SECHS & THE CITY TOUR 11/2005

Transkript

1 CROSS-REVIERE SECHS & THE CITY Grauer Himmel, fallende Blätter, rutschige Straßen da ist er wieder, der November. Genau die richtige Zeit, das Rennrad einzumotten und aufs Crossrad umzusteigen. Sechs Querfeldein-Asse, allesamt Deutsche Meister oder Weltmeister, präsentieren die schönsten Cross-Reviere in sechs deutschen Großstädten 110 TOUR 11/2005

2 Berliner Luft: Cross-Weltmeisterin Hanka Kupfernagel liebt den Blick vom Grunewalder Teufelsberg auf Berlin TOUR 11/ DECKBAR

3 CROSS-REVIERE STREUBEL-PHOTO.DE (2);KARTEN: CHRISTIAN ROLLE; HOLZKIRCHEN FRANKFURT/MAIN SCHWANHEIMER WALD Querfeldein in Frankfurt die meisten denken da natürlich gleich an das Traditionsrennen am Bornheimer Hang. Fürs Cross-Training kommt die Strecke dort aber nicht in Frage, weil sie nur an Renntagen zugänglich ist. Als ich noch für den VC Frankfurt gefahren bin, haben wir oft im Schwanheimer Wald nördlich von Flughafen und Autobahn A3 trainiert. Ich kenne die Strecke dort durch meinen Freund Alex Theis, der wiederum hat sie durch Kai Hundertmarck kennengelernt. Entstanden ist sie wahrscheinlich schon in den 1980er Jahren, es haben sogar schon mehrere Cross-Lehrgänge des BDR dort stattgefunden. Als Crossfahrer hat man hier richtig Spaß. Die Strecke ist schnell und fast durchgehend fahrbar insofern könnte man sagen: eine moderne Cross-Strecke, weil die matschigen Kurse mit vielen Tragepassagen ja ziemlich aus der Mode gekommen sind. Es gibt viele Kurven, kurze Anstiege, technische Passagen, Treppen. Gut ist auch, dass die Wege selbst bei Regen gut zu befahren sind, weil das Wasser im sandigen Wald boden schnell versickert. Als Einstieg ist der Parkplatz bei den Tennisplätzen an der Schwanheimer Bahnstraße ideal. Nach etwa 400 Metern in westlicher Richtung gibt es die erste Möglichkeit, den Forstweg zu verlassen. Ab hier gilt: Einfach den Reifenspuren folgen. RALPH BERNER Alter: 37 Jahre Wohnort: Erbach/ Odenwald Beruf: Radprofi, Kaufmännischer Angestellter und Sportlicher Leiter des MTB-Teams Berner.cc Größte Erfolge: Vize-Cross-Weltmeister 1987 (Junioren) und 1993 (Amateure), viermal Deutscher Crossmeister, Olympia- Zehnter 1996 MTB 112 TOUR 11/2005

4 HAMBURG BLANKENESE Einer der Reize der Strecke liegt darin, dass sie durch Hamburgs teuerstes Wohnviertel führt. Man radelt an Villen vorbei, hat ständig die Elbe im Blick einfach gigantisch. Mehr Abwechslung geht nicht: Es gibt breite Waldwege, Single-Trails, Treppen, dann wieder fährt man direkt am Wasser, teilweise sogar durchs Watt, vorbei an Schiffswracks. Trotzdem ist es nirgends matschig, man muss keine Angst haben, völlig verdreckt zu Hause anzukommen. Die Strecke ist etwas verschlungen und nicht einfach zu beschreiben. Am besten, man startet am Clubhaus beim Golfplatz in Falkenstein. Von dort aus geht es Richtung Blankenese zum Waseberg, der auch von den HEW-Cyclassics her bekannt ist. Vom Falkensteiner Ufer aus fährt man hoch auf den Elbhöhenweg, an dem man sich auf dem Rückweg orientiert. Ich bin die Strecke schon unzählige Male gefahren. Wie lang sie ist, weiß ich nicht, aber ich brauche ungefähr 25 Minuten für die Runde. Wer dann noch nicht genug hat, kann gleich weiterfahren Richtung Marienhöhe. Nördlich der Rissener Landstraße gibt es ein riesiges Waldgebiet, das sich ebenfalls perfekt zum Crossfahren eignet. Ich kann nur empfehlen, mal aufs Crossrad umzusteigen. Durch den Wechsel zwischen Straße und Gelände gewinnt man völlig neue Perspektiven. JENS SCHWEDLER Alter: 37 Jahre Wohnort: Halstenbek bei Hamburg Beruf: Radprofi, Produktentwickler bei Stevens und Sportlicher Leiter beim Team Stevens-Jeantex Größte Erfolge: Deutscher Crossmeister 2002 und 2005 SCHUPFNER (2) TOUR 11/

5 CROSS-REVIERE JÖRG ARENZ Alter: 38 Jahre Wohnort: Köln Beruf: Produktmanager bei Focus Größte Erfolge: Deutscher Crossmeister 1998 und 1999, Neunter Platz Cross- WM 1992, Dritter MTB- Weltcup 1993 ROTH (2) KÖLN STADTWALD Köln bietet Crossfahrern perfekte Bedingungen. Ich musste lange überlegen, welche Strecke ich empfehle, genauso gut kann man im Königsforst oder in Mülheim crossen. Ich habe mich dann für die Jahnwiesen im Stadtwald entschieden, weil sie am zentralsten liegen. Mit dem Rad braucht man vom Dom aus gerade mal zehn Minuten. Trotzdem hat man das Gefühl, die Stadt weit hinter sich zu haben. Die Strecke gleich hinterm Müngersdorfer Stadion ist fast identisch mit dem Kurs der Deutschen Cross-Meisterschaft von Sie ist extrem abwechslungsreich und verlangt eine sehr dynamische Fahrweise. Es ist alles drin: Wiese, Wurzelpassagen, kurze Asphaltstücke, Treppen, Anstiege, kurze Steilhänge. Am Adenauer Weiher hat man sogar einen richtigen Panoramablick. Hier kann man alles trainieren, was Crossfahren ausmacht: Kurvenfahren, Springen über Hindernisse, Absteigen aus voller Fahrt, Laufen, wieder Aufspringen. Am besten startet man beim Parkplatz hinterm Stadion. Dann geht es einmal rum um die Jahnwiese bis zum Jahn-Denkmal, dann runter zum Adenauerweiher. In einer Acht geht es dann über den Adenauerhügel wieder zurück. Es ist eine kurze Runde, nicht viel mehr als zwei Kilometer lang, aber wer sie mehrmals gefahren ist, der weiß, was er getan hat. 114 TOUR 11/2005

6 MÜNCHEN ISARAUEN Zu München habe ich eine enge Beziehung, nicht zuletzt, weil ich hier vor 20 Jahren zum ersten Mal Cross-Weltmeister wurde. Außerdem war ich unzählige Male im Trainingslager in der Sportschule Oberhaching. Dadurch habe ich Stadt und Umgebung gut kennen gelernt. Die Isarauen sind zum Crossfahren ideal. Die kurvenreichen Trails eignen sich perfekt, um an der Fahrtechnik zu feilen. Anstiege und Abfahrten lassen sich nach Belieben einbauen, weil man immer wieder aufs Hochufer wechseln kann. Richtig klasse sind die vielen Kurvenüberhöhungen; hier kann man richtig achterbahnmäßige Varianten fahren. Gerade im Winter ist es ein Vorteil, dass die Strecken zum größten Teil windgeschützt im Wald verlaufen. Sollte man trotzdem mal kalte Füße bekommen, kann man immer mal eine Treppe laufen. Ein guter Startpunkt ist die Marienklausenbrücke südlich vom Tierpark. Ein paar Meter von der Brücke entfernt zweigt der Trail links vom Fußweg ab. Im Prinzip kann man ab hier bis nach Wolfratshausen 30 Kilometer überwiegend auf Naturwegen fahren. Zurzeit sind allerdings wegen des Hochwassers im letzten August einige Abschnitte gesperrt. Bis zur Großhesseloher Eisenbahnbrücke ist die Strecke aber gut befahrbar. Ein perfekter, abwechslungsreicher, vier Kilometer langer Rundkurs mit allen Schikanen. MIKE KLUGE STREUBEL-PHOTO.DE (2) Alter: 43 Jahre Wohnort: Denzlingen Beruf: Berater der Radindustrie, UCI-Delegierter für Cyclocross Größte Erfolge: Cross-Weltmeister 1985 und 1987 (Amateure) sowie 1992 (Profis), Weltcupsieger MTB 1990 und Downhill 1991 TOUR 11/

7 CROSS-REVIERE STREUBEL-PHOTO.DE (2) THORSTEN STRUCH Alter: 21 Jahre Wohnort: Stuttgart Beruf: Radprofi, Soldat in der Sportfördergruppe Todtnau Verein: RSV Stuttgart-Vaihingen Größte Erfolge: Deutscher Crossmeister 2000 (Jugend), 2001 (Junioren), 2003 und 2004 (U23), 15. Platz World-Cup-Elite- Rennen in Wortegem- Petegem 2005 MAGSTADT BEI STUTTGART AN DEN BUCHEN Die Magstädter Strecke ist einer der traditionsreichsten deutschen Querfeldein- Rundkurse. Ich kenne keine ähnlich gute Cross-Strecke im weiten Umkreis um Stuttgart. Deshalb trainiere ich hier regel mäßig, oft mehrmals in der Woche. Die Bedingungen sind einfach perfekt: Es gibt herumliegen de Baumstämme, um Auf- und Abspringen zu üben, zahllose Kurven, Treppen. Die Abfahrt durch den Wald ist allerdings ziemlich heftig, bei Nässe sogar gefährlich. Der Start befindet sich am Parkplatz beim Sportplatz An den Buchen an der Alten Stuttgarter Straße. Hinter dem Sportplatz geht es links in den Wald, der Rest ergibt sich von selbst. Anders als beim Rennen führt die Strecke nach der Abfahrt nicht links um die Wiese herum. Statt dessen geht es nach rechts und dann gleich wieder zurück in den Wald. Übrigens: Wer mal erleben will, wie attraktiv der Cross- Sport ist, sollte auf keinen Fall das nächste internationale Querfeldein-Rennen in Magstadt am 1. November versäumen. 116 TOUR 11/2005

8 DECKBAR (2) HANKA KUPFERNAGEL Alter: 31 Jahre Wohnorte: Werder und Denzlingen Beruf: Radprofi Team: Focus-Vlaanderen-Capri-Sonne Größte Erfolge Cross-Weltmeisterin 2000, 2001, 2005, Cross-Weltcupsieg 2004, olympische Silbermedaille Straßenrennen 2000, 31 Gesamtsiege bei internationalen Straßenrennen BERLIN GRUNEWALD Zum Crossen ist Berlin eigentlich schöner als der Schwarzwald. Bis weit nach Brandenburg hinein kann man hier nur durch Wald fahren. Hier gibt es alles, was Querfeldeinfahrer mögen: breite Waldwege, Single-Trails auf gut dämpfendem Waldboden, kurze, knackige Anstiege, technisch anspruchsvolle Abfahrten, Treppen. Das Beste: Der sandige Boden ist auch nach einigen Regentagen noch gut zu befahren. Trotz der wenigen Höhenmeter kann man sich hier richtig wehtun, vor allem rund um den Teufelsberg im Norden des Grune wald. Die tolle Aussicht, die man dort oben auf Berlin hat, ist aber mehr als eine Entschädigung. Das Crossrad ist für dieses Revier ideal. Das Gelände ist nie so schwierig zu fahren, dass man eine Federung bräuchte. Außerdem kann man immer auf die Straße wechseln, wo das Crossrad einfach schneller ist als das Mountainbike. Meine Lieblingsrunde führt vom Auerbachtunnel an der Avus nach Westen zum Teufelssee, dann nach Nordosten auf den Teufelsberg und zurück. Wer öfter hier fährt, lernt schnell die schönsten Strecken kennen. Der Auerbachtunnel ist als Startpunkt übrigens auch deshalb ideal, weil sich dort seit Urzeiten die Berliner Rennradszene trifft. Morgens um 9 Uhr findet man daher fast immer eine Gruppe, der man sich anschließen kann. TOUR 11/2005