Predigt Stiftskirche Stuttgart. Sonntag Judika. 2. April Predigttext: Johannes 18, 15-27: Die Verleugnung des Petrus

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1 Predigt Stiftskirche Stuttgart Sonntag Judika 2. April 2017 Predigttext: Johannes 18, 15-27: Die Verleugnung des Petrus Stiftspfarrer Matthias Vosseler Jesu Gefangennahme 181 Als Jesus das geredet hatte, ging er hinaus mit seinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, in den gingen er und seine Jünger. 2 Judas aber, der ihn verriet, kannte den Ort auch, denn Jesus versammelte sich oft dort mit seinen Jüngern. 3 Als nun Judas die Schar der Soldaten mit sich genommen hatte und Knechte der Hohenpriester und Pharisäer, kommt er dahin mit Fackeln, Lampen und mit Waffen. 4 Da nun Jesus alles wusste, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr? 5 Sie antworteten ihm: Jesus von Nazareth. Er spricht zu ihnen: Ich bin's! Judas aber, der ihn verriet, stand auch bei ihnen. 6 Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich bin's!, wichen sie zurück und fielen zu Boden. 1

2 7 Da fragte er sie abermals: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus von Nazareth. 8 Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt: Ich bin's. Sucht ihr mich, so lasst diese gehen! 9 Damit sollte das Wort erfüllt werden, das er gesagt hatte: Ich habe keinen von denen verloren, die du mir gegeben hast. 10 Nun hatte Simon Petrus ein Schwert und zog es und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Und der Knecht hieß Malchus. 11 Da sprach Jesus zu Petrus: Steck das Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir der Vater gegeben hat? Jesu Verhör vor Hannas und Kaiphas und die Verleugnung des Petrus 12 Die Schar aber und ihr Oberst und die Knechte der Juden nahmen Jesus und banden ihn 13 und führten ihn zuerst zu Hannas; der war der Schwiegervater des Kaiphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war. 14 Kaiphas aber war es, der den Juden geraten hatte, es wäre gut, ein Mensch stürbe für das Volk. 2

3 15 Simon Petrus aber folgte Jesus nach und ein anderer Jünger. Dieser Jünger war dem Hohenpriester bekannt und ging mit Jesus hinein in den Palast des Hohenpriesters. 16 Petrus aber stand draußen vor der Tür. Da kam der andere Jünger, der dem Hohenpriester bekannt war, heraus und redete mit der Türhüterin und führte Petrus hinein. 17 Da sprach die Magd, die Türhüterin, zu Petrus: Bist du nicht auch einer von den Jüngern dieses Menschen? Er sprach: Ich bin's nicht. 18 Es standen da aber die Knechte und Diener und hatten ein Kohlenfeuer gemacht, denn es war kalt, und sie wärmten sich. Aber auch Petrus stand bei ihnen und wärmte sich. 19 Der Hohepriester befragte nun Jesus über seine Jünger und über seine Lehre. 20 Jesus antwortete ihm: Ich habe frei und offen vor aller Welt geredet. Ich habe allezeit gelehrt in der Synagoge und im Tempel, wo alle Juden zusammenkommen, und habe nichts im Verborgenen geredet. 21 Was fragst du mich? Frage die, die gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe. Siehe, sie wissen, was ich gesagt habe. 22 Als er so redete, schlug einer von den Dienern, der dabeistand, Jesus ins Gesicht und sprach: Sollst du dem Hohenpriester so antworten? 3

4 23 Jesus antwortete ihm: Habe ich übel geredet, so beweise, dass es übel ist; habe ich aber recht geredet, was schlägst du mich? 24 Und Hannas sandte ihn gebunden zu dem Hohenpriester Kaiphas. 25 Simon Petrus aber stand da und wärmte sich. Da sprachen sie zu ihm: Bist du nicht einer seiner Jünger? Er leugnete aber und sprach: Ich bin's nicht. 26 Spricht einer von den Knechten des Hohenpriesters, ein Verwandter dessen, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte: Sah ich dich nicht im Garten bei ihm? 27 Da leugnete Petrus abermals, und alsbald krähte der Hahn. 1. Der frierende Petrus Ich bin s sagt der eine, Ich bin s nicht sagt der andere. Jesus und Petrus. Was für ein Gegensatz. Da steht er frierend am wärmenden Feuer im Innenhof und leugnet. Da steht einer am Lagerfeuer im Innenhof und leugnet er mit einem ich bin s nicht. Ich bin nicht einer von denen, die mit diesem Jesus waren. 4

5 Und da ist drinnen im Haus, im Palast des Hohenpriester, Jesus: der eben in Getsemane gesagt hatte: Ich bin s, der öffentlich verkündigt hat, so dass ihr alles hören konntet. Während innen einer sagt: ich habe es offen und öffentlich bezeugt wer ich bin, keine Geheimlehre. Da streitet im Innenhof einer alles ab: Du bist doch einer von denen: Ich bin s nicht. Welch Gegensatz zwischen diesen beiden Menschen, Petrus und Jesus. Ja, ich bin s, sagt der eine zurecht. Ich bin s nicht, das gilt für Petrus. Ich bin s will uns Jesus heute morgen sagen: Ich bin s für dein Leben. Und von Petrus lernen wir: Ich bin s nicht. Nur Du in mir. Selbst als er von Verwandten des Malchus erkannt wird: Ich bin s nicht. Petrus und Jesus. Welch ein Gegensatz. Bist Du nicht einer seiner Jünger? Und es antwortet der, der einst als erster bekannt hatte: Du bist der Christus. Du hast Worte des ewigen Lebens und wir haben geglaubt und erkannt, du bist Christus, der Sohn Gottes (Johannes 6) Kein Wunder, dass er friert. Innerlich wie äußerlich in jener kalten Nacht. Dass es ihn friert, bei dem, was er da eben von sich gibt. 5

6 Dass es ihn friert, Es darf einen frieren, wenn man Jesus verleugnet. Wenn man als Christ abstreitet, aber das 2. Petrus bei Johannes Gerade Petrus, liebe Gemeinde, gerade dieser Superjünger, Leader-Figur, Alpha-Mensch mit so vielen Führungsqualitäten. Gerade Petrus: Im Johannesevangelium die Berufung. Diese besondere Erkenntnis auf die Frage: Wer sagt ihr denn, das ich sei. Du bist Christus Das war ihm geschenkt. Und auch die Ankündigung: Ich werde dich bis zum letzten verteidigen Wenige Stunden vorher der dreinschlagende Petrus. Das Leiden Jesu wollte er verhindern. Er hatte ein Schwert und schlug dem Malchus dem Knecht des Hohenpriesters im Garten Gethsemane ein Ohr ab. Und dann war die Existenz des Superjüngers in jener Nacht am Ende. Am Tiefpunkt. Dort frierend am Feuer. Er konnte einfach nicht mehr. Nur noch die Szene verlassen, auf und davon, einfach weg, hinaus in die Nacht, auch wenn es draúßen dann noch kälter war. 6

7 Alles zuende, in dieser einen Nacht. Sein Lebensgebäude zusammengestürzt. Seine Lebensphilosophie am Ende. Sein Lebenswerk zunichte gemacht. Als es drauf ankam, hat er gelogen, hat er nicht die Wahrheit gesagt. Als es drauf ankam, war er einfach feige, wie Männer das oft so sind. Hat er nicht seinen Mann gestanden, sondern Hätte er denn etwas zu befürchten gehabt, wenn er die Wahrheit gesagt hätte? Hätte er auch um sein Leben fürchten müssen. Wohl kaum. Die Passionsgeschichte ist hier an ihrem Tiefpunkt. Der leidende Jesus wird von allen seinen Jüngern verlassen. Um Jesus ist es einsam geworden und doch geht er seinen Weg. Er hatte es seinen Jüngern vorausgesagt, dass sie alle davon laufen werden, wenn der Hirte der Schafe gefangengenommen wird. Und jetzt die Frage im Blick auf Petrus: War das jetzt alles umsonst, was er in den vergangenen drei Jahren mit Jesus erlebt hat? Petrus geht hinaus. In den anderen Evangelien gibt es noch den Zusatz: Er ging hinaus und weinte bitterlich. Bittere Tränen. Tränen des Entsetzens und der Enttäuschung über sich selbst. 7

8 Wie gut, dass er weint, liebe Gemeinde. Dass er Reue zeigt, dass er weiß, sein Verhalten war nicht in Ordnung. Der Hahn krähte. In der Kirche oft als das Wort Gottes gedeutet, das uns zur Umkehr ruft. Wo ist Gottes Wort wie ein Hahnenschrei, das uns durchzuckt? Dass es uns kalt den Rücken runter laufen lässt? Das Verhalten des Petrus ist durch nichts zu entschuldigen!! Im Mittelalter hat man das oft versucht. Versucht den ersten Papst Petrus doch in ein besseres Licht zu rücken, die Flecken auf seinem Gewand zu vertuschen. Dann waren andere mitschuldig bei der Verleugnung. Etwa die Türhüterin stand im Mittelpunkt der Kritik. Was mußte diese Frau auch so neugierig, so wunderfitzig sein? Was mußte sie ihn überhaupt ansprechen? Was es nicht vielmehr die Geschwätzigkeit dieser Frau, die Schuld war am ganzen Schlamassel. Ja, wurde Petrus nicht durch die holde Weiblichkeit erst verführt? Sind also die Frauen schuldig, dass Petrus das tun mußte? Mittelalterliche Auslegungen dieser Geschichte. Nein, liebe Gemeinde, die Tat des Petrus ist durch nichts und durch niemanden zu entschuldigen. 8

9 3. Das Spiegelbild der Geschichte am Ende Petrus geht hinaus in jener Nacht. Die Geschichte des Petrus geht an jenem Abend, in der Finsternis jener Nacht nicht zu Ende. Sie beginnt noch einmal neu. Und das ist eigentlich Großartige im Leben des Petrus. Seine Geschichte ist in dieser Nacht nicht zu Ende! Am Ostermorgen. Als sie zum Grab laufen, das ist er der Langsamere von beiden. Aber er ist da, er geht hinein. Er will sehen. Und dann später am See, wo es heißt: Als es Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Da geht seine Geschichte weiter, da geht sie erst richtig los. Weil Jesus nun das Entscheidende getan hatte. Jetzt ruft er Petrus: drei Mal und Petrus weiß, worauf das anspielt. Drei Mal. Weide meine Lämmer. Die Herde, die Jesu Herde ist und bleibt, die soll er anführen. Um die Gemeinde, die nach Jesu Weggang da sein wird, soll er sich kümmern. Gerade im Johannesevangelium dieser neue Auftrag für Petrus. Drei Mal verleugnet, drei Mal neu beauftragt: Weide meine Lämmer. 9

10 Hast Du mich lieb? Das wird die entscheidende Frage sein. Er hatte es längst erkannt: Jesus der Messias Ja, es kann sein, dass unser Glaube in der Nacht der Lebens verschwindet. Und dann sind nicht wir selbst es, die ihn sich erneut nehmen. Sondern wir können ihn geschenkt bekommen. Jesus fragt uns nicht: Hast Du keinen Fehler begangen? Passt alles in deiner Biographie? Er fragt uns: Hast Du mich lieb? Darauf kommt es an. Amen 10