Ausgewählte Aspekte der Eignungsprüfung im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen. Dr. Johannes Lux

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1 Ausgewählte Aspekte der Eignungsprüfung im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen Dr. Johannes Lux

2 Agenda Übersicht Rechtslage seit 2016 Die Eignungsprüfung Bekanntmachung von Eignungskriterien Präqualifikation Eignungskriterien und nachweise Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Eignungsleihe Nachunternehmer Ausschlussgründe Ausschlussprüfung Ausschluss wegen vorhergehender mangelhafter Erfüllung Selbstreinigung

3 Rechtslage seit April 2016 GWB Allgemeine Regelungen zur Eignung 122 bis 126 GWB VgV Konkretisierung der Regeln zu den Anforderungen an Unternehmen / Eignung 42 bis 51 VgV

4 Eignungsprüfung nach 122 GWB Unternehmen B Unternehmen A Unternehmen C Kein aktueller Ausschlussgrund bzw. Selbstreinigung Fachkunde Leistungsfähigkeit Für den Auftrag in Betracht kommende Unternehmen

5 Bekanntmachung von Eignungskriterien 122 Abs. 4 GWB Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen 48 Abs. 1 VgV In der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung ist neben den Eignungskriterien ferner anzugeben, mit welchen Unterlagen Bewerber oder Bieter ihre Eignung und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen zu belegen haben. 41 Abs. 1 VgV Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.

6 Bekanntmachung von Eignungskriterien EU Standardformulare Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen EU-Richtlinien lassen dies grundsätzlich zu, nach Wortlaut GWB und VgV aber nicht zulässig. Jedenfalls Anforderungen an Verfügbarkeit der Unterlagen: unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt Problematisch: (unspezifische) Links auf Seiten Dritter, Passwortschutz, Anmeldepflicht etc.

7 Präqualifikation 122 Abs. 3 GWB Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden Möglichkeit für Unternehmen, insbesondere bei wiederholter Teilnahme an Vergabeverfahren Eignung nachzuweisen Präqualifikation entbindet Auftraggeber nicht von eigener Prüfung, nur Eignungsvermutung : Auftragsspezifische Anforderungen sind in jedem Fall zu prüfen Jedenfalls bei Zweifeln an der durch PQ festgestellten Eignung hat Auftraggeber eigene Prüfung vorzunehmen: werden vom öffentlichen Auftraggeber nur in begründeten Fällen in Zweifel gezogen ( 48 Abs. 8 VgV)

8 Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit Mindestjahresumsatz 45 Abs. 1, Abs. 2 VgV Der öffentliche Auftraggeber kann als Anforderung einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestjahresumsatzes in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags stellen Dieser darf das Zweifache des geschätzten Auftragswerts nur überschreiten, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen Vorschrift eröffnet doppeltes Ermessen: Wird ein Mindestumsatz gefordert? Wie hoch liegt dieser? Stets ist Auftragsbezug erforderlich Das Doppelte des Auftragswerts führt gerade bei langfristigen Verträgen zu sehr hohen Werten Entscheidung des Auftraggebers ist zu dokumentieren

9 Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Referenzen 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV Als Beleg der Leistungsfähigkeit kann der Auftraggeber die Vorlage geeigneter Referenzen in Form einer Liste verlangen Subjekt der Referenz: Bewerber / Bieter Bietergemeinschaftsmitglieder Konzern Nachunternehmer Eignungsverleiher Personal? Geeignete Referenzen Vergleichbarkeit: Auftraggeber mit Beurteilungsspielraum, bei Vorgabe von Parametern Bindung daran

10 Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Referenzen 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV Als Beleg der Leistungsfähigkeit kann der Auftraggeber die Vorlage geeigneter Referenzen in Form einer Liste verlangen Ausgestaltung als Mindestbedingung: wann erfüllt? Nachforderung bei unzureichenden Referenzen nach 56 Abs. 2 S. 1 VgV möglich? Verbesserung von Referenzen im Eignungswettbewerb über Austausch nach 47 Abs. 2 VgV bei gegebener Eignung nicht möglich

11 Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Personal 46 Abs. 1, Abs. 3 VgV Auftraggeber kann Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Unternehmen über die erforderlichen personellen Mittel sowie ausreichende Erfahrungen verfügen Hinreichend qualifiziertes Personal muss im Zeitpunkt der Auftragsausführung vorhanden sein Prognose anhand Bewerbung / Angebot erforderlich, d.h. Unternehmen muss mit geeigneten Mitteln nachweisen, zum maßgeblichen Zeitpunkt über dieses Personal zu verfügen Beurteilungsspielraum des Auftraggebers, ob Prognose anhand der Nachweise positiv ausfällt

12 Eignungsleihe 47 VgV Ein Bewerber oder Bieter kann im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche und finanzielle sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch nehmen Eignungsleihe grundsätzlich zulässig, Beschränkung durch Auftraggeber nur in Sonderkonstellationen möglich Die Angabe eines ungeeigneten Eignungsverleihers führt nicht zum unmittelbaren Ausschluss des Bewerbers / Bieters, sondern zur Pflicht zur Ersetzung des Eignungsverleihers Eignungsleihe / Nachunternehmereinsatz kann daher verfahrensvorteilhaft für Unternehmen gegenüber z.b. Bietergemeinschaft sein

13 Nachunternehmer ohne Eignungsleihe 36 Abs. 5 VgV Auftraggeber überprüft vor Zuschlagserteilung, ob Gründe für Ausschluss des Nachunternehmers vorliegen Nachunternehmer muss nicht Eignungsverleiher sein, wenn Bewerber / Bieter selbst geeignet ist Darf Auftraggeber Eignung des Nachunternehmers prüfen? Namentliche Benennung kann erst vor Zuschlagserteilung verlangt werden, 36 Abs. 1 S. 2 VgV 36 Abs. 5 VgV eröffnet zumindest Ausschlussprüfung Richtlinie beschränkt dies aber eindeutig auf Ausschlussgründe isd 123, 124 GWB, nicht Eignung allgemein Durch Verfahrensgestaltung sollte Auftraggeber Durchführung durch geeignetes Unternehmen absichern

14 Ausschlussprüfung nach 123 ff. GWB Vorliegen eines Ausschlussgrunds Ja Nein Erfolgreiche Selbstreinigung Ja Kein Ausschluss Nein Ausschluss

15 Ausschluss wegen vorhergehender mangelhafter Leistung 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB Auftraggeber kann Unternehmen ausschließen, dass eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat Insbesondere die Kündigung eines früheren Auftrags durch den Auftraggeber wegen Schlechtleistung soll dazu berechtigen, dass Unternehmen nicht weiter zu beauftragen Spannungsfeld von Beurteilungsspielraum, Grundrechtseingriff, Beschleunigungsgebot: Mit welcher Gewissheit muss Rechtmäßigkeit der Kündigung o.ä. feststehen? Weder genügt bloße Kündigungserklärung, noch bedarf es andererseits einer rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung

16 Selbstreinigung 125 GWB Kein Ausschluss, wenn Unternehmen nachweist, dass Schadensausgleich Umfassende Klärung durch Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden und öffentlichem Auftraggeber und Konkrete Maßnahmen zur künftigen Vermeidung ergriffen Ergreift Unternehmen Maßnahmen zur künftigen Vermeidung von Straftaten etc., kann dies Selbstreinigung begründen Verpflichtung zum Schadensausgleich ist auch dann anzunehmen, wenn konkreter Schaden bestritten wird EuGH-Vorlage: Bedarf es der Zusammenarbeit auch mit dem Auftraggeber? EU-Richtlinie sieht dies nicht ausdrücklich vor. Gerade bei Schlechterfüllung wird i.d.r. aber nicht ermittelt, Selbstreinigungsregelung ginge dann insoweit ins Leere.

17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Johannes Lux Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung* Vorsitzender der Vergabekammer des Landes Berlin, 2. Beschlussabteilung* Kontakt: *Die Ausführungen geben allein die persönliche Auffassung des Vortragenden wieder.