Entwicklung der (Buchhändlerischen) Bibliographie in Deutschland

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1 Entwicklung der (Buchhändlerischen) Bibliographie in Deutschland Das von Johannes Gutenberg um 1440 in Mainz entwickelte technische Druckverfahren eröffnete eine neue Ära der schriftlichen Kommunikation. Mit der Ausbreitung deds Buchdrucks und des Buchmarktes kam es im 16. Jahrhundert in Deutschland zur laufenden Registrierung des Angebotes von Druckerzeugnissen, wobei die lateinische und die deutschsprachige Produktion grenzüberschreitend berücksichtigt wurden, wie es den Bedürfnissen der Ware Buch entsprach. Unter den Bedingungen der erst im 19. Jahrhundert überwundenen staatlichen Zersplitterung oblag die registrierende Allgemeinbibliographie dem Buchhandel, und er nahm diese Aufgabe bis in die jüngste Zeit wahr; denn auch die Reichsgründung von 1871 beließ aufgrund föderalistischer Grundsätze die sogenannte Kulturhoheit bei den Teilstaaten des Reiches. Auch die Bundesrepublik Deutschland erhielt 1949 diese Struktur. Der Buchhandel übernahm die laufende registrierende Verzeichnung, beginnend mit den Messkatalogen, die in Frankfurt am Main und in Leipzig erschienen, seit 1798 ergänzt und fortgesetzt durch die Halbjahresverzeichnisse des Verlags Hinrichs und dann seit 1866 von den täglichen Listen der Neuerscheinungen im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel und der 1931 von der Deutschen Bücherei Leipzig begonnenen wöchentlichen Deutschen Nationalbibliographie. Ebenso verhält es sich mit den retrospektiven allgemeinen Verzeichnissen des Buchhändlers Theophil Georgi und der Leipziger Firmen Hinrichs, Heinsius und Kayser. Die Bibliographische Abteilung des Börsenvereins der deutschen Buchhändler fasste diese Aktivitäten ab 1911 zum Deutschen Bücherverzeichnis, 1916ff., zusammen. Sowohl die 1912 in Leipzig gegründete Deutsche Bücherei als auch die 1947 in Frankfurt am Main gegründete Deutsche Bibliothek waren Schöpfungen des Börsenvereins der deutschen Buchhändler. Seit dem Oktober 1990 sind diese größten Sammlungen deutscher Literatur mit dem Deutschen Musikarchiv, Berlin, unter dem übergreifenden Namen Die Deutsche Bibliothek vereinigt und erfüllen die Aufgaben eines Gesamtarchivs und des nationalbibliographischen Informationszentrums. Eine nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende, vierzig Jahre währende Doppelung der nationalbibliographischen Aktivitäten wurde durch diese Vereinigung zu einer erweiterten staatlichen, d. h. bundesunmittelbaren, Einrichtung beendet. Schneider, Georg; Nestler, Friedrich: Handbuch der Bibliographie / Begr. von Georg Schneider. Völlig neu bearb. von Friedrich Nestler. - 6., völlig neu bearb. Aufl. - Stuttgart, S. (S. 406) Ausführliche Darstellung der älteren Entwicklung unter Auswertung zahlreicher Quellen: Blum, Rudolf: Nationalbibliographie und Nationalbibliothek : Die Verzeichnung und Sammlung der nationalen Buchproduktion, besonders der deutschen, von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg. - Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung, S. - (Sonderdruck aus dem Archiv für Geschichte des Buchwesens ; Bd. 35) Weitere Literatur:

2 Allgemeinbibliographie in Deutschland / Historische Entwicklung Ca Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern Ende 15. Jh. Buchmessen, Meßkataloge 1815 Gründung des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, 1834ff. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1848/49 Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt am Main, Aufruf zur Gründung einer Reichsbibliothek 1871 Reichseinigung bei Erhalt der Kulturhoheit der Länder 19./20. Jh. mehrere große allgemeinbibliographische Verzeichnisse des deutschen Buchhandels weisen deutsche Literatur nach (Heinsius, Kayser, Hinrichs, Georg) 1912 Gründung der deutschen Bücherei Leipzig durch den Börsenverein, die Stadt Leipzig und das Königreich Sachsen 1921 Übertragung der Bearbeitung des täglichen und wöchentlichen Verzeichnisses durch den Börsenverein an die Deutsche Bibliothek 1931 Deutsche Nationalbibliographie erscheint in den Reihen A und B Der Nationalsozialistische Staat verfügt einschneidende Veränderungen in Unterstellung und Tätigkeit der Deutschen Bücherei Erweiterung des Sammelauftrags 1944 Schließung des Hauses, Bombenschäden, Teilauslagerung der Bestände, die bibliographische Arbeit kommt zum Erliegen 1945 Eröffnung der Deutschen Bücherei in Leipzig 1946 Deutsche Nationalbibliographie erscheint wieder 1946/1947 Gründung der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main 1947 Die Deutsche Bibliographie erscheint in Frankfurt am Main (Berichtszeit ff.) Retrospektive Gesamtverzeichnisse 1990/1991 Die Deutsche Bibliothek (DBL + DBF + DMA) Ende 15. Jh. Buchmessen, Meßkataloge Frankfurt am Main : Georg Willer, ; Leipzig : Henning Grosse, Der Kundenkreis für das gedruckte Buch vergrößerte sich nach 1500, als die Herstellung merklich billiger wurde als bei Handschriften. Die Bücher wurden von Händlern auf den Jahrmärkten angeboten. Herumziehende Händler verfertigten handschriftliche Anschläge, die in den einzelnen Orten Kunden interessieren sollten. Mit dem Aufschwung des Handels bildeten sich zentrale Handelsplätze heraus. Dies sind in Deutschland insbesondere Frankfurt am Main und Leipzig, wo regelmäßig zweimal im Jahr Messen stattfanden. Um unabhängig von den auf der Frankfurter Buchmesse angebotenen Büchern auch Kunden in anderen Teilen Deutschlands mitteilen zu können, welche Bücher in seiner Buchhandlung vorrätig seien, ließ Georg Willer ab Herbst 1564 Kataloge der Meßneuigkeiten herstellen. Diese Kataloge enthielten - wie die seit Herbst 1594 von Henning Grosse in Leipzig erscheinenden oft recht ungenaue Angaben über die angebotenen Bücher und waren nicht vollständig. Die Ungenauigkeiten und Lücken ergaben sich aus der eiligen Herstellung (meist erst zu Beginn der jeweiligen Messe) und dem Anliegen, die Vorräte anderer Buchhandlungen aus z.t. konfessionellen und auch Konkurrenzgründen nicht zu verzeichnen. Für die Zeit bis 1750 bzw stellen die Frankfurter und Leipziger Meßkataloge die einzigen allgemeinen laufenden bibliographischen Verzeichnisse dar. Sie besitzen heute keinen bedeutenden Nachschlagewert mehr. (Lit.: Catalogi Nundinalis : die Frankfurter und Leipziger Meßkataloge der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. - Wiesbaden, 1982)

3 1848/49 Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt am Main Dieses Gremium formulierte u.a. auch die Forderung nach Gründung einer Reichsbibliothek. Der Verleger Heinrich Wilhelm Hahn aus Hannover gab die Anregung zur Errichtung dieser Reichsbibliothek, und er stellte der Frankfurter Nationalversammlung seine Verlagsproduktion zur Verfügung. Seinem Beispiel folgten andere Verleger. Als Reichsbibliothekar wurde Johann Heinrich Plath ( ) eingesetzt. Er strebte den Ausbau der Reichsbibliothek, die eher den Charakter einer Parlamentsbibliothek hatte, zu einer deutschen Nationalbibliothek an. Dies wurde 1851 als nicht im nationalen Interesse vom Bundestag abgelehnt. Die in der Paulskirche untergebrachten ca Bände wurden 1855 dem Germanischen Museum in Nürnberg übergeben, von wo sie im Jahr 1937 in die Deutsche Bücherei Leipzig 19./20. Jh. Mehrere große allgemeinbibliographische Verzeichnisse des deutschen Buchhandels (Heinsius, Kayser, Hinrichs, Georg) Heinsius, Wilhelm: Allgemeines Bücherlexikon oder vollständiges alphabetisches Verzeichnis aller von erschienenen Bücher. - Leipzig, Bd Kayser, Christian Gottlob: Vollständiges Bücher-Lexikon, enthaltend alle von 1750 in Deutschland und in den angrenzenden Ländern gedruckten Bücher. - Leipzig, T.1-36 Hinrich's Bücherkatalog. - Leipzig, Bd Georg, Carl (u. L. Ost): Schlagwortkatalog : Verzeichnis der im deutschen Buchhandel erschienenen Bücher und Landkarten in sachlicher Anordnung. - Hannover ; Leipzig, Bd Reichseinigung bei Erhalt der Kulturhoheit der Länder Die nach 1871 weiter bestehende kulturelle Selbständigkeit der Länder, die die entscheidenden Unterhaltsträger für Bibliotheken waren, verhinderte das Entstehen eines nationalen Bibliothekswesens. Das Deutsche Reich wurde im Unterschied zu anderen Ländern nicht zum Gründer einer Nationalbibliothek. Die Umwandlung einer bestehenden Landesbibliothek (die größten waren in Berlin und München) wurde diskutiert, kam aber nicht zustande, da das Deutsche Reich als Unterhaltsträger nicht gewonnen werden konnte und die Länder sich nur für ihre eigenen Belange zuständig fühlten Gründung der Deutschen Bücherei Leipzig durch den Börsenverein, die Stadt Leipzig und das Königreich Sachsen Gesammelt wird die ab 1. Januar 1913 erscheinende deutsche und fremdsprachige Literatur des Inlandes und deutschsprachige Literatur des Auslandes. Der bibliographische Nachweis erfolgt für Neuerscheinungen seit dem 1. Januar 1911, dem Beginn des Berichtszeitraums des Deutschen Bücherverzeichnisses DBV (erscheint fünfjährlich, erstmals 1916) Übertragung der Bearbeitung des täglichen und wöchentlichen Verzeichnisses durch den Börsenverein an die Deutsche Bücherei Die Deutsche Bücherei, die bisher lediglich für die Herausgabe bibliographischer Veröffentlichungen verantwortlich war, übernahm von der Bibliographischen Abteilung des Börsenvereins der deutschen Buchhändler die Bearbeitung des Täglichen Verzeichnisses der erschienenen Neuigkeiten des deutschen Buchhandels sowie des Wöchentlichen Verzeichnisses der im deutschen Buchhandel erschienenen und vorbereiteten Neuigkeiten.

4 1931 Deutsche Nationalbibliographie erscheint in den Reihen A und B Zum Zweck einer vollständigeren Verzeichnung des deutschen Schrifttums wurde das Wöchentliche Verzeichnis durch die Deutsche Nationalbibliographie ersetzt, es erschienen Reihe A (Neuerscheinungen des Buchhandels) und Reihe B (Neuerscheinungen außerhalb des Buchhandels). Um die Bedürfnisse der Bibliotheken besser zu berücksichtigen, wurden die Preußischen Instruktionen für die Titelaufnahme verwendet und es gab eine einseitig bedruckte Bibliotheksausgabe. Seit 1937 erschienen gedruckte Titelkarten im internationalen Bibliotheksformat aus dem Satz der Deutschen Nationalbibliographie. Die Zusammenfassung erfolgte weiterhin in den Halbjahresverzeichnissen und Fünfjahresverzeichnissen (DBV) Der Nationalsozialistische Staat verfügt einschneidende Veränderungen in Unterstellung und Tätigkeit der Deutschen Bücherei Die Deutsche Bücherei wird dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt (vorher Ministerium des Innern); NSDAP-Dienststellen werden eingerichtet; eine Ablieferungspflicht wird erlassen; unerwünschte Literatur wird separat erfasst in der Liste der in der Deutschen Bücherei unter Verschluß gestellten Druckschriften ; die Sachgruppen der Deutschen Nationalbibliographie wurden aus politischen Gründen verändert Erweiterung des Sammelauftrags Gesammelt werden nun auch Übersetzungen deutschsprachiger Werke, fremdsprachige Werke über Deutschland (Germanica), Musikalien und Kunstblätter 1944 Schließung des Hauses, Bombenschäden, Teilauslagerung der Bestände, die bibliographische Arbeit kommt zum Erliegen 1945 Eröffnung der Deutschen Bücherei in Leipzig 1946 Deutsche Nationalbibliographie erscheint wieder in Leipzig 1946/1947 Gründung der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main Dazu heißt es auf der Homepage der DDB ( ) 1945 Mit der Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen verliert die Deutsche Bücherei ihre Position als einzige zentrale Archivbibliothek. In den Westzonen Deutschlands konzentrieren sich die Bemühungen um den Wiederaufbau buchhändlerischer und bibliothekarischer Institutionen bald auf Frankfurt am Main Dr. Georg Kurt Schauer, Heinrich Cobet, Vittorio Klostermann und Professor Hanns Wilhelm Eppelsheimer, der seit dem 1. Januar Direktor der Frankfurter Stadt- und Universitätsbibliothek ist, initiieren die Neugründung einer deutschen Archivbibliothek mit Sitz in Frankfurt am Main. Dem Vorschlag schließen sich die Landesvertreter des Buchhandels in der amerikanischen Zone an. Die Stadt Frankfurt sagt zu, die geplante Archivbibliothek mit personellen und finanziellen Mitteln zu unterstützen. Die amerikanische Militärregierung gibt ihre Zustimmung. Die Bibliothek erhält am 4. November offiziell den Namen "Deutsche Bibliothek". Im Tabakzimmer der ehemaligen Rothschildschen Bibliothek am Untermainkai 15, die der ausgebombten Stadt- und Universitätsbibliothek als Unterkunft dient, nimmt die Deutsche Bibliothek ihre Arbeit auf. Redaktionsschluss für das erste Heft der "Bibliographie der Deutschen Bibliothek, Frankfurt am Main" ist der 12. Dezember. Damit existieren in Deutschland zwei Bibliotheken, die die jeweilige Aufgabenstellung und Funktion einer Nationalbibliothek für die spätere DDR und die Bundesrepublik Deutschland übernehmen. Es erscheinen zwei nationalbibliografische Verzeichnisse, die inhaltlich nahezu identisch sind Die Deutsche Bibliothek wird juristisch eine Einrichtung des Buchhandels und der Stadt Frankfurt am Main.

5 1947 Die Deutsche Bibliographie erscheint in Frankfurt am Main (Berichtszeit ff.) Retrospektive Gesamtverzeichnisse GV neu Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV) / Hrsg. v. Reinhard Oberschelp; Bearb. unter Leitung v. Willi Gorzny. - München: Verlag Dokumentation, Bd GV alt Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV) / Bearb. unter Leitung v. Peter Geils und Willi Gorzny. - München; New York; London; Paris: Saur, Bd GVH Gesamtverzeichnis deutschsprachiger Hochschulschriften (GVH) / Hrsg. v. Willi Gorzny. - München; London: Saur, Bd GVB Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums außerhalb des Buchhandels (GVB) / Bearb. unter der Leitung v. Willemina van der Meer u. Hilmar Schmuck. - München; New York; London; Paris: Saur, Bd GVÜ Gesamtverzeichnis der Übersetzungen deutschsprachiger Werke (GVÜ) : Bibliography of Translations of German-Language Publications / Bearb. von Willi Gorzny. - München; Leipzig; London; New York; Paris: Saur, Bd Übersicht (Zeiten sind Berichtsjahre) Heinsius GV alt Heinsius Kayser GV alt Heinsius Kayser Hinrichs GV alt Heinsius Kayser Hinrichs Georg GV alt Kayser Hinrichs Georg GV alt Hinrichs Georg DBV GV neu DBV GV neu 1990/1991 Die Deutsche Bibliothek vereint DBL + DBF + DMA