Vitazeile Bildhauer und Eisenplastiker. Bis 1950 figürliche Plastiken, ab 1950 Konstruktionen aus Draht und Federstahl.

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1 Linck, Walter, Composition, 1952/1963, Eisen und Stahl, 32 x 29,5 x 19,5 cm, Kunstmuseum Winterthur Bearbeitungstiefe Name Namensvariante/n Lebensdaten Bürgerort Linck, Walter Linck, Waldemar * Bern, Bern Bern Staatszugehörigkeit CH Vitazeile Bildhauer und Eisenplastiker. Bis 1950 figürliche Plastiken, ab 1950 Konstruktionen aus Draht und Federstahl. Tätigkeitsbereiche Lexikonartikel Plastik, Eisenplastik, Kinetische Kunst, Kunst im öffentlichen Raum, Stahlplastik, Skulptur Walter Linck wächst als Sohn des Malers Ernst Linck in Bern auf. Zwischen 1918 und 1920 besucht er die Gewerbeschule in Bern und von 1920 bis 1921 die Fachklasse für Metallarbeiten an der Kunstgewerbeschule Zürich. Es folgt eine vierjährige Ausbildung als Bildhauer und Plastiker an der Akademie der bildenden Künste in Berlin bei Wilhelm Gerstel ( ). Seite 1/5,

2 1926 Rückkehr in die Schweiz und gemeinsames Atelier in Zürich mit der Keramikerin Margrit Daepp, die er 1927 heiratet. Im folgenden Jahr gemeinsame Übersiedlung nach Paris. Zwischen 1930 und 1941 pendelt der Künstler zwischen Bern (Atelier in Wabern) und Paris. Erste öffentliche Aufträge für Brunnenfiguren in Bern, zum Beispiel eine Landsknecht-Figur auf dem Bärenplatz, daneben Grabmalplastik und Porträts Geburt des Sohnes Christian definitive Rückkehr in die Schweiz und 1941 Bezug eines eigenen Hauses mit Atelier in Reichenbach bei Bern zerstört der Künstler fast sein ganzes bisheriges plastisches Werk und sucht einen Neuanfang erste Arbeiten aus Draht und Eisenblech Übergang zur Konstruktion abstrakter beweglicher Skulpturen aus Draht und Federstahl erste Einzelausstellung in der Galerie Marbach in Bern und 1954 Teilnahme an der 1. Schweizer Plastik-Ausstellung in Biel entwirft er kinetische Wasserspiele und Brunnen Teilnahme an der 28. Biennale di Venezia Lehrauftrag an der Werkakademie Kassel Einladung an die Documenta II in Kassel, 1963 vertritt er die Schweiz an der 7. Biennale São Paolo erneut Teilnahme an der 33. Biennale di Venezia (zusammen mit Johannes Itten). In den 1960er- und 1970er-Jahren entstehen zahlreiche grossformatige Arbeiten aus Federstahl für den öffentlichen Raum. Gesundheitliche Probleme erschweren in den letzten Schaffensjahren die künstlerische Arbeit zusehends. Walter Lincks frühe figürliche Plastik ist geprägt vom naturalistischen, antiklassischen Stil seines Berliner Akademielehrers Wilhelm Gerstel. Nach Lincks Rückkehr in die Schweiz entstehen im Zürcher Atelier, wo zu jener Zeit auch Karl Geiser arbeitet, Frauenakte und Porträtköpfe, die von einem starken Interesse an der Darstellung individueller Charaktere zeugen. Während seines ersten Aufenthalts in Paris von 1928 bis 1930 setzt sich Walter Linck intensiv mit dem sinnlichen Formideal Aristide Maillols ( ) auseinander und nähert sich der klassisch beruhigten Figurenplastik von Charles Despiau an ( ). Es entstehen sitzende oder stehende, in sich ruhende Frauenakte mit gerundeten und geschlossenen Körperformen. Damit gehört er in den 1940er-Jahren zu den führenden Schweizer Vertretern der figürlichen Plastik, die im Zeichen eines zeitlosen, harmonischen Menschenbilds steht. Einen entscheidenden Einschnitt im Schaffen Walter Lincks stellt die fast vollständige Zerstörung seines bisherigen plastischen Werks dar, das Seite 2/5,

3 der Künstler 1943 in der Aare versenkt. Die Figuren verlieren nun zusehends an Körpervolumen und lastender Masse. In dieser Phase gestaltet er poetische Musikantenfiguren, Geiger, Flöten- und Harfenspieler, sowie tänzerisch leichte Fabelwesen, die mit ihren gelängten Gliedmassen an die Plastik des Manierismus erinnern. Zugleich kommt es unter dem Eindruck der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs auch zur Darstellung der leidenden, in sich zusammengesunkenen Kreatur. Immer stärker beginnt sich nun der Körper zu entmaterialisieren und wird vergleichbar mit den Figuren Alberto Giacomettis zur ausgezehrten, grotesken Gestalt, unter deren dünner Oberfläche aus Gips sich das Gerüst aus Draht deutlich abzeichnet. Walter Lincks schnell vollzogene Hinwendung zu den Werkstoffen Stahl und Eisen in den frühen 1950er-Jahren ist unter diesen Voraussetzungen als logische Konsequenz dieses Entmaterialisierungsprozesses zu verstehen. Zu Beginn seines eisenplastischen Schaffens setzt er sich spielerisch mit der Formensprache von Julio González ( ) oder Joan Miró ( ) auseinander, ehe er zu seinen charakteristischen filigranen Konstruktionen mit elastischen Stahldrähten und Federstahlbändern übergeht. In poetisch-konstruktiven Gitterstrukturen wie Lyrique I oder Zeichen von 1952 verwendet er den Draht als zeichnerisches Mittel. Die Drahtskulpturen oder Mobiles, wie sie Linck in Anlehung an Alexander Calder ( ) nennt, reagieren auf leichteste Erschütterungen oder auf Luftströme und geraten in vibrierende Bewegung. Die Affinität dieses Bewegungsspiels zum Rhythmus der Musik findet ihren Niederschlag in lyrischen Arbeiten wie der Grasharfe ( ) oder dem Piano rythmique (1954, Bern, Tiefenauspital), einer Konstruktion mit pendelnden Stangen. In einer anderen Werkgruppe, den fein ausbalancierten Plastiken aus geschwungenen Federstahlbändern mit Titeln wie Balance oder Les deux principes von werden Gleichgewichtszustände thematisiert. Der Künstler nutzt hier das energetische Potential und die hohe Elastizität eines industriellen Fertigprodukts als Mittel der Kinetik. In den 1960er- und 1970er-Jahren setzt Walter Linck seine Formensprache in grossformatige Plastiken um. In Arbeiten wie Action (1970) oder Orbite ( , Washington D.C., Schweizer Botschaft) gelangt das Prinzip der Bewegung mit grossen, auf mehreren Ebenen gestaffelten Schlaufen als energetischer Kreislauf zur Anschauung. Seite 3/5,

4 Im konstruktiv feinsinnigen Umgang mit dem Material begründet sich Walter Lincks Sonderstellung unter den Pionieren der Schweizer Eisenplastik: anders als Oscar Wiggli, Robert Müller oder Bernhard Luginbühl bearbeitet er den Werkstoff Eisen nicht mit den rustikalen Verfahren des Schmiedens und Hämmerns, sondern erlernt weitgehend autodidaktisch die filigranen Techniken der kalten Metallbearbeitung (Kaltlöten, Biegen, Treiben), in denen er es zu grosser Meisterschaft bringt. Aber auch von den plastischen Arbeiten der Zürcher Konkreten ist Lincks Werk abzugrenzen: seine Konstruktionen beruhen nicht auf mathematischen Gesetzmässigkeiten, sondern resultieren in einem Prozess des sorgfältigen Abwägens und Ausbalancierens aus einer intuitiven Suche nach dem Gleichgewicht. Werke: Bern, Tiefenauspital, Piano rythmique, grand, 1954; Bern, Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur; Kunstmuseum Bern; Kunsthaus Glarus; Kunstmuseum Olten; Wabern, Primarschulhaus, Supraporte, Relief, 1932; Washington D.C., Schweizer Botschaft, Orbite, ; Kunstmuseum Winterthur; Wuppertal, Von der Heydt-Museum; Kunsthaus Zürich. Michael Baumgartner, 1998, aktualisiert 2011 Literaturauswahl Nachschlagewerke - Hans Christoph von Tavel: Margrit und Walter Linck. Kunstmuseum Bern, Matthias Frehner: Geschichte der Schweizer Eisenplastik. Dissertation Universität Zürich, Zürich: Zentralstelle der Studentenschaft, Walter Linck Kunsthaus Zürich, [Texte:] Guido Magnaguagno, Ludmila Vachtova. Zürich, Theo Eble. Walter Linck. Hannover, Kestnergesellschaft, [Texte von:] Werner Schmalenbach, Albert Schulze Vellinghausen. Hannover, Kestner-Gesellschaft, Annibale Scicluna-Sorge: Walter Linck. Sculpteur. Bern: Huber, E. Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays par un groupe d'écrivains spécialistes français et étrangers. Nouvelle édition entièrement refondue sous la direction de Jacques Busse. Paris: Gründ, 1999, 14 vol. - Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Seite 4/5,

5 Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde. - Künstlerlexikon der Schweiz. XX. Jahrhundert, Hrsg.: Verein zur Herausgabe des schweizerischen Künstler-Lexikons; Redaktion: Eduard Plüss. Hans Christoph von Tavel, Frauenfeld: Huber, , 2 Bde. [unveränderter Neudruck 1983]. - Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Unter Mitwirkung von Fachgelehrten des In- und Auslandes bearbeitet, redigiert und herausgegeben von Hans Vollmer. 6 Bände. Leipzig: Seemann, [ ] [unveränderter Nachdruck: München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1992] Direktlink Normdaten GND Deutsche Biographie Letzte Änderung Disclaimer Alle von SIKART angebotenen Inhalte stehen für den persönlichen Eigengebrauch und die wissenschaftliche Verwendung zur Verfügung. Copyright Das Copyright für den redaktionellen Teil, die Daten und die Datenbank von SIKART liegt allein beim Herausgeber (SIK-ISEA). Eine Vervielfältigung oder Verwendung von Dateien oder deren Bestandteilen in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung von SIK-ISEA nicht gestattet. Empfohlene Zitierweise AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008, 2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, Zugriff vom Seite 5/5,