COGITO UBI SUM. Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten (und deren Benutzung!)
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- Klaudia Krause
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1 COGITO UBI SUM Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten (und deren Benutzung!) Manfred BUCHROITHNER In: BEINEKE, Dieter / HEUNECKE, Otto / HORST, Thomas / KLEIM, Uwe G. F. (Hrsg.) [2012]: Festschrift für Univ.-Prof. Dr.-Ing. Kurt Brunner anlässlich des Ausscheidens aus dem aktiven Dienst Schriftenreihe des Instituts für Geodäsie der Universität der Bundeswehr München, Heft 87, S ISSN:
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3 Manfred Buchroithner Cogito ubi sum 1 Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten (und deren Benutzung!) Zusammenfassung Vor dem Hintergrund der Gefahr, dass die Benutzung von Satellitennavigationssystemen das Potenzial zur Generierung unserer mentalen Karten mittelfristig herabsetzen kann, wird dazu aufgerufen, das klassische Kartenstudium vor Gebirgs-Freiluftaktivitäten anstelle des Verfolgens von abgespeicherten GPS-Koordinaten wieder zu beleben. Hierzu sollen allerdings Bild- und Strich-Gebirgskarten vorliegen, die eine entsprechend gute Qualität haben und die leichte Ableitung eines dreidimensionalen Raummodells erlauben. Beispiele hierfür werden gegeben. Summary There exists a serious threat that the use of satellitenavigation systems might in the medium term decrease our potential to generate mental maps. Against the background of this fact a call is made to revive the classical map reading prior to alpine outdoor activities, instead of simply following GPS coordinates stored in a navigation device. This, however, implies image- and line-maps of adequate quality which permit the easy deduction of a three-dimensional spatial model. Examples of those mountain maps are presented. 1. Prolog Langsam gleitet unser Langboot durch den dichten Dschungel den Melinau River entlang. Sie leben nur linear! sagt mein Freund KAZIMIERZ. Mit sie meint er die auf Borneo lebenden Penan, und er hat einen guten Grund, dies zu sagen, ist er doch Lecturer für Kartographie und Geoinformatik an der Universität in Brunei und weiß aus jahrelanger Erfahrung, dass das Leben in dem immer weniger werdenden Urwald Borneos sich fast nur entlang der Flüsse abspielt und daher auch das Weltbild, die kognitive Landkarte des Lebensraumes der Eingeborenen, primär linear ist. Die Gipfel des Mulu-Gebirges im Hintergrund liegen außerhalb 1 Abgeänderte, aktualisierte und erweiterte Version eines im Frühjahr 2011 erstellten Manuskriptes für das Alpenvereinsjahrbuch Berg 2012 [Buchroithner, 2011]. ihrer streifenförmigen mentalen Karte, weit weg am Horizont. Doch, geht es mir durch den Kopf, wie ist das denn bei uns in den Alpen, in Europa, wie steht es um die mental maps der jungen Generation, vor allem der bergsteigenden? 2. Plädoyer 1: für die mentale Karte des Bergsteigers Nun, bis vor einiger Zeit im allgemeinen noch relativ gut, zumindest was die zweidimensionale Erstellung unserer virtuellen Landschaft im Hirn anbelangte (mit dem spontanen Ableiten der dritten Dimension aus Karten ist das schon so eine Sache, wie großangelegte Tests bei Alpinausbildungen zeigten [Buchroithner, 2007; Buchroithner / Habermann, 2010] ). Doch mit dem Aufkommen des Allheilmittels der satellitenbasierten Navigation änderte sich die Sache: unser Raumwissen, wie es der Bergführer und Psychotherapeut Martin Schwiersch [2011] nennt, ist im Schwinden begriffen. Ich nenne es den Verlust unserer kognitiven Landkarten und kann SCHWIERSCH nur zustimmen. Mit Bezug auf den heute im Gebirge vielfach allgegenwärtigen, Gebrauch von GPS-Instrumenten schreibt er: Doch wenn ich mir vor Augen führe, in welche Abhängigkeit wir uns von Strom- und Strahlungsnetzen begeben und dass wir die fehlende mentale Landkarte nicht mal mehr als einen Verlust erleben dann gruselt es mich: Ich weiß zwar nur grob, wo ich bin, aber das macht nichts. Der Pfeil zeigt mir, dass ich richtig bin. Welt am Draht: Na und? [Schwiersch, 2011]. Cogito ergo sum. Ich denke, daher bin ich., diesen berühmten Satz hat der französische Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker RENÉ DESCARTES 1644 geprägt (ursprünglich 1637 auf Französisch Je pense, donc je suis. ). Unbeschadet der von JAAKKO HINTIKKA und vor allem RUDOLF CARNAP, auch unter Bezug auf IMMANUEL KANT, geäußerten heftigen Kritik an diesem vielzitierten Satz [Carnap, 1931], gehe ich in Weiterführung dieser Feststellung so weit, zu sagen, dass ich, wenn ich nicht mehr weiß, wo ich mich befinde, wo ich bin ( ubi sum ), meine Existenz, mein Leben, im Gebirge schnell einmal gefährdet sein oder gar ein Ende finden kann. Ich behaupte, dass die Welt für denjenigen, der sich ausschließlich auf Draht und Strahlungssignal verlässt, wieder ein bedrohliche- 31
4 Manfred Buchroithner rer Ort wird. Eine mentale Landkarte, die ich nicht habe, kann mich also auch nicht entspannt aufbrechen lassen. Gelände wird zum großen Unbekannten. erlaube ich mir wieder, Martin Schwiersch [2011] zu zitieren. Verlass auf Positionssignale eine vielleicht trügerische Sicherheit. Cogito ubi sum. Ich weiß, wo ich bin. sollte heute bei den Betreibern von Outdoor-Sportarten wieder mehr Bedeutung gewinnen. Vor dem Antritt einer Tour im alpinen Gelände muss die Tourenplanung mit der papierenen oder elektronischen Landkarte und der Bildung meiner persönlichen mentalen Landkarte, meiner virtuellen Landschaft im Hirn, wieder an die Stelle des Ladens von GPS-Koordinaten auf mein iphone oder ein sonstiges mobile device treten. 3. Plädoyer 2: für praktikable, gute Hochgebirgskarten Allerdings: Eine Voraussetzung für die Erstellung meiner mental map, meiner Landschaft im Gehirn, muss es geben: eine Gebirgskarte von adäquater Qualität und ausreichendem Detail. Und hier kommt zweifelsohne der Alpenvereins-Kartographie eine den satzungsmäßigen Auftrag des Alpenvereins bei weitem übersteigende kulturelle Bedeutung zu. Eine gute Landkarte weist in abstrahierter, d. h. aufbereiteter, Form Geo-Information in einem Maße und in einer Weise auf, die es dem Benutzer ermöglicht, sich seine eigene kognitive 3D- Landkarte zu machen. Wenn nun der sogenannte Immersionsgrad einer Karte, also die Möglichkeit, möglichst spontan in die virtuelle Landschaft einzutauchen, hoch sein soll, dann bieten sich Farbluftbilder oder heute aufgrund ihrer extrem hohen Auflösung in zunehmendem Maße Satellitenbilder als Hintergrund an. Auf deren Basis kann, bei überlagerter Strichinformation, auch der im Interpretieren von solchen Fernerkundungsbildern nicht so Versierte in Summe ein Maximum an Information über ein Berggebiet, und das in kürzester Zeit, gewinnen. Als ein sehr gelungenes Beispiel einer derartigen CIL Map einer combined image-line map aus jüngerer Zeit möchte ich die neue, 2009 von der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V. in München herausgegebene Karte des Vulkans Nevado Chimborazo (6.277 m) in Ecuador im Maßstab 1: anführen. Hier wurden Farbluftbilder mittels modernster digitaler Bildverarbeitungsmethoden zu einem eindrucksvollen Mosaik zusammengesetzt und mit kartographischen Punkt- und Liniensignaturen, nicht zuletzt mit Höhenlinien, ergänzt. Abbildung 1 vermittelt hier den Eindruck von einer guten Mischung von kartographischer Ästhetik und hohem Informationsgehalt. Gebirgskarten haben es aber nun leider einmal an sich, dass sie gerade wenn sie vergletschertes Terrain abdecken in Zeiten der globalen Klimaveränderung relativ rasch veralten. Hier sind heutzutage viel kürzere Aktualisierungszyklen gefragt als in den vergangenen Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Und mit den modernen Technologien von luftgetragenem und terrestrischem Laserscanning sowie den modernen ultrahoch aufgelösten Satellitenbilddaten ist man in der Lage, mit unvergleichlich geringerem Aufwand als früher Kartennachführungen zu realisieren. Falsch liegt allerdings, wer meint, dass sich Geländebegehungen für Kartographen damit erledigt hätten: man denke nur an Wege unter Baum- oder Buschbedeckung oder solche, die auf Felsterrain verlaufen und nicht in Fernerkundungsbildern erkannt werden können. Ein Beispiel, wo in einem Gebirgsmassiv mit geradezu galoppierendem Tempo die Eismassen zurückgingen, ist die Brentagruppe. Über diese Gruppo di Brenta kam im Jahre 1908 von dem kongenialen Duo, dem österreichischen Ingenieurtopographen schweizerischer Herkunft LEO AEGERTER ( ) und dem Wiener Akademischen Maler und Karto-Lithographen HANS ROHN ( ), eine erste Karte heraus. Sie kann mit Fug und Recht als das Beste bezeichnet werden, was zum Zeitpunkt ihres Erscheinens auf dem Gebiet der Hochgebirgskartographie weltweit vorhanden war. Die Publikationsjahre der weiteren vier Neuausgaben, 1938, 1988, 1996 und , mögen zeigen, dass sich in letzter Zeit durch den rapiden Gletscherrückgang in diesem Massiv die Notwendigkeit einer immer rascheren Nachführung ergeben hat, die schließlich in der sechsten, dem Jahrbuch 2012 [Deutscher Alpenverein et al., 2011] beigegebenen Ausgabe dieser Alpenvereinskarte im Jahre 2011 resultierte. Im Jahre 2008 hat der Verfasser zusammen mit THOMAS HIMPEL mit finanzieller Unterstützung des Alpenvereins bereits für die schon oben erwähnte Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V. eine Sonderausgabe anlässlich 100 Jahre Alpenvereinskarte Brentagruppe / Gruppo di Brenta mit Einzeichnung der Gletscherstände der Erstausgabe im Maßstab 1: herausgebracht. Dieser etwas gewöhnungsbedürftige Maßstab resultierte aus Bergsteigerbefragungen mit vergrößerten Kopien auf den Schutzhütten während der Nachführungsgeländearbeit [Buchroithner / Himpel, 2010]. Er zeigt, dass für bestimmte Gebiete bzw. Wegverläufe, z. B. bei der bekannten Via ferrata des Sentiero delle Bocchette, auch die Maßstabsfrage neu zu überdenken ist. Die eben erwähnte Karte stellt auf eine andere Weise eine Besonderheit beim Einsatz moderner Techniken dar: erstens wurden sogenannte geotagged (Stereo-) Fotos, also Bilder, bei denen Aufnahmepunkt und -richtung aufgezeichnet wurden, zur Kartennachführung aufgenommen und zweitens wurden mit einem ter- 2 Des Weiteren erschien 1991 eine Wissenschaftliche Ausgabe mit luftperspektivisch wirksamen Farbhöhenstufen des Geländes im vorherrschenden Landschaftsaspekt u.a. [Neugebauer, 1993]. 32
5 Cogito ubi sum Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten (und deren Benutzung!) Abb. 1: Ausschnitt aus der 2009 erschienenen Bild-Strich-Karte des Nevado Chimborazo, Ecuador, im Originalmaßstab 1: [Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V., 2009 b]. 33
6 Manfred Buchroithner restrischen Laserscanner mit einer Reichweite von über fünf Kilometern aus bestimmten atmosphärisch bedingten Gründen nächtens die Gletscherstände vermessen. Moderne Satellitenfernerkundung und digitale Bildverarbeitung kamen aber auch bei der Ergänzung der durch den Gletscherrückzug entstandenen weißen Flecken, in denen Schuttsignatur und Felsdarstellung möglichst exakt im Duktus von Großmeister HANS ROHN zu zeichnen waren, zum Einsatz. Hierbei wurden digitale QuickBird-Satellitenbilder mit einer Originalauflösung von ungefähr einem halben Meter entzerrt und mittels verschiedener Kontrastfilter so aufbereitet, dass dann eine optimierte Grundlage für die händische Zeichnung von Geröll und Felsstruktur vorlag: manuelle Darstellungskunst wie vor hundert Jahren und modernste Digitalmethoden, synergetisch eingesetzt zur Herstellung einer anschaulichen, gut lesbaren und ästhetischen Hochgebirgskarte. Wie vom Verfasser versucht wurde, dieses Ziel zu erreichen, mag aus den Abbildungen 2 a und b sowie 3 a bis c ersichtlich sein. Werden nun Alpenvereinskarten in Zukunft im Zeitalter kostenloser Geoinformation im Internet überhaupt noch eine Berechtigung haben? Ich sage: Ja! Nur, zweifelsohne sollte man Überlegungen für zeitgerechte, attraktive und benutzerfreundliche Hochgebirgs- Abb. 2 a: Kontrast- und kantengefilterte Subszene eines QuickBird-Satellitenbildes vom Sommer 2008 der Nordwand der Cima di Brenta (3.151 m). Die roten Linien markieren markante Felsbänder, aber auch Licht-Schatten-Grenzen. Die Schattenbereiche wurden dann separat bearbeitet. Abb. 2 b: Identer Bereich in der Jubiläumskartenausgabe der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V. von Man beachte die dem Original nachempfundene Felszeichnung. 34
7 Cogito ubi sum - Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten (und deren Benutzung!) Abb. 3 a: Gipfelbereich der Cima Brenta (3.151 m) im Maßstab 1:15.000, dargestellt in der Originalausgabe von 1908 [Deutscher und Österreichischer Alpenverein, 1908]. Abb. 3 b: Gipfelbereich der Cima Brenta (3.151 m) im Maßstab 1:15.000, dargestellt in der fünften Ausgabe der Alpenvereinskarte von
8 Manfred Buchroithner Abb. 3 c: Gipfelbereich der Cima Brenta (3.151 m) im Maßstab 1:15.000, dargestellt in der Jubiläumsausgabe der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V. von 2009 (siehe auch Abb. 2 b). karten anstellen. In welche Richtung die Entwicklungen gehen könnten, wurde bereits mit den gerade vorgestellten Beispielen angedeutet. So wäre sicher zu überdenken, ob man nicht nur die für Bergsteiger wirklich interessanten Bereiche und diese in einem detailreicheren, größeren Maßstab (etwa 1:20.000) darstellen sollte und nicht auch entlegene, manchmal uninteressante Randgebiete von Gebirgen. Hüttenumgebungskarten hieße hier jenes Schlagwort, das heute ja von vielen Alpinisten durch Ausdrucken digitaler Geodaten der PoIs (Points of Interest) auf einem DIN A 4-Blatt in ähnlicher Weise bereits umgesetzt wird. Das Andere wäre die Hinterlegung der Vektor-Strichinformationen mit Raster-Bildinformationen, wie sie bereits von Jörg Aschenbrenner [1992] in seiner Dissertation für den Maßstab 1:5.000 vorbildlich konzipiert und bei der oben erwähnten neuen Karte des Vulkans Chimborazo im Maßstab 1: beispielhaft umgesetzt worden ist (Abb. 1). Über Konzepte für optimierte kartographische Darstellungen für Bergsteiger haben sich seit den 1970 er Jahren verschiedene Kartographen, so der ehemalige Präsident des Österreichischen Alpenvereins ERIK ARN- BERGER (unveröffentlichte Skizzen aus einem Nachlass), aber auch der Verfasser [Buchroithner / Kostka, 1997; Uffmann / Buchroithner, 2010] und in jüngster Zeit etliche mehr Gedanken gemacht. Darüber wird im nächsten Alpenvereinsjahrbuch zu berichten sein. 4. Epilog Als ich im Jahre 2004 die damals ganz neue Alpenvereinskarte des Nevado Ojos del Salado-Massivs in Chile / Argentinien in einem Lehrfilm für den DAV vorstellen sollte, wollte ich Die Zukunft ist digital! die elektronische Version auf einem GPS-Gerät zeigen. Ein Bergführerkollege des Summit Club sollte vom Refugio Atacama (5.200 m) mit seinen Leuten Richtung Ojos (6.893 m) losziehen. Prächtiges Wetter, beste Laune bei unserem Filmteam, Kartendaten und Wegkoordinaten auf dem GPS-Gerät geladen. Die Kamera schwenkte zu einem Close-up auf das Display des Navigationsgerätes. Und dann: Nichts! Einige Minuten nach dem Abmarsch vom Biwak hatte die Stromversorgung wegen des heftigen Windes und der in dieser Höhe dann trotz strahlenden Sonnenscheins niedrigen Temperaturen den Geist aufgegeben; auch Wärmen unter den Daunenjacken half nicht. Was blieb anderes übrig, als die gute alte Papierversion der Karte in einem Film über den Einsatz topmoderner (Satelliten-) Technologie am Berg zu zeigen Wenn der Stecker gezogen ist, erweist sich das eigentliche Raumwissen des Menschen bzw. seine Fähigkeit, sich dieses anzueignen. Keine Pfeile weisen den Weg; ich muss selbst schauen, wo es lang geht. Hierzu kann ich Routenbeschreibungen und Karten zu Rate ziehen, sehe 36
9 Cogito ubi sum - Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten (und deren Benutzung!) Wegverläufe und -spuren, komme an Wegweisern vorbei, kann Ansässige, andere Wanderer befragen. Die Außenwelt ist dann nicht nur widerständige Kulisse, sondern ich muss sie befragen, um mir aktiv ein Bild zu machen, um Entscheidungen treffen zu können. Entscheidungen, die mir ansonsten der Pfeil abnimmt. [Schwiersch, 2011]. und das Szenario, dass der Stecker einmal gezogen sein kann, ist durchaus nicht an den Haaren herbeigezogen. Jeder Handybesitzer kann zumindest grob geortet werden. Ein Segen bei Bergunfällen; doch will jeder immer und überall, nicht nur im Gebirge, lokalisiert werden können? Berufskraftfahrer setzen bereits zusehends sogenannte jammer, also Störsender, die das GPS-Signal übertönen, ein, um von den Flottenmanagern nicht bei kleinen Umwegen oder einem kurzen Nickerchen erwischt zu werden. Doch machen sich nicht nur Militärs, sondern auch Land- und vor allem Seebehörden Gedanken, was sein sollte, wenn mit riesigen GPS-Jammern ganze Regionen positionierungsmäßig lahmgelegt werden. Das Anti-Störer-Netzwerk J-Loc der US-Streitkräfte registriert bereits derzeit (Sommer 2011) über tausend Jammer-Zwischenfälle täglich. Viele Störsignale stammen dabei schlicht von defekten Elektrogeräten. [Schmundt, 2011]. Es wäre unverantwortlich, sich weiterhin nur auf Satellitensignale zu verlassen, sagt DAVID LAST, einer der maßgeblichen GPS-Experten Europas [Schmundt, 2011]. Und: Der defizitäre Aufbau eines mentalen Raummodells, der infolge der Nutzung von Navigationssystemen entsteht, ist vorerst der Preis für eine vergleichsweise mühelose Routensuche zwischen zwei Orten meinen Dickmann / Kestermann [2011]. Daher: Cogito ubi sum Ich weiß, wo ich bin muss heute bei den Bergsteigern wieder jene Bedeutung des klassischen Karten-Lesens und des Gewinnens von Raum-Wissen im wahrsten Sinne des Wortes bekommen. Die Notwendigkeit, mir ein Bild zu machen, verändert meine Wahrnehmung und bringt mich mit meiner Umgebung enger in Kontakt. Wer so reist, bildet sich. Und wer sich so bildet, bei dem geht das Abendland auch dann nicht unter, wenn er ein GPS mitführt., so Schwiersch [2011]. Und dem habe ich nichts hinzuzufügen. 5. Literatur und Quellen Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V. (Hrsg.) [2009 a]: Gruppo di Brenta 1: Special Edition on the Occasion of the 100 th Anniversary of the First Edition. Technische Universität Dresden. Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung e. V. (Hrsg.) [2009 b]: Nevado Chimborazo, Ecuador, Trekking/Orthophotokarte, 1: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Technische Universität Dresden. ISBN Aschenbrenner, Jörg [1992]: Orthophoto und Monoplotting in der Gletscherkartographie. Die Herstellung von Kartengrundlagen für die Hochgebirgsforschung am Beispiel des Stubacher Sonnblickkees, Hohe Tauern. Dissertation. Salzburger Geographische Arbeiten, Nr. 21. Institut für Geographie der Universität Salzburg, Salzburg, 89 S., 4 Kartenbeilagen. Buchroithner, Manfred F. [2007]: Echtdreidimensionalität in der Kartographie: Gestern, heute und morgen. In: Kartographische Nachrichten, 57. Jhrg., Heft 5, Bonn-Bad Godesberg, S ISSN Buchroithner, Manfred F. [2011]: Cogito ubi sum Ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten und deren Benutzung. In: Deutscher Alpenverein / Österreichischer Alpenverein / Alpenverein Südtirol (Hrsg.) [2011]: Alpenvereinsjahrbuch Berg Zeitschrift Band 136. Tyrolia, Innsbruck, S ISBN (Deutschland) ISBN (Österreich) Buchroithner, Manfred F. / Habermann, Klaus [2010]: The Art of Autostereoscopic Relief Representation in Cartography. In: Gartner, Georg / Ortag, Felix (Hrsg.): Cartography in Central and Eastern Europe. Selected papers of the 1st ICA Symposium on cartography for Central and Eastern Europe, 2009, Vienna. Springer-Verlag, Heidelberg, S ISBN Buchroithner, Manfred F. / Himpel, Thomas [2010]: The Centennial Edition of the 1908 Alpenverein Map of the Brenta Massif, Italy. In: Erdkunde, 62. Jhrg., Heft 2, Bonn, S ISSN dort unter: Archive, 2010 letzter Aufruf: Buchroithner, Manfred F. / Kostka, Robert [1997]: Conceptional Considerations on High-Mountain Cartography and Spaceborne Remote Sensing. In: Ottoson, Lars (Hrsg.): Proceedings of the 18th International Cartographic Conference, ICC 97, Stockholm, June 1997, Vol. 4, Swedish Cartographic Society, Gävle, S ISBN Carnap, Rudolf [1931]: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. In: Erkenntnis, Band 2, Heft 1, Dordrecht, S ISSN Deutscher Alpenverein (Hrsg.) [2005]: Karte der Bren- 37
10 Manfred Buchroithner tagruppe 1: AV-Karte Nr. 51, 5. Ausgabe, München. ISBN Deutscher Alpenverein / Österreichischer Alpenverein / Alpenverein Südtirol (Hrsg.) [2011]: Alpenvereinsjahrbuch Berg Zeitschrift Band 136. Tyrolia, Innsbruck, 256 S., 1 Kartenbeilage. ISBN (Deutschland) ISBN (Österreich) ISBN (Karte) Deutscher und Österreichischer Alpenverein (Hrsg.) [1908]: Karte der Brentagruppe 1: Kartographische Anstalt Freytag & Berndt, Wien. Dickmann, Frank / Kestermann, Eva [2011]: Der Einfluss von Stadtplänen und Fahrzeug-Navigationssystemen auf die Entwicklung mentaler Raummodelle. In: Kartographische Nachrichten, 61. Jhrg., Heft 4, Bonn-Bad Godesberg, S ISSN Neugebauer, Gustav (Hrsg.) [1987]: Brenta-Monographie. Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Hochgebirgskartographie mit Beitragen von: D. Beineke, H. C. Berann, W. de Concini. G. Hell, D. Herm, H. Immel, U. Kleim, G. Neugebauer, K. Ringle. Schriftenreihe Studiengang Vermessungswesen, Universität der Bundeswehr München, Heft 24, Neubiberg, 187 S. ISSN Neugebauer, Gustav [1993]: Die Hochgebirgskarte der Brentagruppe 1: als Forschungskarte. Beispiel einer naturähnlichen Kartengestaltung. In: Kartographische Nachrichten, 43. Jhrg., Heft 1, Bonn-Bad Godesberg, S ISSN Schmundt, Hilmar [2011]: Kriegsschiffe auf der Wiese. Vom Handy bis zum Geldautomaten überall sind GPS-Chips versteckt. Jetzt warnen Experten: Wenn Störsender die Navigationssignale verwirren, spielt die Technik verrückt. In: Der Spiegel, Heft 26/2011, Hamburg, S ISSN letzter Aufruf: Schwiersch, Martin [2011]: denn sie wissen nicht, wo sie sind. In: bergundsteigen, 19. Jhrg., Heft 1, Innsbruck, S ISSN X Uffmann, Jeremias / Buchroithner, Manfred F. [2010]: Konzept für die Nachführung des Nepal-Kartenwerkes der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung. In: Arbeitskreis Hochgebirge in der Deutschen Gesellschaft für Geographie e. V. (Hrsg.): Aktuelle Forschung in Gebirgsräumen. Abstract-Band. Gemeinsame Tagung der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung und des AK Hochgebirge der Deutschen Geographischen Gesellschaft, Bayreuth, Juni 2010, München, S Personal/Fickert/ARGE_AKH_2010_Abstractband.pdf letzter Aufruf: Anschrift des Verfassers: Eur.-Ing., Dipl.-Geol., Dr. phil. habil. Manfred Buchroithner Ordinarius für Kartographie an der TU Dresden, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie, D Dresden manfred.buchroithner@tu-dresden.de 38
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