Freiheit und Gehorsam

Transkript

1 Was hat Christus damit zu tun? Alles! Nicht nichts oder nur etwas, wie sogar heute Christen meinen. Freiheit und Gehorsam Inspiration meines Lebens: Giussani, Gründer von Gemeinschaft und Befreiung. Heute 4 Punkte: zuerst eine Vorbemerkung über die Freiheit. Dann Gehorsam: eine Stelle des Evangeliums mit Kommentar, eine Begründung und Erklärung und zum Schluss Fragen und Erfahrungen von Euch. 1. Vorbemerkung über die Freiheit: normalerweise Freiheit gleich - Lust, Instinkt, Triebhaftigkeit. Das ist aber noch zu wenig, nur tierisch. - Keine Bindung, solo unterwegs. Individualistische Auffassung. Alternative: Erfüllung. - Frei? Wenn eines unserer Bedürfnisse erfüllt wird. - Und dann? Vollendete Vollendung. - Beziehung zur letzten Bestimmung. - Beziehung zum Geheimnis, zum Unendlichen. 2. Gehorsam. Nehmen wir das 6. Kapitel des Johannesevangeliums. Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? (Joh 6, 1-5). Sie folgten Ihm so, dass sie sogar das Essen vergessen haben, während sie ihn hörten. 1

2 Er wurde von Mitleid mit ihnen ergriffen. Deswegen hatten die Menschen Hunger und Durst nach seinen Worten. Sie hatten nie jemanden so sprechen gehört. Er sagte gerade das, wofür sie geboren worden sind. Dieses Mitleid war nicht bloß eine spirituelle oder gefühlsmäßige Sache. Dieses Mitleid war voll von realistischen Feststellungen: sie hatten Hunger. So sagte er zu den Aposteln: sie haben Hunger. Dann ist die berühmte Stelle von der Brotvermehrung. Die Begeisterung war groß. Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein (Joh 6, 14-15). Er entzog sich ihnen und floh mit dem Boot an das andere Ufer des Sees bis nach Kapharnaum, wo Petrus wohnte. Was passierte dann am Tag darauf? Als die Leute sahen, dass weder Jesus noch seine Jünger dort waren, stiegen sie in die Boote, fuhren nach Kafarnaum und suchten Jesus. Als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hierher gekommen? Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird (Joh 6, 24-27a). Es war ein Sabbat. Jesus ging in die Synagoge, wie seine Mitmenschen damals. Es war zu der Zeit Brauch, dass man nach ein paar Psalmgebeten die Hand heben konnte und dann konnte man eingeladen werden, nach vorne zu gehen, um ein Stück aus der Bibel zu lesen. Jesus tat es. An der Reihe war die Stelle von der Wüste und das Manna. Dann sagt Jesus: so wie das Manna Nahrung für den Leib ist, so sind meine Worte Nahrung für die Seele. Wer sie isst, verinnerlicht, wird nicht sterben, wird mein Leben bekommen. Natürlich war das eine Redensart. Aber während er noch sprach, öffnete sich die Tür von hinten. Es waren diejenigen vom Tag zuvor, die ihn zum König machen wollten und um den See herumgegangen waren, um ihn wieder zu sehen, und sie waren in die Synagoge hineingegangen, gerade während er sprach. 2

3 Jesus sah mit Mitleid, wie sie sich drängten und trotz Müdigkeit und Hunger auf der Suche nach Ihm. Er war innerlich erregt. Bei uns ist eine Emotion Anlass für neue Ideen. Auch für Jesus als Mensch war es so. So hat er die beste Idee seines Lebens gehabt. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt (Joh 6, 48-51). Diesmal aber war das keine Redensart: Sein Fleisch zu geben als Nahrung. Und sie haben verstanden, dass er nicht in Metaphern sprach. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? (Joh 6, 52). So begannen die Leute, die das Sagen hatten die Journalisten, die Politiker, die Universitätsprofessoren -, die Menschen, die immer den anderen die eigene Lebensauffassung aufzuzwingen wollen, den Leuten zu sagen: Viele seiner Jünger, die ihm zuhörten, sagten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören? (Joh 6, 60). Er ist verrückt, gehen wir, gehen wir, lassen wir ihn hier stehen, lasst uns gehen! Die Menschen folgten nach und nach den Pharisäern und den Schriftgelehrten. Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher (Joh 6, 66). Sie gingen aus der Synagoge hinaus, so dass es in der Abenddämmerung ganz still in der Synagoge wurde. Aber eine kleine Gruppe war geblieben. Seine besten Freunde. Alle standen mit gesenktem Kopf schweigend da. Jesus gab nicht nach. Fast provozierend sagt er zu diesem Dutzend von Personen: Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? (Joh 6, 67). 3

4 Und da ergreift wie immer Simon das Wort für alle und sagte: Meister, auch wir verstehen nicht, was du sagst, aber wenn wir von dir weggehen, wohin sollen wir gehen? Du allein hast Worte, die dem Herzen entsprechen, die dem Leben einen Sinn geben. Sie verstanden vieles nicht, aber eines doch: So sind sie Ihm gefolgt. 3. Aber was heißt folgen? Sie sind Ihm gefolgt, sie hingen an Ihm, obwohl sie nicht verstanden hatten. Sie waren gehorsam. Aber nicht wie wir den Gehorsam normalerweise verstehen: ja zu sagen und das zu tun, was man dir sagt. Um Gottes Willen, nein! Der Gehorsam ist für uns Christen (also dem Plan eines anderen zu folgen und seinen Willen zu tun) nur in einem Fall vernünftig: wenn man das Bewusstsein hat, dass darin das Gelingen des Lebens besteht. Wer mir nachfolgt, gewinnt das ewige Leben und das Hundertfache hier auf Erden. Was heißt Folgen? a) Jemanden anzuschauen, der vor dir steht. (Jünger: wochenlang, monatelang) Wen? Äußerlich Person (Freund, Studienkollege, Priester). Innerlich hast Du aber bei dieser Person eine Andersartigkeit bemerkt: dieser da ist anders! Eine Menschlichkeit, eine Ernsthaftigkeit in der Weise, das Leben zu leben. Dieser da nimmt wirklich die eigenen tiefen Bedürfnisse seines Lebens ernst! Du hast das nicht so genau in Betracht gezogen, aber nun kannst du es doch sagen. Vielleicht habt ihr euch das nicht explizit gesagt, aber wenn ihr darüber nachdenkt, dann erkennst du eine solche Anziehungskraft in den ersten Schritten, die dich hierher gebracht haben. Vor dieser Person stehen: Anlässe suchen, anrufen b) Verstehen. Die Gedanken. Die Schritte. Die Gründe. Zeit, Geld, Beziehungen, Entscheidungen, Freude, Freizeit, Lernen 4

5 c) Wenn du aber bei diesem Punkt stehenbleibst, dann folgst du nicht nach. Versuchen, so wie diese Person zu handeln. Einfachheit. Alternative Instinktivität, das Animalische. d) Nicht zuerst die Freundschaft, sondern zuerst die Nachfolge. Wie machst du es? Mit und ohne Worte. e) Aber dann erreicht man diese Ebene der Freundschaft, ohne die der Gehorsam Sklaverei wäre. Wie machst du das? Ich kann es dir nicht erklären, schau mich einfach an!, oder Komm mit mir!, oder (sag täglich das, lies dieses Buch, geh mit diesen Studenten, die auch diesen Weg gehen, und zwar in deiner Fakultät, probiere in dieser WG, pflege gewisse Sakramente, lass dich regelmäßig von einer erfahrenen Person begleiten ) Die sind verschiedene Versuche, aber ich verstehe, dass ich es dir schlecht sage, also sage ich dir: Komm doch morgen wieder! Denn morgen werde ich versuchen, es dir besser zu sagen, und übermorgen werde ich versuchen, es dir noch besser zu sagen. Also wir versuchen uns oft zu sehen, und uns die Sachen zu wiederholen. Nach vielen, vielen Tagen wird es wie von selber kommen, wie wenn man sich in die Augen schaut. Man schaut sich in die Augen und man versteht sich. Und man ist nicht mehr allein. Der Mensch ist er selbst, wenn er in Begleitung ist. f) Was man Gehorsam nennt, ist in Wahrheit Freundschaft. Eine Freundschaft ohne Gehorsam ist fruchtlos, sentimental, etwas ohne eine Geschichte, ohne Ziel und ohne Dauer. Die wahre Freundschaft entsteht aus einem Gehorsam. Das Wort Gehorsam ist nichts anderes als die Tugend der Freundschaft. 4. Fragen und Erfahrungen von Euch 5