Landesbiologentag, 12. Oktober 2012 Intelligente Gehirne: Wie sie funktionieren, woher sie kommen, wozu sie nützen
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1 Landesbiologentag, 12. Oktober 2012 Intelligente Gehirne: Wie sie funktionieren, woher sie kommen, wozu sie nützen Prof. Dr. Andreas Nieder Lehrstuhl Tierphysiologie, Institut für Neurobiologie, Fachbereich Biologie Universität Tübingen
2 Intelligenztest & Intelligenzquotient (IQ) - - -
3 Kennzeichen von Intelligenz Lernen & Gedächtnis Abstraktion (Kategorien & Konzepte) Regelverständnis Problemlösen (Handlungs-)Planung Komplexe Gehirne: Flexibilität in einer sich verändernden Umwelt (adaptiv) Erlebnis- & Wissenszuschreibung Mensch Symbolsysteme (Sprache, Zahlen)
4 Intelligente Gehirne: Wie sie funktionieren (Physiologie)
5 Gedächtnis Limitierte Kapazität!
6 Arbeitsgedächtnis Hinweis Merkphase Antwort Belohnung Antwoten (% richtig) Merkdauer (Sekunden)
7 (Olsen et al., 1995) Räumliches -Wo? Wo?- Erinnerungsvermögen gen Kiefernhäher (N. columbiana) Wartezeit (Sekunden) Nacktschnabelhäher (G. cyanocephalus) Mex. Blauhäher (A. ultramarina) Versuchsblöcke (100 Durchläufe) Florida-Buschhäher (A. coerulescens)
8 Farb -Was? Was?- Erinnerungsvermögen gen Wartezeit (Sekunden) Nacktschnabelhäher (G. cyanocephalus) Mex. Blauhäher (A. ultramarina) Kiefernhäher (N. columbiana) Versuchsblöcke (100 Durchläufe) Florida-Buschhäher (A. coerulescens) Domänen-spezifisches besseres Erinnerungsvermögen des Kiefernhähers!
9 Wahrnehmungskategorien Objektklassen, die verhaltensrelevante Eigenschaften teilen (aber sehr unterschiedliche Erscheinungsbilder besitzen können)
10 Kategorisierung & Arbeitsgedächtnis bei Bienen Mini-Hirn: 1 mm 3, <1 Mio Neuronen Konzepte (Giurfa et al., 2001)
11 Abstrakte Kategorien Anzahlen 3
12 Otto Koehler ( ) 1974) : unbenanntes ZählenZ hlen
13 Mengenunterscheidung bei Rhesusaffen (Nieder, 2011, Gehirn & Geist)
14 Homologe Hirnareale für f r Mengen & Zahlen Rhesusaffe: Nervenzellen mit Lieblingszahlen Lateral Prefrontal Cortex (LPFC) Posterior Parietal Cortex (PPC) AS PS CS LF IPS STS LS (Nieder & Miller, PNAS, 2004) Anterior Inferior Temporal Cortex (AITC) Mensch: (Dehaene et al., Curr. Opin. Neurobiol., 2004)
15 Modalitätsunabh tsunabhängige ngige Mengenunterscheidung bei Rhesusaffen (Brannon Lab, Duke University)
16 Regeln Bedingte Assoziationen, die die Logik einer zielgerichteten Handlung beschreiben: - Konkrete Regel (e.g. Halten bei rot ) - Abstrakte Regel (z.b. logische Operatoren: =,, <,>, )
17 Abstaktes Regelverständnis bei Krähen Veit & Nieder (in prep.)
18 Intelligente Gehirne: Woher sie kommen (Phylogenie) Zentralnervensystem Nervenzellen Myo-Epithel-Zellen Epithelzellen Myocyten Myocyten Motoneuron Protoneuron Sinneszelle
19 Schema des Nervensystems
20 Organisation NS bei repräsentativen Tiergruppen ohne Cephalisation
21 Vereinfachter Stammbaum der Tiere Insecta Cephalopoda Reptilia Aves Mammalia Ciliata Arthropoda Mollusca Sauropsida Vertebrata 280 Mio Chordata 500 Mio Cnidaria Protostomia Deuterostomia Protozoa (Einzeller) Radiata Bilateria Metazoa (vielzellige Tiere) 550 Mio ( Kambrische Explosion) 600 Mio Eukaryota Mio Entstehung Erde Mio ( erstes Leben) Mio
22 Bau der Gehirne von Wirbeltieren Rel. Größenveränderung allg. Gehirnareale.
23 Neurobiologische Faktoren der Intelligenz 1. Anzahl an Nervenzellen: x 2 (Herculano-Houzel, 2009)
24 Neurobiologische Faktoren der Intelligenz 2. Nervenleitgeschwindigkeit: 1. Unmyelinisiert (langsam): 2. Myelinisiert (saltatorisch, schnell): Vertebraten 1 mm
25 Neurobiologische Faktoren der Intelligenz Neurobiologische Faktoren der Intelligenz 3. Synapsen-Dichte:
26 Neurobiologische Faktoren der Intelligenz 4. Synapsen-Plastizität:
27 Neurobiologische Faktoren der Intelligenz 5. Anzahl der neuronalen Funktionsmodule:
28 Neurobiologische Faktoren der Intelligenz 6. Speicherkapazität: (Clayton, 1998) Hippocampus
29 Konvergente Evolution der Intelligenz -Zentren (Jarvis et al. 2005) Nidopallium caudo-laterale (NCL) Präfrontalkortex (PFC)
30 Mensch (Homo( sapiens) Wichtigste biologische Besonderheiten: 1. Bipedie: aufrechte Körperhaltung (diagnostisch) 2. Mächtige Vergrößerung der Endhirnhemisphären 3. hochentwickelte Greiffähigkeit (Werkzeuggebrauch) 4. Erlebnis- & Wissenszuschreibung (Perspektiventausch) 5. Sprache als Symbolsystem Schimpanse Mensch
31 Intelligente Gehirne: Wozu sie nutzen (Evolution)
32 1. Die Nahrungssuche(foraging) Nahrungssuche(foraging)-Hypothese Brüllaffe (foliovor) (Alouatta, howler) Klammeraffe (frugivor) (Ateles, spider monkey) Die Ansprüche spezieller Nahrungssuche beeinflussen möglicherweise Evolution der Hirne: frugivore Lebensweise kognitiv fordernder als foliovore (Gedächtnis, Mobilität, Problemlösen ) aber: im Mittel keine Korrelation
33 2. Expensive-Tissue-Hypothesis (Aiello & Wheeler, 1995) expensive tissue hypothesis : Metabolisher Bedarf eines großen Gehirns durch korrespondierende Verkleinerung des Verdauungstraktes (ebenfalls metabolisch teuer) ausgeglichen. Verdauungstrakt ca. 60% kleiner als erwartet Erwartung für standard 65-kg Mensch Aiello, Wheeler 1995
34 Große e Gehirne sind teuer Log Hirngewicht (g) Relative Hirngröße (z-scores) Log Grundumsatz (kcal/d) Relative Nahrungsqualität (z-scores) (Leonhard et al, 2007)
35 Fleischnahrung & Hirnwachstum Bandwurm-Anpassung (Taenia) an Wirt: Evidenz für langfristige Fleischnahrung seit Entstehung von Homo
36 3. Sozial (brain-)-hypothese (R. Dunbar) Große Gruppen nur durch große Gehirne möglich (Beziehungen aufbauen, merken, koordinieren, manipulieren ) Drittbeziehung (Dunbar & Shultz, 2007)
37 4. Mating mind Hypothese Intelligenz zum Werben durch das Männchen, und zur Auswahl durch das Weibchen co-evolvieren (sexuelle Selektion) Hypothese (Geoffrey Miller, 2000) Laubenvogel Mensch: kreative Intelligenz (Kunst, Witz, Phantasie, sprachliche Gewandtheit ) als kostspieliger Indikator guter Gene.
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