Dokumentation von Nazischmierereien in Neumünster

Transkript

1 Dokumentation von Nazischmierereien in Neumünster Antifaschistische Aktion Neumünster antifanms.blogsport.de

2 1. Einleitung Da angemeldete Nazi-Demonstrationen zumeist auch eine breite Gegenöffentlichkeit auf den Plan rufen, die es durch Blockaden, Störgeräusche oder direkte Aktionen verhindern, dass die menschenfeindlichen Botschaften der Nazis viele Menschen erreichen, bleiben sowohl die Propaganda im Internet als auch das Verschandeln der Umwelt mit Nazistickern oder -schmierereien eine wichtige Komponente extrem rechten Agierens. Da wir gerade in zeitlicher Nähe zur Nazidemo am 22. Oktober 2016 verstärkt verfassungsfeindliche Schmierereien etc. wahrgenommen haben, aber nicht immer zeitgleich ganz Neumünster im Auge haben können, haben wir am 11. Dezember 2016 den Aufruf veröffentlicht, Nazipropaganda in den Straßen Neumünsters an uns zu melden. Das Ziel war es, diese Vorfälle in einer Art Braunbuch zu dokumentieren, um deren Quantität und Kontinuität aufzuzeigen. 2. Übersicht: Verteilung auf die Stadtteile Die Flut von Nachrichten, die uns erreichte, hat uns dann allerdings selber überrascht. Schon nach den ersten Tagen kristallisierten sich Faldera, Einfeld und die Innenstadt als primär betroffene Stadtteile heraus. Abb. 1: Häufigkeit extrem rechter Schmierereien in den verschiedenen Stadtteilen; je dunkler das ^ Gebiet eingefärbt ist, desto häufiger verbreiten Nazis hier ihre Symbole und Schriftzügen

3 3. Eine (unvollständige) Chronologie der letzten Monate Ältere Schriftzüge wie "Zecken raus" oder "Ausländer raus" finden sich unter der Eisenbahnbrücke zwischen Wittorf und Faldera. Abb.2 Abb. 3 Vor der Nazidemo am in Bad Oldesloe tauchten Gemeinsam für Deutschland -Sticker in der Böcklersiedlung, am Schwimmbad und nahe der Immanuel-Kant-Schule auf.

4 Im September 2016 wurden "Sieg Heil"-Schriftzüge und Sigrunen im Bahnhofstunnel gekritzelt (auf dem Bild bereits von Passant*innen übermalt). Abb. 4 Vor der Nazidemo am 22. Oktober 2016 wurden die Aufkleber von "Gemeinsam für Deutschland" in der Straße Am Brunnenkamp, in der Rendsburger Straße, in der Friedrichstraße (an der Fassade der Aktion Jugendzentrum) und im Park nahe der Klaus-Groth-Schule verklebt. Diese Sticker wurden oft mit NPD-Aufklebern zusammen gesichtet. Abb. 5

5 Im November tauchten immer wieder NPD- und AfD-Schmierereien sowie NPD-Aufkleber rund um die Hans-Böckler-Allee und am See in Einfeld auf. Abb. 6: Stromkasten Hans-Böckler-Allee Abb.7 Laternenpfahl Hans-Böckler-Allee Bei den Nazis beliebt waren gerade am Einfelder See auch rassistische Sticker-Motive der Zeitschrift Compact. Abb. 8

6 Auch vor dem A&B-Center wurden Hakenkreuze und Naziparolen auf eine Bank geschrieben. Abb. 9-11

7 Ebenfalls im November sind in Faldera Hakenkreuze und 14/88 -Schriftzüge aufgefallen, besonders in der Ehndorfer Straße und im Falderapark. Abb. 12: Stromkasten Ehndorfer Straße Auch um die Innenstadt machen die Nazis keinen Bogen, insbesondere der Großflecken scheint wegen des regen Publikumsverkehrs von Interesse zu sein für ihre Refugees not welcome Schriftzüge. Im Innenkreis des Buchstaben O im Wort not versteckte sich zudem ein Hakenkreuz. > Abb. 14 Abb. 15

8 Im Dezember kamen in Faldera fast täglich neue Schmierereien hinzu, insbesondere im Falderapark und im Wernershagener Weg. Abb. 16 Bank im Falderapark Abb. 17 Busfahrplan Haltestelle Falderapark

9 Abb. 18 Abb. 19 Stromkasten Ehndorfer Straße (Hakenkreuz bereits von Passant*innen übermalt)

10 Abb. 20 Altpapiercontainer Wernershagener Weg Abb. 21 Bushaltestelle Wernershagener Weg

11 Abb. 22 Container der Tafel, Wernershagener Weg Abb. 23 Altkleidercontainer, Wernershagener Weg

12 Um Weihnachten herum kam es erneut zu einer Häufung von Nazischmierereien in Faldera. Abb. 24 Übergang Falderapark / Wernershagener Weg Abb. 25 Falderapark

13 Anfang Januar 2017 zogen die Nazis dann erneut durch den Falderapark, verklebten allerdings auch wieder Sticker in der Innenstadt. Abb alle Falderapark

14 Abb. 30 Mülleimer in der Innenstadt, am Teich (auf den Preisschildern steht 88,00 )

15 4. Inhaltliche Bedeutung der Schmierereien Die meisten Symbole bedürfen wohl kaum einer Erklärung, stellen sie doch eindeutige Bezüge zum historischen Nationalsozialismus ( NSDAP, Hakenkreuze, Doppel-Sigrunen als Symbol der SS, Sieg Heil ) und Adolf Hitler ( 88 als Chiffre für Heil Hitler ) dar. Der Schriftzug 1488, 14/88 oder verweist auf die rassistische Einstellung der Nazis, die nach wie vor an die Herrenrasse der Arier glauben. Die 14 steht für die fourteen words ( We must secure the existence of our people and a future for White children = Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für Weiße Kinder sichern ). Die Kürzel C18 oder auch der Schriftzug Combat 18 verweisen auf die gleichnamige militante Untergruppe des seit 2000 in Deutschland verbotenen Nazi-Netzwerks Blood & Honour, das hauptsächlich in England und Skandinavien aktiv ist und Waffenarsenale aufbaut, Todeslisten politischer Gegner*innen führt und diese bedroht oder ermordet, etc gab es auch in Norddeutschland Razzien gegen die lokale Combat 18 -Zelle, damals wurden auch die Neumünsteraner Nazis Klemens Otto und Peter Borchert festgenommen. 5. Strafrechtliche Relevanz der Schmierereien Um für ihre menschenverachtende Weltanschauung zu werben, verwenden die Nazis immer wieder verbotene Schriftzüge und Symbole: StGB 86 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (1) Wer 4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, im Inland verbreitet [...], wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dazu zählen die in Neumünster von den Nazis verwendeten Hakenkreuze, die Doppel-Sigrune und der Schriftzug Sieg Heil. Für die weitere Werbung für die NSDAP (Schriftzüge, etc.) greift ebenso das Verbotsgesetz von Die türkenfeindlichen Schrifzüge fallen unter StGB 130 Volksverhetzung: (1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, [ ] 2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.) 6. Beobachtungen Diese verbotenen Schriftzüge und Symbole werden immer wieder kombiniert mit Stickern der NPD, deren Ratsherr Mark Proch sich zu diesen Zusammenhängen im Rat erklären sollte, aber auch des VfR-Fanclubs Rache Jungs. Nachdem der VfR Neumünster schon Probleme mit seinem inzwischen aufgelösten Fanclub Schwalefront, der von Nazis unterwandert war, hatte, sollte der Verein erneut Anstrengungen unternehmen, um sich des Problems des Rassismus im Fußball anzunehmen. Die Nazischmierereien werden anscheinend weder von der Stadt beseitigt noch die Täter*innen von der Polizei verfolgt. Diese Kombination beflügelt die aktiven Nazis, mit ihren Aktivitäten unvermindert fortzufahren. Alles muss mensch selber machen... Haltet eure Umwelt sauber: Nazipropaganda dokumentieren, Nazipropaganda entfernen!