Konkurrenz bele. Geschichte. Unbekannte Colt Army Conversions aus Mexiko? Wolf D. Niederastroth und Michael Mayer

Transkript

1 Geschichte Konkurrenz bele Unbekannte Colt Army Conversions aus Mexiko? Wolf D. Niederastroth und Michael Mayer W er kennt sie nicht, die zahllosen Western aus USA und Italien, in denen sich die Helden mit Vorderlader-Revolvern gegenseitig das Leben schwer machen. Was dem waffentechnisch Interessierten dabei auffällt, ist, dass Clint Josey Wales Eastwood oder Robert Augustus McGrea Duvall gar keine richtigen Vorderlader Drehpistolen in den Händen halten. Die Filmausrüster Hollywoods und in Cinecittà, der römischen Filmstadt, bauten und bauen seit den 960ern immer wieder Repliken von Colt Walker-, 85er und 86er Navy- und 860 Army nach der Long Cylinder Conversion (LCC) Methode um, da auf dem Set Perkussionsrevolver mit Schwarzpulverladungen einfach zu gefährlich sind. Die gleichen Waffen, nun jedoch für Platzpatronen aptiert, sind wesentlich sicherer zu handhaben und können preiswerter geschossen werden.

2 bt das Geschäft W as viele nicht ahnen: diese Conversions haben durchaus einen historischen Hintergrund. Bekannt sind den meisten Lesern die bei Colt in Hartford gefertigten Army- Conversions der Muster Richards, Richards Transitional und Richards-Mason. Wer kennt sie nicht, Für die diese zahllosen Western aus USA Aptierungen und für Metall- Conversions, also Italien, in denen sich patronen die Helden mit Vorderlader-Revolvern schließlich Revolver des Typs fanden aus- gegenseitig das Leben 860 schwer Army mit dem so machen. Was dem genannten waffentechnisch Interessierten Rahmen dabei Verwendung, 3-Schraubenauffällt, ist, dass Clint während Josey für die Long Wales Eastwood oder Cylinder Robert Conversions auch Augustus McGrea Revolver Duvall mit 4-Schraubengar keine richtigen Vorderlader Rahmen genutzt wurden. Als Drehpistolen in den Kaliber Händen wurde die dank Henry halten. Die Filmausrüster Gewehr und Winchester M Hollywoods und in Cinecittà, 866 weit verbreitete.44 der römischen Filmstadt, Henry bauten und bauen seit den gewählt. 960ern Einige heute be- Randfeuerpatrone immer wieder Repliken kannte von Exemplare wurden Colt Walker-, 85er später und auf.44er Zentralfeuerpatronen Army wie die.44 86er Navy- und 860 nach der Long Cylinder Colt umgebaut, sobald solche Conversion (LCC) Patronen Methode ab ca. Mitte der um, da auf dem 870er Set auch für Zivilisten Perkussionsrevolver verfügbar mit wurden. Andere Schwarzpulverladungen waren einfach zu gefährlich sind. patronen Dieeingerichtet. gleichen Waffen, nun Ein jedoch LCC wäre in den 60er und auch für Stiftfeuer- für Platzpatronen aptiert, den 70ern sind des 9ten Jahrhunderts handha- die richtige Waffe wesentlich sicherer zu ben und können preiswerter für einen armen Cowboy geschossen werden. gewesen. Der nach der LCC- Methode aptierter Colt 860 Army ist vermutlich die einfachste und kompromissloseste Verwandlung eines Perkussionsrevolvers in einen großkalibrigen Hinterladerrevolver. Allerdings ist bis heute nicht sicher, ob die LCCs überhaupt von Colt konvertiert wurden. Unter Sammlern werden einige interessante Theorien diskutiert: Es handelt sich um Versuchsmodelle von Colt aus der Zeit vor dem Auslaufen des Rollin White Patents. Sie wurden hergestellt, um mit der Remington Army Conversion im Kaliber.46 RF und.44 ZF konkurrieren zu können. Die Waffen gehören zu einer Auftragsentwicklung von Colt für das US- Militär (US Ordnance Department). Die Arbeiten erfolgten möglicherweise in Hartford oder außerhalb, jedoch unter der Aufsicht von Colt. Unabhängige Büchsenmacher ohne direkte Verbindung oder Einflussnahme von Colt montierten die LCCs zwischen der zweiten Hälfte der 860er und den frühen 870ern in den USA oder in Mexiko aus Ausschuss-Teilen der Colt Army-Produktion. Eine Reihe von Fakten sprechen für die letztgenannte These und deuten auf zwei oder mehr Büchsenmacher in Mexiko hin: u. a. die nicht durchgängigen Seriennummern und die nicht gleichmäßige Qualität der Endverarbeitung. Denn die war zwar gut, aber eben nicht der übliche Colt-Standard. Außerdem wurden bei einigen der LCCs für Colt-Fertigungen unübliche Herstellungstechniken angewandt.

3 Geschichte keine Funktion mehr. LCCs haben keinen Ausstoßer und auch keine Ladeklappe, wie das schon von den ersten Remington Army Conversions bekannt ist. Man könnte sie also neudeutsch als EconomyVersion des Open Top bezeichnen. Man schätzt allerdings, dass weniger als 60 LCCs, oft vernickelt und mit Elfenbeingriffschalen, hergestellt wurden. Sammlerstück aus zwei Kultfilmen: ein nach der LCCMethode convertierter Film-Walker, den Clint Josey Wales Eastwood 976 in DER TEXANER und 988 Robert Augustus McGrea Duvall als Texas Ranger in DER RUF DES ADLERS trug. Basisvarianten mit V iervielen kleinen Unterschieden im Detail sind bekannt. Allen gemein sind folgende Merkmale: Typische LCC-Trommeln haben keine Führungsnuten für die Trommelstopps, ähnlich dem alten Colt Walker oder dem Remington 86 New Army Revolver. Die LCCs präsentieren sich bereits mit Konstruktionselementen, die sich beim späteren Colt Open Top M97-72 wieder finden. Denn neben der identischen Randfeuerpatrone haben sie ebenfalls keinen ConversionRing, allenfalls eine dünne, hintere Abschlussplatte.Wie bei den Open Tops sind die Trommeln der LCCs ohne Stufe. Allerdings haben sie den Durchmesser des vorderen Teils einer Army-ConversionTrommel, während sich Colt beim Open Top am Durchmesser des hinteren Trommelbereichs orientiert. Bei einer Reihe von LCCs war eine Kimme im Schwalbenschwanz hinten auf dem Lauf eingesetzt, die dann beim späteren Open Top integraler Bestandteil des Laufs wurde. Um im Rahmen für diese stufenlose Trommel Platz zu schaffen, wurde die Stufe bei den LCCs weggefräst. Natürlich hat auch der Rahmen des Open Top keine Army-Stufe. Bei den LCCs blieb die Ladepresse zwar erhalten, hat aber Einer der bösen Buben in DER NAMENLOSE REITER war mit seinem 86 Navy LCC nicht schnell genug. Sehr gut zu sehen ist die verlängerte Trommel ohne Conversion-Ring. Da sie also im Vergleich zu den berühmten Colt SAA s extrem selten sind, tauchen sie in der US-amerikanischen oder der deutschen Fachliteratur so gut wie nicht auf. Bei Colt-Experten wie Robert Q. Sutherland und R. Larry Wilson werden sie zwar erwähnt, aber über Jahrzehnte als Versuchsmodelle auf dem Weg zur Richards Army Conversion oder zum Open Top beschrieben, nicht aber als eigenständige Entwicklung. D as Projekt Centaure Marshal #2089 (links) und #2067 (rechts). Vor einigen Jahren stellte der Fotograf, Journalist und Sammler von Oldtimern und Westernwaffen Dennis Adler in seinem Buch COLT SINGLE ACTION FROM PATERSONS TO PEACEMAKERS Neufertigungen der bis dahin kaum bekannten LCCs vor, exakt nach historischen Vorbild hergestellt vom bekannten Büchsenmacher und Restaurator von Westernwaffen aus Colorado, Bob Millington ( Seine Ausgangwaffen für diese Conversion-Projekte waren Colt Perkussionsrevolver der 3. Generation. Nach der Lektüre dieses Buches hatten die Autoren die Idee, ebenfalls ein LCC-Projekt zu starten. Recherchen des Conversion-Guru Bruce McDowell zufolge wurden LCCs auch mit kürzeren als den üblichen 8"-Rohren herge- stellt. Trotzdem oder gerade deshalb wurden zwei Centaure Marshals mit kurzen 5,5"-Läufen als Kandidaten für den Umbau ausgewählt. Als Kaliber wurde.44 Colt für innengefettete Geschosse von.429 Dia gewählt, einer bewährten Patrone für das Cowboy-Action-Schießen, für die auch die meisten italienischen Army-Conversions ausgelegt sind. Nach dem Umbau sollen auch beide Revolver als Match-Revolver eingesetzt werden. Aus dieser Walze einer CrMo4-V320 Stahllegierung wurden die beiden ConversionTrommeln gedreht

4 Colts s Long Cylinder Conversions Die Stufe im unteren Bereich des Rahmens wurde bis auf das Niveau des vorderen Teils abgetragen, die Laderinne rechts im Stoßboden vertieft und verbreitert. Die dünne Stahlscheibe rechts wird zur Systemabschlussplatte, konturiert und mit zwei Schrauben im Stoßboden befestigt. LCC-Trommel mit Patronenlagern und der Bohrung für die Trommelachse Of T hedermaking in der Cowboy-Action-Szene als Sliding Horse bekannte Büchsenmachermeister und Werkzeugmacher Klaus Mumme aus Königsbronn führte dieses Conversion-Projekt aus. Dank vieler Jahre Büchsenmacherpraxis und der Spezialisierung auf Westernwaffen weiß er genau, wo anzusetzen ist, um einen Westernrevolver nicht nur zu tunen, sondern vor allen Dingen ein zuverlässig funktionierendes Sportgerät Centaure Long Cylinder Conversion Ausgangwaffen Lauf Laufbeschriftung Kaliber Ausstoßer Laufhaltekeil Conversion-Trommel Hammer Hammeranschlag Kimme Rahmen Stoßboden Griffstück Abzugsbügel Finish für härteste Ansprüche zu schaffen. Deshalb wurden als Zugeständnis an harte Wettkampfbedingungen die Trommeltransportklinken der beiden Centauren nicht mit traditionellen Blattfedern, sondern mit Bolzen und Schraubenfedern bestückt. Alle anderen Veränderungen orientierten sich am Original. Im Folgenden sind die einzelnen Bearbeitungsstufen skizziert: Sommer 2008: Klaus Mumme und Wolf D. Niederastroth diskutieren das LCC-Projekt Projektbeschreibung Marshal-Revolver. Variation, 2. Subvariation #2067 und ,5" keine.44 Colt innen gefettet (Futterlauf.429 Zugdurchmesser) entfällt Centaure neu gefertigt ohne Stufe, Trommelgravur Texanische Brandzeichen umgebauter Perkussionshammer mit Führung für das Schlagstück als Systemabschlussplatte auf dem Stoßboden verschraubt hinten auf dem Laufansatz im Schwalbenschwanz geführt ohne Stufe Laderinne rechts vertieft und verbreitert zum Laden der Patronen, keine Ladeklappe Centaure (Stahl, mit Einfräsung für einen Anschlagschaft) Centaure (Messing) komplett streichbrüniert im "Antikfinish" Der weißfertige Marshal LCC, bereits mit Trommelgravur. System ohne Ladeklappe, texanische Brandzeichen auf der stufenlosen Trommel. Gekürzter Perkussionshammer mit Schlagstück Abschluss der ArN ach beiten begutachtete und beschoss das Beschussamt München die beiden Centaure Long Cylinder Conversions, nachdem durch Literatur belegt werden konnte, dass es historische Vorbilder für diese Ladeklappenlose Konstruktion gibt. Denn Patronen und leere Hülsen werden durch den Stoßboden mit Systemabschlussplatte gehalten. Das funktioniert, solange man beim Spannen nicht auf die Sonne zielt!

5 Colts s Long Cylinder Conversions Auch die die US-Waffenbehörde BATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives) bestätigte im Juni 200, dass vom Büchsenmacher konvertierte Centaure LCCs temporär für die Teilnahme an CAS-Wettkämpfen eingeführt werden dürfen. Schießtest D eranfang Dezember 200 konnte der Meister das Pärchen abliefern, tiefschwarz streichbrüniert und mit der Kimme hinten auf dem Lauf im Schwalbenschwanz. Auf eine CAS-übliche Distanz von 0 Metern gelangen dem Autor auf Anhieb gute Ergebnisse bei schnell geschossener Serien mit nur leichtem Linksbzw. beim zweiten Revolver Rechtsschuss leicht korrigierbar dank seitlich driftbarer Kimme. Dies gilt es nun auf 25 und 50 Meter zu validieren! WDN / November 7, Wolf D. Niederastroth Michael Mayer Praxiserprobung durch einen der Autoren 3 x 5 Schuss Schnellfeuer auf 0 m: leichter Linksschuss bei #2067 Erfreulich kontrastreiches Visierbild! und leichter Rechtsschuss bei #2089 dank Kimme im Schwalbenschwanz leicht korrigierbar.