Ringvorlesung zur Europäischen Theatergeschichte Teil I: Epochen und Formen. Musiktheater im 19. Jahrhundert

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Reinhardt Adler
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1 Ringvorlesung zur Europäischen Theatergeschichte Teil I: Epochen und Formen W.A. Mozart, Lucio Silla (1772) Rezitativ und Arie der Giunia (I) - Strukturbild Secco-Rezitativ Silla/Giunia: - Sempre dovrò vederti lagrimosa (Muss ich dich immer tränenüberströmt sehen) Arie der Giunia: Dalla sponda tenebrosa vieni (Vom finstern Ufer kommt) Andante ma adagio [pantomimische Aktion des Silla] Ah tu di sdegno, o barbaro (Aber du rast vor Empörung, Barbar) Dalla sponda tenebrosa vieni [Pantomime] Ah tu di sdegno, o barbaro Io sarò paga allora (Es wird einmal mein Lohn sein) Allegro Andante ma adagio Allegro Allegro (alla breve) Dramaturgie eines Theaterabends in der (ital.) Hofoper um 1750 Bestandteile: dreiaktige ernste Oper (Dramma per musica) zweiaktige Burleske (Intermezzo) Ballett-Divertissement Abfolge: Oper (I) Intermezzo (I) Oper (II) Intermezzo (II) Oper (III) Ballett-Divertissement

2 stilbildende Werke (Auswahl) 1828 La Muette de Portici (Die Stumme von Portici), Musik: Daniel François Esprit Auber, Text: Eugène Scribe und Germain Delavigne 1829 Guillaume Tell, Musik: Gioachino Rossini, Text: Etienne de Jouy und H.L.F. Bis 1831 Robert-le-Diable, Musik: Giacomo Meyerbeer, Text: E. Scribe und G. Delavigne 1836 Les Huguenots, Musik: G. Meyerbeer, Text: E. Scribe und E. Deschamps 1849 Le prophète, Musik: G. Meyerbeer, Text: E. Scribe und E. Deschamps 1867 Don Carlos, Musik: Giuseppe Verdi, Text: François Joseph Méry und Camille Du Locle 1869 Das Rheingold, Musik und Text: Richard Wagner 1870 Die Walküre, Musik und Text: Richard Wagner 1876 Der Ring des Nibelungen (Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried, Götterdämmerung), Text und Musik: Richard Wagner ***** Victor Hugo ( ), französischer Romanautor und Dramatiker Cromwell mit der Préface de Cromwell (1827) Hernani (1830) Alexandre Dumas père ( ), frz. Autor von Historienromanen und dramen Henri III et sa cour (1829) Giacomo Meyerbeer, Le prophète musikalischer Aufbau der Krönungsszene (Ausschnitt) Accompagnato (mit Chor) Jean hindert die Wiedertäufer am Mord an seiner Mutter Andantino (Orchestersatz mit Sequenz Jean wünscht Gottes Erleuchtung für seine Mutter im Tritonusabstand, Tenor-Arioso) Andante (Cellokantilene und Solo-Rezit.) Beschwörung der Mutter durch Jean Accompagnato (des Tenors u. des Chores) das Volk drängt die Mutter zu antworten + Wdhlg. des Andantinos die Mutter schwört ihrem Sohn ab Allegro (geschlossene Nummer: Alt-Solo Chor der Menge Choral der Wiedertäufer) Fides widerruft ihre soeben gemachte Aussage das Volk preist das Wunder Gottes die Wiedertäufern segnen den triumphal ausziehenden Propheten

3 Kriterien des Operntableaus ein Bild, das einen historischen Augenblick auf charakteristische Weise vergegenwärtigt, also ein signifikantes Ambiente herstellt (und nicht selten in seinem optischen Arrangement symbolische Aussagen repräsentiert) ein Bild, in dessen Rahmen sich eine bewegte, zugespitzte Handlung ereignet, die durch Dialog und pantomimische Aktion entsteht und zugleich Augenblicke der Figuren-Kontemplation einschließt (also ein Drama im Kleinen bietet) die musikalische Charakterisierung der Handlung entsteht durch Reihung von stilistisch und formal unterschiedlichen Musikstücken (wie Rezitativen, Sologesängen, Ensemblesätzen, Chören und Instrumentalstücken), die nach Aspekten der Handlungsdramaturgie angeordnet sind die dramatische Durchdringung von Musik und Szene und die genaue Koordination von Klang und Bild erscheint als theatrale Umsetzung von bedeutenden Augenblicken der Historie der performative Charakter des dramatischen Augenblicks hat großen Eigenwert, ist aber in Wahrheit an das repräsentierte Drama gebunden

4 Mise en scène: zumeist gedruckt festgehaltene Details einer Werkinszenierung, die nach der UA als verpflichtende szenische Vorschrift zum Werkbestandteil deklariert wurde stilbildende Werke (Auswahl) 1828 La Muette de Portici (Die Stumme von Portici), Musik: Daniel François Esprit Auber, Text: Eugène Scribe und Germain Delavigne 1829 Guillaume Tell, Musik: Gioachino Rossini, Text: Etienne de Jouy und H.L.F. Bis 1831 Robert-le-Diable, Musik: Giacomo Meyerbeer, Text: E. Scribe und G. Delavigne 1836 Les Huguenots, Musik: G. Meyerbeer, Text: E. Scribe und E. Deschamps 1849 Le prophète, Musik: G. Meyerbeer, Text: E. Scribe und E. Deschamps 1867 Don Carlos, Musik: Giuseppe Verdi, Text: François Joseph Méry und Camille Du Locle 1869 Das Rheingold, Musik und Text: Richard Wagner 1870 Die Walküre, Musik und Text: Richard Wagner 1876 Der Ring des Nibelungen (Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried, Götterdämmerung), Text und Musik: Richard Wagner ***** Victor Hugo ( ), französischer Romanautor und Dramatiker Cromwell mit der Préface de Cromwell (1827) Hernani (1830) Alexandre Dumas père ( ), frz. Autor von Historienromanen und dramen Henri III et sa cour (1829) Richard Wagner, Das Rheingold Szenenanweisung zur ersten Szene Auf dem Grunde des Rheines. Grünliche Dämmerung, nach oben zu lichter, nach unter zu dunkler. Die Höhe ist von wogendem Gewässer erfüllt, das rastlos von rechts nach links zu strömt. Nach der Tiefe zu lösen sich die Fluten in einen immer feineren feuchten Nebel auf, so dass der Raum der Manneshöhe vom Boden auf gänzlich frei vom Wasser zu sein scheint, welches wie in Wolkenzügen über den nächtlichen Grund dahinfließt. Überall ragen schroffe Felsenriffe aus der Tiefe auf und grenzen den Raum der Bühne ab; der ganze Boden ist in ein wildes Zackengewirr zerspalten, so dass er nirgends vollkommen eben ist und nach allen Seiten hin in dichtester Finsternis tiefere Schlüfte annehmen lässt. Um ein Riff in der Mitte der Bühne, welches mit seiner schlanken Spitze bis in die dichtere, heller dämmernde Wasserflut hinaufragt, kreist in anmutig schwimmenden Bewegungen eine der Rheintöchter.

5 Richard Wagner, Das Rheingold Leitmotive der ersten Verwandlungsmusik Rheingold-Motiv aufsteigendes Dreiklangsmotiv mit nicht sehr ausgeprägter thematischer Entwicklung; eine unveränderbare Konstante Entsagungsmotiv abfallende Melodielinie, die zu Alberichs Worten so verfluch ich die Liebe erklingt, im Orchesterzwischenspiel in den Intervallen erweitert Ringmotiv absteigende und wieder aufsteigende Kette von Terzen, die in sich geschlossen dort wieder ankommt, von wo sie ausgegangen ist, also mit klanglichen Mitteln einen Ring symbolisiert; die Intervallerweiterung des Entsagungsmotivs im Orchesterzwischenspiel nähert dieses dem Ringmotiv in der melodischen Struktur an Walhallmotiv prinzipiell wie das Ringmotiv, aber durch regelgerechte Kadenzbildungen zu einem ausgestalteten musikalischen Thema erweitert und durch Uminstrumentierung mit neuem Klang, also mit majestätischem Charakter ausgestattet Mise en scène: zumeist gedruckt festgehaltene Details einer Werkinszenierung, die nach der UA als verpflichtende szenische Vorschrift zum Werkbestandteil deklariert wurde Leitmotiv: ein mit außermusikalischer Bedeutung belegtes musikalisches Motiv, das bei jedem Erklingen diese spezifische Semantik repräsentiert

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