Von St. Stefan nach St. Steben. Auf den Spuren eines Erzmärtyrers und eines Papstes im Gailtal

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1 Von St. Stefan nach St. Steben. Auf den Spuren eines Erzmärtyrers und eines Papstes im Gailtal Von Heidi Rogy Ziel: Filialkirche St. Steben Ausgangspunkt: St. Stefan, Gemeinde St. Stefan im Gailtal, Pol. Bez. Hermagor Sehenswürdigkeiten: Pfarrkirche St. Stefan im Gailtal, Filialkirche St. Steben, spätgotischer Bildstock, Gemeindezentrum, Schloss Greifenstein Anreise: Bei St. Stefan zweigt man von der B111 (Gailtal-Bundesstraße) Richtung Edling/Vorderberg ab. Nach ca. 500 m erreicht man einen Parkplatz (nicht ausgewiesen, neben der Straße für Kirchenbesucher) südlich unterhalb der Kirche. Dauer: reine Gehzeit für die Rundwanderung St. Stefan St. Steben St. Stefan bei gemäßigtem Tempo ca. 3 bis 3,5 h Schwierigkeitsgrad: leicht, mit einigen steileren Anstiegen nach St. Steben; steiler Abschnitt beim Abstieg von St. Steben auf der beschriebenen Route nach Siebenbrünn Erfordernisse: Für die Wanderung wird festes Schuhwerk und eine dem Wetter angepasste Kleidung benötigt. Hinweise und Empfehlungen: Der Forstweg nach St. Steben kann nach Unwettern in einigen Abschnitten von Hangrutschungen und Steinschlag beeinträchtigt sein. Man kann sich diesbezüglich im Vorfeld bei der Gemeinde erkundigen. Alternativ kann der für den Abstieg beschriebene Steig auch für den Aufstieg gewählt werden. Im Bereich von Siebenbrünn ist auf weidende Rinder und Pferde zu achten. Einkehrmöglichkeiten gibt es nur in St. Stefan, daher empfiehlt es sich, Verpflegung für unterwegs mitzunehmen. St. Stefan im Gailtal ist die östlichste Gemeinde im Bezirk Hermagor wurden die Gemeinden St. Stefan und Vorderberg zusammengelegt, so dass sich das heutige Gemeindegebiet wieder weitgehend mit jenem des bis 1848 bestehenden Landgerichts Aichelburg deckt. Nachdem man sein Fahrzeug auf dem beschriebenen Parkplatz abgestellt hat, sollte man sich kurz Zeit für den in der Nähe befindlichen spätgotischen Bildstock (südlich), das so genannte Armesünderkreuz, nehmen. Die Wandmalereien in den vier spitzbogigen Nischen, die Urban Görtschacher zugeschrieben werden, zeigen auf der Nordseite die Kreuzigung des hl. Michaels, auf der Ostseite die Steinigung des hl. Stephanus, auf der Südseite Maria auf der Mondsichel und auf der Westseite den hl. Christophorus. Von diesem Standpunkt aus eröffnet sich ein schöner Blick auf den Oisternig, die Julischen Alpen, den Dobratsch und den Ort Edling. Nach diesem kurzen Abstecher sucht man den ca. 50 m entfernten schmalen Steig, der zu der von einer niedrigen Mauer umgebenen, dem Erzmärtyrer Stephanus geweihten spätgotischen Pfarrkirche, die namensgebend für den Ort und die Gemeinde wurde, führt. Spätgotischer Bildstock bei St. Stefan, im Hintergrund der Dobratsch

2 Der Steig verläuft durch die Pfarrwiese, auf der am 26. Dezember die Pferdesegung stattfindet. Der hl. Stephanus gilt als Schutzpatron der Pferde, Pferdeknechte und Kutscher. Das untere Gailtal mit seinen sauren Wiesen war früher ein wichtiges Pferdezuchtgebiet, die Gailtaler Säumer waren weithin bekannt. Im Gemeindegebiet ist die Pferdezucht auch heute noch stark verankert. Am 26. Dezember wird im Zusammenhang mit der Pferdesegnung alljährlich der Stephanusaltar von Pferdehaltern und vom Mesner mit einer in Wachs getränkten Schur, die von einer Holz-Haspel auf die andere gespult wird, eingesponnen. Von diesem Brauch erhofft man sich Glück und Gesundheit für die Pferde. Im Anschluss an die Hl. Messe finden die Segnung der Pferde und der Umritt um die Kirche statt. Für die Pferde gibt es Salz und Brot. Die Pfarrkirche St. Stefan war ursprünglich eine adelige Eigenkirche, deren Patronat später an die Grafen von Görz-Tirol und 1460 dann an die habsburgischen Landesfürsten überging. Der gleichnamige Ort wird 1252, die Pfarre 1275 erstmals urkundlich erwähnt. Pfarrhof und Pfarrkirche in St. Stefan Schloss Greifenstein in St. Stefan Der Sakralbau präsentiert sich als mittelgroße Staffelhallenkirche mit einem Turm mit Spitzgiebelhelm (nordseitig), einem zweigeschossigen Sakristeianbau (südseitig), je einer barocken Kapelle auf der Nord- bzw. Südseite und einer typischen offenen Pfeilervorhalle (westlich). Durch das Westportal gelangt man in das dreischiffige Langhaus, das von einem Netzrippengewölbe, welches auf oktogonalen Stützen ruht, überspannt wird, dessen Wirkung jedoch durch die weit vorgezogene Orgelempore aus dem 18. Jh. (mit Heiligendarstellungen, u. a. das Martyrium des Stephanus) etwas beinträchtig wird. Auch über dem Chor erhebt sich ein Netzrippengewölbe, in dessen Felder gotische Mehrpassmedaillons mit Heiligen- und Aposteldarstellungen (Ende d. 15. Jhs.) und meisterhaft gezeichnete Blumenranken (Beginn d. 17. Jhs.) zu sehen sind. Der um 1730 entstandene Hochaltar mit Opfergangsportalen (mit Figuren des hl. Johannes Nepomuk und des hl. Ignatius von Loyola) hat ein qualitativ hochwertiges Mittelrelief, das die Steinigung des Stephanus mit großer Dramatik zeigt, und ein darüber eingebautes Relief mit der Laurentiusmarter. Die beiden Reliefs dürften einem spätgotischen Altar entnommen worden sein. Die Figur Gottvaters im Aufsatz dagegen stammt aus dem Barock. Die beiden schwarzgoldenen Barockaltäre (links die hll. Ignatius von Loyola und Franz Xaver, rechts die hll. Sebastian und Rochus dargestellt) im Chor sind um 1720 entstanden, die beiden barocken Seitenaltäre im Schiff (der linke enthält eine spätgotische Mariendarstellung als Mittelfigur, flankiert von den barocken Figuren des hl. Joachim und der hl. Anna; im rechten finden sich in der Mittelnische die beiden hll. Johannes, begleitet von einem hl. Mönch und vom hl. Antonius von Padua) um In der Nordkapelle ist außer einem Altar (17. Jh.), der das Martyrium der hl. Barbara zeigt, auch ein Taufstein mit spätgotischem Fuß untergebracht. In der Südkapelle befinden sich ein

3 Kreuzaltar (um 1780/90) sowie einige Grabsteine der Familie Aichelburg. Die barocke Kanzel aus der ersten Hälfte des 18. Jhs. zeigt die drei Kirchenväter (Augustinus, Gregor und Hieronymus). Die Kirche steht in der warmen Jahreszeit in der Regel tagsüber offen (alarmgesichert). Nach dem Besuch der Kirche schreitet man durch das nördliche Portal der Umfassungsmauer zur Dorflinde. Dort sieht man bereits Schloss Greifenstein, das in seinem Kern zumindest auf das 16. Jh. zurückgeht. Sein heutiges Aussehen hat das Schloss aber erst nach zwei Bränden im 20. Jh. erhalten. Gegenüber von Greifenstein befindet sich Zossenegg, das ebenso wie Greifenstein geschichtlich mit der Familie Aichelburg verbunden ist. Nachdem man St. Stefan durchquert hat, marschiert man weiter Richtung Norden nach Schmölzing, vorbei am Gemeindezentrum (interessantes architektonisches Beispiel für eine so genannte Ortsburg der NS-Zeit, umgebaut) durch den langgezogenen Ort Sussawitsch. Noch ehe man die letzten Häuser des Ortes erreicht, trifft man auf der rechten Seite auf das Hinweisschild, das nach St. Steben weist. Hier verlässt man die asphaltierte Straße und schreitet fortan auf einem Forstweg durch einen schönen Wald die Fichten weichen bald Rotföhren und Sträuchern (z. B. der Lavendel- und Glanzweide), ca. 40 bis 50 min. bergan. Auf dem letzten Abschnitt des Weges weisen einige Heiligenschreine auf den Bäumen und ein Wegkreuz darauf hin, dass man sich der Kirche St. Steben nähert. Filialkirche St. Steben, im Hintergrund der Pressegger See und die Karnischen Alpen Schließlich öffnet sich der Wald und man erreicht den Bergvorsprung mit der spätgotischen Filialkirche St. Steben, die jedoch nicht wie eine Reihe von Kärntner Kirchen den Erzmärtyrer sondern einen Papst gleichen Namens als Kirchenpatron hat. Mit dem hl. Papst Stephan (Papst von ) ist in Kärnten nur eine einzige Wallfahrt verbunden, jene nach St. Steben. Ledige Mädchen und Burschen, die am Ostermontag hier den Gottesdienst besuchen und um einen passenden Ehepartner bitten, sollen angeblich bald danach in den Hafen der Ehe treten können. Neben dem Ostermontag ist der Kirchtag am ersten Sonntag nach dem 2. August (Gedenktag von Stephan I.) ein weiteres, mit der Kirche in Verbindung stehendes Fest im Jahreslauf. Stephan I. bestand mit Nachdruck auf den Primat Roms. Im Streit mit Cyprian von Karthago beharrte er darauf, dass die Ketzertaufe Gültigkeit besaß, d. h. Schismatiker oder Häretiker bedurften nicht einer neuerlichen Taufe sondern lediglich der Lossprechung durch Handauflegung. Mit seiner unnachgiebigen Haltung in dieser Frage riskierte er fast den Bruch mit der Kirche in Nordafrika und im Osten. Der Römische Kalender von 354 führt Stephan I. lediglich im Verzeichnis verstorbener Bischöfe, die Märtyrerlegenden um seine Person entstanden erst später.

4 Um die Entstehung der Kirche an dieser exponierten Stelle am Berg rankt sich eine Sage. In den Dörfern in der Gegend des Pressegger Sees soll einst die Ruhr viele Bewohner dahin gerafft haben. Mit dem Bau einer Kirche verband die Bevölkerung die Hoffnung, der Krankheit Einhalt gebieten zu können. Während der Bauphase kam es jedoch zu zahlreichen Unfällen, sodass man bald zu der Überzeugung gelangte, den falschen Platz für das Vorhaben gewählt zu haben. Als ein Ziegenhirte schließlich blutige Späne auf dem Platz, an dem die heutige Kirche steht, fand, hielt man dies für einen Fingerzeig Gottes und verwirklichte den Bau an dieser Stelle. Die erste urkundliche Erwähnung der Kirche datiert mit dem Jahr An den kleinen spätgotische Chor schließen im Norden die barocken Bauteile ein gedrungener Turm mit Pyramidenhelm, ein breites Langhaus und ein Vorbau an. Das Langhaus ist flach gedeckt, der Chor ist mit einem Netzrippengewölbe strukturiert und mit Malereien aus der Zeit um 1700 (Dreifaltigkeit, Kirchenväter, Engel) ausgestattet. Foto: Peter Sternig Hauptalter in der Filialkirche St. Steben So wie die dekorativen Wandmalereien im Innenraum präsentieren sich auch die Altäre (um 1670) in bunter Färbung. Der Altar in der Turmkapelle (bez. 1717) hat den hl. Florian, den Patron bei Feuersgefahr und Wassernot, als Mittelfigur. An seinem Festtag, dem 4. Mai, wird in St. Steben die Messe gefeiert. Der hl. Florian verweist auf die einstige Bedeutung von St. Steben bei Feuersgefahr. Das alte Mesnerhaus (Sammlung Hermann Verderber) In früheren Zeiten fiel nämlich dem hier ansässigen Mesner ( Stebnar ), der von seinem Standort einen großen Teil des Gemeindegebietes überblicken konnte, die Aufgabe zu, im Falle eines Brandes mit Glockengeläut die Bevölkerung im Tal zu alarmieren. Das Mesnerhaus wurde bei dem Erdbeben 1976, das auch an der Kirche Schäden verursachte, stark in Mitleidenschaft gezogen und in der Folge abgerissen. Heute steht an diesem Platz ein neues Wohngebäude (Privatbesitz). Die Kirche ist außer an den Tagen, an denen hier der Gottesdienst gefeiert wird, geschlossen. Man kann jedoch durch einen schmalen Spalt in der Kirchentür einen Blick in die

5 Turmkapelle werfen. Wem dies nicht genügt, der erkundigt sich zuvor beim Pfarramt in St. Stefan (neben der Kirche) nach dem Schlüssel. Man sollte genügend Zeit einplanen, um die schöne Aussicht von St. Steben auf Siebenbrünn, den Pressegger See und die Karnischen Alpen in Ruhe genießen zu können, ehe man zurück ins Tal wandert. Wer eine längere Wanderung plant, kann entweder nach Förolach absteigen und von dort zurück zum Ausgangspunkt wandern, oder er folgt dem Steig, der hinauf auf den Gaisrücken führt, von wo man weiter auf die Köstendorfer- und auf die St. Stefaner-Alm oder die Graslitzen gelangt. Für den Weg ins Tal wählt man entweder die gleiche Route wie für den Aufstieg, oder man zweigt nach etwa 300 m ab und nimmt für den Abstieg den von der Forststraße abzweigenden sehr steilen Pfad (beschildert). Der Steig führt durch den Wald auf kurzem Wege hinab nach Siebenbrünn. Nachdem man den Wald hinter sich gelassen hat, wandert man weiter in Richtung Südosten (man sieht einige Häuser von Köstendorf und den Teich von Siebenbrünn). Beim Aufstieg von St. Steben auf den Gaisrücken kann man eine schöne Aussicht auf Siebenbrünn (links) und den Pressegger See (rechts) genießen. Fotos: H. Rogy Naturliebhaber bietet die ca. 50 ha große Siebenbrünner Weide eine bunte Vielfalt an pflanzlichen Lebensgemeinschaften. Herzstück der Weide ist ein Flachmoor, das Lebensraum für zahlreiche Rote-Listen-Arten (z. B. Lungen-Enzian, Sumpfsitter und langblättriger Sonnentau) ist. In Siebenbrünn ist das in mäandrierenden Bächlein dahin fließende Wasser ein prägendes Landschaftselement. Hier leben auch die in Kärnten seltenen Edelkrebse (vermutlich noch autochthon). Bei der Einfahrt zur Siebenbrünner Weide, wo man sich anhand mehrerer Schautafeln über das Gebiet informieren kann, wendet man sich entweder nach Osten und wandert die Straße entlang über Sussawitsch und Schmölzing zurück zum Ausgangspunkt in St. Stefan, oder man entscheidet sich für die Route über den Kalvarienberg (teilweise Feldweg, Hinweistafel beachten). Literatur/Weiterführende Information: Wladimir Aichelburg, Die Herren bzw. Freiherren und Grafen von und zu Aichelburg ( ), in: Carinthia I/1999, S Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Kärntens, 3. erweiterte und verbesserte Auflage bearbeitet von Gabriele Russwurm-Biró, Wien 2001, S. 416 f. u. S. 825 f. J. N. D. Kelly, Reclams Lexikon der Päpste, 2. aktualisierte Auflage, Stuttgart 2005, S. 32 f. St. Stefan im Gailtal. Natur Kultur Geschichte einer Kärntner Landgemeinde, red. v. Heidi Rogy u. Peter Sternig, St. Stefan im Gailtal Alle Angaben zu den Ausflugtipps erfolgen ohne Gewähr. Jede Form der Haftung seitens des Geschichtsvereines für Kärnten und der Verfasser der Ausflugstipps ist ausgeschlossen.