, seinen eigenen Gottesdienst und seinen eigenen Gottesdienstort haben. Sie werden dann nicht mehr Fremde sein in fremdem Lande unter dem Joch eines Pharaos, der ihnen ihrem Gott zu dienen verbietet, wie es in den Versen 18 und 19 heisst. Eben dieser verheissene Gottesdienst am Gottesberg wird dann im Kapitel 20 des Buches Exodus auch tatsächlich beschrieben. Der sich erinnernde Leser weiss dies daher kann vom Gottesberg mit bestimmtem Artikel erzählt werden. Der sich erinnernde Leser kennt diesen Berg längst, weil er diese Geschichte längst kennt. Der Vers 2a dient gewissermassen als Überschrift für das Folgende: Da erschien ihm der Bote des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Die Verse 2b und 3 beschreiben sodann die auffällige Erscheinung eines brennenden Dornbusches, der nicht verbrennt. Es ist vorerst das blosse Feuerphänomen, welches das Interesse des Mose weckt. Der Erzählung wird es aber im Weiteren keineswegs um dieses Feuerphänomen gehen, tritt es doch im Verlauf der Erzählung in den Hintergrund. Es geht vielmehr um den Boten des HERRN, der Mose aus der Feuerflamme ansprechen wird bzw. um Gottes Wort, welches an Mose ergehe. Wir haben in biblischen Texten immer wieder diesen seltsamen Wechsel zwischen der Figur des Boten Gottes und Gottes selbst. Das ist möglich, weil Gottes Wort durch Boten ergeht. Das Wort des Boten ist Gottes eigenes Wort. Der Bote verschwindet also als Person vollkommen hinter der Botschaft daher heisst es plötzlich: Gott selbst spreche Mose an. Komm nicht näher. Nimm deine Sandalen von den Füssen, denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. spricht der HERR. Wir erinnern uns daran, dass das Ausziehen der staubigen Sandalen beim Betreten eines Hauses im Orient bis heute üblich ist. Vor dem Betreten eines Heiligtums galt es, sich zu reinigen und zu bereiten, als würde man bei Hofe vorsprechen. Wir kennen noch die Tradition des Sonntagsstaates: eine besondere Kleidung für diesen besonderen Tag. Die Gegenwart Gottes bzw. seines Wortes, lässt diesen Ort zu einem heiligen Ort werden, einem Heiligtum. Der brennende Dornbusch wird dabei vom wundersamen Signalfeuer, das unsere Aufmerksamkeit erregen sollte, zum Leuchter am Heiligtum. Auch in der Stiftshütte und am jerusalemer Tempel habe es einen solchen Leuchter gegeben. Dieser Gott stellt sich nun Mose und dem Leser vor. Unser Text enthält aber drei Gottesnamen bzw. -Bezeichnungen, und es ist nicht ganz leicht zu verstehen, wie sich diese drei verschiedenen Bezeichnungen zueinander verhalten.
4 Unser Text verwendet erstens in Vers 14 die so bekannte, wie rätselhafte Selbstbezeichnung Gottes: Ich bin, der ich bin. Oder nach der Zürcher Bibel übersetzt: Ich werde sein, der ich sein werde. Bereits die Übersetzung dieses Namens bereitet Schwierigkeiten. Erst recht wurde über die Bedeutung viel nachgedacht und geschrieben. Ich schliesse mich jenen Exegeten an, welche diese Gottesbezeichnung unseres Textes wie folgt verstehen. Diese erste Gottesbezeichnung wir erst durch eine zweite Gottesbezeichnung verständlich. Gott bezeichnet sich zweitens in den Versen und 16 wiederholt als der Gott der Vorfahren, Abraham, Isaak und Jakob. Die erste Gottesbezeichnung bedeutet im Anschluss daran: Dieser Gott der Vorfahren werde ich auch in Zukunft für Euch sein. Daher: Ich bin, der ich bin oder vielleicht auch: Ich werde sein, der ich bin. Diese erste und zweite Gottesbezeichung ist demnach in sich eine Erinnerung, die im Text ständig wiederholt, also in Erinnerung gehalten wird. In Vers 15 nennt dieser Gott dann drittens einen Namen, im Sinne eines Eigennamens (wie Peter oder Paul). Dieser Name wird im hebräischen Text mit den vier Konsonanten JHWH wiedergegeben. Juden sprechen diesen Namen aus Ehrfurcht vor Gottes Heiligkeit nicht aus sie sprechen an dieser Stelle das Wort Adonaj, was soviel wie Herr bedeutet. Die Zürcherbibel gibt daher diesen Gottesnahmen respektvoll mit dem in Grossbuchstaben geschriebenen HERR wieder. Die biblischen Texte verwenden diesen Gottesnamen allerdings längst schon vor dieser Passage über die Selbstvorstellung Gottes. Unser Geschichte berichtet also von der Selbstvorstellung Gottes und setzt aber diese längst schon voraus siehe beispielsweise Vers 2. Die hier erzählte Selbstvorstellung Gottes ist eine Erinnerung an bereits Bekanntes. Dieser Gott spricht nun zu Mose, dass er das Leid seines Volkes gesehen, das Schreien der Israeliten gehört habe und dass er dieses Volk nun erretten werde aus der Hand Ägyptens und hinausführen werde in ein schönes, weites Land, ein Land, wo Milch und Honig flössen. Dies ist das inhaltliche Zentrum unseres Textes: Jene Erinnerung, die immer wieder erinnert werden soll. Gott habe Israel hinausgeführt, sodass es diesem Gott an geheiligtem Orte diene. Mose kommt dabei die Rolle des Anführers dieses Volkes zu. Ich werde auf Mose und seinen Auftrag in der nächsten Predigt (am 12. April) zu sprechen kommen. Liebe Gemeinde, ich sehe in Vers 12 das Zentrum unseres Predigttextes, wenn Gott zu Mose spricht: Ich werde mit dir (Mose) sein, und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen. Gott dienen heisst, ihn zu ehren und zu achten. Gott zu ehren und zu achten, heisst seine Gebote und Weisungen einzuhalten und zu pflegen. Damit seine Gebote und Weisungen eingehalten und gepflegt werden können, müssen sie erinnert werden. Dieses Erinnern geschieht durch die Verlesung der Heiligen Schrift im Gottesdienst. Wird die Heilige Schrift verlesen, so wird Gottes Weisung, wird Gott selbst in der Erinnerung vergegenwärtigt: Im Erinnern ist Gott bei seiner Gemeinde gegenwärtig und die Gemeinde ist in Gott befreit. Wenn auch wir Christinnen und Christen Gottesdienst feiern, so erinnern auch wir uns an den Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs, an den Gott des biblischen Volkes Israel, der durch Jesus Christus auch unser Gott wurde. Wenn wir Gottesdienst feiern und uns dieses Gottes
5 erinnern, dann bezeugen wir damit unseren Glauben, dass dieser Gott bei Mose und dem biblischen Volke Israel war und wir vertrauen in Jesus Christus darauf, dass er auch bei uns ist und sein wird. Amen.
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