Bemerkungen der EKR zu den laufenden gesetzgeberischen
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- Edmund Hummel
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1 Eidgenössische Kommission gegen Rassismus Commission fédérale contre le racisme Commissione federale contro il razzismo Cumissiun federala cunter il rassissem Bemerkungen der EKR zu den laufenden gesetzgeberischen Bestrebungen zur Bekämpfung von Rassismus Im Jahre 2000 gab es rechtsextrem motivierte Vorfälle wie der Sturmgewehrüberfall in Bern am 10. Juli, die Störung der Rede des Bundesrates Kaspar Villiger am 1. August sowie verschiedene Strafverfahren gegen Exponenten der rechtsextremen Szene. Diese Vorfälle erregten grosses Aufsehen in der Öffentlichkeit. Der Schweizer Bevölkerung wurde augenscheinlich bestätigt: Es gibt rechtsextreme Gruppierungen, welche nicht davor zurückschrecken, physische und psychische Gewalt anzuwenden. Zudem wurde immer offensichtlicher: Gegen rechtsextreme Gruppierungen kann in der Schweiz rechtlich nur beschränkt vorgegangen werden. Aktuelle Rechtslage in der Bekämpfung von rechtsextremen Gruppierungen Es gibt kein griffiges Verbot für rechtsextreme Gruppierungen in der Schweiz Rechtsextreme Gruppen werden in der Schweiz rechtlich toleriert. Zwar können Vereine, deren Zweck gemäss Statuten darin besteht, in der Öffentlichkeit rassendiskriminierende Handlungen vorzunehmen, per Gerichtsbeschluss aufgelöst werden (Art. 78 ZGB). Hingegen ist es leicht, diese rechtliche Bestimmung zu umgehen, indem entsprechende Gruppen darauf verzichten, in ihren Statuten eine derartige Formulierung aufzunehmen. Dies hindert sie jedoch nicht daran, ihr tatsächliches Ziel darauf auszurichten, rassistisches Gedankengut zu verbreiten und zu verfestigen sowie rassendiskriminierend zu handeln. Rechtsextreme Gruppierungen haben die Möglichkeit, ihr rassistisches Gedankengut legal weiterzuverbreiten Erst dann, wenn rechtsextreme Gruppierungen auch tatsächlich rassistisches Gedankengut in der Öffentlichkeit verbreiten, besteht die Möglichkeit, auf dem EKR, GS-EDI, Inselgasse 1, CH-3003 Bern Tel , Fax ,
2 2 rechtlichen Weg zu handeln. Konkret verbietet die Antirassismusstrafnorm Art. 261 bis StGB (Strafgesetzbuch) hetzerische Handlungen, mittels deren zu Hass und Diskriminierung gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, «Rasse», Ethnie oder Religion aufgerufen oder aufgereizt wird. Verboten ist zudem diesen Menschen ihr gleichberechtigtes Existenzrecht abzusprechen oder ihnen pauschal unehrenhaftes Verhalten vorzuwerfen. Damit die Handlung strafbar ist, muss diese aber in der Öffentlichkeit geschehen. Mit anderen Worten: Wenn an Treffen von Rechtsextremengruppierungen hetzerische und rassistische Propaganda betrieben wird, können die Verantwortlichen dann nicht bestraft werden, wenn die anwesenden Personen eine persönliche Beziehung zueinander haben. Es besteht somit Spielraum für rechtsextreme Gruppierungen, ihre Hassparolen straflos kund zu tun und damit das rassistische Gedankengut unter ihnen nahe stehenden Personen weiterzugeben und zu festigen. Das öffentliche Tragen von Nazisymbolen ist nicht strafbar Das öffentliche Tragen von Nazisymbolen ist nicht strafbar. Das Verbreiten und Einführen von Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung ist in vielen Fällen straflos. Das Präsentieren eines Hitlergrusses ist nur dann strafbar, wenn der Gruss unmittelbar an andere Personen gerichtet ist. -> Der Spielraum für rechtsextreme Gruppierungen ist noch zu gross. Vorschläge zur Behebung der Lücken Der Bundesrat anerkannte nach den rechtsextremen Vorfällen im Jahre 2000 das grundsätzliche Vorliegen der obigen Mängel und setzte daraufhin noch im selben Jahr eine Arbeitsgruppe zur «Koordination und Umsetzung der Massnahmen im Bereich des Rechtsextremismus» ein. Von der Arbeitsgruppe wurde unter anderem vorgeschlagen, folgende Handlungen strafrechtlich zu verbieten und die Antirassismusstrafnorm durch zwei Erweiterungen zu ergänzen:
3 3 Erweiterung 1: Anpreisen, ausstellen, anbieten oder sonst wie zugänglich machen von Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung. Erweiterung 2: Gründung, Mitgliederanwerbung und Beitritt zu einer rechtsextremen Organisation. Bemerkungen der EKR zur möglichen «Erweiterung 1» Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus begrüsst die Idee, den Handel, das Einführen in die Schweiz und das öffentliche Verwenden von Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung wie das Hakenkreuz strafrechtlich zu ahnden. Sie ist auch der Überzeugung, dass das öffentliche Verwenden von rechtsextremen Parolen wie «Sieg heil» und Grussformen wie der Hitlergruss unter Strafe gestellt werden sollten. Sie weist darauf hin, dass auf eine ausgewogene und exakte Formulierung einer entsprechenden Strafnorm zu achten ist. Prof. Marcel Niggli (Strafrechtsprofessor an der Universität Fribourg) schlägt folgende Formulierung vor: Art. 261ter Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung 1 Wer Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung, insbesondere Kennzeichen des Nationalsozialismus oder Abwandlungen davon, namentlich Fahnen, Abzeichen, Symbole, Uniformstücke, Parolen oder Grussformen, öffentlich oder in einer Versammlung verwendet, 2 wer derartige Kennzeichen oder Abwandlungen davon oder Schriften, Abbildungen oder andere Darstellungen, die sie enthalten, verbreitet 3 wer Gegenstände, die derartige Kennzeichen oder Abwandlungen davon darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung herstellt, einführt oder vorrätig hält 4 wird mit Gefängnis oder Busse bestraft. 5 Art. 261 ter findet keine Anwendung, wenn die Gegenstände oder Handlungen schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Zielen dienen.
4 4 Bemerkungen der EKR zur möglichen «Erweiterung 2» Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus begrüsst die Idee, eine Strafnorm einzuführen, welche Gründungen, Beitritte und Aufforderungen zum Beitritt zu rechtsextremen Organisationen strafrechtlich sanktioniert. Der Zweck einer derartigen Strafnorm liegt in der Wahrung der Würde aller Menschen,... im Schutz junger Erwachsener vor Rassisten, welche verunsicherte Jugendliche anwerben,... in der Erhaltung des inneren Friedens. Damit rechtsextreme Organisationen effektiv bekämpft werden können, muss jede rechtsextreme Organisation, unabhängig davon, ob sie ihre Handlung in der Öffentlichkeit oder im Privaten wahrnehmen möchte, von einer allfälligen Strafnorm erfasst werden. Würde nur eine Organisation bestraft, welche rassistische Hetze in der Öffentlichkeit plant, käme es kaum je zu einer Verurteilung. Es ist ein praktisch unmögliches Unterfangen, einer Organisationsleitung nachzuweisen, sie plane rassistische Handlungen in der Öffentlichkeit, auch wenn sie dies tatsächlich tut. Eine Strafnorm, welche den privaten Raum mit einschliessen würde, wäre die einzig sinnvolle Lösung, welche auch greift. Gemäss Prof. Marcel Niggli sollte eine entsprechende Strafnorm folgendermassen lauten: Art. 261 quater Nicht-öffentliche Rassendiskriminierung 1 Wer Versammlungen oder Anlässe organisiert, fördert oder daran teilnimmt, die darauf ausgerichtet sind, Handlungen, die in Art. 261 bis und 261 ter StGB genannt werden, öffentlich oder nicht-öffentlich zu begehen, 2 wer als Veranstalter von Versammlungen oder Anlässen, bei welchen in Art. 261 bis oder 261 ter StGB genannte Handlungen öffentlich oder nicht-öffentlich begangen werden, diese Handlungen nicht zu unterbinden versucht, 4 wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.
5 5 Handelt es sich bei den Vorschlägen um einen Maulkorb für die Bevölkerung? Durch keinen der beiden Vorschläge zur Erweiterung der Antirassismusstrafnorm werden rassistische und/oder rassendiskriminierende Äusserungen und Handlungen im privaten Umfeld unter Strafe gestellt. Es handelt sich nicht um einen Maulkorb für die Bevölkerung. Die Privatsphäre und Meinungsäusserungsfreiheit der Individuen werden dadurch nicht verletzt. Hingegen wird die Gründung, der Beitritt und der Aufruf zum Beitritt zu rassistischen Vereinigungen strafrechtlich verfolgt. Zudem sollen Veranstalter/-innen von Versammlungen und Anlässen verpflichtet werden, derartige Handlungen an ihren Anlässen zu unterbinden. Auch das öffentliche Anpreisen, Ausstellen, Anbieten oder sonst wie zugänglich Machen von Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung soll strafbar werden. Wann wird über die Vorschläge verhandelt? Aktueller Stand (November 2004) Die Resultate des Vernehmlassungsverfahrens werden noch in diesem Jahr (2004) dem Gesamtbundesrat präsentiert. Dieser entscheidet über das weitere Vorgehen. Möglicherweise braucht es weitere Anpassungen. Ein Entwurf soll dem Parlament im nächsten Jahr (2005) vorgelegt werden. EKR, November 2004
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