Rekonstruktion von Referenzbedingungen für Nährstoffe in Fließgewässern
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- Elke Winkler
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1 Rekonstruktion von Referenzbedingungen für Nährstoffe in Fließgewässern Dipl.-Geog. Mathias Gadegast Wissenschaftlicher Mitarbeiter Abteilung Ökohydrologie Stoffeinträge und Stoffumsetzungen Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin Co-Autoren: Hirt, U., Opitz, D., Mahnkopf, J., Mischke, U. Czudowski, L., Heideke, C., Schernewski, G., Venohr, M.
2 Was sind Referenzbedingungen? Nach CIS-WFD (2003) beschreiben Referenzbedingungen einen nahezu ungestörten Zustand (eines Gewässers) sind gleichbedeutend mit dem sehr guten ökologischen Zustand der WRRL (Richtlinie 2000/60/EG) markieren einen Zustand der Gegenwart oder der Vergangenheit Referenzbedingungen repräsentieren Nährstoffkonzentrationen unter sehr geringfügigen anthropogenen Einflüssen
3 Warum benötigt man Referenzbedingungen? Ein Ziel der WRRL ist der gute ökologische und chemische Zustand der Oberflächengewässer chemischer Zustand europäischer Flüsse (mod. nach EEA 2012) Referenzbedingungen dienen als Maßstab für die Bewertung des Wasserkörpers 51% 6% 43% schlecht gut/sehr gut unbekannt
4 Methoden zur Festlegung von Referenzbedingungen Messungen Modelle Rekonstruktionen durch Experten / Sachverständigen
5 MONERIS - Modellbeschreibung MOdelling Nutrient Emissions in RIver Systems Modell zur Quantifizierung von Nährstoffeinträgen aus Punktquellen und diffusen Quellen innerhalb von Flusseinzugsgebieten (Behrendt et al. 2000; Venohr et al. 2011)
6 MONERIS Eingangsdaten (Auswahl) Flächendifferenzierte Informationen Einzugsgebietsgrenzen Reliefinformationen Gewässernetz Landnutzung Bodendaten Hydrogeologie Niederschlag Atmosphärische Deposition Daten für administrative Einheiten Bevölkerungsdaten Abwasserstatistik Nährstoffbilanz ldw. Flächen Drainagedaten Daten für georeferenzierte Punkte Kläranlageninventar Pegelmessstellen Gütemessstellen
7 Konzeptionelle Rekonstruktion der Entwicklung des Nährstoffeintrags Der globale Nährstoffeintrag in die Fließgewässer hat sich, bedingt durch gesteigerte menschliche Aktivitäten, seit dem Beginn der Industrialisierung nahezu verdoppelt (Smil 2000; Galloway 2004). Bildquelle: Gadegast et al. (2015, in Bearbeitung)
8 Annahmen für die Ableitung von Referenzbedingungen Referenz 1880 Referenzbedingungen in Seen (Poikane et al. 2010) Konstante Bevölkerungsdichte (10 EW / km²) Keine Punktquellen Extensive Landwirtschaft (Keine Mineraldüngung & Drainagen) Ist-Zustand Bezugsjahr 1880 (Statistische Jahrbücher) Bevölkerung (administrative Einheit) Abwasserentsorgung (Rekonstruktion) Intensivierte Landwirtschaft (rekonstruierte Nährstoffbilanzen & Drainageflächen)
9 Abwasserentsorgung mitteleuropäischer Flussgebiete ( ) - 1 Einwohner & Anschlussgrad Nährstoffabgabe [g/ew/tag] Wasserverbrauch [l/ew/tag] TN Konzentration (mg/l) im Abfluss von Kläranlagen und Kanalisationen mitteleuropäischer Einzugsgebiete Nährstoffeintrag Abwassermenge Nährstoffrückhalt Nährstofffracht in die Fließgewässer Bildquelle: Gadegast et al. (2014)
10 Abwasserentsorgung mitteleuropäischer Flussgebiete ( ) - 2 Einwohner & Anschlussgrad Nährstoffabgabe [g/ew/tag] Wasserverbrauch [l/ew/tag] TP Konzentration (mg/l) im Abfluss von Kläranlagen und Kanalisationen mitteleuropäischer Einzugsgebiete Nährstoffeintrag Abwassermenge Nährstoffrückhalt Nährstofffracht in die Fließgewässer Bildquelle: Gadegast et al. (2014)
11 Nährstoffbilanz landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland ( ) - 1 Nährstoffbilanzierung nach OECD Methode (OECD 1997) Landwirtschaftliche Fläche Output Ackerland Grünland Ernteentzug Input (Auswahl) Atmosphärische Deposition Nährstoffbilanz (Überschuss oder Defizit) Biologische N Fixierung Viehdung / Stallmist Mineraldünger Wasser Luft Boden
12 Nährstoffbilanz landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland ( ) % 90% Atm. Deposition TN 80% 70% 60% 50% Biologische Fixierung Mineraldünger Input 1880: 1,68 Mt 2010: 3,14 Mt 40% 30% Output 20% 10% Viehdung / Stallmist 1880: 0,69 Mt 2010: 2,17 Mt 0% kg ha -1 a -1 Bildquelle: Gadegast et al. (2015, in Bearbeitung)
13 Nährstoffbilanz landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland ( ) % 90% Atm. Deposition TP 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Mineraldünger Viehdung / Stallmist Input 1880: 276 kt 2010: 394 kt Output 1880: 117 kt 2010: 383 kt kg ha -1 a -1 Bildquelle: Gadegast et al. (2015, in Bearbeitung)
14 Stickstoffeintrag und -konzentrationen im Einzugsgebiet der Oder kt a -1 TN Eintrag (Balken) & DIN Fracht (Symbole) am Pegel Krajnik Dolny mg TN l -1 0% 20% 40% 60% 80% 100% Atm. Deposition Abschwemmung Dränagen Erosion GW/Interflow Punktquellen urbane Systeme Bildquelle: Gadegast et al. (2012)
15 TP TN Nährstoffeinträge und -konzentrationen im Einzugsgebiet der deutsche Ostseeküste - 1 Referenz 3686 t a t a -1 ( ) t a -1 Referenz 154 t a t a -1 ( ) t a -1 0% 20% 40% 60% 80% 100% Atm. Deposition Abschwemmung Dränagen Erosion GW/Interflow Punktquellen urbane Systeme
16 Nährstoffeinträge und -konzentrationen im Einzugsgebiet der deutsche Ostseeküste - 2 TN TN Referenz 1880 TP TP Bildquelle: BLANO (2014)
17 Konzept zur Ableitung von Nährstoffreduktionszielen der deutschen Ostsee Die rekonstruierten, flussgebundenen Nährstofffrachten um 1880 dienen als Grundlage zur Ableitung von Hintergrundwerten für Nährstoffe in den Küstengewässern Empfohlene Zielkonzentration der deutschen Ostseezuflüsse am Übergabepunkt limnischmarin beträgt 2,6 mg TN l -1 (Erreichung der Ziele des HELCOM BSAP, der WRRL und der MSRL) Bildquelle: BLANO (2014)
18 Zusammenfassung Referenzbedingungen repräsentieren Nährstoffkonzentrationen unter sehr geringfügigen anthropogenen Einflüssen Die Rekonstruktion basiert auf: (1) Anwendung des Nährstoffeintragsmodells MONERIS (2) unter Berücksichtigung von (rekonstruierten) Datensätzen Rekonstruierte Nährstoffkonzentrationen um 1880 (1) repräsentieren früh-industrielle anthropogene Einflüsse (2) entsprechen, ausgenommen urbaner Hotspots, weitestgehend der natürlichen Hintergrundbelastung (<1mg TN l -1 ; <0,05 mg TP l -1 ) (3) ermöglichen die Ableitung erreichbarer Zielwerte (4) dienen auch als Grundlage für die Ableitung von Hintergrundwerten für Nährstoffe in den Küstengewässern
19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
20 Literaturnachweis - 1 Behrendt, H., P. Huber, et al. (2000). Nutrient Emissions into River Basins of Germany. UBA-Texte, UBA. 75/99: 288. Bund/Länder-Ausschuss Nord- und Ostsee (BLANO) Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit [Hrsg.] (2014). Harmonisierte Hintergrund- und Orientierungswerte für Nährstoffe und Chlorophyll-a in den deutschen Küstengewässern der Ostsee sowie Zielfrachten und Zielkonzentrationen für die Einträge über die Gewässer. Konzept zur Ableitung von Nährstoffreduktionszielen nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie, der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, der Helsinki-Konvention und des Göteborg- Protokolls. Download: CIS-WFD (2003). Common Implementation Strategy for the Water Framework Directive (2000/60/EC), Guidance Document No. 10, River and lakes - Typology, reference conditions and classification systems. Produced by Working Group 2.3 REFCOND. Luxembourg: European Communities. Download: EEA (2012). European waters - assessment of status and pressures. Copenhagen, European Environment Agency (EEA). 8: 96. Gadegast, M., U. Hirt, et al. (2012). Modelling changes in nitrogen emissions into the Oder River System Regional Environmental Change 12(3): Gadegast, M., U. Hirt, et al. (2014). Changes in Waste Water Disposal for Central European River Catchments and Its Nutrient Impacts on Surface Waters for the Period Water, Air, & Soil Pollution 225(4): 1-17.
21 Literaturnachweis - 2 Galloway, J. N., F. J. Dentener, et al. (2004). Nitrogen Cycles: Past, Present, and Future. Biogeochemistry 70(2): Hirt, U., J. Mahnkopf, et al. (2013). Reference conditions for rivers of the German Baltic Sea catchment: reconstructing nutrient regimes using the model MONERIS. Regional Environmental Change: OECD Environmental Indicators for Agriculture. Paris: OECD. Poikāne, S., M. H. Alves, et al. (2010). Defining Chlorophyll-a Reference Conditions in European Lakes. Environmental Management 45(6): Smil, V. (2000). PHOSPHORUS IN THE ENVIRONMENT: Natural Flows and Human Interferences. Annual Review of Energy and the Environment 25(1): Topcu, D., H. Behrendt, U. Brockmann & U. Claussen (2011) Natural background concentrations of nutrients in the German Bight area (North Sea). Environmental Monitoring and Assessment, 174, Venohr, M., U. Hirt, et al. (2011). Modelling of Nutrient Emissions in River Systems MONERIS Methods and Background. International Review of Hydrobiology 96(5): WRRL (2000): Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. L327, 1-72.
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