Erfahrungsbericht. Carleton University 2009/2010

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1 Erfahrungsbericht Carleton University 2009/2010 Einleitung Ich hatte von September 2009 bis April 2010 die Möglichkeit, im Rahmen des OBW Programms an der Carleton University in Ottawa, Ontario/Kanada studieren zu können. Hierüber möchte ich auf den folgenden Seiten, untergliedert nach Vorbereitung, Wohnung, Ottawa und Carleton University berichten. Vorbereitung Ich habe mich schon etwa 15 Monate vor dem eigentlichen Beginn meines Auslandsaufenthalts und 3 Monate vor Bewerbungsschluss mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt. Dies ist nach meiner Erfahrung auch so frühzeitig zu empfehlen, da es doch länger dauert, um an einzelne benötigte Dokumente zu kommen. Beispielsweise habe ich zwei Gutachten gebraucht, für die ich erst Professoren finden musste, die bereit waren, diese zu schreiben. Darüber hinaus waren schon bei der Bewerbung die 3 Wunschuniversitäten anzugeben; daher habe ich mich bei allen teilnehmenden Universitäten über das Kursangebot informiert und herausgefunden, welche Kurse ich besuchen durfte und welche nicht. Insbesondere bei Kursen der Business Schools gibt es oftmals Probleme. Dies war bei Carleton jedoch überhaupt nicht der Fall. Zudem habe ich auch bis September einen TOEFL Test vorlegen müssen, für den zwischen all den anderen Klausuren auch noch ein freier Termin gefunden werden musste. Es empfiehlt sich hier, sich rechtzeitig anzumelden, da vor allem die Termine im Sommer stark nachgefragt sind.

2 Nachdem ich dann meine Bewerbung im September abgegeben habe, habe ich mich nach etwa 8 Wochen, d.h. Anfang November, über die Zusage für das OBW Programm freuen dürfen. Daraufhin mussten wir nochmals eine Rangliste der Universitäten abliefern, weswegen ich mich ein weiteres Mal intensiv mit dem Kursangebot auseinandersetzte. Da Carleton in meinem Bereich sehr viele interessante Kurse anbot und ich auch alle Kurse der Business School besuchen konnte, fiel meine erste Wahl auf diese Universität. Anfang 2009 kam dann die Zusage, dass ich im Rahmen des OBW Austauschs für Carleton nominiert wurde. Da ich mir einige der Kurse in Kanada auch für mein Studium in Ulm anrechnen lassen wollte, habe ich daraufhin verglichen, welche Vorlesungen mir noch fehlten und inwiefern ich diese Gebiete durch Kurse in Ottawa abdecken konnte. Hierbei ist insbesondere das Course Outline hilfreich, das sich bei vielen Kursen online findet. Anschließend präsentierte ich meine Vorschläge meinem Prüfungsausschussvorsitzenden und klärte mit ihm ab, welche Vorlesungen ich in Kanada mit dem Ziel besuchen konnte, mir diese anrechnen zu lassen. Im Frühjahr 2009, d.h. im April/Mai, habe ich mich dann auch mit dem Flug beschäftigt. Hier gibt es grundsätzlich 3 Möglichkeiten: zunächst einen One Way Flug buchen und das Rückflugticket in Kanada kaufen, Hin und Rückflug mit offenem Rückflug buchen, oder sowohl Hin und Rückflug fest buchen. Ich habe mich für letzteres entschieden, da dies sogar mit einer Umbuchgebühr bei Änderung des Rückflugdatums von $100 günstiger war als die anderen Möglichkeiten. Der günstigste Flug wurde von Air Canada angeboten. Als ich dann Anfang Juni meine Bestätigung der Carleton University erhielt, habe ich diese gleich mit einem Visumsantrag (study permit) und meinem polizeilichen Führungszeugnis an die kanadische Botschaft in Berlin geschickt; der Antrag wurde innerhalb von 4 Wochen bearbeitet. Zudem habe ich auch einen internationalen Führerschein beantragt; dieser ist wichtig, wenn man sich in Nordamerika ein Auto mieten will. Mitte August flog ich dann nicht direkt nach Ottawa, sondern landete zunächst in Toronto, wo ich mir ein paar Tage die Stadt anschaute und anschließend das Vorbereitungsseminar an der York University besuchte. Diesen Work Shop würde ich auf jeden Fall empfehlen, da man hier schon die Möglichkeit hat andere Austauschteilnehmer aus anderen Ontario Programmen mit Indien, China und Frankreich kennen zu lernen. Wohnen Da man sich für einen Wohnheimsplatz bewerben muss, muss man sich schon vor der Anreise entscheiden, ob man lieber on campus (in einem Wohnheim) oder off campus (privat) wohnt. Ich habe mich dazu entschieden, mir privat eine Wohnung zu suchen, da Wohnheime zum Einen relativ teuer sind (ca. $ / Monat) und Carleton zum Anderen etwas außerhalb liegt und ich möglichst nahe an der Innenstadt sein wollte; diese

3 Entscheidung habe ich auch nie bereut, da man so mehr vom wirklichen Leben abseits des Campus mitbekommt. Da ich erst Ende August das erste Mal nach Ottawa kam, gestaltete sich die Wohnungssuche schon etwas schwierig, und je zentraler man wohnen wollte, desto teurer wurde es. Allgemein würde ich als Wohngegend the Glebe empfehlen, falls man dort etwas findet; das Viertel liegt zwischen Carleton und der Innenstadt, sodass man beides bequem zu Fuß erreichen kann, und auch die Busanbindung ist gut. Zudem ist die Bank Street, auf der man alle möglichen Geschäfte und Restaurants findet, nicht weit. Da die Buslinien 4 und 7 direkt zur Universität fahren, ist es sinnvoll, sich eine Wohnung nahe diesen Buslinien zu suchen. Gute Möglichkeiten zur Wohnungssuche bieten die Internetseiten der Carleton University und der University of Ottawa, craigslist.org und kijiji.ca. Ottawa Obwohl Ottawa die viertgrößte kanadische Stadt mit einer Einwohnerzahl von etwa 1,2 Millionen im Großraum Ottawa ist, ist sie untypisch für eine nordamerikanische Großstadt. Eine herausstechende Skyline sucht man vergeblich und auch das Verkehrsaufkommen ist geringer als in anderen Großstädten. Dafür ist Ottawa sehr weitläufig und vor allem sehr grün und sauber. Zum Wohnen fand ich Ottawa demnach optimal, außerdem waren hektischere Städte, in denen mehr geboten ist wie Montreal oder Toronto, nach kanadischen Verhältnissen nicht weit, wenn doch mal Sehnsucht nach einer richtigen nordamerikanischen Großstadt aufkam. Außerdem hat man in Ottawa die Möglichkeit, das Parlament zu besichtigen; diese sollte man auch auf jeden Fall nutzen. Ein weiterer Vorteil von Ottawa ist, dass die Stadt im Gegensatz zu manch anderen Städten im OBW Programm einen guten Flughafen hat, sodass es relativ einfach ist, Kurzurlaube, beispielsweise in amerikanischen Städten wie Chicago, zu machen. Einkaufszentren, sogenannte Malls, finden sich überall in Ottawa, sodass man eigentlich nie weit fahren muss um einkaufen gehen zu können. Das Bussystem in Ottawa wurde zwar vor einigen Jahren zum besten in ganz Nordamerika gewählt und das öffentliche Verkehrssystem ist generell auch gut in Bezug auf die Verkehrsanbindung, allerdings sollte man sich darauf einstellen, dass die Bus zum Teil auch zu spät kommen; bei wichtigen Terminen sollte man zeitlich nicht zu knapp planen. Dadurch, dass in Ottawa als Hauptstadt viele Botschaften sind, kann man auch viele internationale Praktikanten oder Mitarbeiter kennen lernen. Wer einen facebook account hat (den sollte man sich auf jeden Fall zulegen), kann in die Gruppe OYDISA Ottawa Young Diplomats and International Students Association eintreten; hier wird wöchentlich eine Pub Night mit internationalen Studenten und Botschaftsangehörigen (meist Praktikanten) und auch ab und zu eine Party organisiert.

4 Carleton University Carleton liegt etwas außerhalb der Stadtmitte und ist, ähnlich wie Ulm, eine Campus Universität. Sie liegt schön am Kanal und hat viele Grünflachen, sodass man sich im Sommer gut raus setzen und dort lernen oder entspannen kann. Carleton ist dafür bekannt, Studenten aus aller Welt anzuziehen, sodass man dort als Austauschstudent nichts Besonderes ist; vor allem gibt es viele International Students, die ihr gesamtes Studium dort absolvieren. Alle Professoren und Mitarbeiter, vor allem auch im International Office, waren immer sehr freundlich und entgegenkommend und haben sich wirklich Mühe gegeben zu helfen. Vom International Office wurden während des Semesters immer wieder Veranstaltungen angeboten wie Skifahren oder Snowshoeing. An Thanksgiving gab es das Angebot, dieses in Kanada wichtige Fest in einer Gastfamilie zu feiern; es war wirklich interessant, auf diesem Wege mit der richtigen kanadischen Kultur in Kontakt zu kommen. Ich habe während meines Aufenthalts 4 Kurse pro Semester in den Bereichen Chemie (Industrial Applications of Chemistry, Introduction to Polymer Chemistry, Introduction to Nanotechnology), Business/Betriebswirtschaftslehre (Management Accounting, Introduction to Organizational Behavior, Introduction to Operations Management) und Economics/Volkswirtschaftslehre (Introduction to Economics, Ganzjahreskurs) besucht. Generell ist es ohne Probleme möglich, zu Beginn des Semesters mehrere Kurse zu wählen und diejenigen, die einem dann doch nicht gefallen, wieder abzuwählen. Bei den meisten Kursen liegt die Frist, bis zu der man ohne eine schlechte Note den Kurs abwählen kann, nach dem Midterm (Zwischenprüfung), sodass man auch die eigene Leistung bis dahin gut einschätzen kann. Das Studium in Kanada unterscheidet sich in einigen Punkten erheblich vom Studium in Deutschland. Zum Einen lässt sich sagen, dass mehr Themen als in Deutschland behandelt werden, dies geschieht jedoch oberflächlicher. Oftmals ist es so, dass man ein Buch mit x Kapiteln hat, und diese Kapitel werden dann einfach der Reihe nach, z.b. eines pro Stunde, abgehandelt. Darüber hinaus hat man während des Semesters ständig Midterms (Zwischenprüfungen), Assignments (benotete Hausaufgaben) oder Präsentationen. In einem Kurs hatte ich zudem jede Woche ein benotetes Online Quiz. Am Ende des Semesters schreibt man dann noch ein "Final Exam". Das System hat den Vorteil, dass man schlechte Leistungen leichter wieder ausgleichen kann, allerdings ist man während des Semesters ständig beschäftigt. Generell würde ich sagen, dass der Schwierigkeitsgrad der Prüfungen manchmal etwas niedriger als in Deutschland ist, die Stoffmenge aber ist relativ groß und auch der Arbeitsaufwand ist höher. Zudem sind die Aufgabenstellungen oft anders; vor allem in den Economics und Business Kursen gab es in fast jeder Klausur Multiple Choice Aufgaben. Ein weiterer Unterschied ist, dass das Verhältnis zwischen Professoren und Studenten oft sehr viel lockerer ist als in Deutschland; manche geben explizit an, dass sie mit ihrem

5 Vornamen angesprochen werden wollen. Allerdings ist "Professor" in Kanada kein Titel, sondern eine Berufsbezeichnung, d.h. jeder Lehrende wird als "Prof" bezeichnet. Dadurch, dass Carleton in der Hauptstadt liegt, gibt es auch oft Vorträge/Besuche von Botschaftern, Ministern oder anderen wichtigen Politikern, die eine große Themenvielfalt abdecken. Neben dem akademischen Angebot gibt es auch zahlreiche Clubs wie den Outdoor Club, Ski Club, Diskutier Club und viele andere, in denen man seinen Hobbies nachgehen kann. Zudem wurden in zahlreichen Sportarten (Fußball, Basketball etc.) intramurals angeboten; das sind inneruniversitäre Meisterschaften, für die man sich mit eigenen Mannschaften anmelden konnte und die ein Semester dauern. Beim Fußball gab es so zum Beispiel vier verschiedene Ligen und jede Woche mindestens ein Spiel. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich mit meiner Entscheidung für Carleton absolut richtig lag, vor allem wegen der guten Atmosphäre und der großen Hilfsbereitschaft aller Hochschulmitarbeiter. Danksagungen Zum Schluss möchte ich mich bei allen bedanken, die mir im Rahmen dieses unvergesslichen Aufenthalts in Ottawa geholfen haben. Hierzu gehören die Studienstiftung des deutschen Volkes, die es mir mit ihrer finanziellen Unterstützung ermöglicht hat, dieses Jahr unbeschwert zu genießen; das International Office in Ulm, das mir während des Bewerbungsprozesses bei allen Fragen zur Seite stand; das International Student Services Office der Carleton University, das mich in allen Angelegenheiten tatkräftig unterstützte; und der Prüfungsausschussvorsitzende des Studienganges Wirtschaftschemie, Herrn Prof. Dr. Maas, der mir bei vielen Fragen zum Thema Anrechnung von Studienleistungen weitergeholfen hat.