REIZANGEL RICHTIG EINGESETZT. Zur Ruhe reizen

Transkript

1 REIZANGEL RICHTIG EINGESETZT Zur Ruhe reizen Die Reizangel ist ein einfaches wie nützliches Hilfmittel bei der Ausbildung des Jagdhundes. Sicheres Vorstehen, das Einspringen auf Kommando und vieles mehr kann geübt werden. 68

2 Anton Fichtlmeier Nach einem langen Arbeitstag ist der Gang ins Revier eine Wohltat. Komme ich abends nach Hause, erwarten mich meine jungen Hunde und bereits meine innere Einstellung vermittelt ihnen: Jetzt geht s raus. Kaum draußen im Revier, öffne ich die Heckklappe, die Rasselbande springt heraus, und wer kennt das nicht in einem un- Das Spiel mit der Reizangel verfolgt ernste Ziele: Festigen der Vorsteheigenschaften, Einspringen auf Kommando und eine praxisgerechte Standruhe konzentrierten Augenblick kommen die Hunde direkt am Weg bereits an Wild. Welch eine Freude für meine Jagdgehilfen, die das doch gänzlich missverstehen und ohne mich zur Jagd aufbrechen. Situationen wie diese zeigen, ob eine der wichtigsten Grundlagen in der Ausbildung erfüllt ist: der Gehorsam am Wild. Ein Grundinstrument zur Absicherung dieses Gehorsams ist die Reizangel. Sie dient aber auch dem lustbetonten Üben mit dem Ziel, jagdliche Anlagen zu wecken, zu fördern, aber auch zu kontrollieren. Es wird Passion geweckt, während gleichzeitig Kontrolle über den Beutegegenstand ausgeübt werden kann. Nutzt man die Reizangel jedoch nur zur Steigerung der Passion und lässt zu, dass der Reiz, der das Hetzverhalten des Hundes auslöst, von Erfolg gekrönt wird, weil der Hund die Beute zu packen bekommt, dann haben Sie keine echte Kontrolle über Ihren Hund. Können Sie jedoch das Verfolgungsverhalten, also die Aktion des Hundes auslösen und wieder stoppen, wirken Sie unkontrolliertem Hetzen entgegen. Richtig eingesetzt, wird mit der Reizangel das Vorstehen gefördert, Hetzen unterbunden, Apportieren gelehrt, eventuell vorhandene Scheue am Wasser überwunden und vor allem das überaus wichtige Halt unter Zuhilfenahme des Trillers eingeübt. Für eine Reizangel benötigt man einen ungefähr drei bis vier Meter langen Stock aus elastischem Holz wie Haselnuss oder ähnlichem. Ich verwende am liebsten eine Teleskop-Angelrute, die man auf verschiedene Längen einstellen kann. Der Vorteil: Man kann sie zusammenschieben. So braucht sie wenig Platz und kann leicht ins Revier mitgenommen werden. Am Ende der Stange binden Sie eine zirka drei Meter lange dünne Schnur, an der Sie einen Beutegegenstand befestigen. Benutzen können Sie dazu zum Beispiel einen Dummy, eine Federwildschwinge oder auch ein Stück Balg vom Haarwild. Wenn Sie die verwendeten Beutestücke variieren, lernt Ihr Hund zusätzlich unterschiedliche Wildarten und Grifftechniken kennen, was für das Apportieren von großer Bedeutung ist. Die Grundmotivation zum Vorstehen ist genetisch vorgegeben. Der Hund handelt nicht einsichtig, sondern das Vorstehen wird durch einen Reiz ausgelöst. Die Reizbeantwortung erfolgt instinktiv gemäß seiner rassetypischen Veranlagung. Mit der Reizangel kann der Hund soweit gebracht werden, dass das Vorstehen zu einer Strategie wird, mit der er erfolgreicher ist als mit simplem Hinterherhetzen. Er erfährt, dass sein Erstarren und die vorsichtige Distanzverringerung dazu führt, dass er näher an den Beutegegenstand herankommt und ihn packen kann. Mit dem Reizangel-Training können Sie bereits Ihren Welpen dazu bringen, erst vorzustehen und dann auf Kommando zu greifen. Wenn Sie die Reizschwellen Ihres Hundes genau kennen, wird es Ihnen gelingen, Ihren Hund zuerst ins gewünschte Bewegungsmuster (Erstarren) und dann zum Wechsel in das nächste Bewegungsmuster (Zupacken) zu bringen. Eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit mit der Reizangel ist das freudige Herankommen des Hundes und das Bringen von Beute jeglicher Art. Dies kann bereits der Züchter fördern (siehe WuH 5/2006, S. 20, Prägen, aber richtig ). Bringleidenschaft und Bringtreue entwickelt sich durch das Tauschprinzip. Jeder zugetragene (Beute-)Gegenstand wird gegen Futter eingetauscht. Bereiten Sie unterschiedlichste Beutegegenstände vor, die Sie häufiger wechseln. Befestigen Sie zum Beispiel einen Dummy an der Schnur und machen Sie ihn mit Hilfe der Reizangel zu einem lebendigen und dadurch interessanten Beutestück. Variieren Sie die Geschwindigkeiten und lassen Sie ihn auch mal durch die Luft fliegen. Fast jeder Hund wird zuerst einmal hinterherhetzen, um den Dummy zu erwischen. Dabei darf er anfangs höchstens ein- oder zweimal den Erfolg des Greifens haben. Danach bestimmen Sie den Zeitpunkt, an dem er zupacken darf. Ein Vorstehhund wird wenn er mit Nachhetzen keinen Erfolg hat mit großer Wahrscheinlichkeit seine Strategie ändern. Er wird langsamer werden oder sogar kurz stehen bleiben. Das ist genau 69 FOTOS: GILA FICHTLMEIER

3 Laufen: Die Bewegung an der Reizangel animiert den noch unerfahrenen Hund zum Hetzen. Er darf aber nur am Anfang einmal an die Beute kommen. Ansonsten würde er lernen, dass unkontrolliertes Hetzen immer zum Erfolg führt Vorstehen: Der Hund ändert seine Taktik und verharrt. Jetzt muss das Spiel mit der Reizangel unterbrochen und der Vierläufer mit einem Halt positiv bestärkt werden. Dadurch festigt sich das Kommando der Moment, in dem sich auch die Beute an der Reizangel nicht mehr bewegen darf. Wenn der Hund stehenbleibt und die Beute genau im selben Augenblick stoppt, kann er lernen, dass zwischen diesen beiden Handlungen ein Zusammenhang besteht. So kann der Vierläufer die Erfahrung machen, dass er das Stoppen der Beute durch sein Stehen-Bleiben selbst auslösen kann. Ändert der Hund nicht aus eigenem Antrieb seine Strategie und hetzt weiter, müssen Sie versuchen, ihn durch ein immer wiederkehrendes kurzes Stoppen des Dummys zu einem kurzen Verharren zu veranlassen. Nach ein bis zwei Wiederholungen hat der Hund verstanden, dass seine Beute ebenfalls stoppt, wenn er in der Bewegung innehält. Verharrt der Hund einen Augenblick vor der Beute, dann können Sie ihn jetzt durch ein auslösendes Lautsignal, zum Beispiel Toc, dazu motivieren, den Apportiergegenstand zu packen. Da der Hund hierbei durch Bewegungsverharren und anschließendem Einspringen, das durch das Lautsignal Toc erlaubt wird, zum Erfolg kommt, festigt sich die Einsicht, dass er nur Erfolg hat, wenn er auf das auslösende Signal des Jägers wartet. Jeder Hundeführer kann natürlich ein Kommando seiner Wahl als Auslöser verwenden. Sobald der Hund den Beutegegenstand gepackt hat, motivieren Sie ihn zum Apport und tauschen gegen Futter. Verlängern Sie nun langsam die Dauer des Vorstehens, indem Sie das Signal für das Packen des Dummys hinauszögern. Springt er zu früh ein, also vor dem auslösenden Signal Toc, muss der Hundeführer mit der Reizangel die Beute wegziehen. Das erfordert eine gute Beobachtungsgabe, reelle Einschätzung des eigenen Hundes und ein sehr schnelles Reaktionsvermögen. Durch diesen Übungsaufbau werden Sie zum Auslöser, der dem Hund signalisiert, wann er mit Erfolg zugreifen kann. Im Revier macht der Hund am Wild üblicherweise eine ganz ähnliche Erfahrung. Springt er ein, ohne dass er dazu aufgefordert wurde, streicht die Ente oder der Fasan unerreichbar für ihn ab. Natürlich nur, wenn Sie nicht darauf schießen. Sonst könnte der Azubi darauf kommen, dass sich frühzeitiges Einspringen lohnt. Wartet der Hund hingegen das Auslösesignal des Jägers ab, das natürlich nur nach dem erfolgreichen Schuss auf das Wild gegeben wird, lernt der Hund, dass Literatur: Grunderziehung für Welpen, Kosmos Verlag, 24,90 Euro, Bezug: Paul Parey Zeitschriftenverlag, Erich-Kästner-Str. 2, Singhofen, Kostenlose Bestell-Hotline 0800/ Der brauchbare Jagdhund Im Feld Doppel- DVD, ISBN , 69,90 Euro, zu beziehen ab April 2006 über er so zum Erfolg kommt. Der Jagdhund sollte niemals alleine am Wild Erfolg haben, nur gemeinsamer Erfolg verbindet. Funktioniert also das Vorstehen an der Reizangel, kann man den Hund im Revier zunächst einmal Kanten an hohem Bewuchs absuchen lassen. Da hier nur Wittrung und kein Sichtkontakt vorhanden ist, mindert sich die Gefahr des Loshetzens. Schleichen sich später Mängel oder unerwünschte Verhaltensmuster während des Jagdeinsatzes ein, wird sofort wieder über die Arbeit mit der Reizangel korrigiert. Eine weitere Einsatzmöglichkeit der Reizangel ist: Gehorsam an Haar- und Federwild, und zwar nicht nur, wenn Wild in Anblick kommt, sondern auch wenn es abspringt oder aufsteht. Dies ist ein zentraler Punkt in der Ausbildung, denn Gehorsam am Wild sollte die Grundvoraussetzung für ein Frei-Laufenlassen des jagdlich geführten Hundes in Wald und Flur sein. Dieser Gehorsam muss äußerst sorgfältig aufgebaut und später auch immer wieder nachbearbeitet werden. Die Grundlagen dazu lege ich bereits beim Welpen. Über die Binärsprache Ja und Nein lernt der Welpe meinen Signalen einen grundlegenden Bedeutungsinhalt zuzuordnen, denn jedes Ja wird mit einer positiven Erfahrung gekoppelt (Belohnung/freundliche Zuwendung) und jedes Nein mit deutlichen Missmutsbezeugungen belegt. 70

4 Greifen: Hat der Azubi seine Sache gut gemacht und einige Zeit vorgestanden, darf er auf Befehl, zum Beispiel Toc, die Beute greifen. Er realisiert: Hetzen führt nicht zum Erfolg, sondern Abwarten Bringen: Vor der Arbeit mit der Reizangel sollte der Apport soweit gefestigt sein, dass der Hund bereitwillig seine Beute gegen Futter eintauscht. Um ein wenig Abwechslung zu bieten, können die Beutegegenstände variiert werden In den verschiedenen Übungsabläufen werdem Signale angewandt, die beim Apportieren und auch beim Bleib von großer Wichtigkeit sind. Der Hund lernt zuerst das Körpersignal für Halt aus der Bewegung. Als nächstes verstärkt das zusätzliche Signal Halt oder Stopp das Körpersignal. In der Folge kann anstelle des Hörsignals nun der Triller eingesetzt werden. Wichtig ist dabei: In dem Augenblick, in dem der Hund in der Bewegung innehält, wird er gelobt. Das Halt ist unabdingbare Grundlage für die Arbeit ohne Leine im Revier. Mit dem jungen Hund kann das Halt mithilfe der Reizangel auf spielerische Art und Weise eingeübt werden. Der Dummy verwandelt sich an der Reizangel wieder zum lebendigen Beutestück. Er flieht langsam, dann schneller, fliegt durch die Luft und bleibt wieder liegen. Der Hund weiß nun schon, dass er eher durch Bewegungsverharrung als durch Hetzen zum Erfolg kommt. Sie bestätigen das Verharren mit einem leisen Haaalt. Stoppt er, darf er als Belohnung durch das auslösende Signal Toc greifen und bringen. Auch hier wird später das Hörsignal Halt durch den Triller ersetzt. Gehen Sie nun dazu über, ein augenblickliches Halt einzufordern. Ihr Hund darf hinterherhetzen und Sie trillern unvermittelt. Stoppt der Hund, kommt ein Toc, er darf greifen. Stoppt der Vierläufer nicht, bleibt die Beute für ihn unerreichbar. Ein Übungsvorschlag: Bringen Sie Ihren Hund neben sich in die Position Sitz. Währenddessen versucht ein Helfer, den Hund mit Hilfe der Reizangel zum Nachhetzen zu motivieren. Bleibt Ihr Hund ruhig sitzen, loben Sie ihn ausgiebig. Langsam steigert der Helfer nun die Reizlage, also den Reiz, der durch die Be- Und wie montieren Sie Ihr Zielfernrohr? Die beste Büchse, das beste Zielfernrohr und die teuerste Munition sind nutzlos, wenn die Verbindung von Waffe und Zieloptik nicht von ebenso hoher Qualität ist. EAW-Zielfernrohrmontagen für optimale Schießergebnisse Ernst Apel GmbH AmKirschberg3 D Gerbrunn Tel. +49(0) 931 / Fax +49(0) 931 / info@eaw.de Internet

5 Die Reizangel ist sehr nützlich, um leicht wasserscheuen Hunden das nasse Element schmackhaft zu machen. Zuerst wird der Hund an Land auf den Köderaufmerksam gemacht. Fast immer wird er versuchen, auch im Wasser an die Beute zu kommen, und beginnt zu schwimmen Wozu dient die Reizangel? 1. Auswahl eines Welpen über diverse Versuchsanordnungen mit der Reizangel. 2. Jagdliche Anlagen wecken und fördern. 3. Einüben des Vorstehens. 4. Hörzeichen, wie beispielsweise Toc, als Auslöser zum Greifen festigen. 5. Apport üben durch freudiges Heranbringen der Beute nach dem Greifen. 6. Halt : die Notbremse mit dem Ziel Gehorsam an Wild. 7. Erste Einarbeitung des Trillers. 8. Standruhe: Gehorsam trotz Bewegungsreiz oder Schuss. 9. Hilfe zur Überwindung von Scheue am Wasser. wegung des Dummys auf den Hund einwirkt. Entfernen Sie sich jetzt ein Stück von Ihrem Hund, bewegen Sie sich dabei aber nicht auf die Reizangel zu. Dann rufen Sie ihn freundlich motivierend zu sich, während der Helfer den Dummy weiter bewegt. Macht der Hund seine Sache gut, darf er am Ende der Übung zur Belohnung den Dummy holen und bringen. Ist kein Helfer vorhanden, können Sie auch alleine arbeiten. Legen Sie dazu Ihren Vierläufer ab. Dann erwecken Sie die Beute an der Reizangel zum Leben. Sie fliegt, läuft und stoppt wieder, auch mal ganz nah am abgelegten Hund vorbei. Der Hund muss dem Bewegungsreiz widerstehen und liegenbleiben. Wenn sich die Möglichkeit dazu bietet, darf ein zweiter Hund assistieren und die Beute hetzen, greifen und bringen, während Ihr Hund abliegt. Um Standruhe zu trainieren, benötigen Sie einen Helfer, der die Reizangel führt. Ihr Hund sitzt unangeleint neben Ihnen. Sollte er einspringen wollen, korrigieren Sie ihn rechtzeitig. Nun können Sie, während die Beute flieht, einen Schuss aus einer Signalwaffe abgeben. Genau in diesem Moment bleibt der Dummy liegen. Sie pirschen sich zusammen mit Ihrem Hund an und geben das auslösende Signal Toc. Der Hund darf greifen und bringen. Gemäß den Aufgaben, die wir unserem zukünftigen Jagdgenossen stellen wollen, ermöglicht uns die Reizangel, bereits bei einem vier bis zwölf Wochen alten Welpen einige wichtige Anlagen zu überprüfen. Wie ausgeprägt sind seine Sinnesorgane? Wie stark und in welcher Weise erregen ihn Bewegungsreize? Interessant ist zum Beispiel, wie unterschiedlich sich im frühen Welpenalter die einzelnen Rassen beziehunsweise Individuen verhalten. Auch beim Junghund zeigt der Erregungszustand, in den er durch sich bewegende Beute kommt, woran gearbeitet werden muss. Nimmt der Hund den Menschen noch wahr? Neigt er eher zur Bewegungsverharrung oder zum Hetzen? Ferner können wir überprüfen, ob der Hund Hetzlaut gibt. Auch ausgeprägte Tendenzen zur Beutesicherung werden erkennbar, die später unter Umständen Probleme bereiten. Ist die Anlage zum Totengräber oder Anschneider vorhanden, und wie lange ist der Hund auf eine Aufgabe konzentriert. Bei einem Welpen sollten die Übungseinheiten nur kurz sein, denn man überfordert ihn sehr leicht. Beenden Sie eine Übungseinheit immer mit einem Erfolg für den Hund. Er darf auf Signal greifen und bringen. Für jeden Vollgebrauchshund ist es meiner Meinung nach unumgänglich, dass er Wasser freudig annimmt und die notwendigsten am und im Wasser an ihn gestellten Aufgaben lösen kann. Zeigt der Hund Scheue am Wasser, können Sie ihn mit einer Reizangel ins Nasse führen.lassen Sie eine Beute zuerst am Uferrand zappeln und dann, wenn der Hund stark erregt ist, plötzlich ins Wasser flüchten. Oft reicht der Anreiz des zappelnden Lieblingsdummys und dessen Fliehen dazu, das unangenehme Wasser kaum noch wahrzunehmen und beim Greifen der Beute im Wasser plötzlich festzustellen, dass das nasse Element doch gar nicht so schlimm ist. Stück für Stück können Sie die Herausforderungen an Ihren Hund erhöhen. Die Reizangel sollte keinesfalls dazu dienen, nur stereotype Bewegungsmuster abzurufen. Sie kann dazu genutzt werden, den Jagdgehilfen variantenreich und interessant auf zukünftige Anforderungen vorzubereiten. Durch fantasievolle Arbeit an der Reizangel ist es möglich, eine hervorragende Koppelung des Hundes an Sie, den Hundeführer, zu erreichen. So sind auch schwierige jagdliche Anforderungen zu meistern. 72