Kirche sein bedeutet zu spüren, in den Händen Gottes zu sein, so hat es Papst Franziskus formuliert.(lasst euch begeistern, S.37)

Transkript

1 Wann haben Sie das letzte Mal jemandem etwas versprochen? Und konnten Sie es einhalten, was Sie zugesagt hatten? Und wie erging es Ihnen, als Ihnen versprochen wurde, dass Sie eine Unterstützung bekommen oder dass ein bestimmtes Medikament schnell Linderung bringen würde? Hat sich die Zusage erfüllt? Worauf ist wirklich Verlass? Wem kann ich vertrauen? Made in Germany als Garantie für ein Spitzenprodukt ist jetzt mehr als angekratzt durch die Manipulation in Dieselfahrzeugen bei VW. Garantie gibt es auch sonst nur auf Zeit. Wir kennen das beim Kauf von elektrischen Geräten. Das haben wir akzeptiert. Garantie für eine gelingende Ehe gibt es nicht. Wir versprechen einander Treue und Liebe. Der Ehering ist Symbol dafür. Aber leider hält das Versprechen oft nicht. Taufpaten versprechen, für das Kind zu beten, sich zu treffen, für eine christliche Erziehung zu sorgen. Und dann ziehen die Eltern weg, der Kontakt bricht ab. Im Märchen werden Versprechen immer umgesetzt. Schließlich gewinnt immer das Gute und Kleine. Die Sehnsucht der Menschheit zeigt sich in den Märchen, dass am Ende Gerechtigkeit und Liebe den Sieg behalten gegen Lüge, Gewalt und Missgunst. Zusagen, Versprechen, Garantie und Versicherung - das sind sehr menschliche Worte, Werte, die nicht immer halten, auch wenn wir uns bemühen. Versprich nichts, was du nicht halten kannst! ist ein alter Ratschlag. Wir müssen die menschlichen Schwächen einkalkulieren. Und doch gilt für unser Zusammenleben in der Gesellschaft in Deutschland, was in Artikel 1 im Grundgesetz steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dieses Versprechen ist eine Verpflichtung für uns alle. Es gilt, sie in dieser angespannten Lage mit den vielen Flüchtlingen in Europa und in unserem Land zu leben und zu verteidigen, auch wenn dafür auf manches verzichtet werden muss, manche Einschränkung kommen wird.

2 Und worauf ist endlich wirklich Verlass? Das ist die Verheißung Gottes: Er will Leben und Liebe für alle. Das wunderbare Symbol für das Zeichen des Bundes Gottes mit den Menschen ist der Regenbogen ( 1 Mose 9,13).Nach der Sintflut spricht Gott: So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. ( 1 Mose 8,22)Gott schenkt also die Bedingungen zum Leben. Gott war für das Volk Israel der, der seine Verheißungen erfüllt, indem er mit ihnen auf dem Wege ist, sie nicht verlässt. Und Gott hat seine Verheißungen immer wieder erneuert, wenn sein Volk seinen Bund gebrochen hat. Abraham ist eine besondere Gestalt im Alten Testament. Er ist immer unterwegs. Zuerst hieß er Abram. Und dann nennt Gott selber ihn Abraham, das heißt Vater vieler Völker ( 1 Mose 17,5). Unser heutiger Predigttext 1 Mose 13, 1-18 schildert uns eine konkrete Situation. Ich fasse die Verse 1-13 kurz zusammen: Lot war Abrams Neffe, der Sohn seines Bruders Haran ( 1 Mose 12,5). Er war mit Abram mitgezogen, als Gott Abram den Auftrag erteilte, sein Vaterland zu verlassen und in ein Land zu ziehen, das Gott ihm zeigen werde.. Als beide Familien aus Ägypten weiterzogen nach dem Süden und beide Familien sehr groß und reich wurden, gab es Streit. Der Lebensraum wurde zu eng. Und so trennten sie sich. Lot und die Seinen zogen in das Jordanland, Abram und seine Familie zogen ins Land Kanaan. Und nun folgt in den Versen 14 bis 18 das Wort Gottes an Abraham, ein Wort der Verheißung, das ihm schon vorher zugesagt worden war: Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein..., in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. ( 1 Mose 12, 2f.) Ich lese den zweiten Teil des Predigttextes 1 Mose 13,14-18: Als nun Lot sich von Abram getrennt hatte, sprach der Herr zu Abram: Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du wohnst, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen. Denn all das Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben für alle Zeit und will deine Nachkommen machen wie den

3 Staub auf Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der wird auch deine Nachkommen zählen. Darum mach dich auf und durchzieh das Land in die Länge und Breite, denn ich will dir`s geben. Und Abram zog weiter mit seinem Zelt und kam und wohnte im Hain Mamre, der bei Hebron ist, und baute dort dem Herrn einen Altar. Abraham wird Segen zugesagt: So viele Nachkommen wie Staub auf Erden soll er haben. In Kapital 15 heißt es: es sollen Nachkommen sein so zahlreich wie die Sterne am Himmel. Gottes Segen hat also keine Begrenzung, ist nicht messbar. Er ist das unvorstellbar große Geschenk Gottes. Beispielhaft wird der Segen an Abraham deutlich. Dabei ist Abraham durchaus eine wirklich menschliche Figur mit Zweifeln und Schwächen. Im Predigttext Ende September haben wir gehört, dass Abraham nicht länger auf Gottes Versprechen warten wollte, mit seiner Frau Sara einen Nachkommen zu bekommen, weil beide schon alt waren. Und so zeugte er mit seiner Magd Hagar einen Sohn. Erst später wird Sara einen Sohn gebären, Isaak. Als Abraham und Sara wegen einer Hungersnot nach Ägypten ziehen, gibt er Sara, die eine sehr schöne Frau war, als seine Schwester aus, um so sein eigenes Leben zu retten. Sie wird die Geliebte des Pharao. Aber die Wahrheit kommt ans Licht, weil Gott zur Strafe für den Pharao Plagen schickt. Abraham und Sara können das Land wieder verlassen. Diese Geschichte wird in Kapitel 12, also kurz vor unserem Predigttext berichtet. Abraham ist also durchaus kein Mensch ohne Fehler. Aber immer wieder vertraut er Gott, der ihn berufen hat und ihm reichen Segen verheißen hat. Abraham handelt mehrfach so, wie wir das von einem Vater der Glaubenden nicht erwartet hätten. Die Bibel stellt uns keine Idealgestalten dar, sondern es sind Menschen im Alltag. Und dennoch beruft Gott sie als seine Segensträger und nicht nur für das Volk Israel, sondern für alle Völker der Erde! Abraham kommt in Krisen, er muss hin- und herziehen, aber er vertraut Gott. In Abraham sollen alle Völker der Erde gesegnet werden. Diese Verheißung gilt bis heute. In Jesus Christus hat sich die

4 Verheißung Gottes erfüllt. Jesus ist die Tür zum Gott Israels. Gottes Haus ist für alle offen. Das verbindet Christen und Juden, denn Gott ist der eine Vater, der eine Schöpfer. Segensträger für alle Völker werden - welch eine Zusage! Die jüdische, die christliche und die islamische Religion haben in Abraham ihre gemeinsame Quelle und damit auch eine gemeinsame Aufgabe. Bei allen Problemen heute im Zusammenleben der Religionen, bei der Integration der Flüchtlinge ist das eine Brückenfunktion, die wir stärker betonen müssen. Gott schickt auch uns auf neue Wege, will uns Neues, sicher Ungewohntes erfahren lassen. Aber Gott ist bei uns und will, dass wir zum Segen werden. Segensträger sein für alle Völker- das ist eine große Aufgabe für uns heute. Segensträger auch für die Flüchtlinge sein. Dazu beruft uns Gott und sagt zugleich: Fürchte dich nicht! Denn Segen ist mehr als materielle Hilfe. Segen ist Leben! Darüber sollen wir Gott loben und ihn preisen. Das ist eine herrliche Aufgabe. Abraham baute dem Herrn einen Altar, als er Gottes Wort gehört hatte. Das heißt, er betet an und lobt. Vielleicht überlegen Sie zu Hause selber einmal, was sich in Ihrem Leben erfüllt hat und wofür Sie dankbar sind. Wo haben Sie Segen erfahren? Und wo konnten Sie Segen weitergeben? Bitte legen Sie jetzt Ihrem Nachbarn zur rechten und zur linken Seite die Hand auf die Schulter und sprechen: Du bist ein Segen! Und der Partner, die Partnerin sagt: und Du auch.- Ja, so konkret sollte es sein, wenn wir davon sprechen, auch heute Segensträger zu sein! Der Theologe Jürgen Moltmann hat einmal gesagt: Wer einen Menschen wieder zum Lachen bringt, der schließt ihm das Himmelreich auf. Wer einem Menschen Geduld schenkt, der infiziert ihn mit Hoffnung. (Wuppertaler Predigten, S. 46) Wenn wir an der Hoffnung festhalten, erfüllen sich Gottes Verheißungen. Verheißung bei Gott heißt immer Segen und Leben, Leben in dieser Welt und danach Leben bei Gott in großer Weite.

5 Kirche sein bedeutet zu spüren, in den Händen Gottes zu sein, so hat es Papst Franziskus formuliert.(lasst euch begeistern, S.37) Wir Christen sollen Menschen sein, die segnen. Welch eine schöne Aufgabe! Dann kann ich mit Dietrich Bonhoeffer sagen: Es gibt erfülltes Leben, trotz vieler unerfüllter Wünsche. (Widerstand und Ergebung, S. 162) und Nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott, d.h. Er bleibt der Herr der Erde, er erhält seine Kirche, er schenkt uns immer neuen Glauben. (WuE, S. 265) Darauf vertraue ich. Amen. Anneliese Kaminski