Golden Girl. Die 1903 gegründete Yacht- und

Transkript

1 GFK-Klassiker Hornet 32 Golden Girl GFK-Klassiker Hornet 32: Wenn in Seglerkreisen über kompromisslose Qualität gesprochen wird, fallen normalerweise Begriffe wie Oyster oder Swan. Jan Kuffel segelte mit der Hornet 32 ein Schiff, das sich vor großen Namen nicht verstecken muss Die 1903 gegründete Yacht- und Bootswerft Hatecke war einer der typischen Kleinbe triebe jener Zeit, hauptsächlich Fischkutter und andere Arbeitsboote liefen vom Stapel. Der Yachtbau kam erst in den sechziger Jahren hinzu, wobei man zunächst dem Werkstoff Holz treu blieb, allerdings in formverleimter Bauweise. Doch auch bis Drochtersen an der Nieder elbe sprachen sich die Vorteile des neuen Baumaterials GFK herum. Mit der Hornet 30, einem Entwurf von Helmut Hatecke, der der Werft nun in dritter Generation vorstand, begann 1968 eine Kleinserienproduktion exzellenter Kunststoffyachten, die bald für ihre Bauqualität und gu ten Segeleigenschaften bekannt wurden. Anfang der siebziger Jahre zeichnete Hatecke eine 32-Fuß-Ver sion, der die Hornet 33 und 345 folg ten. Die Werft betrieb den Yacht bau bis Heute ist die Ernst Hatecke GmbH einer der Welt marktführer in der Entwicklung von Kunststoffrettungsbooten für die Berufsschifffahrt. Cornet, auf die mich ihr Eigner Georg-Hinrich Uhrig nach Heiligenhafen eingeladen hat, ist eine Hornet 32 mit klassischem, weit nach vorn gezogenem Aufbau. Der Eigner hat das Boot 1979 speziell mit diesem Deck bestellt, obwohl die Werft mittlerweile auf ein damals moderneres Design mit keilförmigem Aufbau umgestiegen war. Wer sich berufsmäßig viel auf GFK- Yachten herumtreibt, weiß eigentlich so ungefähr, was ihn bei der Angabe Baujahr 1979 erwartet. Dennoch führt mich der erste Schritt an Deck geradewegs ins Fettnäpfchen. Den makellosen Glanz des Gelcoats mit einer Frage nach der letzten Lackierung kommentierend, erwarte ich eine lange Aufzählung jüngst erfolgter Refitarbeiten. Der Eigner ist jedoch fast entrüstet. Selbstverständlich wäre das Schiff noch nie lackiert worden, etwas gute Pflege würde durchaus reichen. Etwas gute Pflege bedeutet in diesem Fall optischer Neuzustand, die Hornet sieht aus, als käme sie geradewegs von einer Bootsausstellung. Dies trifft nicht nur für die Kunststoffoberflächen zu, auch alle Beschläge und Hölzer glänzen makellos. Typisch Stegsegler, denke ich noch, da fängt der Eigner an, von den langen Reisen mit dem Schiff zu erzählen, die unter anderem bis nach Portugal führten. Das wäre das nächste Fettnäpfchen gewesen PALSTEK 6/06

2 Das Reckmann-Rigg steht an Deck, alle Fallen und Strecker werden am Mast bedient. Breite Seitendecks erleichtern den Weg nach vorn Klapptüren sind auf einem Schiff dieser Größe eher ungewöhnlich. Sie sind aber nicht unpraktisch und sehr solide ausgeführt An Deck Die Hornet 32 ist ein recht klassischer Entwurf mit langem, flachem Aufbau, breiten Seitendecks und einer geräumigen Achterplicht, die von einem hohen Süll eingefasst ist. Das Reckmann-Topprigg steht auf dem Aufbau und ist über Oberwanten und doppelte Unterwanten verstagt. Die Fallen werden am Mast bedient, lange Handläufe und die stabil verankerte Seereling geben auf dem Weg nach vorn Sicherheit. Das Teakdeck wurde vor einigen Jahren neu verlegt und ist handwerk lich sehr sauber ausgeführt. Ein un gefähr acht Zentimeter hohes Doll bord mit aufgesetztem Teakrand gibt den Füßen Halt. Das Cockpit ist geräumig und hat die richtige Brei te, um sich bei Lage an der ge gen überliegenden Ducht abstützen zu können. Mit über zwei Metern Länge findet auch eine größere Crew genug Platz, eine große Backskiste an Backbord und eine kleinere an Steuerbord schlucken jede Menge Staugut. Unter Deck Beim Gang unter Deck findet sich trotz der flachen Linien der Hornet angenehm viel Platz. An Steuerbord wurde neben dem Niedergang die Navigation angeordnet, der Kopf der Hundekoje fungiert als Sitzplatz. Der Kartentisch ist nicht übermäßig groß, reicht aber für Wassersportkarten aus, Montagemöglichkeiten für Elektronik sind ebenfalls vorhanden. Gegenüber befindet sich die längsschiffs angeordnete Pantry mit Alle Beschläge zeugen vom Pflegeeifer des Eigners, egal ob Relingfuß, Ankerwinsch oder Maststufe Die Güte der Edelstahlbeschläge ist außergewöhnlich, ein Indikator für den hohen Qualitätsanspruch der Werft. Das Teakdeck wurde vor einigen Jahren neu aufgelegt Der Traveller wird hinter dem Brückendeck geführt und hat eine ausreichende Arbeitslänge PALSTEK 6/06 57

3 GFK-Klassiker Hornet 32 Die Deckenverkleidung macht das Schiff etwas dunkel. Um den Mastdruck aufzunehmen, wurde das Hauptschott verstärkt Nicht üppig, aber ausreichend. Die Hundekoje dient als Sitzplatz zweiflammigem Petroleumkocher, Edelstahlspüle sowie ausreichend Stauraum und Arbeitsfläche. Weiter vorn schließt sich an Backbord eine L-förmige Koje an, die zur Doppelkoje umgebaut werden kann. Die Sitzbank an Steuerbord ist etwas schmaler, reicht von ihrer Länge her aber zum Schlafen ebenfalls aus. Über den Kojen sind über die ganze Länge geschlossene Schapps angeordnet. Dazwischen ist ein groß bemessener absenkbarer Tisch montiert, eine Seite wird für den leichteren Durchgang ins Vorschiff abgeklappt. Dort ist die Aufteilung ebenfalls konventionell. An Backbord ein kleiner WC-Raum mit Schiebe-Waschbecken über dem Lokus, gegenüber wurden der Ölzeugschrank und weitere Schapps eingebaut. Das Vorschiff wird von einer geräumigen V-Koje dominiert, die mit zwei Metern (in der Mitte gemessen) noch ausreichende Liegelänge bietet. Das ganze Interieur ist überaus solide und fachmännisch in Teak ausgeführt, lediglich als Bodengruppe wurde eine Innenschale verwendet. Auch an nicht sofort einsehbaren Stellen ist die Bootsbauarbeit durchaus beeindruckend. Alle Schotten sind an Rumpf und Deck mit Winkellaminaten fixiert, der Zug der Püttings wird solide abgefangen. In der Bilge nehmen starke Bodenwrangen die Kräfte des Kiels auf. An allen tragenden Teilen sind auch nach nunmehr 27 Jahren keinerlei Schäden zu Die Pantry ist durchaus seegängig ausgeführt, die Kardanik des Kochers funktioniert auch bei großen Krängungswinkeln. Klappen und Schubladen sind gesichert Geschirr und Kleinkram sind bei Lage gegen Herausfallen gesichert, auch in den Schapps und Schwalbennestern finden sich keine unsauber gearbeiteten Ecken 58 PALSTEK 6/06

4 Endlich verständlich! Michael Herrmann erklärt Yacht elektrik so, dass Eigner das frisch erworbene Wissen direkt in die Praxis umsetzen können. Im Bereich der Rumpfdurchbrüche wurde der Schaumkern durch Massivlaminat ersetzt Der WC-Raum ist relativ klein und mit einem verschiebbaren Waschbecken ausgestattet Mithilfe dieses Handbuchs können Yachteigner Fehler lokalisieren und ihre elektrische Anlage an Bord optimieren. Der Fachmann findet hier zudem die Umsetzung der Anforderungen, die heute von den einschlägigen Normen und Richtlinien an die Yachtelektrik gestellt werden. finden. Das einzige Manko ist ein optisches und somit Geschmackssache: Auch die Decke ist mit dunklen Holzpaneelen verkleidet, die von ihrem Furnier her nicht zum übrigen Ausbau passen und das Schiff recht dunkel wirken lassen. Ein weißer Himmel würde den Salon optisch größer machen und ihm mehr Licht geben. Unter Motor Zum Auslaufen erwacht ein Volvo Penta MD 11C mit 23 PS zum Leben, der einen dreiflügeligen Festprop mit Welle antreibt. Die Maschine ist immer noch die erste und läuft tadellos. Alle Motorinstrumente sind geschützt in der Steuerbordbackskiste montiert, leider hat man hier wichtige Anzeigen wie Kühlwassertemperatur und Öldruck nicht permanent im Blick. Bei Vollast läuft die Hornet knapp unter sieben Knoten, in Marschfahrt sind es noch fünfeinhalb, ganz normale Werte also. Nur das Aufstoppen macht dem Eigner seit Jahren Kummer. Und tatsächlich dauert es über drei Schiffslängen, bis die Hornet aus Marsch- Elektrik auf Yachten, mit zahlreichen Abbildungen, 353 Seiten, gebunden, ISBN , 36,00 Euro Autark durch Energie aus Wind und Sonne Michael Herrmann beschreibt in gewohnt anschaulicher und detaillierter Art den Weg zur effizienten Nutzung. Neben den Grundlagen der Fotovoltaik-Module und Windgeneratoren sind wertvolle Tipps zur Installation und Optimierung enthalten. Auftretende Fehler können gezielt erkannt und behoben werden. Ein Muss, vor allem für Fahrtensegler, die die Unabhängigkeit vom Landstrom anstreben. 120 Seiten, gebunden, ISBN , 12,80 Euro Die Maschine ist hinter dem Niedergang, aber gut zu erreichen. Unter der obersten Stufe ist ein Werkzeugfach mit den wichtigsten Utensilien für Wartung und Reparaturen Palstek Verlag GmbH Eppendorfer Weg 57a Hamburg Telefon Fax PALSTEK 6/

5 GFK-Klassiker Hornet 32 Die meisten Beschläge wurden von der Werft mit viel Liebe zum Detail selbst gefertigt fahrt wirklich steht. Eine schlechte Propellerabstimmung ist vermutlich die Ursache. Gesteuerte Rückwärtsfahrt ist möglich, braucht aber wie bei fast allen Schiffen mit großem Skeg und tiefem Spant etwas Übung. Voraus dreht das Schiff nicht gerade auf dem Teller, enge Hafenmanöver sollten aber dennoch kein Problem sein. Unter Segeln Vor Heiligenhafen erwarten uns gute fünf Windstärken und kurzer, steiler Seegang. Der Eigner hat bereits die Genua 2 auf der Reckmann- Anlage angeschlagen, dazu fahren wir das volle Groß. Das Setzen und Bergen gestaltet sich problemlos, auch am Mast lassen sich Fall, Unterliekstrecker und Baumniederholer sicher bedienen. Nach dem Ausrollen der Genua geht es zunächst an die Kreuz. Nach etwas Trimm und mit flach eingestelltem Großsegel liegt das Schiff ausgezeichnet auf dem Ruder. Es nimmt die kurzen Wellen sehr weich und lässt sich gut an der Windkante führen. Auch in Böen nimmt der Ruderdruck nur moderat zu, alles läuft eher gutmütig ab. Die Hornet erreicht auf diesem Kurs eine Geschwindigkeit von zirka fünfeinhalb Knoten, der Wendewinkel liegt bei 90 Grad. Mit halbem Wind nimmt die Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen nochmals 1,5 Knoten zu. Auch hier läuft das Schiff ruhig und sehr kursstabil, ein Autopilot hätte in der kurzen Welle keine Probleme, das Schiff auf Kurs zu halten. Leider konnten wir die Segeleigenschaften nicht bei leichtem Wind erproben, aufgrund der recht großen Segelfläche mit der Genua 1 sollte die Hornet aber auch unter diesen Umständen manierlich laufen. Fazit Die Hornet 32 ist ein echter Seekreuzer, der einer drei- bis vierköpfigen Crew viel Komfort und ausgeglichene Segeleigenschaften bietet. Die Qualität des Hatecke- Baus ist in jeder Hinsicht Georg-Hinrich Uhrig hat seine Cornet 1979 nach seinen Wünschen bauen und ausrüsten lassen. Das klassische Deck mit hohem Aufbau kam erst nach längeren Diskussionen mit Werftchef Hatecke auf das Schiff, die Kommunikation zwischen Werft und Kunden war damals sehr intensiv. Herr Uhrig hat die Entscheidung für die Hornet 32 niemals bereut. Technische Daten Hornet 32 Konstrukteur Helmut Hatecke Werft Hatecke LüA 9,72 m LWL 8,10 m Breite 3,14 m Tiefgang 1,75 m Verdrängung kg Ballast 2200 kg Segel am Wind 56 qm Kojen 6 Motor Volvo Penta MD 11C 23 PS Neupreis 1979 ca Euro Gebrauchtboote ab Euro 60 PALSTEK 6/06

6 Kompaktes Wissen Die Liste der Bootstypen finden Sie im Internet Langfahrt-Stil: Die Maststufen wurden vom Eigner als Vorbereitung für eine geplante Weltumseglung montiert und haben sich mittlerweile auf zahlreichen Hochseetörns bewährt weit über dem Durchschnitt. Eigner Uhrig bezeichnet sich zwar augenzwinkernd als kleinen Pingel und investiert viel Zeit und Energie in die Pflege seines Schiffes. Ohne ausgesucht gute Materialien und viel Sachkenntnis sowie Liebe zum Detail seitens der Werft bleibt ein derart guter Zustand, wie man ihn auf Cornet an jeder Stelle sieht, dennoch die Ausnahme. Hornets sind auf dem Secondhand-Markt relativ selten, die Preise liegen auf konstant hohem Niveau. Dennoch ist die Gefahr, sich mit einer gebrauchten Hornet zu verkaufen, äußerst gering. 99 Klassiker, Band 1+2 Es ist sehr schwer, sich im wachsenden Angebot ge brauchter Yachten zu rechtzufinden. Jan Kuffel, PAl stek-redakteur und durch zahl reiche Re fit-projekte und die beliebten GFK-Klassiker bestens mit der Materie vertraut, porträtiert populäre se gel yachten in Wort und Bild, gibt Hintergrundinformationen zu Werften, Designern und Klassenorganisationen und ermöglicht es dem leser, gebraucht von verbraucht zu unterscheiden. Über die Zeitwerttabelle können Angebote besser beurteilt werden. 99 Klassiker Band 1 und Band 2, stattet nicht nur Kaufinteressenten mit dem nötigen Durchblick aus, auch für Eigner bietet dieses Nachschlagewerk interessante Einblicke in die Geschichte und Technik ihrer und vergleichbarer Yachten. 224 seiten, gelumbeckt, Band 1: IsBN Band 2: IsBN je Band 20,00 Euro Der Bügel für die Selbstwendefock war damals Werftstandard. Obwohl vom Eigner niemals genutzt, blieb er wegen der schönen Niro-Arbeit erhalten Palstek Verlag GmbH Eppendorfer Weg 57a Hamburg Telefon Fax mailorder@palstek.de PALSTEK 6/