Was können wir wissen? Empirische Zugänge, Daten- und Informationsquellen.
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- Erwin Acker
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1 Was können wir wissen? Empirische Zugänge, Daten- und Informationsquellen. Von der Tat zur Reaktion: An welchen Stellen des Verfahrensgangs erhalten wir welche Informationen über Kriminalität? (28) Zugänge, Datenquellen und Forschungstechniken Sekundärdaten Primärdaten Dokumenten-, Inhaltsanalyse Analyse amtlicher Statistiken Biographische Methode Befragung Beobachtung Experiment und Quasiexp. Inhaltsanalyse Akten von Polizei, StA, und Gericht (u.a. Urteile Gutachten) u.a. Berichte in Massenmedien Aktenanalyse Kriminalund Justizstatistiken etc. - Kasuistik von Einzelfällen - qualitative Analyse biographischer Verläufe - Opfer - Täter - Informanten - Experten - teilnehmend - verdeckt (z.b. ethnographische Studien Feld- und Laborexperiment Für historische Vergleiche liegen häufig nur Sekundärdaten vor, für internationale Vergleiche sind Primärdaten besser geeignet. 2(28)
2 Tat/Vorfall Täter, (Opfer) PKS Ermittlung Ablaufdiagramm Anzeige Kenntnisnahme Polizei Einstellung StA Anklage/Antrag Richter Strafbefehlsverf. Staatsanwaltliche Erledigungstatistik Eröffnungsbeschluss Strafverfolgungsstatistik Einstellung Hauptverfahren/Strafbefehlsverfahren Einstellung Freispruch Strafvollzugsstatistik Strafe Maßregel 3(28) Der Ausfilterungsprozess im Rahmen strafrechtlicher Sozialkontrolle Primärdaten durch Forschung generiert Vorhandene Daten/Sekundärdaten Amtliche Kriminalstatistiken Alle begangenen Verbrechen und Vergehen Entdeckung/Wahrnehmung bekanntgewordene Straftaten Anzeige der Polizei bekanntgewordene Straftaten Aufklärung ermittelte Tatverdächtige Einstellung (StA) Anklage vor Gericht (Nicht)Eröffnung des Verfahrens Aburteilung Freispruch/Einstellung Verurteilung 4(28) 2
3 Registrierte Straftaten und ihre Bewertung im Verfahrensgang (Trichtermodell), 2008 Polizeilich bekannt gewordene Fälle aufgeklärte Fälle strafmündige Tatverdächtige (=00) Abgeurteilte Verurteilte zu ambulanten Sanktionen zu stationären Sanktionen Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung kisx.pr4 SB (28) Wichtige Kriminal- und Justizstatistiken Polizeiliche Kriminalstatistik Falldaten (Anzahl, Aufklärung Detailangaben zur Deliktbegehung) Angaben zu Tatverdächtigen (Alter, Geschlecht, Nationalität, Detailangaben zur Tatausführung) Opferdaten (Alter, Geschlecht, Beziehung zum Tatverdächtigen) node.html Justiz- bzw. Rechtspflegestatistiken Staatsanwaltschaftsstatistik seit 98 auf Bundesebene veröffentlicht Ermittelte Verfahren (bis 99); seit 992 auch Anzahl betroffener Personen) Art der Erledigung (Einstellung, Anklageerhebung, sonstige) seit 998 nach Delikten differenziert Strafverfolgungsstatistik seit 950 auf Bundesebene veröffentlicht Abgeurteilte, Verurteilte jeweils nach schwerster Straftat (Delikt-Paragraph) Art der Erledigung Strafvollzugsstatistik seit 96 auf Bundesebene geführt Belegung nach Art des Vollzuges (Stichtag und mittlere Belegung) Bewährungshilfestatistik seit 96 auf Bundesebene geführt erfasst nur Unterstellung unter einen hauptamtlichen Bewährungshelfer vgl. dazu Wolfgang Heinz (2005). Stand und Perspektiven der Kriminalstatistik aus deutscher Sicht. Schweizerische Zeitschrift für Kriminologie, 4(2), (28) 3
4 Hell- und Dunkelfeld Absolutes Dunkelfeld Weder durch die PKS, noch durch Dunkelfeldforschung aufzuhellen. (außerhalb der Kreise, oberhalb der Linie) "Kriminalität" (Verstöße gegen StGB und strafrechtliche Nebengesetze) Relatives Dunkelfeld PKS (offiz. Hellfeld) Ereignisse, die nicht als "Kriminalität" zu bewerten sind 7(28) Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) Die PKS ist eine Verdachtsstatistik Fallstatistik Tatverdächtigenstatistik Opferstatistik (in Ausschnitten) Sie kann öffentlich eingesehen werden unter node.html 8(28) 4
5 Struktur der polizeilich registrierten Delikte, BRD 2004 Vermögens- und 7,7% Fälschungsdelikte 8,3% Sonstige Straftatbestände nach StGB 7,6% gg. strafrechtliche Nebengesetze 2,8% Diebstahl unter erschwerenden Umständen a StGB Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung kik.pr4 PKS 2004 <0,% Straftaten gegen das Leben(0,05%) 0,9% Straftaten gegen 0,9% die sexuelle Selbstbestimmung 0,8% Roheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit 7,6% darunter: 22,9 % Diebstahl 5,3% 7,6% Ladendiebstahl ohne erschwerende Umstände (einschl. Ladendiebstahl) 242, 247, 248a-c StGB 9(28) Entwicklung der Fallzahlen registrierter Delikte alle Delikte (ohne Verkehr) Diebstahl insgesamt Gewalt (28) 5
6 Die Häufigkeitszahl (Hz) in der Polizeilichen Kriminalstatistik Hz = Anzahl der Fälle je der Bevölkerung Erforderlich für: Vergleich der zeitlichen Veränderung der registrierten Kriminalität über verschiedene Jahre Vergleich der Kriminalitätsbelastung verschiedener Regionen (z.b. Bundesländer) (28) Entwicklung der Häufigkeitszahlen in Deutschland alle Delikte (ohne Verkehr) Diebstahl insgesamt Gewalt (28) 6
7 Vergleich der Kriminalitätsbelastung von Bundesländern Fallzahlen HZ Schleswig-Holstein Mecklenburg-Vorpommern Schleswig-Holstein Mecklenburg-Vorpommern Bremen 0 36 Hamburg Brandenburg Bremen Hamburg Brandenburg Niedersachsen Berlin Niedersachsen Berlin Nordrhein-Westfalen Sachsen-Anhalt Nordrhein-Westfalen Sachsen-Anhalt Hessen Thüringen Sachsen Hessen Thüringen Sachsen Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz Saarland Bayern Saarland 7 32 Bayern Baden-Württemberg Baden-Württemberg 6 3(28) Entwicklung der Häufigkeitszahlen in einer langfristigen Perspektive seit 963 4(28) 7
8 Indexierung als Variante des Langzeitvergleichs der Kriminalitätsentwicklung verschiedener Delikte Durch Indexierung wird die relative Veränderung unterschiedlicher Deliktsbereiche illustrierbar, auch wenn die Ausgangsniveaus der Delikte sehr unterschiedlich sein können. Es geht um die Frage, in welchem Maße sich die Kriminalität in verschiedenen Deliktsbereichen im Vergleich zu einem Bezugsjahr verändert hat. Indexwert J = Häufigkeitszahl des Jahres J * 00 Häufigkeitszahl des Basisjahres 5(28) Entwicklung der Gewaltkriminalität (HZ); Index (97=00) PKS Daten, Bundesgebiet (ab 99 inkl. Gesamtberlin, ab 993 Deutschland gesamt) 6(28) 8
9 Entwicklung der Kriminalität zwischen 995 und 2005 in der PKS und nach Einschätzung der Bevölkerung Quelle: Windzio et al. (2007). Kriminalitätswahrnehmung und Punitivität in der Bevölkerung welche Rolle spielen die Massenmedien? (KFN-Forschungsberichte, Nr. 03). Hannover: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen. 7(28) Analyse von Opferdaten Für eine ausgewählte Gruppe von Delikten (vorrangig Gewaltdelikte) werden in der PKS auch Informationen zu Opfern (Alter, Geschlecht) und Täter-Opfer-Beziehung erfasst. Diese Daten erlauben vor allem eine Analyse der Veränderung von Opferrisiken. Auch diese Informationen müssen in eine bevölkerungsrelativierte Form gebracht werden, um aussagefähige Analysen zu ermöglichen. Opferziffer = Anzahl der Opfer* = (Opfer je ) Bevölkerungszahl 8(28) 9
10 Opfergefährdungszahlen bei vollendeten vorsätzlichen Tötungsdelikten nach Geschlecht männl. weibl. Opfer je Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung,5 kik.pr4 #98 HZOpfMT PKSBRD2004,0 0,5 0, (28) Neben der PKS und den Rechtspflegestatistiken erlaubt die Kontrastierung mit anderen Statistiken eine Auskunft über die relative Bedeutung von Kriminalität. Beispiel: Todesursachenstatistik Tötungsrisiken: Tod durch Unfälle, Selbsttötung, im Straßenverkehr, durch Gewaltdelikte (Opfer je der Wohnbevölkerung). BRD Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung kik.pr4 risk2002 # Unfälle insgesamt Selbsttötung Tod durch Verkehrsunfall Tod durch Mord/Totschlag oder infolge KV 20(28) 0
11 Die Echttäterzählweise In der Tatverdächtigenstatistik wird in der jeweiligen Deliktskategorie seit 984 auf Landesebene und seit 2009 auch auf Bundesebene ein festgestellter Täter nur einmal gezählt unabhängig von der Zahl der von ihm begangenen Delikte. 2(28) Echttäterzählweise Heiner Müller beging im Jahr 2005 folgende Straftaten: Heiner Müller in der Tatverdächtigenzählung derpks 326* 435* Ladendiebstahl: 5 Wohnungseinbruch: 3 einfache Körperverletzungen: 7 gefährliche Körperverletzungen: 2 Raubdelikte: 3 Zusammenfassende Deliktsgruppen in der PKS: 3*** einfacher Diebstahl 4*** schwerer Diebstahl **** Diebstahl insgesamt 8920 Gewaltkriminalität ---- Straftaten insgesamt Seit 984 erfolgt in der PKS die Echttäterzählweise auf Landesebene, seit 2009 auch auf Bundesebene. 22(28)
12 Die Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) in der Polizeilichen Kriminalstatistik TVBZ = Tatverdächtige ab 8 Jahren pro Einwohner ab 8 Jahren Problem: Doppeltes Dunkelfeld : Dunkelfeld der PKS und Dunkelfeld in der Bevölkerungsstatistik, in der ein Teil der Tatverdächtigen nicht registriert ist (die sog. Ausländerkriminalität erscheint dadurch erhöht) 23(28) Tatverdächtige Deutsche nach Alter PKS Daten, Bundesgebiet (ab 99 inkl. Gesamtberlin, ab 993 Deutschland gesamt) 24(28) 2
13 Die Aufklärungsquote Ein Fall gilt als aufgeklärt, wenn mindestens ein Tatverdächtiger namentlich benannt werden kann. AQ = Anzahl aufgeklärter Fälle * 00 Anzahl erfasster Fälle Prozentsatz der registrierten Fälle, in denen die Polizei einen namentlich bekannten Tatverdächtigen festgestellt hat. 25(28) Bedeutung der Aufklärungsquoten für die TVBZ ein fiktives Beispiel Anzahl Fälle Aufklärungsquote Anzahl Tatverdächtige Jahr x % Jahr x % Diese Beispiel unterstellt der Einfachheit halber, dass jeder Täter nur ein Delikt begangen hat. Die registrierte Fallzahl hat sich nicht verändert: +/- 0%; die Aufklärungsquote ist um 0 Prozentpunkte gestiegen. Deshalb steigt in diesem Beispiel die Zahl der registrierten Täter absolut um.500 bzw. relativ um 20%. Diese Steigerungsquote würde sich (ceteris paribus) dann auch in der TVBZ wiederfinden. 26(28) 3
14 Entwicklung der Aufklärungsquote - Straftaten insgesamt - Ost/West 60% 55% 93-0: + 22,9 50% Alte Bundesländer (inkl. Berlin) 93-0: + 5,8 45% Bund insgesamt 40% Neue Bundesländer 35% 30% (28) 2000 Tatverdächtigenbelastungszahlen in den neuen Bundesländern: Starke Anstiege nach der Wiedervereinigung? 60% 0000 Häufigkeitsziffer 50% % 6000 Aufklärungsquote 30% 4000 Tatverdächtigenbelastungszahl 20% Tatverdächtigenbelastungszahl unter Konstanthaltung der AQ auf dem Niveau von % 0% 28(28) 4
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