Das Gesellschaftsmagazin der Bethmann Bank AUSGABE 17 HERBST Character im Porträt Armin Steuernagel

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1 Das Gesellschaftsmagazin der Bethmann Bank AUSGABE 17 HERBST 2020 Character im Porträt Armin Steuernagel Der Gründer über Wirtschaft und einen neuen nachhaltigen Ansatz und Umweltschutz 6 19 Mikrobiotik Ein Selbstversuch mit den kleinen Mitbewohnern des Menschen Werner & Mertz Einer der innovativsten Nachhaltigkeits-Pioniere 50 55

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3 CHARACTER Herbst liebe leserin, lieber leser! A lles ist heute ein bisschen anders anders als noch bei der Veröffentlichung unserer letzten Character-Ausgabe. Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag seitdem ein gutes Stück verändert: wie wir leben, wie wir arbeiten und wie wir miteinander umgehen. Wir alle waren und sind gezwungen, unsere etablierten Verhaltens- und Arbeitsweisen zu überdenken. Dabei hat mich besonders beeindruckt, wie schnell und einfallsreich viele Menschen diese Aufgabe gelöst haben. Die Corona-Pandemie ist auch eine Bewährungsprobe für die Bethmann Bank. Wir haben in den vergangenen drei Jahren erheblich in unsere Arbeitsprozesse und in unsere Technik investiert. Das Ziel war, eine Privatbank der Moderne zu schaffen, digital und zukunftssicher. Damit waren wir, wie sich nun gezeigt hat, gut auf die Entwicklungen der vergangenen Monate vorbereitet. Mehr noch: Unsere Maßnahmen zugunsten digitaler und agiler Prozesse haben sich nochmals beschleunigt. Damit einher ging auch ein Lernprozess: Meetings per Videokonferenz sind effizienter, das Arbeitspensum wird noch stringenter erledigt. Dabei sehen es unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ob nun im Büro oder im Mobile Office als wichtigen Mehrwert, ihre Arbeit selbstständig steuern zu können. Gleichwohl fällt so manchem die Trennung von Beruf und Privatem schwer. Daraus resultieren mehrere Fragen: Wie werden wir diesen new way of working künftig gestalten? Und wie stellen wir sicher, dass der soziale Kitt, also das Miteinander erhalten bleibt? Das gemeinsam zu gestalten, ist eine spannende Aufgabe. Flexibilität und Individualität werden künftig eine große Rolle spielen. Das hat sich auch bei der Produktion dieser Character-Ausgabe gezeigt, denn unsere Protagonisten haben ihre eigenen Wege gefunden, um den Kontakt zu ermöglichen. Etabliertes neu zu denken das ist letztlich ein Thema, das sich durch unser ganzes Magazin zieht. Es würde mich freuen, dazu mit Ihnen ins Gespräch zu kommen; ob nun persönlich oder digital. HANS HANEGRAAF VORSTANDSVORSITZENDER DER BETHMANN BANK Besuchen Sie uns auf

4 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Inhalt 4 TRADITION GEGENWART 22 SCHNÜFFELN, AUSHORCHEN, GEHEIM HALTEN DAS BERLINER SPIONAGEMUSEUM UND DAS ZWEITÄLTESTE GEWERBE DER WELT WIRTSCHAFT NEU DENKEN UNTERNEHMENSGRÜNDER ARMIN STEUERNAGEL SETZT SICH FÜR VERANTWORTUNGSEIGENTUM EIN. 6 WEICH, HART, LANG, KURZ KOLIBRI FERTIGT PINSEL IN DEUTSCHLAND UND STEMMT SICH GEGEN DIE ÜBERMACHT AUS FERNOST TASTEN UND FINDEN DISCOVERING HANDS VERTRAUT BEIM KAMPF GEGEN BRUSTKREBS AUF BLINDE FRAUEN.

5 CHARACTER Herbst ZUKUNFT ÜBERBLICK 6 CHARACTER IM PORTRÄT ARMIN STEUERNAGEL VERANTWORTUNGSEIGENTUM UND DAS BEISPIEL ARCHE NATURPRODUKTE 38 DIE KLEINEN BEGLEITER CHARACTER-AUTORIN JESSICA BRAUN TESTET MIKROBIOTIK IM SELBSTVERSUCH. 20 HELLO / GOODBYE NATÜRLICHE HÜLLE, KÜNSTLICHE VERPACKUNG VERPACKUNGSALTERNATIVEN FÜR OBST UND GEMÜSE 22 PANORAMA JENSEITS VON JAMES BOND DAS BERLINER SPIONAGEMUSEUM 30 ZWISCHEN KOMMERZIELL UND KARITATIV BLINDE GEGEN BRUSTKREBS DAS SOZIALUNTERNEHMEN DISCOVERING HANDS 36 PERSPEKTIVENWECHSEL HUMOR IST EINE KUNST FÜR SICH GREGOR ORTMEYER UND CHRISTOPH KUCKELKORN 38 FÜR MORGEN ICH BIN VIELE MIKROBIOTIK IM SELBSTVERSUCH 40 LIEBLINGSSTÜCKE 12 DINGE, DIE MIR AM HERZEN LIEGEN VON ARMIN STEUERNAGEL 42 ZAHLEN, BITTE! KLASSISCHE MUSIK MEHR ALS NUR STREICHQUARTETTE UND KONZERTSÄLE NACHHALTIG REIN WERNER & MERTZ PRODUZIERT ÖKOLOGISCHE REINIGUNGSMITTEL UND WILL DIE VERPACKUNGSINDUSTRIE REVOLUTIONIEREN WERTE IM WANDEL NICHT DER REDE WERT DAS ENDE DER FREUNDSCHAFTSDIENSTE? 46 DER MENSCH DAHINTER WALTER STENGEL ACHTERBAHNEN UND DIE KLOTHOIDE AUSGEWÄHLTE ZITATE VON ARMIN STEUERNAGEL 50 UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT DER MIT DEM FROSCH DAS UNTERNEHMEN WERNER & MERTZ 56 KLEINE SCHÄTZE DES ALLTAGS DIE GROSSE HILFE ÜBER DIE EXCEL-TABELLE 58 DAFÜR STEHE ICH MORGENS AUF WERTVOLLE BEGLEITUNG EINE PALLIATIVMEDIZINERIN UND EIN INSOLVENZVERWALTER ERZÄHLEN 60 UNTERNEHMEN MIT TRADITION VIELFALTSPINSEL EIN BESUCH BEI KOLIBRI 66 IMPRESSUM

6 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 6 Interview: JESSICA BRAUN Fotos: MARC KRAUSE

7 CHARACTER Herbst ARMIN STEUERNAGEL Geteiltes Gut ist doppelt gut

8 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 8

9 CHARACTER Herbst Mit 16 Jahren gründete er seine erste Firma. Mit 20 wollte er kein Unternehmer mehr sein, sondern die Welt lieber politisch verändern: Gemeinsam mit Demokratie-Aktivisten aus ganz Europa gründete Armin Steuernagel den Verein Democracy International. Heute setzt der 29-Jährige mit seinem Versandhaus Waldorfshop und dem Kindernahrungshersteller Mogli bis zu zehn Millionen Euro im Jahr um. Während andere Gründer über Gewinnmaximierung oder den lukrativen Exit nachdenken, versucht er, eine neue Eigentumsform für Unternehmen zu etablieren: Verantwortungseigentum. Mit der von ihm mitgegründeten Purpose Stiftung und einer Gesetzesreform will er sinnorientierte Firmen davor schützen, von Konzernen aufgekauft oder zerschlagen zu werden. So sollen Unternehmen langfristig unabhängig und ihren Werten treu bleiben können. Mit seinen Beteiligungsgesellschaften Purpose Ventures und Purpose Evergreen Capital verwaltet Steuernagel rund 50 Millionen Euro, die in Unternehmen in Verantwortungseigentum investiert werden. Auch das Wohnprojekt in der Rhön, in das er gerade mit Familie und Freunden gezogen ist, ist als Verantwortungseigentum aufgestellt: Einmal erworbene Anteile können nicht gewinnbringend verkauft werden ganz gleich, wie sehr die Immobilienpreise in der Region steigen. Herr Steuernagel, Sie sind gerade mit Ihrer Frau in eine leer stehende Schule gezogen. Vor der Tür steht Ihr alter VW-Bus. Andere Unternehmer, die so erfolgreich unterwegs sind wie Sie, kaufen sich einen Porsche und eine Villa. Was hat Sie hierher verschlagen? Der Traum vom Dorf 2.0. Wir haben uns gefragt: Wollen wir wirklich jeder für sich in der Stadt leben oder lieber zusammen in einer Kommune? Beides schien nicht ideal. Dann entdeckte ein Freund diese ehemalige Schulungsstätte, die für eine Million Euro zum Verkauf stand. Hier hat jeder seine eigene Wohnung, aber es gibt auch Gemeinschaftsräume, zum Beispiel eine große Küche und einen Co-Working-Space mit schnellem Internet. Wir sind mitten in der Natur, aber so gut angebunden, dass Geschäftsreisen kein Problem sind. Wir leben selbstbestimmt, aber trotzdem ein bisschen gemeinschaftlicher und das mit Menschen, die wir kennen und die auch Kinder haben. In der alten Turnhalle können wir in der Mittagspause Basketball spielen, Sauna und Schwimmteich sind in Planung.

10 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 10 Co-Working? Co-Living! In den ehemaligen Schulgebäuden, die Armin Steuernagel mit Freunden bewohnt, gibt es Gemeinschaftsräume für die Arbeit, die Kinder (rechte Seite) und sogar den Sport. EIN JUNGUNTERNEHMER, DER DIE WIRTSCHAFT UMKREMPELT Armin Steuernagel wurde 1990 in Filderstadt geboren, wuchs in Hannover auf. Er ist das älteste von drei Kindern, beide Eltern sind Ärzte. Seine Ferien verbrachte er oft auf dem Bauernhof der Großeltern in der Rhön. Mit zwölf Jahren etablierte er einen Pralinenhandel in der Nachbarschaft gründete er den Waldorfshop, einen Versandhandel für nachhaltigen Schulbedarf und Spielzeug. Das Unternehmen hat heute 16 Mitarbeiter, beliefert weltweit Kindergärten, Schulen und Haushalte. Während seines Praktikums im Europa-Parlament bei Gerald Häfner gründete er mit diesem und anderen Mitstreitern 2011 Democracy International e. V., um direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung weltweit zu stärken. Ernüchtert von der schwerfälligen Politik begann Steuernagel sein Studium der Politik, Philosophie und Ökonomik an der Universität Witten/Herdecke und an der Columbia University New York. Nebenbei gründete er 2012 mit dem Betriebswirt Emanuel Schmock die Mogli Naturkost GmbH, die unter der Marke Mogli Bio-Lebensmittel für Kinder produziert und heute in 50 Ländern verkauft. Die Expansionspläne gerieten ins Wanken, als der Disney-Konzern bemerkte, dass der Name Mogli nicht geschützt ist. Steuernagel fand mit Patentanwälten in 50 Ländern einen Weg, sein Vorrecht auf die Marke geltend zu machen gründete er die Purpose Stiftung, um seine Unternehmensanteile in Verantwortungseigentum umzuwandeln. Bis heute hat die Stiftung mehr als 100 Unternehmen bei der Transformation unterstützt, darunter den Umweltversand Waschbär, die Suchmaschine Ecosia, den Kondomhersteller Einhorn und Arche Naturküche (s. S. 18). Mit der Organically Grown Company konnte Steuernagels Beteiligungsgesellschaft Purpose Evergreen Capital den zweitgrößten Biolebensmittelproduzenten der USA vor dem Kauf durch einen Konzern bewahren.

11 CHARACTER Herbst Eigene Turnhalle, Sauna, Pool das klingt dann doch nach dem Lifestyle eines Millionärs. Aber wir sind eben nicht alle reich, sondern haben dafür zusammengelegt. So, wie andere Car-Sharing betreiben, teilen wir unser Vermögen. Dadurch sind wir alle Millionäre, ohne dass jeder Einzelne so viel besitzen müsste. Wenn sich unsere Gesellschaft klug organisieren und wir vor allem teilen und auf Access setzen würden, dann könnten wohl alle Menschen wie Millionäre leben. Ihre Frau Rachel und Sie haben gerade einen Sohn bekommen. Wenn Sie an die Welt denken, in die er hineinwächst: Bereitet Ihnen das Sorgen? Oder sind Sie zuversichtlich? Seine Generation steht heute schon vor großen, vielleicht auch dramatischen Herausforderungen. Mich spornt das an, ihm das nötige Rüstzeug mitzugeben. Ich möchte ihm nicht aufzwingen, was er lernen, was er werden muss. Das wäre überheblich woher soll ich wissen, welche Fertigkeiten in 40 Jahren wichtig sind? Aber er soll mit dem Gefühl aufwachsen, dass er die Welt mitgestalten kann. Dass er angesichts kommender Krisen nicht machtlos ist. Eine Firma zu erben, kann dabei helfen. Sie haben sich jedoch entschlossen, Ihre Unternehmensanteile nicht zu vererben, sondern gewissermaßen dem Unternehmen zu schenken. Warum verwehren Sie Ihrem Sohn das, was Sie aufgebaut haben? Ich verwehre meinem Sohn nichts. Ich will ihm nur nicht mein Unternehmen und damit die Weiterführung meiner Biografie aufbürden. Eine Zwangsheirat zwischen Unternehmen und Kind das ist für keinen von beiden gut. Sollte mein Sohn dank seiner Fähigkeiten und seinem Interesse in die Werte- und Fähigkeitenfamilie des Unternehmens hineinwachsen, kann er dort treuhändischer Eigentümer werden. Wie jeder andere. Er kann es aber nicht versilbern. Das Vermögen bleibt gebunden. Die Heirat zwischen Kind und Firma findet also nur freiwillig statt, das nennt man Verantwortungseigentum. Ihr Unternehmergeist zeigte sich schon mit zwölf Jahren. Unter dem Namen Arminor produzierten Sie zu Hause Pralinen, die Sie an Familie und Nachbarn verkauften. Was hat Sie angestachelt? Für mich war das ein Spiel und wie alle Kinder wollte ich echt spielen: Ich engagierte meine Cousine für die Produktion, malte einen Katalog, fotokopierte ihn und verteilte ihn in der Nachbarschaft. Als die Bestellungen anliefen, stellte ich auch noch zwei Cousins ein. Alle Helfer bekamen Arbeitsverträge und einen Stundenlohn. Ob ich etwas verdiente, war mir egal. Mir hat es einfach Spaß gemacht. Meiner Mutter nicht so. Sie musste die Küche aufräumen. Vier Jahre später kam Ihnen die nächste Geschäftsidee: Sie ließen Seidenkleider für den Eurythmieunterricht an Ihrer Waldorfschule herstellen und verkauften diese. Wie entdeckten Sie diese Marktlücke? Meine Theatergruppe benötigte Geld und wir sollten Spenden einsammeln. Ich hatte aber keine Lust auf eine Spendenbüchse, sondern wollte das Geld lieber selbst verdienen. Also überlegte ich mir ein Geschäftsmodell: Für den Tanzkunstunterricht brauchen Waldorfschüler spezielle Kleidung, die traditionell die Eltern nähen. Viele Eltern hatten dafür aber keine Zeit. Ich recherchierte im Internet, bis ich einen Hersteller in Tschechien fand, der die Produktion zu meinen Bedingungen übernahm. Die Kleiderproduktion stellte sich als kompliziert heraus. Sehr gut verkauften sich aber die Eurythmieschuhe. Ich erweiterte das Sortiment um Buntstifte und nachhaltiges Spielzeug, nahm Bestellungen auch von anderen Schulen entgegen. So entstand der Waldorfshop.

12 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 12 WER IN DER NATUR AUFWÄCHST, WEISS SIE ZU SCHÄTZEN UND WILL SIE SCHÜTZEN, sagt Armin Steuernagel. Zur Geburt seines ersten Kindes ist er in die Rhön gezogen.

13 CHARACTER Herbst Der lief so gut, dass Sie schon bald Mitarbeiter einstellten. Versandhandel ist aufwendig. Jedes Mal, wenn mein Handy klingelte, verließ ich den Unterricht, um auf der Toilette Bestellungen entgegenzunehmen. Ich schrieb eine Stelle aus, auf die sich mehrere Mütter meldeten. Da ich noch nie ein Vorstellungsgespräch geführt hatte, fragte ich die Frauen ein paar Dinge und arbeitete dann weiter, um zu sehen, wie sie sich verhielten. Eine packte sofort mit an und begann, mein Kinderzimmer aufzuräumen, das damals auch als Lager diente. Ich stellte sie ein und gab ihr einen Haustürschlüssel, damit sie jederzeit ins Büro konnte. Meinen Eltern war das erst einmal nicht so recht. Aber ich hätte es nicht besser treffen können: Die Frau beherrschte auch Buchhaltung. Ihre Eltern sind beide Mediziner. Wer hat Ihnen das Unternehmer- Gen vererbt? Ich glaube nicht, dass dieses vererbt wird. Es schlummert in jedem von uns. Gefördert haben es sicher beide: mein Vater, der mir wenn ich mir etwas vorgenommen hatte immer Vertrauen zusprach, es auch einfach umzusetzen. Und meine Mutter, die mit mir viele Gespräche über zwischenmenschliche Probleme in der Firma führte und mir half, meine Mitarbeiter wirklich zu verstehen. Als 16-Jähriger zogen Sie, unterstützt von Ihren Eltern, vor das Vormundschaftsgericht, um die vorgezogene Volljährigkeit und damit die Eigentümerschaft für Ihren Versandhandel zu erstreiten. Warum war das wichtig für Sie? Eigentümer zu werden ist etwas ganz Besonderes. Es veränderte meine Motivation: Ein eigenes Unternehmen ist ein bisschen wie ein Kind, für das man Sorge trägt. Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Jugend gemacht, die Sie allein dem Unternehmersein zu verdanken haben? Dass ein Angestelltenverhältnis bis zu einem gewissen Grad mit Abhängigkeit einhergeht. Bevor ich Mitarbeiter hatte, bewegte sich mein Verhalten Erwachsenen gegenüber zwischen aufschauend und aufmüpfig. Als Eigentümer musste ich gegenüber der alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern oder der Frau, die mir das Arbeitsamt geschickt hat, jedoch verdammt aufpassen, was ich sage. Denn diese nahmen jede meiner Äußerungen ernst, weil sie ihren Job nicht verlieren wollten. Mir nicht auf Augenhöhe begegnen zu können, machte sie unsicher. Diese paternalistische Position war mir damals unangenehm und ich will sie auch heute nicht. Finden Sie nicht, dass diese Verantwortung dazugehört? Ich bin nicht dagegen, als Unternehmer Verantwortung zu übernehmen im Gegenteil. Aber die Abhängigkeit der Mitarbeiter von den Entscheidungen des Arbeitgebers widerstrebt mir. Ich verstehe mich als Liberalen: Jeder Mensch soll freie Entscheidungen treffen können. Deshalb setze ich mich auch für das bedingungslose Grundeinkommen ein: Dieses sichert einem das Recht, Nein zu sagen zu einer Partnerschaft, von der man finanziell abhängig ist, zu einer Arbeitsstelle, zu einem unfairen Arbeitsamtsbeamten. Es gewährt eine bedingungslose Menschenwürde und diese ist die Grundlage einer jeden wirklichen liberalen Gesellschaft. So, wie es Thomas Paine gesagt hat: Die ganze Erde wurde uns von Gott gegeben. Deswegen sollte jeder Mensch ein kleines Stück Land haben, von dem er leben kann. Weil wir heute nicht mehr in einer Subsistenzwirtschaft leben, brauchen wir Ersatz für dieses Land: das Grundeinkommen. Diese Haltung vertreten übrigens nicht nur die Linken, sondern das taten auch schon Ökonomen wie Friedrich Hayek und Milton Friedman.

14 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 14

15 Mit den alten Schulgebäuden übernahmen die Käufer auch deren Ausstattung: Kisten voller Aktenordner, Handgetöpfertes und eine Turnhalleneinrichtung mit Kasten und Trampolin. CHARACTER Herbst

16 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 16 MEINE ERSTE FREUNDIN HATTE ICH MIT 22 JAHREN. MEINE GROSSE TEENAGER- LIEBE WAR MEINE FIRMA. Auf welche Erfahrungen mussten Sie dem Unternehmen zuliebe in Ihren Teenagerjahren verzichten? Meine erste Freundin hatte ich mit 22 Jahren. Meine große Teenagerliebe war meine Firma. Mit 22 Jahren hatten Sie auch schon das hinter sich, was andere erst in der Midlife-Crisis erleben: Sie wollten raus aus dem Job. Warum? Das Tagtägliche war mir zuwider geworden. Der Waldorfshop entsprang ja nur meinem Spieltrieb. Mein Ziel war nie, ein Leben als Unternehmer zu führen. Vielmehr wollte ich verstehen, wie ich die Gesellschaft so mitgestalten kann, dass ich in 50 Jahren immer noch gerne darin lebe. Warum hatten Sie da Bedenken? Mich beschäftigte unter anderem die Ökonomisierung des Gesundheitswesens. Ein Thema, über das meine Eltern oft sprachen. Mein Vater arbeitete als ärztlicher Direktor in einem Krankenhaus. Ich besuchte ihn gerne. Es gab leckeres Essen und die Atmosphäre war toll. Doch dann veränderte sich etwas. Mitarbeiter wurden ausgetauscht, das Essen angeliefert. Mein Vater musste immer strengere Vorgaben erfüllen: Erstgespräche durften nur noch vier Minuten dauern, Patienten mussten nach soundsoviel Tagen nach Hause geschickt werden. Es machte mich stutzig, denn mit neun Prozent Rendite stand das Krankenhaus gut da. Das Problem: Es war verkauft worden und das mehrmals. Jeder Verkäufer schlug für sich Profit heraus, indem er einsparte. Am Schluss gehörte das Krankenhaus einem Konzern mit Sitz in Paris. Dieser verabschiedete in wenigen Minuten Beschlüsse, die Krankenhausbetten in der ganzen Welt betrafen. Früher entschied mein Vater über die Versorgung seiner Patienten. Nun griffen irgendwelche Menschen in deren Leben ein, ohne diese je gesehen zu haben. Es war absurd und machte mich wütend. Aber zahlt das nicht genau auf Milton Friedman ein: Die soziale Verantwortung der Wirtschaft ist es, ihre Profite zu vergrößern? Für mich ist diese anonyme Machtausübung, dieses Auseinanderreißen von Verantwortung und Entscheidung, kein Eigentum mehr. Ich finde Eigentum so cool, weil da Menschen vor Ort sind, die sich mit der Sache identifizieren. Dafür haben sich etliche Philosophen, darunter auch Aristoteles, stark gemacht. Sie beschlossen also, sich den Konzernen entgegenzustellen? Erst dachte ich: Die Investoren sind die Bösen. Dann lernte ich einen der Private Equity-Fondsmanager kennen, der das Krankenhaus weiterverkauft hatte. Ein supernetter Typ. Die Gelder für seinen Fonds erhält er jedoch mehrheitlich von Versicherungen und Pensionskassen und die erwarten, dass er Rendite bringt. Ich begriff: Fast 90 Prozent des weltweiten Geldes, das in Aktien steckt, ist das Geld von Versicherungskunden. Wir alle möchten günstige Autoversicherungen abschließen oder einen guten Schnitt mit unserer Lebensversicherung machen. Deshalb sind wir alle die Schuldigen. Wir haben ein System geschaffen, das unser Geld nimmt, anonymisiert und es dann mit dem scheinbar unabänderlichen Willen des Kapitalmarkts auf eine Art einsetzt, die wir nicht wollen. Wie kommen wir da wieder heraus? Sicher nicht, indem wir die Pensionskassen abschaffen. Investoren sollen auch investieren. Die Gestaltungsmöglichkeit eines Unternehmens darf jedoch nicht handelbar sein. Wir müssen die Menschen, die vor Ort sind, entscheiden lassen. Es geht darum, Kopf, Herz und Hand wieder zusammenzuführen. Verantwortungseigentum macht das möglich. Was macht Sie so sicher? In Dänemark sind 60 Prozent des gesamten Aktienindexes Verantwortungseigentum; das heißt, die Mehrheit der Stimmrechte liegt in gemeinnützigen Stiftungen. Trotzdem kann man in diese Unternehmen investieren. Studien zeigen, dass diese mindestens genauso, teilweise sogar profitabler sind als andere Firmen und nach 40 Jahren eine sechs Mal höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben. Verantwortungseigentümer denken eben langfristiger als ferne Investoren.

17 CHARACTER Herbst WIR MÜSSEN DIE MENSCHEN, DIE VOR ORT SIND, ENTSCHEIDEN LASSEN. Zum Runterkommen steigt Armin Steuernagel gerne auf Gipfel so wie hier in der Nähe der Wasserkuppe.

18 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Character im Porträt 18 VERANTWORTUNGS- EIGENTUM Firmen in Verantwortungseigentum gehören sich sozusagen selbst: Die Eigentümer sind rechtlich nur Treuhänder auf Zeit, die das Unternehmen nicht für ihren privaten Konsum versilbern können. Das Unternehmensvermögen bleibt an das Unternehmen gebunden. Die Kontrollrechte bleiben bei Menschen, die im Unternehmen arbeiten und diesem verbunden sind. Damit sind diese Unternehmen ähnlich wie Familienunternehmen aufgestellt, nur dass hier nicht unbedingt eine leibliche Familie, sondern Brüder und Schwestern im Geiste das Unternehmen halten. Rund 200 deutsche Unternehmen wirtschaften bereits als Verantwortungseigentum, nennen dies aber nicht immer so. Das bekannteste Beispiel: Bosch. 91,99 Prozent der GmbH gehören der Robert Bosch Stiftung, die Stimmrechte der Robert Bosch Treuhand KG, die von Treuhändern geleitet wird. Die Purpose Stiftung bietet Unternehmen eine Alternative zu solchen Konstruktionen: Sie übernimmt treuhänderisch einen Unternehmensanteil von maximal einem Prozent der Stimmrechte, mit dem sie bei allen Versuchen einer Treuhänder-Generation, das Unternehmensvermögen zu privatisieren, ihr Veto einlegt. DAS BEISPIEL ARCHE NATURPRODUKTE GMBH Vor mehr als 30 Jahren gegründet ist 2018 beschließen die damaligen Eigentü übernimmt er Arche mit Unterstüt- Die neu gegründete Arche Naturprodukte Arche heute einer der größten europäi- mer, Arche zu verkaufen. Stefan Schmidt zung von Purpose Evergreen Capital, GmbH ist nun ein sich selbst gehörendes Un- schen Anbieter veganer asiatischer und erhält das Vorkaufsrecht. Um Ausrich- das einen festen Zinssatz und Gewinn- ternehmen: Stefan Schmidt ist treuhändi- makrobiotischer Bio-Lebensmittel. Seit tung des Unternehmens, Arbeitsplätze beteiligung, aber keine Stimmrechte scher Eigentümer, trägt die Verantwortung, 2011 führt Stefan Schmidt das in Hilden und Standort erhalten zu können, ent- erhält. Die Umwandlung in Verantwor- hält aber nicht das Vermögen. Seine Anteile ansässige Unternehmen mit seinen schließt er sich zum Kauf. tungseigentum wird in einem individuell gehen zum Nominalbetrag an seine Nachfol- mittlerweile 17 Mitarbeitern. Unter ihm erarbeiteten Gesellschaftsvertrag fixiert ger weiter spekulativer Verkauf oder au- wuchsen die Umsätze stark und konti- und notariell beurkundet. tomatische Vererbung ist ausgeschlossen. nuierlich, liegen heute bei rund 7,5 Milli- Überschüsse werden reinvestiert oder ge- onen Euro im Jahr. Seine Ziele: nachhal- spendet. Das garantiert die Purpose Stiftung tiger und fairer Umgang mit Lieferanten mit ihrem einprozentigen Unternehmensan- und Landwirten, gleichbleibend hohe teil. Ein Beirat im Unternehmen wacht dar- Produktqualität und sichere Arbeitsplät- über, dass der Treuhandeigentümer ethisch ze für die Mitarbeiter. und wirtschaftlich verantwortungsvoll handelt. Verlässt Stefan Schmidt Arche, fallen seine Stimmrechte an das Unternehmen zurück und werden an die nächsten Werte- und Fähigkeitsverwandten weitergegeben.

19 Natürlich lecker: Arche Naturprodukte bietet asiatische Lebensmittel, darunter auch Algen, die vor Ort in Hilden umverpackt werden (oben). Kekse wiederum werden maschinell portioniert und ebenfalls verpackt (unten). CHARACTER Herbst

20 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Hello / Goodbye 20 NATÜRLICHE HÜLLE, KÜNSTLICHE VERPACKUNG Mehr als Tonnen Verpackungsmüll fallen in jedem Jahr in Deutschland an, weil Obst- und Gemüseverkäufer ihre Ware vorverpacken. Geht nicht anders, um die Erzeugnisse zu kennzeichnen, sagen die Anbieter. Dabei besitzen viele Früchte von Natur aus eine sehr viel bessere Plattform, um Produktinformationen zu hinterlegen: ihre Schale. Sie lässt sich ohne Qualitätsverlust für die Früchte per Laser bearbeiten. Wer an die Umwelt denkt, trägt die Ware dann in einem Mehrwegnetz statt in einem Knotenbeutel nach Hause.

21 CHARACTER Herbst HELLO NATURAL BRANDING V on der Avocado bis zur Zucchini Obst und Gemüse ist in vielen Fällen von Natur aus gut verpackt und könnte eigentlich ohne künstliche Hülle sicher, sauber und nachhaltig von der Plantage ins Regal gelangen. Wenn da nicht Kennzeichnungswünsche und Logos von Herstellern und Handel wären. Klebe-Etiketten? Halten auf der rauen oder unebenen Oberfläche schlecht. Zudem mögen viele Verbraucher kein Klebemittel auf der Ware. Banderolen? Lassen sich ebenfalls häufig schlecht an Obst und Gemüse befestigen. Also werden die Waren in ökologisch wenig vorteilhafte Plastikfolien gepackt beispielsweise, um Erzeugnisse aus biologischem Anbau eindeutig von konventionellen Produkten zu unterscheiden. Warum nicht die natürliche Hülle der Früchte nutzen, vor allem, wenn sie dick und nicht essbar ist? Die Lösung könnte heißen: Natural Branding, natürliches Markieren, und ist bereits seit mehreren Jahren in der EU zugelassen. Dabei werden die Farbpigmente in der Schale kontaktlos durch einen Laser verändert. Weil die oberste Schicht die intensivste Färbung aufweist, prägt sich die Kennzeichnung wie ein Negativ-Abdruck in die Schale ein. So lassen sich Obst und Gemüse dauerhaft beispielsweise mit einem Bio-Siegel beschriften, ohne dass Qualität und Haltbarkeit leiden. Die markierte Schale ist sogar essbar. Am besten gelingt Natural Branding bei Früchten mit fester Schale. Lebensmittelhändler wie REWE oder Marks & Spencer in Großbritannien und die schwedische Einzelhandelskette ICA haben schon 2017 erste Tests mit Avocados und Süßkartoffeln unternommen. Seitdem bieten immer mehr Händler entsprechend gekennzeichnetes Obst und Gemüse an. Auch das Sortiment wird breiter. In vielen Verkaufsregalen finden sich heute auch Zucchini, Kürbisse oder Gurken mit markierten Schalen. GOODBYE KNOTENBEUTEL S ie sind aus Kunststoff, dünn, durchsichtig und befinden sich meist zu 250 Stück auf Abreißrollen überall da, wo es im Supermarkt oder Discounter Obst und Gemüse gibt: Knotenbeutel. Manchmal heißen sie auch Hemdchenbeutel weil ihre Umrisse Oberbekleidung im XXS-Format ähneln. Mehr als drei Milliarden dieser Tüten kommen nach Schätzung des Bundesumweltministeriums in Deutschland pro Jahr zum Einsatz. Macht pro Kopf 37 Stück. Meist werden sie verwendet, um Obst und Gemüse nach Hause zu tragen. Häufig aber auch als Verpackungsmaterial für Wurst, Fleisch oder Käse an den Bedientheken. In Zeiten, in denen zu Recht viel über die Vermüllung der Meere mit Plastik gesprochen wird, finden Umweltorganisationen wie der NABU Wegwerfartikel wie den Knotenbeutel allenfalls mittelgut. Denn einerseits ist es so: Im Vergleich zu vorverpackter Ware, wie sie in vielen Obst- und Gemüseabteilungen zu finden ist, sind kleine Kunststofftüten unter ökologischen Gesichtspunkten klar die bessere Wahl. Ein Beispiel: Für 500 Gramm Trauben in einer Verkaufsschale mit Deckel wird Berechnungen von Experten zufolge fast acht Mal so viel Kunststoff verbraucht wie für einen Knotenbeutel. Andererseits wäre es jedoch noch besser, so meinen Umweltschützer, ganz auf diese unentgeltlich abgegebenen Tragehilfen zu verzichten. Und wie sollen wir lose angebotene Möhren, Äpfel oder Tomaten unbeschadet und hygienisch nach Hause befördern? Zum Beispiel mit Mehrwegbeuteln, die wir von zu Hause mitbringen oder vor Ort angeboten bekommen, etwa in den Märkten von real, REWE oder alnatura. Auch ALDI, EDEKA und Lidl haben erklärt, sie wollten weg vom Knotenbeutel und arbeiteten an Alternativen. So werden die kleinen Kunststoffsäckchen Schritt für Schritt aus dem Handel verschwinden. Ganz so, wie es ihre große Schwester, die Plastiktüte, vorgemacht hat. Text: Stefan Weber

22 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Panorama 22 JENSEITS VON JAMES BOND Das Berliner Spionagemuseum Schnüffeln, aushorchen, geheim halten: Das Berliner Spionagemuseum beleuchtet das zweitälteste Gewerbe der Welt auf ebenso informative wie unterhaltsame Art. Inklusive Lügendetektor und Lippenstift-Kamera. F lach liegen die Hände auf der Tischplatte, der Mittelfinger berührt einen Sensor, der die Herzfrequenz misst. Die Augen des 15-jährigen Delinquenten sind geschlossen, als er auf die Fragen des Lügendetektors antwortet. Bis jetzt alles normal. Dann die letzte Frage: Rauchst Du manchmal heimlich? Deutlicher Ausschlag des Frequenzmessers nach oben. Unter Schülergruppen und Touristen ist der Lügendetektor eine der beliebtesten Stationen beim Rundgang durch das Spionagemuseum, getoppt höchstens von dem spektakulären Laserparcours, bei dem die Besucher einen Raum durchqueren und dabei grünen Laserstrahlen ausweichen müssen. Die Botschaft begreift man schnell: In diesem Museum geht es nicht um die Anbetung von wertvollen Exponaten. Sondern um Interaktion, um Aktualität, um die lebendige Vermittlung von Wissen und eines Gefühls: Spionage ist allgegenwärtig, auch in deinem Leben. SPIONAGE IST STRATEGIE Das Spionagemuseum, gelegen am geschichtsträchtigen Potsdamer Platz in Berlin, ist das Einzige seiner Art in Deutschland. Ein Ort, an dem Spionage als spannendes Phänomen erlebbar wird. In der Quadratmeter großen Ausstellung geht es um viel mehr als um die bekannten James Bond-Klischees (obwohl die schon auch vorkommen). Spionage das ist hier ganz grundsätzlich eine Strategie, um etwas über andere herauszufinden und daraus seinen Vorteil zu ziehen. Ein Instrument, um politische, wirtschaftliche und militärische Interessen durchzusetzen. Wie sagte Napoleon Bonaparte? Ein Spion am rechten Ort ersetzt Mann an der Front. Schon vor dem Eingang flimmert und wuselt es auf Hunderten Bildschirmen. Aufnahmen von Überwachungskameras Menschen in der U-Bahn, auf der Straße, vor dem Kaufhaus, im Park. Niemand kann sich entziehen, jeder wird aufgezeichnet. Ist das gut, ist es schlecht?

23 Moderner Museumschef: Robert Rückel inszeniert die Welt der Spionage mit Spiegeln und geheimnisvoller Beleuchtung. CHARACTER Herbst

24 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Panorama 24 Gut oder böse? Im Museum wird auch die alltägliche Überwachung thematisiert. Ein Urteil müssen sich die Besucher selbst bilden.

25 CHARACTER Herbst WIR WOLLEN UNSERE BESUCHER ZU GESPRÄCHEN ANREGEN. Robert Rückel, Museumsdirektor

26 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Panorama 26 James Bond-Originalrequisite: Hovercraft-Fahrerhelm aus einer Verfolgungsszene in Stirb an einem anderen Tag (links). Standesgemäße Begrüßung: Überwachungskameras warten am Eingang des Museums auf die Besucher (rechts).

27 CHARACTER Herbst Das Museum enthält sich einer Wertung, es stellt die Allgegenwärtigkeit des Beobachtens und des Beobachtetwerdens in den Raum. Wir wollen unsere Besucher zu Gesprächen anregen, sagt Robert Rückel, der Museumsdirektor. Wenn eine Schulklasse nach dem Besuch darüber diskutiert, ob es wirklich so toll ist, das ganze Leben auf Instagram auszustellen, haben die Museumsmacher eines ihrer pädagogischen Ziele erreicht. FIKTION UND REALITÄT Robert Rückel ist nicht der Typ Museumschef, der nur die Vergangenheit konservieren möchte. Seine Atemschutzmaske ist in der grünen Hausfarbe des Museums gehalten, darunter verbirgt sich ein hipper Bart. Wenn er von der Spionage als zweitältestem Gewerbe spricht, dann ist bei aller wissenschaftlichen Akribie sein Spaß an der seltsamen Welt der Geheimdienste zu spüren, die sich manchmal auf dem Grat zwischen Fiktion und Realität bewegt. Das Gewehr im Geigenkasten, die in den Aktenkoffer eingebaute Maschinenpistole sind das Filmrequisiten? Nee, das ist alles echt, sagt Rückel. Auch die Lippenstift-Kamera und die Pfeife mit Geheimfach haben reale Agentinnen und Agenten benutzt. Ein wenig James Bond-Romantik schwingt bei solchen Exponaten mit. Weniger hingegen bei der originalen Enigma, der legendären Chiffriermaschine, die von den Nazis verwendet wurde, um den Nachrichtenverkehr der Wehrmacht zu verschlüsseln. Das Museum beleuchtet die Geschichte der Spionage in chronologischer Reihenfolge. Ausschnüffeln, Geheimhalten, Täuschen das gab es schon in der Antike. Der karthagische Feldherr Hannibal etwa schlug die Römer im Zweiten Punischen Krieg nicht zuletzt deshalb, weil ihm ein umfangreiches Agentennetzwerk direkt aus dem römischen Hauptquartier über die Pläne des Feindes berichtete. An dieser Strategie hat sich bis heute nichts geändert. Mehrere Historiker beschäftigt das Museum, berichtet Museumsleiter Rückel: Der Attraktivität wird solide Recherche nicht geopfert. Er deutet auf eine Vitrine, in der ein Feldtelefon aus dem Ersten Weltkrieg steht. Daneben ein seltsamer Kasten. Das ist das zugehörige Abhörgerät. Dieses Muster, sagt Rückel, zieht sich durch die Geschichte: Wann immer etwas Neues erfunden wurde, dauerte es nicht lange, bis es etwas gab, mit dem man es dechiffrieren konnte. HONIGFALLEN IM KALTEN KRIEG Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der großen Zeit der Spionage, dem Kalten Krieg. Zu sehen ist zum Beispiel ein DDR-Trabi mit eingebauten Infrarotkameras. Der diente der Stasi zur unauffälligen Informationsbeschaffung. Die Museumsbesucher können sich selbst in einer stockfinsteren Kabine mit einer solchen Kamera ablichten lassen unheimliche, schemenhafte Bilder sind das Ergebnis.

28 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Panorama 28 Film oder Wirklichkeit? Die Flugzeugkamera von 1915 ist echt, das rote Telefon benutzte James Bonds Chef M in Moonraker von Bittere Realität war der DDR-Trabant aus den 1980er-Jahren: In der Tür versteckte die Stasi eine Infrarotkamera zur Überwachung bei Dunkelheit. Die Welt der Überwachung im Museum zeigt das Foto rechts. WÄSCHST DU DIR IMMER DIE HÄNDE, WENN DU AUF DEM KLO WARST?

29 CHARACTER Herbst Die Bonner Republik der 1950er- und 1960er-Jahre war auch die Blütezeit der sogenannten Honigfallen und Romeo- Agenten. Dabei gingen das älteste und das zweitälteste Gewerbe der Welt eine innige Beziehung ein: Geheimnisträger sollten in kompromittierenden Situationen fotografiert und damit erpresst werden. Oder beim Bettgeflüster brisante Nachrichten verraten. Was nach klischeehaftem Agentenfilm klingt, gab es wirklich im Spannungsfeld der Geheimdienste aus Ost und West: So setzte die Stasi versierte Verführer auf Sekretärinnen im Bonner Kanzleramt an. Um die Quelle möglichst lange anzapfen zu können, wurde einmal sogar eine Hochzeit inszeniert, samt falschem Pfarrer. SPIONAGE ZUR TERRORABWEHR Je näher der Besucher der Gegenwart kommt, desto ernster wird die Angelegenheit. Was aus heutiger Sicht abenteuerlich und romantisch wirkt wie der Mythos der deutschen Spionin Mata Hari, verfilmt mit Greta Garbo gewinnt zunehmend etwas Bedrohliches. Nach dem Kalten Krieg war es keineswegs vorbei mit der Spionage, im Gegenteil. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde die Terrorabwehr eine der wichtigsten neuen Aufgaben der Nachrichtendienste. Dass sie dazu in das Privatleben der Bürger eindringen dürfen auch damit setzt sich das Spionagemuseum kritisch auseinander. Die Methoden, sagt Robert Rückel, sind heute effektiver, aber leider auch unspektakulärer. Fake News, Manipulationen über Social Media das lässt sich leider nicht so gut in einem Museum zeigen wie die aufblasbaren Panzerattrappen, die von den Alliierten eingesetzt wurden, um die Deutschen über den Ausgangspunkt der Invasion in der Normandie in die Irre zu führen. Und so ist der letzte Teil des Museums ein Ort, um sich Gedanken zu machen über die Macht der alltäglichen Überwachung. Wer weiß am meisten über uns?, fragt der Begleittext, die NSA, der russische Geheimdienst FSB, Payback oder Facebook? Besucher aus aller Welt zählte das Museum In diesem Jahr werden es wegen der Coronakrise viel weniger sein. Robert Rückel schaut trotzdem optimistisch über seine grüne Maske. Solange Besucher wie die Teenager-Clique aus München da sind, muss er sich über die Attraktivität seines Hauses jedenfalls keine Sorgen machen. Am Lügendetektor sitzt jetzt ein anderer Junge. Auch er wird bei einer Frage des Schummelns überführt: Wäschst Du Dir immer die Hände, wenn Du auf dem Klo warst? Text: Arno Makowsky

30 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Zwischen kommerziell und karitativ 30 MTU: Jessica van Bebber arbeitet als Medizinisch-Taktile Untersucherin in zwei Arztpraxen in Düsseldorf und Hilden.

31 CHARACTER Herbst BLINDE GEGEN BRUSTKREBS Das Sozialunternehmen Discovering Hands Discovering Hands aus Mülheim an der Ruhr bildet blinde Frauen für die Tastuntersuchung der weiblichen Brust aus. Das Sozialunternehmen entsendet sie in gynäkologische Praxen deutschlandweit und hilft so bei der Vorsorge gegen Brustkrebs. E s ist eine Idee, bei der man sich fragt, warum sie nicht schon früher entstanden ist: Frank Hoffmann, Gründer und Geschäftsführer des Sozialunternehmens Discovering Hands, traf der Geistesblitz vor 15 Jahren morgens unter der Dusche. Es war einer dieser wachen Momente, in denen man völlig entspannt und ohne Ziel nachdenkt, erinnert sich Hoffmann. Der Gynäkologe mit einer Praxis in Duisburg, die fünf Ärzte an zwei Standorten beschäftigt, hatte sich stets Gedanken gemacht, wie sich die Brustuntersuchung von Frauen verbessern ließe. Schließlich sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Jährlich erkranken in Deutschland fast Frauen an Brustkrebs, rund sterben daran. Entscheidend für das Überleben einer Patientin ist, wie früh ein Arzt den Brustkrebs erkennt. Das zweijährliche Mammografie-Screening ist jedoch Frauen ab 50 Jahren vorbehalten, obwohl immerhin ein Fünftel der Patientinnen zwischen 30 und 50 Jahre alt ist. Jüngeren bleibt nur die jährliche fachärztliche Tastuntersuchung. Für diese haben wir jedoch nur ein bis zwei Minuten Zeit. Mir war immer klar, dass das nicht optimal ist. Und in dem Moment, als ich die Idee hatte, Blindheit und Brustkrebs zusammenzubringen, wusste ich sofort: Das passt, erinnert sich Hoffmann. BLINDHEIT WIRD ZUR STÄRKE Hoffmanns Idee: Blinde Menschen verfügen über einen ausgeprägten Tastsinn. Bildet man Blinde medizinisch aus, können sie deutlich kleinere Tumore ertasten als andere und dazu beitragen, dass Brustkrebs in einem früheren Stadium erkannt wird damit retten sie Leben. Soweit die Theorie. Für die praktische Umsetzung dieser Idee braucht es jedoch einen langen Atem. Die Arbeitsagentur ist an Hoffmanns Konzept interessiert, da Blinde häufig langzeitarbeitslos sind. Die für Blinde typischen Jobs wie etwa in Callcentern werden nicht nur immer weniger, sondern sind für gut ausgebildete Sehbehinderte auch auf Dauer unbefriedigend. Eine erste Förderung in Höhe von Euro vom Landschaftsverband Rheinland, einer kommunalen Organisation, die sich um die Belange Behinderter kümmert, ebnet Discovering Hands den Weg. Hoffmann entwickelt zusammen mit der Ärztekammer eine Fortbildung samt Abschlusszertifikat. Jahre später erhält Hoffmann als Stipendiat der US-Stiftung Ashoka die finanziellen Mittel und das strategische Know-how, um eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen, eine ggmbh.

32 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Zwischen kommerziell und karitativ 32 Immer dabei: Jessica van Bebber mit ihrem Blindenhund Belux. Er begleitet sie stets zur Arbeit.

33 Perlen an der Kette: Sie stehen für verschiedene Größen von Gewebeveränderungen in der Brust. Die beiden rosa Perlen haben einen Durchmesser von fünf bzw. acht Millimetern und stellen Knoten dar, die Medizinisch-Taktile Untersucherinnen bereits entdecken. Bei ärztlichen Untersuchungen werden meist Knoten von zehn bis 15 Millimetern entdeckt. CHARACTER Herbst

34 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Zwischen kommerziell und karitativ 34 Rechts unten zu sehen sind selbstklebende Teststreifen, die Discovering Hands entwickelt hat. Vor der Untersuchung klebt eine Medizinisch-Taktile Untersucherin (MTU) fünf Teststreifen auf den Oberkörper der Patientin. Sie enthalten haptische Markierungen, an denen die MTU sich orientieren und eventuelle Knoten lokalisieren kann. Mittlerweile hat Discovering Hands in Deutschland dank diverser Anschubfinanzierungen und Großspenden rund 50 Medizinisch-Taktile Untersucherinnen, kurz MTU genannt, ausgebildet. Sie arbeiten deutschlandweit und in einem eigenen Diagnosezentrum in Berlin. Die Ausbildung besteht aus sieben Monaten Theorie und drei Monaten Praxis und kostet Euro. Discovering Hands qualifiziert Frauen, die sonst kaum oder kein Einkommen hätten, und entlastet damit das Sozialsystem. BEDARF GRÖSSER ALS ANGEBOT Wir hätten die Patientinnen und die Nachfrage. Der Engpass liegt tatsächlich bei verfügbaren MTU, erklärt Hoffmann. Nicht jede geeignete Bewerberin, die die Ausbildung absolvieren möchte, kann die Finanzierung selbst leisten oder bekommt sie von der Agentur für Arbeit bezahlt. Genau für solche Fälle erhält Discovering Hands 2018 von Skala, einer von der Quandt- Erbin und Unternehmerin Susanne Klatten finanzierten Initiative, knapp 1,4 Millionen Euro. Die Großspende bildet die Basis für Kooperationen mit weiteren Partnern, die MTU-Ausbildungen finanzieren möchten. Jessica van Bebber arbeitet seit 2017 als MTU. Die 34-Jährige ist ausgebildete Fremdsprachensekretärin. Als Mutter von zwei Kindern erkannte sie in der Elternzeit, dass sie künftig etwas anderes machen möchte, und absolvierte 2017 ihre Ausbildung zur Medizinisch-Taktilen Untersucherin. Seitdem arbeitet sie mit einem Pensum von 50 Prozent, verteilt auf zwei gynäkologische Praxen in Düsseldorf. Pro Tag untersucht van Bebber sieben bis acht Patientinnen. Eine Untersuchung dauert etwa 45 Minuten. Zu Beginn bringt sie fünf spezielle selbstklebende Teststreifen mit haptischen Markierungen auf dem Oberkörper der Patientin an. Sie helfen der Blinden, sich zu orientieren und einen verdächtigen Befund genau zu lokalisieren. Die Kombination aus der im Vergleich zur ärztlichen Tastuntersuchung geradezu opulenten Untersuchungsdauer, besserem Tastsinn und dem strukturierten Vorgehen mittels Teststreifen bringt den gewünschten Zusatznutzen. MTU identifizieren Gewebeveränderungen bereits ab einer Größe von fünf bis acht Millimetern Frauenärzte entdecken die Knoten in ihrer kurzen Untersuchungszeit in der Regel erst ab einer Größe von ein bis zwei Zentimetern. Entscheidend ist: Die Untersuchung einer MTU ersetzt nicht die ärztliche, sondern ergänzt sie. Die Stärke liegt in der Zusammenarbeit von MTU und Mediziner. Eine unabhängige Studie der Universität Erlangen belegt, dass so die Auffindungswahrscheinlichkeit von Krebsknoten um 20 Prozent steigt. BLINDE ERTASTEN KLEINERE KNOTEN Das Besondere: van Bebber ist nicht bei den Praxen angestellt, sondern wie fast alle MTU direkt bei Discovering Hands. Das Sozialunternehmen wiederum verleiht die MTU auf Basis von Tagessätzen an gynäkologische Praxen. Für jede Untersuchung berechnet die Praxis 46,50 Euro. Die Marge zwischen Tagessatz und eingenommenen Honoraren bleibt beim Frauenarzt. Ab der vierten Untersuchung macht die Praxis Gewinn. Arztpraxen müssen also die MTU nicht fest anstellen, sondern können sie entsprechend ihrem Bedarf ausleihen und überhaupt erst einmal eruieren, ob diese Dienstleistung bei ihren Patientinnen ankommt. Diese Verlagerung des arbeitsrechtlichen Risikos erhöht die Bereitschaft der Praxen, eine MTU einzusetzen. Und obwohl die Untersuchung noch nicht im Katalog der gesetzlichen Krankenkassen verzeichnet ist, übernehmen laut Hoffmann bereits 28 von 105 Kassen die Kosten. Zum Vergleich: Eine Brustkrebsbehandlung kostet im Durchschnitt etwa Euro. PROSTATAKREBSPRÄVENTION EBENFALLS DENKBAR Und ja, denkbar wäre auch, dass sich Männer zum MTU ausbilden lassen. Aber bislang hält sich deren Interesse in Grenzen. Dabei ließe sich perspektivisch die Tastuntersuchung durchaus auf andere Krankheiten wie etwa Prostatakrebs übertragen. Ein weiterer Aspekt: Blindheit und Brustkrebs existieren nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. So hat das Mülheimer Unternehmen in Indien, Kolumbien, Mexiko und Österreich bereits weitere 35 MTU ausgebildet. Es ist eigentlich ganz einfach: Mit unserem Konzept wird das, was wir Sehenden als Behinderung verstehen, zur Stärke. Und mit dieser Stärke verdienen Frauen ihr eigenes Geld und retten damit anderen Frauen das Leben, sagt Hoffmann. Er selbst investiert mittlerweile 80 Prozent seiner Arbeitszeit in Discovering Hands und lediglich noch 20 Prozent in seine eigene Praxis: Ich bin 60 Jahre alt, meine Praxis ist abbezahlt. Ich könnte mich zur Ruhe setzen. Aber: Ich habe gesehen, was die Arbeit der MTU mit blinden Frauen macht. Das ist sehr sinnstiftend. Text: Geraldine Friedrich Mehr Infos über das Sozialunternehmen unter

35 CHARACTER Herbst ES WAR EINER DIESER WACHEN MOMENTE, IN DENEN MAN VÖLLIG ENTSPANNT UND OHNE ZIEL NACHDENKT. Frank Hoffmann, Gründer und Geschäftsführer von Discovering Hands

36 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Perspektivenwechsel 36 HUMOR IST EINE KUNST FÜR SICH Der eine legt es darauf an, Leser und Zuhörer zum Lachen zu bringen. Der andere begleitet Menschen in schweren Stunden, sperrt dabei aber den Humor nicht aus. EIN GUTER GAGSCHREIBER KANN KEIN KONFORMIST SEIN. Gregor Ortmeyer (65) arbeitete rund 40 Jahre als Texter und Creative Director in großen Werbeagenturen und in eigener Regie. Als Ausgleich zur Werbewelt schrieb er Gags für TV-Programme und einzelne Künstlerinnen und Künstler. U m gute Gags zu produzieren, muss man kein ulkiger Vogel sein. Aber es hilft. Ich war schon in der Schule für Clownerien zuständig, habe Witze gezeichnet und Lustiges für die Schülerzeitung geschrieben. Als junger Werbetexter hatte ich dann das Glück, dass die Auftraggeber aus der Konsumgüterindustrie Anfang der 1980er-Jahre ihre Botschaften gerne mit Humor verpacken wollten. Mehr Wortwitz bitte, hieß es im Briefing. Nebenbei habe ich angefangen, Gags für TV-Programme wie Die Sendung mit der Maus oder Künstler wie Hape Kerkeling zu schreiben. Nicht als Broterwerb, sondern als Ausgleich zur Werbewelt. Komik auf Bestellung kann man nur liefern, wenn man gelernt hat, konzeptionell zu arbeiten. Das beginnt damit, dass man sich klar macht, für wen man schreibt. Für einen berühmten Comedian, einen politischen Kabarettisten oder einen Karnevalisten? Oder schreibe ich Dialoge für eine Sketch-Show, in der mehrere Figuren Pointen benötigen? Setzt der Auftraggeber bei seinem Publikum eine gewisse Bildung voraus, politisch oder kulturell? Oder tritt er in einem Stadion auf und unterhält die Anwesenden mit Witzen, die unter die Gürtellinie gehen? Und: Gibt es Tabus? Als ich anfing, galt die unausgesprochene Regel: Über Tod und Kirche wird nicht gewitzelt. Das ist heute anders. Ganz wichtig ist, stets am Puls der Zeit zu sein, oder besser noch: Trends früh zu erkennen. In dem Punkt hatte ich als Werbetexter Vorteile. Jeder Gagschreiber muss mit der Zeit seinen eigenen Stil entwickeln. Mein Feld ist heute eher der hintergründige politische Witz. Und: Ich produziere keine Lacher auf Kosten Schwächerer. Lachen ist gesund, heißt es. Ja, aber Lachen ist noch viel mehr. Es lenkt ab von den weniger schönen Dingen im Leben, es löst Ängste und Anspannung. Vor allem aber erfüllt es eine soziale Funktion. Menschen, die miteinander lachen, fühlen sich verbunden. Ob man reich wird vom Gagschreiben? Eher nicht. Gefühlt 99 Prozent der deutschen Gagschreiber können mit ihren Honoraren keine Wohnung in Köln, Hamburg oder Berlin bezahlen.

37 CHARACTER Herbst AUF DEM FRIEDHOF IST LACHEN NICHT VERBOTEN. Christoph Kuckelkorn (55) ist Bestattungsunternehmer, Präsident im Festkomitee des Kölner Karnevals und Autor des Buchs Der Tod ist dein letzter großer Termin. Er bestattete zahlreiche Prominente wie Willy Millowitsch und Guido Westerwelle. M ein Vater hat einmal zu mir gesagt, wenn es für ihn so weit sei, wünsche er sich eine lustige Trauerfeier. Da habe ich ihn gebeten, aufzuschreiben, was genau er sich darunter vorstelle. Eine lustige Trauerfeier! So etwas kann es gar nicht geben. Schließlich ist der Anlass ein Todesfall. Aber natürlich sind Scherze auf dem Friedhof nicht verboten. Im Gegenteil: Lachen löst die Anspannung und hilft, Trauer zu verarbeiten. Wenn ich mit Hinterbliebenen den Ablauf einer Trauerfeier bespreche, gibt es immer wieder Situationen, in denen wir lächeln. Manche Menschen empfinden den Tod als Erlösung, etwa, weil sie den Verstorbenen viele Jahre leiden gesehen haben. Im Gespräch erinnert man sich liebevoll und scherzt beispielsweise über eine seiner Marotten. Solche Situationen verlangen von uns als Bestattern viel Taktgefühl. Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen humorvollen Einwurf? Wird der Hinterbliebene die Bemerkung nicht als respektlos empfinden? Das zu beurteilen ist nicht immer einfach. Auf keinen Fall darf ein Bestatter den ersten Schritt machen und versuchen, die Trauernden mit einem Scherz aufzuheitern. Er muss sich auf die Menschen einlassen, sie da abholen, wo sie emotional sind, und begleiten. Nur wer das kann, ist auch in der Lage, diesen Beruf gut auszuüben. Der Impuls, Humor einzustreuen, muss immer von den Hinterbliebenen ausgehen. Als Berufsanfänger ist man in diesem Punkt eher zögerlich. Mit zunehmender Erfahrung spürt man, wann es angebracht ist, ein wenig zu scherzen. Natürlich gibt es aber auch Fälle, in denen die Umstände jegliche Komik verbieten etwa, wenn Eltern den Tod eines Kindes betrauern. Manchmal passieren auf Trauerfeiern auch unfreiwillig komische Sachen. So habe ich es erlebt, dass eine Dame in die Trauerhalle stürmte, schluchzend den Sarg umklammerte, um kurz darauf festzustellen, dass sie auf der falschen Beerdigung war. Höchst peinlich, aber doch Anlass zu schmunzeln. Beerdigungen zu organisieren und im Karneval aktiv zu sein ist für mich als Rheinländer keineswegs ein Spagat. In beiden Fällen ist niemand dauerhaft lustig oder dauerhaft traurig. Trauer und Tod sind sogar in vielen Karnevalsliedern präsent. Im Übrigen bin ich jemand, der gut zwischen Rollen wechseln kann. Text: Stephan Weber

38 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Für morgen 38 ICH BIN VIELE Mikrobiotik im Selbstversuch Auf der Haut, im Mund und im Darm jedes Menschen leben vielfältige Gemeinschaften von Mikroorganismen. Diese Billionen Mitbewohner übernehmen wichtige Funktionen: Sie stimulieren das Immunsystem, schützen vor Angreifern oder produzieren Vitamine. Die Medizin setzt große Hoffnungen in sie. Zeit für unsere Character-Autorin Jessica Braun, die Mikrobiota näher kennenzulernen. S ie sind unsichtbar und immer mit dabei: Etwa 40 Billionen Mikro - organismen leben in und auf dem menschlichen Körper ungefähr so viele, wie dieser Zellen hat. Darunter sind Pilze und Viren. Bakterien und die ihnen ähnlichen Archaeen machen jedoch die Mehrheit aus. Zusammen bilden sie die Mikrobiota. Der Mensch ist für sie eine Welt mit verschiedenen Klimazonen: Von den feuchten Tälern der Achseln über die kühlen Wüsten der Unterarme bis in die sauerstoffarmen Tiefen des Darms nährt jeder dieser Lebensräume seine eigene Flora. Wer in den Spiegel schaut, sieht nur das große Ganze. Aus wissenschaftlicher Sicht machen die Mini-Mitbewohner den Menschen jedoch zu einer Art Superorganismus. Ich möchte die Frage Wer bin ich und wenn ja, wie viele? deshalb nicht philosophisch angehen, sondern profan: mit einem Selbstversuch, genauer einem Stuhltest. DER KÖRPER ALS BIOTOP Seit etwa 20 Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler intensiv mit Mikrobiota. Besonders angetan hat es den Forschern das Leben im Darm. Immer neue überraschende Erkenntnisse fördern sie zutage: Offenbar beeinflusst die Darmflora, ob jemand schlank oder übergewichtig ist, anfällig für Allergien, Herz-Kreislauf-Leiden, Krebs und sogar Demenz und Depressionen. Manche Experten nennen die Mikrobiota deshalb bereits liebevoll das vergessene Organ. Bald, so die Hoffnung, sollen sich Krankheiten heilen lassen, indem einfach bestimmte Bakterien entfernt oder angesiedelt werden. Um deren Wirken besser zu verstehen, hat die Wissenschaft zum großen Mikrobenzählen aufgerufen. Es gilt, das Mikrobiom zu entschlüsseln, also die Gesamtheit der Winzlinge, die im Darm leben, sowie deren Gene. Auch einige Biotech-Start-ups bieten bereits Tests an, kostenpflichtig und für zu Hause. Die Zielgruppe: Kranke, die hoffen, so etwas über die Ursachen ihres Leidens zu erfahren. Aber auch Gesunde wie ich, die einfach neugierig sind, wer da in ihnen lebt. Der Test des Start-ups Biomes, gegründet von Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Wildau, enthält ein Wattestäbchen und ein Röhrchen mit einer stabilisierenden Flüssigkeit. In diese rühre ich die stecknadelkopfgroße Probe ein. Bereits diese zufällige Auswahl meiner Mitbewohner kann sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen. Sie gehen nun auf die Reise ins Labor. Zwischenzeitlich beantworte ich online Fragen zu meinen Lebensumständen: Bin ich Vegetarier? Lebe ich in den Bergen? Wie oft treibe ich Sport? Alles Faktoren, die über Anzahl und Wohlergehen der Darmbakterien mitbestimmen. Den ersten Satz Mikroben bekommt ein Mensch bei der Geburt von der Mutter. Mit jeder Berührung, jedem Füttern sammeln Neugeborene dann weitere Bakterien ein. Insbesondere jene, die sich im Darm breitmachen, sind wichtige Alliierte: Studien zeigen, dass der sich dort bildende Biofilm entscheidend zur Ausbildung des Immunsystems beiträgt. Ist die Darmwand dicht ausgekleidet mit guten Bakterien, bleibt auch weniger Platz für krankmachende wie Salmonellen. Nach dem dritten Lebensjahr ändert sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen nicht mehr dramatisch außer, ihnen wird zum Beispiel mit Antibiotika zugesetzt. VERLUST DURCH ANTIBIOTIKA Die häufige Gabe von Antibiotika geht mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher chronischer Erkrankungen einher, sagt Professor Dirk Haller, Leiter des Lehrstuhls für Ernährung und Immunologie der Technischen Universität München. Während von einem Übermaß an Antibiotika verursachte Veränderungen oft irreversibel sind, haben ernährungsbedingte keine so dramatischen Folgen. Esse ich zum Beispiel eine Woche lang nur Fisch, spiegelt mein Mikrobiom dies auch wider. Das heißt aber nicht, dass ich dadurch krank werde, so Haller. Ein Umzug ins Ausland, ein Partnerwechsel, sogar ein Haustier bringen neues Leben in die Mikrobenbude.

39 CHARACTER Herbst Deshalb kann ein einzelner Mikrobiomtest nur eine bessere Momentaufnahme sein, sagt die Professorin Emma Wetter Slack, die an der ETH Zürich zu Mikrobiom und Immunsystem forscht. Das ist nur eine Stichprobe. Daran lässt sich zum derzeitigen Kenntnisstand noch nichts Relevantes ablesen. Erst müsse man genauer herausfinden, wie das Zusammenspiel verschiedener Bakterien untereinander funktioniert. Mein Ergebnis liegt nach einer Woche vor: ein 24-seitiger Report, allein vier Seiten mit fremden Namen gefüllt. Hallo Ruminococcus, hallo Christensenella schön, euch kennenzulernen! Das Gesamtergebnis stimmt mich nicht so fröhlich: Nur 62 von 100 möglichen Punkten? Bin ich etwa kein gutes Zuhause? Damit liegen Sie im guten Mittel, beruhigt mich der Biomes-Gründer Doktor Paul Hammer. Alles unter 40 ist unausgeglichen. Unausgeglichen meint in diesem Fall: nicht divers genug. Wir gehen derzeit davon aus, dass ein möglichst diverses bakterielles Ökosystem der Gesundheit zuträglich ist, sagt die Mikrobiologin Emma Wetter Slack. Character-Autorin Jessica Braun PROBIOTIKA UND SPORT Insbesondere ein westlich geprägter Lifestyle scheint den Winzlingen das Leben schwer zu machen. Darauf deuten zum Beispiel Untersuchungen bei den Hazda hin, Jägern und Sammlern aus dem Norden Tansanias. Sie verfügen über andere und mehr unterschiedliche Bakterien als die zwischen Tiefkühlregal und Mikrowelle pendelnden Menschen in Industrienationen. Der Grund: Die Hazda müssen sich bewegen, um an Nahrung zu kommen, was den Darm und dessen Mikrobiota in Schwung hält. Und sie ernähren sich besonders abwechslungs- und ballaststoffreich. Von den acht Testkategorien sind bei mir vier als auffällig gekennzeichnet, darunter meine Immunabwehr und der Energiestoffwechsel. Offenbar fehlen mir Bakterien, die Butyrat produzieren, einen Stoff, der Entzündungen im Körper reduziert. Dafür habe ich andere, die mich anfällig für Übergewicht machen. Die Ratschläge, die daraus folgen, klingen nicht innovativ: viel Bewegung und Ballaststoffe. Biomes empfiehlt mir wegen der Defizite ein Nahrungsergänzungsmittel aus dem eigenen Shop, aber auch probiotische Lebensmittel: Fermentiertes, Joghurt oder Käse, in denen sich lebende Bakterien tummeln. Der Test sei nur ein Lifestyle- und kein Medizinprodukt, sagt Paul Hammer. Das Unternehmen arbeite aber daran, in Zukunft individuellere Ergebnisse bereitzustellen: Durch einen Abgleich mit Ihrer DNA zum Beispiel, denn die beeinflusst Ihr Mikrobiom ebenfalls. Aber auch Daten aus Fitness- und Schlaftrackern sollen die Auswertung präziser machen. In einigen Bereichen helfen die Mikroben schon heute, Krankheitsbilder zu lindern. So fördert ein Wirkstoff, der als Aknenormin und Isoderm im Handel ist, deren Vielfalt auf der Haut und bekämpft auf diese Weise Akne. Auch die sogenannte Stuhltransplantation, bei der Patienten mit der Dickdarmerkrankung Colitis ulcerosa Spenderbakterien erhalten, zeigt gute Erfolge. Bis die Wissenschaft das therapeutische Potenzial der Mikrobiota wirklich ausschöpfen kann, werden aber noch einige Jahre vergehen. So lange kann ich zumindest zufüttern: Na, Ruminococcus und Christensenella wie wäre es heute mit Sauerkraut? Text: Jessica Braun

40 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Lieblingsstücke 40 ARMIN STEUERNAGEL: 12 Dinge, die mir am Herzen liegen MEINE BLUNDSTONES Damit kann ich, ganz egal, bei welchem Wetter, nach Hause in die Natur. MEINE GESTEINS- UND MINERALIENSAMMLUNG Sie erinnert mich immer wieder daran, wie kurz die Zeit ist, die wir gerade auf Erden verleben, im Vergleich zur Erdgeschichte und was für ein Wunder dieser Planet ist. DIE LOFOTEN Meer und Felsen, unendliche, weite Wogen und majestätische Feste diese Gegensätze ziehen mich an. SCHILLERS BRIEFE ÜBER DIE ÄSTHETISCHE ERZIEHUNG DES MENSCHEN Ein Büchlein, klein genug für meine Jackett-Tasche, mit Gedanken, die bis jetzt in fast allen Lebenssituationen inspirierend waren. MEIN BAUWAGEN an einem See in der Nähe von Berlin. Er hilft mir in den Berlin-Zeiten, abends auf ganz andere Gedanken zu kommen. WAGNERS PARSIFAL Eine Oper, die nicht nur musikalischer Genuss, sondern auch Stärkung für mich ist.

41 ZELT- UND WANDERURLAUBE IN DER WILDNIS UND DEN BERGEN Die Zivilisation komplett hinter sich zu lassen und tagelang einsam und auf sich gestellt zu sein, lässt mich ganz neu und anders auf Welt und Leben schauen. CHARACTER Herbst BIBLIOTHEKEN UND DIE EIGENEN BÜCHER Vor meinen Büchern zu stehen und an die Geschichte, die ich mit jedem verbinde, kurz zu denken, inspiriert mich, wenn ich gerade nicht weiterkomme. MEINE ALTE WALDORFSCHULE Ich bin tief dankbar, diesen Lern- und Lebensort gehabt zu haben. ZUG FAHREN Ruhig zu sitzen und zu arbeiten und gleichzeitig die Welt um einen bewegt und ständig neu zu sehen. PHILOSOPHIE Alles, unsere Wissenschaft und unsere Selbstwahrnehmung, baut auf unserem Denken auf. Dieses zu schulen und besser zu verstehen treibt mich immer wieder an. KLAVIERSPIELEN Ich komme leider nicht so oft dazu, wie ich möchte.

42 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Zahlen, bitte! 42 Text: Christoph Koch MUSIK KLASSISCHE Bei klassischer Musik nur an jahrhundertealte Streichquartette und Konzertsäle voller Honoratioren zu denken, ist etwas zu kurz gesprungen. Das Genre ist weit vielfältiger. A Musical Company Gerard van Kuijl, 1651

43 CHARACTER Herbst Klassik-Musikalben wurden im Jahr 2019 in Deutschland neu veröffentlicht. Im Jahr 2002 waren es noch Neuerscheinungen. Die Anzahl der verfügbaren Klassik-Alben steigt jedoch stetig: Waren 2002 nur unterschiedliche Alben lieferbar, waren es 2019 bereits Prozent des weltweiten Umsatzes im Klassikmarkt (384 Millionen US-Dollar im Jahr 2018) entfallen mittlerweile auf Streamingangebote. In Nordamerika sind es bereits 61 Prozent. Neben Diensten wie Spotify oder Tidal, die fast alle Genres anbieten, gibt es auch auf Klassik spezialisierte Streamingdienste wie Idagio oder Primephonic bis 250 gespannte Saiten verlaufen in einem Klavier. Um eine gleichmäßige Lautstärke bei allen Tonhöhen zu erzielen, werden in den mittleren und hohen Oktaven drei Saiten pro Taste verwendet, im Bass zwei und bei den allertiefsten Tönen nur eine Saite. Eine Klaviersaite ist dabei mit etwa 800 Newton Zugkraft gespannt, insgesamt wirken also Kräfte von ungefähr Newton, was einem Gewicht von rund Kilogramm entspricht Kilometer legte der Komponist Johann Sebastian Bach 1705 zu Fuß von seinem Wohnort Arnstadt nach Lübeck zurück, um dort seinem musikalischen Vorbild, dem Organisten und Komponisten Dieterich Buxtehude, zuzuhören und Unterricht bei ihm zu nehmen Musiker stellten 2013 in einem Stadion im australischen Brisbane den Weltrekord für das größte Orchester aller Zeiten auf Schädel liegen im Grab des Komponisten Joseph Haydn in der Eisenstädter Bergkirche. Der Grund: Nach Haydns Tod hatte sich der Anatom Dr. Franz Joseph Gall den Schädel des Toten beschafft, um nachzuweisen, dass das menschliche Genie in der Schläfenregion beheimatet ist. Als der Diebstahl aufflog, wurde zunächst ein falscher Schädel beschlagnahmt und in die Gruft gebracht. Als später der richtige Schädel gefunden wurde, wurde dieser ebenfalls bestattet, der falsche aber nicht entfernt erhielt der auch für seine politischen Äußerungen auf Twitter bekannte Pianist Igor Levit den Musikpreis Klassik-ECHO. Als 2018 die Rapper Kollegah und Farid Bang mit dem ECHO ausgezeichnet wurden, gab Levit aus Protest gegen deren antisemitische Äußerungen seinen Preis zurück. RUND Jahre nach dem Tod von Wolfgang Amadeus Mozart stellte der Salzburger Konditormeister Paul Fürst zu Ehren des Komponisten das erste Mozart-Bonbon her. Erst einige Jahre später setzte sich der Begriff Mozartkugel für die Süßigkeit durch Prozent aller Klassikhörer weltweit nutzen das Radio, um ihre Lieblingsmusik zu hören. 35 Prozent legen eine CD ein, Vinylschallplatten kommen immerhin noch auf 11 Prozent Diamanten zierten das Kleid der Opernsängerin Adelina Patti bei ihrem Abschiedskonzert 1895 im Covent Garden. Der damalige Preis von britischen Pfund entspräche heute ungefähr 26 Millionen Euro Jahre ist das Alter, in dem bei vielen der Geschmack an klassischer Musik erwacht. Nur 7 Prozent der Klassik-Käufer in Deutschland sind unter 40. Am häufigsten kaufen die 50- bis 59-Jährigen klassische Musik. MEHR ALS Werke komponierte Georg Philipp Telemann zu Lebzeiten und gilt damit als der produktivste Komponist aller Zeiten.

44 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Werte im Wandel 44 NICHT DER REDE WERT Das Ende der Freundschaftsdienste? Online-Plattformen und Smartphone-Apps machen es unkomplizierter und günstiger, sich fast jede Art von Dienstleistung auf Knopfdruck zu buchen. Doch diese Bequemlichkeit wirkt sich auf Freundschaftsdienste und Gefälligkeiten aus, die langsam aus der Mode zu geraten drohen. K leine Geschenke erhalten die Freundschaft, heißt es oft dabei ist der wahre Kitt, der viele Freundschaften zusammenhält, die Hilfsbereitschaft. Jemanden um einen Gefallen zu bitten, ist ein Vertrauensbeweis. Und zu wissen, dass man eine bestimmte Person um so einen Gefallen bitten kann, ein beruhigendes Gefühl. Doch viele dieser Freundschaftsdienste und Gefälligkeiten wirken mittlerweile wie Relikte aus vergangenen Zeiten. So war es früher beispielsweise üblich oder zumindest möglich, sich bei den Nachbarn etwas Mehl oder drei Eier auszuleihen, wenn dergleichen beim Plätzchenbacken fehlte. Heute würden die meisten erst einmal nachsehen, wie schnell Amazon Fresh oder der Lieferdienst des örtlichen Supermarktes das Gewünschte vorbeibringt. KREDITKARTE STATT SCHLECHTEM GEWISSEN Es scheint fast keinen Bereich zu geben, in dem nicht eine Unternehmensgründung als Alternative zu einem bisherigen Freundschaftsdienst entstanden ist. Wer früher mit viel Gepäck verreiste, ließ sich vielleicht von Freunden zum Flughafen oder zum Bahnhof fahren oder sich abholen. Heute gibt es diverse Dienstleister, die das Gepäck zum Urlaubsort vorausschicken oder man bestellt sich per App einen Uber-Fahrer, der einen samt Gepäck abholt und nach Hause chauffiert. Überhaupt der Urlaub: Waren es einst die Nachbarn oder Freunde, die bei längerer Abwesenheit den Briefkasten leerten, die Blumen gossen oder die Katze fütterten, so gibt es inzwischen für all diese Dienstleistungen praktisch buchbare Helferlein. Der Vorteil: Man muss kein schlechtes Gewissen haben, weil die Freunde vielleicht seltener in den Urlaub fahren oder keine Katze besitzen und man sich deshalb nicht angemessen revanchieren kann. Man geht keinerlei Verbindlichkeiten ein, sondern bezahlt schnell und einfach per Kreditkarte. Und empfiehlt den Dienst hinterher vielleicht sogar den Freunden, die einem sonst geholfen hätten. Hier, zehn Prozent Rabatt für Neukunden! Der Nachteil: Je seltener solche Freundschaftsdienste werden, umso größer wird die Hürde, einen Dienst zu erbitten und umso unangenehmer das Gefühl, jemandem noch einen Gefallen zu schulden. Auch weil man weiß, dass die Gelegenheit zum Ausgleich immer seltener wird. Die Folge: Je länger man selbst keinen Gefallen mehr erwiesen hat, umso unmöglicher erscheint es, den Freund mit dem geräumigen Kombi zu bitten, einem die ausrangierte Couch zum Wertstoffhof zu fahren. Oder den handwerklich begabten Nachbarn zu fragen, ob er die neue Waschmaschine anschließen kann. DIGITALISIERUNG UND URBANISIERUNG Natürlich hat es auch etwas mit Alter und Einkommen zu tun, dass manch einer, der sich vor 20 Jahren als Student beim Umzug noch von Freunden helfen ließ, heute lieber eine Spedition beauftragt. Doch selbst bei den Jüngeren ist eine Verschiebung zu beobachten: Das ungenutzte Zimmer in der WG, das früher Freunden auf der Durchreise offenstand oder bei akutem Herzschmerz auch mal für eine Woche der besten Freundin Obdach bieten konnte, wird heute bei Airbnb oder 9flats zu Geld gemacht. Umgekehrt wachsen die Hemmungen, sich bei Freunden oder Verwandten einzuquartieren, wenn man weiß, dass dieselben Plattformen eine preiswerte Unterkunft für nahezu jeden Geldbeutel bieten. Die Digitalisierung und ihre Reibungsverluste sind es am Ende auch, die am stärksten für die zunehmende Monetarisierung bisher

45 CHARACTER Herbst kostenloser Gefälligkeiten verantwortlich sein dürften. Alle Budgetfragen außen vor: Früher wäre es einfach sehr viel umständlicher gewesen, einen Fremden zu finden, den man im Urlaub fürs Blumengießen bezahlen kann, als einfach einen Freund zu fragen. Heute ist dieser Aufwand massiv reduziert. Umzugshelfer findet man mit wenigen Klicks im Netz. Wer krank im Bett liegt, bekommt von der Online- Apotheke alle nötigen Arzneien zwar nicht ans Bett, aber in den Briefkasten geliefert und eine heiße Suppe von der Lieferdienst- App noch dazu. Der hohe Vernetzungsgrad digitaler Gesellschaften und Technologien ermöglicht Geschäftsmodelle für Tätigkeiten und Dienste, die bisher meist nur lokal, privat oder in seit Jahrzehnten professionalisierten Branchen organisiert waren: die lokale Fahrgemeinschaft oder Übernachtungen bei Freunden, schreibt Luca Carraciolo, Chefredakteur des Technikmagazins t3n. Der koreanisch-deutsche Kulturwissenschaftler Byung-Chul Han sieht es noch dramatischer: Die Sharing-Ökonomie führt letzten Endes zu einer Totalkommerzialisierung des Lebens. Der Online-Marktplatz Airbnb, der jedes Zuhause in ein Hotel verwandelt, ökonomisiere sogar die Gastfreundschaft. Folge: Es ist keine zweckfreie Freundlichkeit mehr möglich. HILFSBEREITSCHAFT IN DER KRISE Auch die zunehmende Urbanisierung fördert den Trend. Wer auf dem Land jahrzehntelang neben denselben Nachbarn wohnt, hilft sich gegenseitig eher als die anonymen, schnell wechselnden Parteien in einem großstädtischen Mietshaus. Doch selbst dort schalten sich seit Neuestem kommerzielle Zwischenhändler ein: Online-Plattformen wie nebenan.de, nextdoor.de oder betreut.de vermitteln vom Tiersitter bis zur geliehenen Bohrmaschine nahezu alles. Kritiker bemängeln, dass dabei monetäre Interessen im Vordergrund stehen. Für die Nutzer sind die Plattformen in der Regel kostenlos; wie beim sozialen Netzwerk Facebook sind es die Werbekunden, die den Umsatz bringen. Das Nachbarschaftsnetzwerk nextdoor.com in den USA beispielsweise ist bei Risikoinvestoren sehr beliebt und wird bereits mit mehr als einer Milliarde US-Dollar bewertet. Vielleicht stehen die Dinge aber am Ende doch nicht so schlecht, wie diejenigen beklagen, die überall schwindende Solidarität und eine Kommerzialisierung der Hilfsbereitschaft entdecken. Denn als im März die Corona-Pandemie Deutschland erreichte, konnte man plötzlich sehr viel Fürsorge und Aufmerksamkeit beobachten: Nähmaschinen wurden vom Speicher geholt, um Schutzmasken für sich und andere zu nähen. Freunde und Nachbarn boten sich an, für Ältere oder andere Risikogruppen Einkäufe zu erledigen, damit diese sich nicht der Gefahr einer Infektion aussetzen müssten. Sogar in der anfänglichen Schocksituation waren die Laternenpfähle plötzlich gepflastert mit Hilfsangeboten, erinnert sich die Zukunftsforscherin Cornelia Daheim. Und wagt den optimistischen Ausblick: Ich glaube, dass wir dadurch als Gesellschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen können. Die letzte Stunde der Hilfsbereitschaft hat also doch noch nicht geschlagen. Und vielleicht lohnt es sich, das nächste Mal anstatt auf den Buchen -Button auf dem Smartphone auf den Klingelknopf des Nachbarn zu drücken. Oder sich einen Ruck zu geben und den alten Freund um einen Gefallen zu bitten, für den man auch einen Fremden bezahlen könnte. Die Freundschaft wird es einem wahrscheinlich danken. Text: Christoph Koch

46 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Der Mensch dahinter 46 DER MENSCH HINTER DEM KRIBBELN IM BAUCH

47 CHARACTER Herbst WERNER STENGEL Der Münchner Ingenieur Werner Stengel hat weltweit nicht nur mehr als 600 Achterbahnen entwickelt. Er hat das Fahren der Achterbahn durch den Einsatz der Klothoide und der Herzlinie auch gesünder gestaltet. Per Videokonferenz erzählt er von seinem Werdegang und seiner Erfindung. Ich bin 1936 in Bochum geboren. Meine Mutter musste meine Schwester und mich alleine großziehen und ernähren, mein Vater war im Krieg gefallen. Eigentlich hätte ich gerne Philosophie studiert, aber obwohl ich der Klassenbeste war, reichte das Geld nicht fürs Gymnasium. Also lernte ich nach der Volksschule Maurer. Auf dem zweiten Bildungsweg holte ich innerhalb eines Jahres die Mittlere Reife nach, danach besuchte ich in Kassel die Ingenieurschule. Mit 26 zog ich als Bauingenieur nach München und begann an der TU mein zweites Studium Bauingenieurwesen. Ich musste nebenher Geld verdienen und arbeitete in einem kleinen Münchner Ingenieurbüro. Die hatten den Auftrag, für den schwäbischen Vergnügungsanlagenbauer Schwarzkopf einen Autoscooter zu planen. Da traute sich keiner so recht ran. Ich fragte den Chef: Darf ich die Pläne übers Wochenende mitnehmen?, die Antwort war: Ja. Mach mal. Drei Tage später war ich mit den Statik-Berechnungen für meinen ersten Fliegenden Bau, besagten Autoscooter, fertig. Fliegender Bau, darunter versteht man alle Anlagen, die man auf- und wieder abbauen kann. Danach plante ich die erste Stahlachterbahn Deutschlands für das Oktoberfest Seitdem haben mich Achterbahnen nicht mehr losgelassen entwickelte ich den ersten Looping, der nicht kreisrund war, sondern einer Klothoide entsprach. Warum? Runde Loopings verursachten schwere Gesundheitsschäden. Dank der von mir gewählten Klothoiden-Form die kannte ich als Bauingenieur aus dem Straßenbau, etwa von Autobahnaufund Abfahrten fallen die Ein- und Ausfahrten in einen Looping dagegen sanfter aus. Ein Jahr später entwickelte ich die Streckenführung einer Achterbahn so, dass sich die horizontalen Kurven für die Querneigung nicht um die Schienenmitte drehen, also zu Füßen der Insassen, sondern weiter oben auf Höhe der Brust. Heute spricht man von der Herzlinie, aber der Begriff stammt nicht von mir. Sie bewirkt, dass sich die Querbeschleunigung auf den Kopf deutlich reduziert. Auch dadurch vermeidet man Schleudertraumata. Inzwischen bin ich zwar im Ruhestand, doch mein Schwiegersohn führt das von mir gegründete Büro fort. Und: Ich fahre heute noch gerne Achterbahn. Text: Geraldine Friedrich

48 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT 12 ausgewählte Zitate von Armin Steuernagel 48

49 Rules for knaves make CHARACTER Herbst

50 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Unternehmen der Zukunft 50 DER MIT DEM FROSCH Das Unternehmen Werner & Mertz Reinhard Schneider hat aus einem Schmierseifenhersteller einen der innovativsten Nachhaltigkeits-Pioniere Europas geformt: Werner & Mertz. Jetzt setzt er an, die Verpackungsindustrie zu revolutionieren, und macht Flaschen aus dem Gelben Sack vollständig recycelfähig. Statt Wettbewerber auszugrenzen, lädt er sie zum Mitmachen ein. D as Erstgespräch, das Reinhard Schneider vor 20 Jahren mit seiner Hausbank führte, war niederschmetternd. Trotzdem bestärkte es den damaligen Unternehmensnachfolger in seiner Mission. Noch heute erzählt er von der Begebenheit, wenn er die Erfolgsgeschichte des Reinigungsmittelherstellers Werner & Mertz beschreibt: Es war meine allererste Arbeitswoche als geschäftsführender Gesellschafter, ich war neu in der Firma und bekam Besuch von unserer Hausbank. Zu der Zeit stand das Unternehmen allenfalls moderat da: Schneider hatte gerade zwei Gesellschafterinnen seine Tanten ausgezahlt und war Mehrheitseigner der Firma, die er in vierter Generation führte. Die Eigenkapitalquote lag bei zehn Prozent, das Ergebnis war eine schwarz-rote Null. Deshalb zeigten mir die Banker wohl auf, in welch fataler Sandwich-Position wir uns befanden, erzählt Schneider. Unter Druck gesetzt von mächtigen Lieferanten, so nannten sie es, ausgepresst von mächtigen Einzelhandelskunden und an die Wand gedrückt von übermächtigen Wettbewerbern, den Großen der Branche. Die beste Lösung, so meinten die Bank-Manager: Werner & Mertz zu verkaufen. ANDERS ALS DIE KONKURRENZ Schneider war irritiert. Hätte er seinen Job bei Nestlé aufgegeben, wenn er verkaufen wollte? Er war gerade mal 31 Jahre alt und glaubte an das Familienunternehmen. Schon sein Vater hatte die 1867 gegründete Firma geführt, zuletzt waren familienfremde Manager an der Spitze gewesen. Mit der Gründung der Marke Frosch hatten sie 1986 einen Grundstein für nachhaltige Reinigungsmittel gelegt. Darauf wollte Schneider aufbauen und Werner & Mertz vollständig auf Nachhaltigkeit ausrichten. Allerdings mit einem neuen Selbstverständnis: Damals herrschte bei uns die Überzeugung, dass unser Geschäft gut läuft, wenn wir uns an den Großen orientieren, berichtet er. Viele Führungskräfte und Beschäftigte hätten die Firma am liebsten zu einer Kopie der großen Konkurrenten wie Procter & Gamble, Henkel oder Reckitt Benckiser gemacht. Ich war hingegen überzeugt davon, dass das Gegenteil richtig war: Ich wollte die Dinge bewusst anders machen, damit wir uns von den Konzernen differenzieren konnten. Werner & Mertz ist noch heute zu 100 Prozent in der Hand von Familie Schneider. Das Unternehmen ist unter anderem Marktführer im Bereich der Haushaltsreiniger und gilt als Leuchtturm unter den nachhaltig wirtschaftenden Herstellern.

51 Aus Überzeugung nachhaltig: Reinhard Schneider, Geschäftsführer von Werner & Mertz CHARACTER Herbst

52 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Unternehmen der Zukunft 52

53 CHARACTER Herbst ICH WOLLTE DIE DINGE BEWUSST ANDERS MACHEN, DAMIT WIR UNS VON DEN KONZERNEN DIFFERENZIEREN KONNTEN. Reinhard Schneider, Geschäftsführer von Werner & Mertz 30 Millionen Euro hat Werner & Mertz 2019 in ein neues Fertigungszentrum in Mainz investiert und damit nach eigener Aussage die größte Recyclat- Flaschenfertigung der Welt geschaffen.

54 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Unternehmen der Zukunft 54 Schneiders Plan ist aufgegangen: Er habe in wahrer Pionierleistung gezeigt, dass umweltbewusstes und unternehmerisches Handeln kein Widerspruch sei, lobte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, als er den Firmenchef im vergangenen Herbst mit dem Deutschen Umweltpreis auszeichnete. Werner & Mertz steigerte seinen Umsatz mit Marken wie Frosch, Emsal, Erdal und Rorax im Jahr 2019 von 399 auf 455 Millionen Euro. Für das laufende Jahr erwartet Schneider ein Nachfrageboom-bedingtes Plus auf 540 Millionen Euro: Der gestiegene Verbrauch von Desinfektionsmitteln und Flüssigseifen, aber auch von Waschmitteln oder WC-Reinigern beschert Werner & Mertz genauso wie manchen anderen Herstellern in Zeiten von Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen volle Auftragsbücher. Längst haben sich die Mainzer aus der fatalen Sandwich-Position herausbewegt und stehen wirtschaftlich gut da. Ihr Finanzinstitut stuft ihre Bonität mit einem A-Rating als gut bis sehr gut ein. UMSATZPLUS WEGEN DER CORONA-KRISE Die Bank-Manager hatten die Idee des nachhaltigen Wirtschaftens damals überhaupt nicht verstanden, ärgert sich Schneider. Und leider sei Nachhaltigkeit so seine Überzeugung auch heute kein Wert, den die Finanzbranche anerkenne und kritisch hinterfrage. Da ist viel Greenwashing dabei, sagt er und meint damit die geschönte Darstellung umweltfreundlicher Maßnahmen seitens der Großkonzerne. Das, was er und seine rund Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen, ist soweit zumindest das Selbstverständnis kein Greenwashing, sie handeln aus Überzeugung. Bereits seit 2003 ist Werner & Mertz EMASzertifiziert. Dahinter verbirgt sich das weltweit anspruchsvollste System für nachhaltiges Umweltmanagement der Europäischen Union. Eine Überprüfung findet jährlich statt und dabei werden die ohnehin schon hohen Umweltstandards stetig angehoben. NACHHALTIG FÜR DIE JUGEND Ich habe bei dem Strategieschwenk damals auch an nachfolgende Generationen gedacht. Was sollte ich denn meinen Kindern sagen, wenn sie mich gefragt hätten, wie unser Beitrag für ihre Zukunft aussieht? Inzwischen zeigt sich etwa bei der Fridays for Future - Bewegung, dass Umwelt- und Klimaschutz ein echtes Anliegen der Jugend ist. Und Schneider nennt einen weiteren Grund für seine Nachhaltigkeitsstrategie: Wer den Sinn kennt, hat mehr Spaß an der Arbeit. Das sieht wohl auch seine Belegschaft so: Über Fachkräftemangel kann sich der Mittelständler nicht beklagen. Im Schnitt arbeiten die Beschäftigten 16 Jahre in der Firma. Die Regale in Schneiders Chefzimmer stehen voll mit Auszeichnungen und Pokalen. Nicht nur er wird geehrt, auch die Produktund Verpackungsinnovationen der Firma bekommen Preise. Wie zuletzt im Juni, als die Marke Frosch den Marken-Award des Deutschen Marketingverbands für ihre Nachhaltigkeitsstrategie erhielt. Während Frosch anfangs für Bio-Qualität und sanfte Chemie stand, nehmen die Produktmanager inzwischen ökologische Verpackungen in den Fokus. Werner & Mertz startete dafür eine Recyclat-Initiative, an der sich externe Kooperationspartner entlang der gesamten Wertschöpfungskette beteiligen, um die Entwicklung von Verpackungen mit einem hohen Anteil aus Altplastik aus dem Gelben Sack voranzutreiben. Tatsächlich sind neben neu eingeführten und komplett recycelbaren Standbodenbeuteln bereits 373 Millionen zu 100 Prozent recycelte PET-Flaschen von Werner & Mertz im Einsatz. RECYCLAT: AUS MÜLL WERDEN VERPACKUNGEN Schneider hat das Projekt von Anfang an als Open Innovation Initiative gestartet, um Mitstreiter im Sinne der Nachhaltigkeit zu gewinnen. 30 Millionen Euro hat er 2019 in ein neues Fertigungszentrum und damit in die größte Recyclat-Flaschenfertigung der Welt investiert. Steigen möglichst viele Kooperationspartner ein, so der Gedanke, würde man nicht nur mehr Plastikmüll verhindern, sondern auch die Stückkosten senken. Aktuell sind die Materialkosten rund 20 Prozent höher als in der herkömmlichen Fertigung. Die Großen der Branchen haben laut Schneider schon abgewunken: Sie seien nicht bereit, mehr zu investieren. Der Firmenchef bedauert dies. Gerade in der Corona-Krise werde deutlich, dass Verbraucher sich nicht vom Thema Nachhaltigkeit abwenden möchten, sagt er. Für Werner & Mertz bedeutet dies zusätzlichen Rückenwind. Ohnehin habe man aktuell damit zu tun, das immense Wachstum zu schultern und die Nachfrage zu bedienen. Und wenn das Wachstum wieder abflacht? Die Ideen werden ihnen nicht ausgehen, betont Schneider schmunzelnd: Wir sind mit dem Frosch-Neutral-Reiniger als Alternative zur damaligen Schmierseife gestartet und haben heute erfolgreich Kosmetikprodukte im Angebot. Und als wollte er ergänzen, dass die Firma nie wieder in eine fatale Sandwich-Position gelangt, ergänzt er: Welche Grenzen gibt es für eine Marke, die für Nachhaltigkeit steht? Text: Stefanie Bilen

55 CHARACTER Herbst Schon seit 2003 sind beide Produktionsstandorte in Mainz sowie im österreichischen Hallein EMASzertifiziert und arbeiten demnach nach höchsten Umweltschutzkriterien. ICH HABE BEI DEM STRATEGIESCHWENK DAMALS AUCH AN NACHFOLGENDE GENERATIONEN GEDACHT. Reinhard Schneider, Geschäftsführer von Werner & Mertz

56 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Kleine Schätze des Alltags 56 KLEINE SCHÄTZE DES ALLTAGS Der Alltag ist voll von kleinen Gegenständen: Taschentücher, Messer, Streichhölzer, Kaffeemaschinen oder Kugelschreiber sie alle gelten heute als so selbstverständliche Accessoires des täglichen Lebens, dass sie kaum noch eines Gedankens oder eines zweiten Blicks würdig erscheinen. Dabei sind sie oft unentbehrlich und besitzen eine lange Geschichte. Grund genug, die kleinen Schätze des Alltags einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.

57 CHARACTER Herbst DIE GROSSE HILFE WAS SICH IN EINE EXCEL-TABELLE ZWÄNGEN LÄSST, KANN NICHT FALSCH SEIN. ODER? D er Mensch will Ordnung. Die ist bekanntlich das halbe Leben und macht ihm die andere Hälfte erst erträglich. Ordnen heißt immer auswählen und trennen: große Steine von kleinen Steinen, lange Hölzer von kurzen oder wie Aschenputtel die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Ordnung in materielle Dinge zu bringen, ist einfach. Schwieriger wird es, Gedanken, Daten und Informationen zu ordnen. Die schrieb der Mensch schon in der Antike fein säuberlich auf kleine Tafeln, lateinisch heißen sie tabella. Im Laufe der Jahrtausende wurde die Welt deutlich komplizierter und komplexer und mit ihr die Tabelle. TABELLENKALKULATIONS- PROGRAMM Seit 1985 hilft die Excel-Tabelle dabei, Ordnung in das Leben zumindest aller geschäftlichen Vorgänge zu bringen. Die Excel-Geburtshelfer Bill Gates und Paul Allen hatten bereits zehn Jahre zuvor die garage company Microsoft gegründet und das Tabellen-Kind gehörte sofort zur Familie der Microsoft Office-Programme. Heute ist Excel das am weitesten verbreitete Tabellenkalkulationsprogramm. Projektmanagement ohne Excel-Tabelle? Manchen scheint das so unmöglich wie ein Ozean ohne Wasser. Erstaunlich, was sie leistet, diese Excel- Tabelle: Sie kann filtern und sortieren, markieren und kontrollieren. Wirklich nichts scheint es in der Arbeitswelt zu geben, das sich nicht in eine Excel-Tabelle zwängen ließe. Auf Zeilen und in Spalten lässt sich hier alles miteinander konnotieren, korrelieren und kombinieren. So spiegeln die Verknüpfungsmöglichkeiten einer Excel- Tabelle den göttlichen Anspruch wider, dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt oder zumindest zusammenhängen könnte: Mondphasen und Aktienkurse, Ernährungskontrollen und Staudammbrüche. Ja, man könnte mithilfe einer Excel-Tabelle sogar die Verkaufszahlen von Lippenstiften in Bezug zu Entwicklungen des Küssens in Zeiten von Corona und dem Tragen von Mundschutzmasken untersuchen. Eine Excel-Tabelle denkt mit. Sie ermöglicht Berechnungen und Planungen, weil sie eben Zusammenhänge herstellen kann. Kein Wunder, dass die Excel-Tabelle von manchen als Vorstufe, wenn nicht bereits als Teil der künstlichen Intelligenz gefeiert wird. Im Office-Leben scheint diese Tabelle einen großen Wunsch des Menschen zu erfüllen, nämlich beruhigt und sicher zu wissen: Der Plan geht auf! Doch genau darin erweist sich die Excel-Tabelle oftmals nur als Placebo der Beruhigung. PLANEN IN EXCEL Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht! / Und mach dann noch nen zweiten Plan, / geh'n tun sie beide nicht, heißt es bei Bert Brecht über die Unzulänglichkeit menschlichen Planens. Wer glaubt, eben dieser Unzulänglichkeit mittels Excel- Tabelle Herr werden zu können, kann sich täuschen: Ein perfekt geplantes Projekt, das in Excel einfach und beherrschbar schien, platzte und patzte in der harten Realität. Wer blind auf Excel vertraut, vergisst manchmal: Was in der Tabelle steht, ist immer nur Theorie. Diese dann in die Praxis umzusetzen, ist das Leben. Und das bietet oft Überraschungen. Text: Pascal Morché

58 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Dafür stehe ich morgens auf 58 Claudia Bausewein (55) ist Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Klinikleiterin und gilt als eine der deutschen Pionierinnen auf dem Gebiet der Sterbebegleitung. DAFÜR STEHE ICH MORGENS AUF Es gibt unzählige Gründe, wieso Menschen morgens ihr Bett verlassen und zwar nicht etwa, weil der Wecker klingelt. Ob nun echte Berufung, stetiges Streben oder inneres Bedürfnis, ob Job, Hobby oder soziales Engagement jeder hat etwas anderes, das ihn begeistert und ihn antreibt. In dieser Rubrik erzählen Menschen von ihrer Motivation, ihren Leidenschaften und davon, wofür sie morgens aufstehen. Text: Christoph Koch ES GEHT NICHT DARUM, DAS LEBEN ZU VERLÄNGERN, SONDERN SEINE QUALITÄT ZU VERBESSERN. Meine erste Begegnung mit Sterbenden hatte ich im Alter von 19 Jahren: Während eines Freiwilligen Sozialen Jahres in einem Krankenhaus spürte ich, dass die Art, wie mit sterbenden Menschen umgegangen wurde, besser sein könnte. In den Achtzigerjahren wusste kaum jemand hierzulande, was ein Hospiz ist ich auch nicht. Nach dem Medizinstudium arbeitete ich in Oxford bei einem bekannten Palliativmediziner. Als ich nach Deutschland zurückkehrte, war ich auf einen Schlag eine der erfahrensten Ärztinnen auf diesem Gebiet. Ich baute eine Palliativstation im Münchner Krankenhaus Harlaching auf und widmete mich später wissenschaftlichen Fragen. Heute leite ich die Klinik für Palliativmedizin innerhalb des LMU-Klinikums München. Unser Ziel ist, die Lebensqualität von Menschen zu verbessern, die an einer fortgeschrittenen Erkrankung leiden und deren Lebensende absehbar ist. Früher wurden wir erst in den letzten Lebenstagen dazugeholt. Inzwischen beginnt unsere Arbeit oft schon in den Wochen oder Monaten vor dem Tod und wir arbeiten Hand in Hand mit den Hausärzten und Onkologen. Wir lindern körperliche Beschwerden, kümmern uns aber auch um psychische Belastungen und spirituelle Fragen der Sterbenden. Und wir helfen dem sozialen Umfeld denn die Angehörigen brauchen oft genauso viel Unterstützung. Die Arbeit ist viel weniger traurig, als die meisten sich das vorstellen. Wenn junge Patienten kleine Kinder hinterlassen, bedrückt mich das natürlich sehr. Aber insgesamt lachen wir viel, auch gemeinsam mit den Patienten. Die Arbeit ist sehr befriedigend. Mein Ziel ist es nicht, zu heilen. Mein Ziel ist erreicht, wenn ein Mensch sagt: Ich habe keine Schmerzen, keine Atemnot mehr und endlich hört mir jemand zu. Das sind sehr direkte Beziehungen, die große Freude machen. Ich habe durch meine Arbeit gelernt, dankbar zu sein für alles und nichts als selbstverständlich hinzunehmen. Nicht nur Pläne für die Zukunft zu machen, sondern auch im Hier und Jetzt das Leben zu genießen. Bewusst den Vögeln zuzuhören und gelassener und nachsichtiger zu sein in den Beziehungen zu den Menschen um mich herum.

59 CHARACTER Herbst Dr. Christian Gerloff (52) ist einer der bekanntesten Insolvenzverwalter Deutschlands. Zu seinen namhaftesten Insolvenzverfahren gehörten unter anderem Modemarken wie GERRY WEBER, ESCADA, Rena Lange und Laurèl. garantieren. Manchmal endet es leider auch in der Pathologie. Wirtschaftliches Verständnis und Menschenkenntnis sind in meinem Beruf mit Sicherheit wichtiger als das juristische Rüstzeug, das nur den Rahmen bildet. Ich muss Empathie zeigen können mit den Mitarbeitern, aber auch mit den Unternehmern, um deren Zukunft es geht. WIRTSCHAFTLICHES VERSTÄNDNIS UND MENSCHEN- KENNTNIS SIND IN MEINEM BERUF MIT SICHERHEIT WICHTIGER ALS DAS JURISTISCHE RÜSTZEUG. Ich wuchs in der DDR auf und hatte dort ein Physikstudium begonnen. In der Wendezeit verschlug es mich jedoch in die Politik. Ein Jurastudium schien mir dafür sinnvoller. Zum Insolvenzrecht kam ich dann eher durch Zufall: Ein Anwalt, den ich kannte und bei dem ich ein Praktikum absolvierte, war darauf spezialisiert. Ich fand aber schnell Geschmack daran, denn es ist ein Beruf, in dem ich wahnsinnig viel sehe und erlebe. Ich mag die Aufgabe, unterschiedliche Interessenlagen zusammenzuführen und Lösungen und Kompromisse zu finden, von denen alle etwas haben. Denn zum einen geht es ja darum, den Betrieb und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Zum anderen sollen die Gläubiger möglichst viel von ihrem Geld wiederbekommen. Natürlich gibt es Fälle, in denen das besser gelingt, und andere, in denen ich nicht mehr so viel ausrichten kann. Ich vergleiche den Beruf oft mit einem Rettungssanitäter: Im Idealfall wird der Patient wieder völlig gesund, aber ich kann es nicht immer Meine Rolle ist dann die des Motivationskünstlers: Ich versuche zu vermitteln, dass ich zwar nicht versprechen kann, dass in sechs Monaten alles gut sein wird aber dass wir schon verloren haben, wenn wir nicht gemeinsam kämpfen. Natürlich muss ich in vielen Fällen auch Mitarbeitern kündigen. Aber dann ist es erst recht wichtig, diesen offen, ehrlich und mit Respekt gegenüberzutreten. Im Lauf der Jahre hat sich bei mir eine Spezialisierung auf die Modebranche entwickelt. Das Schöne: Ich habe dort mit kreativen Menschen zu tun, die ich emotional ansprechen, mitnehmen und motivieren kann. Gleichzeitig sind es oft sehr komplexe Verfahren mit teils verflochtenen Konzernstrukturen und Auslandsbezug, bei denen es extrem wichtig ist, dass die Marke nicht beschädigt wird. Denn die ist in der Modebranche heilig. Traurig wird es, wenn ich die zweite oder dritte Runde mit einem Unternehmen drehen muss. Aber dafür gibt es auch Fälle, in denen ich Jahre später lese, dass ein Unternehmen sich wieder gut entwickelt und die Talsohle durchschritten hat. Dann freue ich mich sehr, gemeinsam mit meinem Team einen Teil dazu beigetragen zu haben.

60 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Unternehmen mit Tradition 60 VIELFALTSPINSEL Ein Besuch bei Kolibri Ein kleines Familienunternehmen in Mittelfranken fertigt Pinsel der Marke Kolibri und stemmt sich erfolgreich gegen die Übermacht aus Fernost. I m Gegensatz zum Pferd, das man nicht vom Schwanz her aufzäumen sollte, lohnt es sich beim Künstlerpinsel, die Herstellung vom Ende her zu denken. Eben vom Schwanz oder besser vom Schweif eines Eichhörnchens oder Rotmarders. Deren Schweifhaar ist fein und doch kräftig, es ist elastisch und doch fest. Gewiss, es gibt auch Pinsel aus Iltishaaren oder Pinsel aus feinen Rindsohrhärchen. Ziegen- und Ponyhaarpinsel gibt es und dann noch jene aus derben, harten Schweineborsten und doch werden für die meisten Pinsel heute weltweit synthetische Fasern verwendet. Wer aber dem Hobby des Malens ernsthaft frönt oder dem Fernsehmaler Bob Ross nacheifert, der tritt für sein ganz persönliches Art of painting - Erlebnis nur mit einem Pinsel aus Naturhaar an die Leinwand. Das geschieht möglichst mit einem Pinsel der Marke Kolibri aus Kolinsky-Haaren. Das sind die unübertroffen besten Marderhaare von den Schweifen des sibirischen Feuerwiesels, des Kolinsky, erklärt Thomas Hackenberger, Chef des Pinselmacherbetriebs Feurer & Sohn im mittelfränkischen Burk. Ganze 680 Schweife dieses Tieres ergeben gerade mal ein Kilogramm Haar. Ein hochwertiger Rohstoff also, dessen Kilopreis derzeit bei rund Euro liegt was erklärt, warum ein Künstlerpinsel bis zu 150 Euro kosten kann. Da die Qualität von Naturhaar sehr schwankt, sind auch wir gezwungen, zunehmend synthetische Haare für Kolibri-Pinsel zu verwenden, das sind dann jene um einen Euro. Davon fertigen die Hackenbergers mit ihren 18 Mitarbeitern eine Million Stück im Jahr. 70 Prozent gehen aus dem Dorf Burk in den Export in 45 Länder der Welt. Am deutschen Markt ist das Geschäft eher rückläufig, denn in den Schulen fallen Werkund Kunstunterricht häufig einfach weg und viele kleine Läden für Künstlerbedarf haben geschlossen. Das Ausland bringt uns und unserem Handwerk heute mehr Wertschätzung entgegen, resümiert der Pinselfabrikant VERSCHIEDENE PINSELSORTEN In Burk, Landkreis Ansbach, lebt das Handwerk der Pinsel- und Bürstenmacher noch.

61 Fehlt noch der Stiel zum Pinsel: fassonierte Haarbüschel, von der Metallzwinge fest umschlossen. Sohn Martin Hackenberger (rechts) betont den Manufaktur-Gedanken der Pinselherstellung. CHARACTER Herbst

62 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Unternehmen mit Tradition 62 Hier kommen die Haare hinein: In kleinen, verschieden geformten Aufstoßbüchsen aus Messing wird die gewünschte Pinselspitze geformt.

63 CHARACTER Herbst HEUTE GIBT ES NOCH FÜNF PINSELHERSTELLER IN DIESER GEGEND. Thomas Hackenberger, Chef des Pinselmacherbetriebs Die Frankenmetropole Nürnberg mit Kolibris größtem Mitbewerber Da Vinci ist eine gute Autostunde entfernt. Dass sich in der Region gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Pinselund Bürstenmacherhandwerk ansiedelte, hatte seinen Grund in der Armut der Landbevölkerung. Man suchte Nebenerwerb durch Heimarbeit. So wurde auch Feurer & Sohn im Jahr 1898 als kleine Produktionsstätte für Feinhaarpinsel und Kielpinsel von Karl Feurer gegründet. Heute gibt es noch fünf Pinselhersteller in dieser Gegend, erzählt Hackenberger. Mit Pinseln hatte der gebürtige Erzgebirgler zunächst gar nichts im Sinn, bis er vor 18 Jahren auf Eduard Feurer, den Enkel des Firmengründers traf. Der wollte sich in den Ruhestand verabschieden und verkaufte das Unternehmen an Thomas Hackenberger. Als ehemaliger Mathematik- und Physiklehrer ist dieser zweifellos ein Mann der Zahlen und suchte mit Ehefrau Katrin nach einer neuen beruflichen Herausforderung im Westen. Heute freut sich Hackenberger, dass er demnächst das Unternehmen an seinen Sohn weitergeben wird. VERRÜCKTE PINSEL-WÜNSCHE Martin ist dann die 5. Generation, die Feurer & Co. führt. Der Sohn sei mit Leib und Seele Handwerker, gelernter Pinselmacher mit Meisterabschluss und hineingewachsen ins haarige Geschäft. Außerdem hat er Spaß daran, unseren Kunden auch die verrücktesten und vielfältigsten Wünsche in Bezug auf Pinselformen und Pinselgrößen zu erfüllen. Dabei ist die Kolibri-Produktpalette schon jetzt nahezu unüberschaubar groß. Da muss man den Überblick behalten, sagt der Chef. Schließlich würden in Burk 250 verschiedene Serien an Kolibri-Pinseln in zehn verschiedenen Größen gefertigt. Außerdem verlasse nochmal eine ähnlich große Anzahl unter anderen Markennamen das Haus. Macht insgesamt verschiedene Pinselsorten. Auch wenn die Konkurrenz aus Fernost heute übermächtig scheint, so lohnt sich die Pinselherstellung für das kleine deutsche Traditionsunternehmen. Hackenberger erzählt: Neben Kunst, Schule und Hobby, die den Löwenanteil der Produktion ausmachen, finden unsere Pinsel im Dentalbereich und natürlich in der Kosmetik und der Nailart professionelle Anwendung.

64 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Unternehmen mit Tradition 64 Die Banderolen verraten die Herkunft: feine Haare aus Fernost. Rechts: Das Ehepaar Thomas und Katrin Hackenberger (nebst Hund Bessie) im Zentrum der Pinselherstellung. EINEN PINSEL KANN MAN IMMER NUR IN HANDARBEIT HERSTELLEN. Thomas Hackenberger, Chef des Pinselmacherbetriebs

65 CHARACTER Herbst Es gibt komplexere Gegenstände als einen Pinsel. Der besteht aus drei Teilen: Stiel, Zwinge und einem Besatz genannten Haarbüschel. Diese drei Teile zusammenzubringen, ist allerdings ausgesprochen personalintensiv. Einen Pinsel kann man immer nur in Handarbeit herstellen, sagt Thomas Hackenberger und man versteht, dass Sohn Martin den Begriff der Pinsel- Manufaktur künftig in den Vordergrund der Unternehmensdarstellung rücken wird. DAS SCHLIMMSTE: HAARENDE PINSEL Tacktack Tacktack Tacktack, ein rhythmischer Klang durchdringt die kleine Werkstätte, die eher einem umgebauten Zweifamilienhaus denn einem Fabrikgebäude ähnelt. In einem Raum sitzen Pinselmacherinnen an Werkbänken und füllen zunächst kleine, kartuschenartige Messingzylinder mit einem Haarbündel. Ihr Griff mit drei Fingern in eine Haarmenge beweist Gefühl für das richtige Maß: Pinselmacherinnen greifen für einen Rotmarderpinsel der Größe 12 präzise 1,7 Gramm Haare und kein zehntel Gramm mehr. SCHATZKAMMER HINTER DER KELLERTÜRE Dann trommeln sie den Messingzylinder Tacktack Tacktack Tacktack auf ihre Arbeitsplatten, bis jedes der Härchen den Grund der Aufstoßbüchse erreicht und sich zu einer feinen Pinselspitze geformt hat. Dieser Pinselkopf wird danach mit Garn abgebunden und mit einem Kleber verkittet, damit seine Form erhalten bleibt. Die fassonierten Haarbüschel werden in eine metallene Zwinge geschoben, die dann mittels Zweikomponentenkleber Pinselkopf und Stiel fest umschließt. Anschließend wird der Pinsel noch ausgeputzt, also von einzelnen losen Haaren befreit, erklärt Pinselmachermeister Hackenberger. In Kästen und Kästchen lagern Stiele aus Buchen-, Birken-, Pappelholz, kurze und lange, dicke und dünne. Ordentlich ist es und sympathisch altmodisch wirken die vielen Holzschränkchen. Nur der 3-D-Drucker zur Beschriftung der Pinselstiele inklusive Größenangabe und Barcode setzt buchstäblich ein Zeichen der Moderne. Früher wurde das eingestanzt. Mit einer gewissen Ehrfurcht öffnet Hackenberger Junior schließlich eine unscheinbare Kellertür, hinter der sich allerdings die Schatzkammer des Unternehmens verbirgt: das Haarlager. Hier lagern meine Kolinskys, flüstert der junge Pinselmacher andächtig. Bis unter die Decke füllen sich Regale mit Schachteln des feinen Naturmaterials. Kiloweise und stets von einer Banderole umschlossen: Haare von Rotmardern, Fehhaare von Eichhörnchen, Haare, die die Hackenbergers auf Pelzbörsen finden oder von Haarzurichtern beziehen. Dicke Gitterstäbe vor den Fenstern schützen diesen Schatz des Unternehmens. Fast wichtiger sind aber die hauchdünnen Netze überall an den Kellerfenstern, denn Motten sind unser ärgster Feind. Die synthetischen Fasern im Haarlager von Feurer & Sohn würden diese Viecher verschmähen. Motten wollen immer die Kolinskys. Nun, darin sind sie sich mit vielen passionierten Künstlern und Hobbymalern weltweit einig. Text: Pascal Morché

66 TRADITION GEGENWART ZUKUNFT Impressum 66 HERAUSGEBER Bethmann Bank AG Mainzer Landstraße Frankfurt am Main Feedback zum Heft: character@bethmannbank.de REDAKTION Frank Elsner Kommunikation für Unternehmen GmbH Kirchstraße 15 a Westerkappeln office@elsner-kommunikation.de PRESSERECHTLICH VERANTWORTLICH Alexandra Vitt-Krauß Bethmann Bank AG Mainzer Landstraße Frankfurt am Main DESIGN Biedermann und Brandstift Creative Services GmbH Dreieichstraße Frankfurt am Main FOTOS S Character im Porträt Marc Krause S Hello / Goodbye gettyimages.de S Panorama Tim Peukert S Zwischen kommerziell und karitativ Marc Krause S Perspektivwechsel gettyimages.de, Gregor Ortmeyer, Maria Schulz S Für morgen Marc Krause S Lieblingsstücke unsplash.com, rijksmuseum.nl, Marc Krause S Werte im Wandel unsplash.com S Der Mensch dahinter gettyimages.de AUTOREN UND MITWIRKENDE DIESER AUSGABE Stefanie Bilen, Jessica Braun, Claudia Fleischer, Geraldine Friedrich, Claus Hornung, Christoph Koch, Arno Makowsky, Pascal Morché, Frank Paschen, Stefan Weber DRUCK Hinckel-Druck GmbH Obere Grüben Wertheim am Main PAPIER Für den Umschlag von Character haben wir das Designpapier Munken Polar Rough verwendet. Auch die Inhaltsseiten des Magazins gehören zur gleichen Papier- Familie Munken Print White. Beide Varianten zeichnen sich durch ihre natürliche und hochwertige Haptik aus. Selbstverständlich sind beide Papiere FSC - zertifiziert. Das zur Herstellung verwendete Holz stammt aus verantwortungsvoller Waldwirtschaft. S Unternehmen der Zukunft Evelyn Dragan S Kleine Schätze des Alltags unsplash.com PRODUKTION Die Produktion unseres Magazins Character gestalten wir klimaneutral, indem wir die durch den Druck entstehenden CO 2 -Emissionen ausgleichen. S Dafür stehe ich morgens auf Illustration: Sebastian Kalwak S Unternehmen mit Tradition Marc Krause Rechtliche Hinweise Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Inhalte, Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Sämtliche Urheberrechte für Beiträge, Fotos sowie die grafische Gestaltung liegen beim Herausgeber. Eine Verwertung der Zeitschrift oder der in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, besonders durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere ist die Speicherung oder Verbreitung der Inhalte in Datenbanksystemen, zum Beispiel als elektronischer Pressespiegel oder Archiv, ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig. Alle Rechte vorbehalten. Eine Haftung für die Inhalte ist ausgeschlossen, es sei denn, dass solche Schäden vom Herausgeber oder seinen Mitarbeitern vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden sind.

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