WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK WIRTSCHAFT WISSEN UND KULTUR Nr Dezember Krieg und Lüge

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1 DIE ZEIT Preis Deutschland 3,60 WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK WIRTSCHAFT WISSEN UND KULTUR Nr Dezember 2009 Krieg und Lüge Rein oder raus? Im Beichtstuhl mit dem Pfarrer und der Frage:»Soll ich aus der Kirche austreten?«magazin SEITE 12 Titelfoto: Deutsche Isaf-Soldaten in Kundus, fotografiert von Fabrizio Bensch/Reuters Das Geschäft mit den Kindern Die Tragödie von Kundus: Hat sich Deutschland in Afghanistan schuldig gemacht? Ja. Der Zweck heiligt nichts Nein. Wer kämpft, der tötet VON MATTHIAS NASS VON THEO SOMMER Vor Weihnachten boomt die Spielzeugindustrie, aber was bekommen die Kinder? Vor allem bewaffnete Monster, Kämpfer und Puppen, die sich in die Hose machen. Was sagt das über die Erwachsenen aus? Von Susanne Gaschke DOSSIER SEITE Deutschland führt Krieg. Ein einziger Satz räumt alle Zweifel daran aus. Geschrieben hat ihn Oberst Georg Klein am Tag nach dem Angriff auf zwei Tanklaster nahe Kundus. Und mit diesem einen Satz hat er den Nebel über dem deutschen Afghanistan-Einsatz vertrieben:»am 4. September um 1.51 Uhr entschloss ich mich, zwei am Abend des 3. September entführte Tanklastwagen sowie an den Fahrzeugen befindliche INS (insurgents, auf Deutsch: Aufständische, Anm. d. Red.) durch den Einsatz von Luftstreitkräften zu vernichten.«drei Monate lang hatte die Bundesregierung die Deutschen in dem Glauben gelassen, es sei bei dem Angriff darum gegangen, rollende Bomben unschädlich zu machen, die das Feldlager der Bundeswehr in Kundus bedrohten. Sie wusste es vom ersten Tag an besser. Gewiss, es ging auch um die Abwehr einer Die Weihnachtsausgabe der ZEIT erscheint bereits am Dienstag, dem 22. DEZEMBER 2009 Gefahr für die eigenen Soldaten. Vor allem aber wollte Oberst Klein Aufständische»vernichten«. Der Untersuchungsbericht der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (Isaf) sagt es so:»er (Oberst Klein) wollte die Menschen angreifen, nicht die Fahrzeuge.«Wer soll der Regierung da noch glauben? Sie hat geschwiegen und getäuscht. Nichts hat sie dazu beigetragen, dass die Öffentlichkeit erfuhr, was in der Nacht auf den 4. September wirklich geschah. Jetzt holt sie das eigene Versagen ein. Bis zu 142 Menschen starben in dieser Nacht. Es war der folgenschwerste Angriffsbefehl, den ein Bundeswehroffizier je gegeben hat. Und in dem Augenblick, da die Enthüllungen über Kundus die Nation aufwühlen, mokiert sich der Verteidigungsminister in einer Talkshow über unser»schüchternes«verhältnis zu Waffen:»Wir sind Meister des Eiertanzes.«Wie kann sich ein Minister so im Ton vergreifen? Karl-Theodor zu Guttenberg stellt sich vor seine Soldaten. Was er zu sagen vergisst: Auch im Krieg ist nicht alles erlaubt! Deshalb gibt es Einsatzregeln, an die sich die Soldaten zu halten haben. Der Zweck heiligt die Mittel eben nicht. Für die deutschen Soldaten wurden die Einsatzregeln im Juli dieses Jahres erweitert. Dass die Bundesregierung damals eine neue Es ka lations stra te gie ausgegeben habe, nennt Regierungssprecher Ulrich Wilhelm heute völlig»abwegig«. Möglich, dass dies bei der Truppe anders angekommen ist. In der»taschenkarte«der Soldaten heißt es jedenfalls seither, mit militärischer Gewalt könne gegen Personen vorgegangen werden,»die Angriffe planen, vorbereiten, unterstützen oder ein sonstiges feindseliges Verhalten zeigen«. Oberst Klein mochte den Eindruck haben, sich bei seinem Angriffsbefehl auf diese Richtlinien stützen zu können. Der Isaf-Bericht aber stellt fest: Es gab keine Feindberührung; für das Bundeswehrlager in Kundus bestand keine unmittelbare Gefahr. Die Voraussetzungen dafür, Luftunterstützung anzufordern, waren damit nicht gegeben. Gravierender noch: Die amerikanischen Piloten, die auf Befehl von Oberst Klein die Bomben abwarfen, hatten mehrfach angeboten, im Tiefflug über den Fluss hinwegzudonnern, um mögliche Zivilisten zu vertreiben. Oberst Klein lehnte ab. Ein grauenvoller Fehler. Umso erstaunlicher, wie schneidig die Kanzlerin»Vorverurteilungen«vonseiten der Alliierten zurückwies:»ich verbitte mir das!«angela Merkel hat am 8. September vor dem Bundestag eine»lückenlose Aufklärung«versprochen. Nichts hat man seither von ihr gehört. Das Töten ihrer Soldaten macht die Deutschen so beklommen wie deren Sterben. Gott sei Dank ist das so! Wir sind, der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat daran erinnert,»in einer schweren Lage, weil wir ein schweres Erbe mit uns herumschleppen«. Viele Bürger erschrecken, wenn sie lesen, die Bundeswehr mache»jagd auf die Taliban«, sie wolle Aufständische»vernichten«. Die eigene Geschichte hat uns das Kriegerische gründlich ausgetrieben. Es gibt keinen Grund, das zu bedauern. Weil wir aber als großes Land in der Mitte Europas bündnisfähig sein müssen, weil wir als demokratisches Mitglied der Staatengemeinschaft Verantwortung tragen, können wir uns nicht allem militärischen Tun versagen. Das Votum des Bundestages für den Einsatz in Afghanistan war richtig, an der völkerrechtlichen Legitimität ist nicht zu zweifeln. Aber einen Krieg, der auf Lügen gebaut ist, darf dieses Land nicht führen. Niemals. Deshalb ist das Schweigen der Bundeskanzlerin in diesen Tagen unbegreiflich. Afghanistan ist doch längst»merkels Krieg«. Barack Obama hat bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises eindrucksvoll erklärt, warum es eine moralische Pflicht zum Einsatz von Gewalt geben kann. Die Bundeskanzlerin hingegen hat es nie vermocht, den Afghanistankrieg als moralische Herausforderung zu begründen. Es gibt kein schuldloses Handeln im Krieg. Das Wort»vernichten«würde die Kanzlerin nie gebrauchen. Die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan aber haben genau diesen Auftrag. Erteilt haben ihn Merkel und Guttenberg. Wie zuvor Schröder, Fischer und Steinmeier. Um ihre Verantwortung also geht es. Die Debatte, welche die deutsche Politik nicht führen wollte, wird ihr jetzt aufgezwungen. Mit einem einzigen Satz. Der preußische Kriegstheoretiker Carl von Clausewitz hat es in eindringlicher Schlichtheit formuliert:»es ist alles im Krieg sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig.«anstatt den»vorfall von Kundus«so heißt die blutige Bombennacht des 4. September im Beschönigungsjargon unserer Abgeordneten parteipolitisch auszuschlachten, sollten sich alle diese Einsicht zu eigen machen. Wobei sie sich darüber klar sein müssen, dass das Geschehen beim Dorfe Yacob Baj nur eine Teilfrage aufwirft: die nach der Legitimität unseres militärischen Handelns am Hindukusch. Dahinter erheben sich die viel gravierenderen Fragen nach der Machbarkeit des ganzen Unternehmens Afghanistan. Zunächst drei persönlich gefärbte Bemerkungen: Erstens, als Leiter des Planungsstabes unter dem Verteidigungsminister Helmut Schmidt weiß ich, wie mühsam es oft ist, Einer sagt die Unwahrheit Der Minister und sein General: Wie der Krieg aus Kundus nach Berlin kam POLITIK SEITE 2/3 a a dem Haus rasch und verlässlich Informationen zu entreißen. Dazu kommt die Trägheit eines riesigen, schwer zu durchschauenden bürokratischen Apparates; im vorliegenden Falle womöglich die einlullende Gewöhnung an einen Minister, dessen Wissbegierde begrenzt war. Wer den aufrechten Generalinspekteur Schneiderhan kennt, wird ihm schwerlich die Absicht zutrauen, den neuen Minister wissentlich und willentlich hinters Licht zu führen; wer Karl-Theodor zu Guttenberg kennt, wird ihm nicht unterstellen wollen, er habe wie einst Manfred Wörner im Falle des Generals Kießling in einer heftigen Gemütsaufwallung einen voreiligen Rausschmiss inszeniert. Lag ein Missverständnis unter Männern vor? Gab es Bewertungsunterschiede? Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird das klären müssen. Zweitens, als Journalist, der vor einem Jahr nahe Kundus eine halbe Nacht lang eingepfercht in einem Gefechtsstand saß, während draußen fünf Spähtrupps einen Geländestreifen von fünfzehn Quadratkilometer Größe durchkämmten, Schusswechsel inklusive, kann ich mir den Druck vorstellen, unter dem der Oberst Klein seinen Entschluss fasste. Auf den Luftaufnahmen waren Trecker zu sehen, die ja die festgefahrenen Tanklaster wieder hätten aus dem Dreck ziehen können. Und er wusste, dass vier gesuchte Taliban- Führer und eine große Anzahl bewaffneter Aufständischer sich bei den gestrandeten Fahrzeugen aufhielten Feinde. Also traf er seine Entscheidung, beide Ziele auszuschalten (»vernichten«in der Sprache der alten Heeresdienstvorschrift): die Tanklaster und die Taliban. Ob diese Entscheidung militärisch angemessen war oder nicht man wird dem Obersten Klein zubilligen dürfen, dass er nach bestem Wissen und Gewissen und zum Schutz seiner Soldaten gehandelt hat. Und milde wird ihn beurteilen, wer Clausewitzens Kapitel über die»friktionen«im Kriege kennt.»die Friktion ist es, die das Leichte so schwer macht«, sagt der klassische Kriegsdenker. Oberst Klein mag die Einsatzregeln verletzt haben, als er Feindberührung meldete, wo es keine gab; auch hätte er wohl seinen Vorgesetzten unterrichten sollen. Aber mit dem deutschen Zivilrecht ist solchem Fehlverhalten schwerlich beizukommen. Drittens, schon als Zeitungsleser weiß ich: Seit die Bundeswehr Ende 2001 nach Afghanistan ging, hat sich stufenweise alles verändert ihr Auftrag, ihre Sicherheitslage und ihre Einsatzregeln. Der ursprüngliche Auftrag war es, die afghanische Regierung und das UN-Personal in der Hauptstadt Kabul zu sichern. Zwei Jahre später kam Kundus hinzu, wo die Bundeswehr Stabilität und Aufbau fördern sollte; 2006 übernahm Deutschland das Regionalkommando Nord (seitdem haben wir eine gemeinsame Militärgrenze mit China). Man mag dies mission creep nennen: die schleichende Ausweitung des Auftrags. Aber sie vollzog sich in aller Öffentlichkeit; nichts wurde da vertuscht oder verborgen. Allmählich änderte sich jedoch auch die Sicherheitslage. Ging die Gefahr für unsere Soldaten bis vor einem Jahr von Sprengfallen aus, von Selbstmordattentaten oder gelegentlichem Raketenbeschuss, so müssen sie jetzt Panzerfaust-Attacken und gezielte Angriffe gewärtigen. Oft werden sie in Feuergefechte verwickelt. Die Zahl der feindseligen Akte erhöhte sich 2009 um 60 Prozent. Seit März registriert die Bundeswehr vermehrt»militärähnliches Vorgehen«der Taliban. Kann es wundernehmen, dass sie darauf reagierte? Dass sie offensive Kampfhandlungen erlaubte? Dass sie von der bloßen Verteidigung zum Angriff, zur Nacheile und zu präventivem Handeln überging? Sie hat jedes Recht zu solcher Eskalation. Die»Taschenkarten«, die den Soldaten ihr Verhalten vorschreiben, wurden in diesem Sinne überarbeitet. Auch dies geschah nicht hinter herabgelassenen Rollläden: Dieser»Strategiewechsel«ist in aller Ausführlichkeit dargestellt worden. Es heuchelt oder lügt, wer heute behauptet, davon habe er nichts gewusst. Wer will, dass die Bundeswehr in Afghanistan bleibt, darf ihr nicht einen Arm auf dem Rücken festbinden, zumal eine robustere Kriegsführung sowohl von dem UN-Mandat wie von dem Mandat des Bundestages gedeckt wird. Das sollten auch jene einsehen, die unsere Soldaten an den Hindukusch abkommandiert haben, die SPD und die Grünen. Wenn die Bundeswehr im Notfall oder Zweifelsfall nicht töten darf, muss sie abgezogen werden. Sie ist nicht die Heilsarmee. ZEIT ONLINE Ende gut, alles gut? Analysen und Reportagen vom Höhepunkt des Klimagipfels a PROMINENT IGNORIERT Hart im Raume Die Axt im Haus erspart manch böses Wort. Im Fall der 98-jährigen Laura war es die Plastiktüte, die sie ihrer 100-jährigen Zimmergenossin siehe Foto in Dartmouth (USA) tödlich überstülpte. Anstoß gab die Platzierung eines Tischs. Kriege und Krisen hatte Laura in ihrem langen Leben ertragen. Dies war zu viel.»leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen«, sagte Schiller, dem guter Rat nie teuer war. GRN. Fotos (v.o.n.u.): J.-M. Charles/AGE/F1online; W. Bartsch für DIE ZEIT; S. Barrow/AP; kl. Fotos: M. Kappeler/ddp (li.); B. Stadler/ddp (re.) ZEIT Online GmbH: ZEIT-Stellenmarkt: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Hamburg Telefon 040 / ; DieZeit@zeit.de, Leserbriefe@zeit.de Abonnentenservice: Tel *, Fax *, abo@zeit.de *) 0,14 /Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise können abweichen Preise im Ausland: DKR 40,00/FIN 6,20/E 4,70/Kanaren 4,90/ F 4,70/NL 4,20/A 4,00/CHF 6,80/I 4,70/ GR 5,30/B 4,20/P 4,70/L 4,20/HUF 1420,00 NR Jahrgang C 7451 C

2 POLITIK Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Titelgeschichte WORTE DER WOCHE»Andere mögen ihn mehr verdienen.«barack Obama, US-Präsident, in seiner Dankesrede zur Verleihung des Friedensnobelpreises»Ich hätte immer noch gedacht, dass es das Richtige ist, Saddam Hussein zu beseitigen.«tony Blair, ehemaliger britischer Premierminister, auf die Frage, ob er sich auch für den Irakkrieg entschieden hätte, wenn er gewusst hätte, dass Hussein nicht über chemische oder biologischen Waffen verfügte»eine Partei mit Verbindungen zum Terror muss verboten werden.«hașim Kılıç, Präsident des türkischen Verfassungsgerichts, über das Verbot der Kurdenpartei DTP»Entweder ändern wir uns, oder wir gehen unter.«giorgos Papandreou, griechischer Ministerpräsident, über den Schuldenberg seines Landes»Sie müssen uns nicht erklären, wie notwendig es ist, dass wir uns gut verstehen.«nicolas Sarkozy, französischer Präsident, über einen angeblichen Streit mit dem britischen Premierminister Gordon Brown»Ihr habt recht, es ist genug geredet. Jetzt müssen wir handeln.«connie Hedegaard, dänische Präsidentin des EU-Klimagipfels, zu den Demonstranten»Man nennt das landläufig: Er hat gelogen.«jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender der Grünen, über die Aussagen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zum Luftangriff von Kundus»Was den Vorwurf der Täuschung und der Lüge betrifft, kann ich nur sagen, dass sich Herr Gabriel und Herr Trittin hüten müssen, sich nicht selbst dem Vorwurf der Täuschung auszusetzen.«karl-theodor zu Guttenberg zu den Vorwürfen von Grünen und SPD»Die Versager tragen ein Logo mit drei Buchstaben: CSU.«Markus Rinderspacher, bayerischer SPD-Fraktionschef, über die Krise der Bayerischen Landesbank»Das war nicht meine Idee.«Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister (CDU), über die geplante Steuersenkung für Hotelübernachtungen»Roland, mach den Peter Harry!«Thorsten Schäfer-Gümbel, hessischer SPD-Vorsitzender, fordert von Ministerpräsident Roland Koch ein Nein des Landes zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz»Ich habe Dänemark von Werbebesuchen für meine Filme in sehr guter Erinnerung, vor allem wegen der Fitnessstudios hier.«arnold Schwarzenegger, Kaliforniens Gouverneur, bei seiner Ankunft auf dem Klimagipfel in Kopenhagen ZEITSPIEGEL Rock statt Hose Studenten der Suan-Dusit-Rajabhat-Universität in Bangkok haben Streit mit ihrem Rektor. Der Grund: Sie dürfen zu ihrer Abschlussfeier nicht anziehen, was sie wollen. Gegen die strenge Uniformpflicht wollen sie allerdings nicht aufbegehren. Eine Gruppe transsexueller Studenten beharrt vielmehr darauf, die Uniform der Frauen zu tragen. Rektor Siroj Polpanthin tat die Forderung als»völlig unangemessen«ab.»wenn wir das zulassen, dann müssen wir auch Studentinnen erlauben, sich wie ihre männlichen Kollegen anzuziehen.«warum eigentlich nicht? MOG. NÄCHSTE WOCHE IN DER ZEIT Wie kommt das Gute in die Welt? Als der New Yorker Wesley Autrey sah, wie ein Epileptiker vor eine U-Bahn fiel, stürzte er sich, ohne zu überlegen, auf den Mann, zerrte ihn zwischen die Schienen und rettete ihm so das Leben. Was ließ Autrey jenseits aller Vernunft sein eigenes Leben riskieren? Neue Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen, dass der Mensch nicht von Natur aus egoistisch ist. Ein Wissenschaftsessay von Stefan Klein DOSSIER Die Uniform mit den fünf Sternen ist an diesem Morgen im Schrank geblieben, beim Spaziergang durch Berlin trägt Schneiderhan Touristenzivil. Hellbeige Jacke, Jeans, schwarze Schuhe. Er kommt direkt vom Hauptbahnhof, den Sonntag hat er bei seiner Mutter verbracht, die sich, fast neunzigjährig, auf eine schwere Operation vorbereitet. Der Sohn hat die Vollmacht, auch hier muss er entscheiden, was gemacht wird und was nicht. Sollte er ihr beichten, dass er in Berlin gerade entlassen worden war? Weil man es ihr im Krankenhaus vermutlich geflüstert hätte, hat sich Schneiderhan zu ihr ans Bett gesetzt und Bericht erstattet. Artig erzählte er von seinem Rausschmiss und dass es nun vorbei sei mit den vielen Reisen nach Berlin und Kundus. Wie Mütter so sind:»ich bin froh«, habe sie nur gesagt. So ganz ist er in seinem neuen Leben noch nicht angekommen. All die Briefe und Mails, die den General in diesen Tagen erreichen, sind neuerdings an Wolfgang Schneiderhan,»General a. D.«adressiert. Der Zusatz»außer Dienst«ist vom 1. Januar an korrekt, er tut aber auch weh.»was ist da passiert?«diese Frage durchzuckt ihn, doch dann findet der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr wieder zu jener Gemütslage zurück, die er sich für die letzten Wochen in Berlin verordnet hat. Konzentriert zu sein, keine Schwäche zu zeigen.»aussparen«wolle er, wie er es nennt,»dass ich jetzt zusammenbreche«. Mit unbewegter Miene hat er sich hingestellt und zu seiner eigenen Verabschiedung den Großen Zapfenstreich abgenommen. In seiner Rede hat er die Minister Struck und Jung erwähnt, aber kein Wort für den Minister gefunden, der im Trommelwirbel neben ihm stand.»ich wüsste im Augenblick nicht, wofür ich mich bei Guttenberg bedanken sollte. Das wäre ja der Gipfel der Scheinheiligkeit gewesen, das durften andere machen.«lieber erwähnte Schneiderhan in seiner Dankesrede die enge Weste der Loyalität, die er nun ablegen dürfe. Dass diese Formulierung als»ein Warnschuss«zu verstehen war, lag wohl in seinem Interesse. Dieser Tage eskaliert der Streit um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und damit auch die Diskussion um die militärische und politische Verantwortung für den Raketenangriff auf zwei Tanklastwagen in Kundus. Berlin ist zum Nebenkriegsschauplatz geworden, auf dem es um Deutungshoheiten geht, um Begriffe und Beurteilungen, die angemessen waren oder nicht. Wer hat was zu welchem Zeitpunkt gewusst? Wer hat wann mit wem über welche Fragen gesprochen? Wer erinnert sich noch gut, und wer tut es nicht mehr? Weil die Lage so kompliziert ist, spricht der beurlaubte General langsam und erwähnt nur das Wichtigste. Er möchte, dass man mitkommt, wenn er erzählt, man sich ein eigenes Bild machen kann. So will er es auch gehalten haben an jenem Morgen des 29. Oktober, als der neue Verteidigungsminister sein Amt antrat. Eine Kurzeinweisung für Guttenberg,»eine Tour d Horizon«, dazu eine eher allgemein gehaltene Einweisung in die Einsatzlage der Streitkräfte. Alle Vorträge komprimiert, zusammen dauerten sie nicht mehr als eineinhalb Stunden. Der lang gediente Offizier findet den Neuen»arg flott«am selben Morgen dieses 29. Oktober wird Schneiderhans Presseerklärung verteilt, in der er den Luftangriff nahe Kundus als»militärisch angemessen«verteidigt. Der Generalinspekteur begibt sich auf eine Dienstreise, die ihn unter anderem nach Moskau, Brüssel und Bratislava führt. Am 6. November ist es der Minister, der eine Erklärung zu dem Bericht der Internationalen Schutztruppe (Isaf) abgibt. Die Aktion der Bundeswehrsoldaten, befindet Guttenberg, sei»militärisch angemessen, selbst wenn Fehler gemacht wurden, musste man so handeln«. Im Vergleich zu seiner eigenen Einschätzung entdeckt Schneiderhan in dieser Formulierung»einen Qualitätssprung«. Der lang gediente Offizier findet sie»arg flott«. Er weiß, dass Guttenberg bei der Truppe Punkte macht, wenn er erstmals von»kriegsähnlichen Zuständen«redet. Damit spricht er auch den Angehörigen der Soldaten, ihren Familien aus dem Herzen. Aber was folgt eigentlich daraus, das wolle man doch gerne wissen. Welche Konsequenz hat diese Neubewertung etwa für die Ausstattung der Soldaten? Muss ihre Zahl demnach nicht doch dramatisch erhöht werden? Darf man unter diesen Umständen die Afghanistan-Konferenz abwarten, die erst Ende Januar 2010 beginnt? Alle Fragen sind offen, insofern sei Guttenbergs Formel nicht mehr als»eine rhetorische Übung«gewesen. Gut möglich, dass der Generalinspekteur zu diesem Zeitpunkt bereits die Lust verloren hat, noch einmal einen unerfahrenen und diesmal auch recht jungen Minister mühsam an die Inhal- Chronologie einer Affäre»Da sagt er die Unwahrheit«Generalinspekteur ist Wolfgang Schneiderhan nicht mehr. Trotzdem wollte er loyal sein bis sein Minister zu viel redete VON HANNS-BRUNO KAMMERTÖNS ZAPFENSTREICH. Wolfgang Schneiderhan, damals noch in Uniform Karriere eines Militärs Wolfgang Schneiderhan wird 1946 im oberschwäbischen Riedlingen an der Donau geboren. Sein Vater ist Offizier, sein Onkel ist der gleichnamige Wiener Geigenvirtuose. Nach dem Abitur beginnt er 1966 seinen Dienst bei der Bundeswehr als Zeitsoldat wird er zum Leutnant ernannt, 1974 zum Hauptmann befördert. Von 1979 bis 1981 betreut er im Verteidigungsministerium das militärische Nachrichtenwesen wechselt Schneiderhan ins Nato- Hauptquartier in Brüssel und wird Stabsoffizier für Rüstungskontrolle folgt die Versetzung an die Führungsakademie in Hamburg, 1997 kehrt er ins Verteidigungsministerium zurück und steigt nach vier Jahren zum Leiter des Planungsstabes auf. Im Jahr 2002 ernennt ihn der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping zum Generalinspekteur. Auf diesem Posten soll Schneiderhan die Armee vor allem auf die wachsende Zahl von Auslandseinsätzen vorbereiten. Kurz darauf wird sein Amt aufgewertet: Als Generalinspekteur ist er nicht länger nur Berater, sondern er erhält auch die Kommandogewalt über die Auslandsmissionen. Schneiderhan ist verheiratet und hat vier Kinder. Foto (Ausschnitt): Oliver Lang/ddp; Kleine Fotos unten: AP; Arno Burgi/dpa; Tim Brakemeier/dpa; Robert Schlesinger/dpa (v.l.n.r.) te des Ressorts heranzuführen. Zumal wenige Tage später das geschieht, was Schneiderhan vorausgesehen hat: Der Minister rudert zurück. Der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt kommt jetzt zu dem Ergebnis, der Angriff auf die beiden Tanklaster in Kundus sei»nicht angemessen«gewesen. Ist der Ansehensverlust des Ministers irreparabel? Das nicht, sagt Schneiderhan.»Aber der Lack ist ab.«glaubt man dem ehemaligen Generalinspekteur, dann hätte seine Personalie ohne großen Pulverdampf abgewickelt werden können. Es sei nun einmal eine Tatsache, dass er nicht auf die Idee gekommen sei, dem Minister, damit dieser den Isaf-Bericht beurteilen konnte, auch jene Berichte vorzulegen, auf denen dieser gründet. Aus Sicht des Ministers habe er, Schneiderhan, deshalb einen Fehler gemacht.»dazu stehe ich.«der Minister hätte ihn in den einstweiligen Ruhestand versetzen können,»damit hätte man es einfacher gehabt, mich zu entsorgen«. Dann wäre in dieser Angelegenheit eine Wendung zum Guten durchaus noch möglich gewesen. Wolfgang Schneiderhan, der ohnehin im Juli 2010 aus dem Amt scheiden wollte, wäre früher in den Kreis seiner Familie zurückgekehrt. Und Verteidigungsminister Guttenberg wäre weiterhin als der Franz Beckenbauer der deutschen Politik durchgegangen. Doch am Nachmittag des 25. November beginnt im Berliner Verteidigungsministerium ein Showdown, der viel aussagt über die Befindlichkeit der politischen und militärischen Führung in Krisenzeiten.»Da brannte die Hütte«, erinnert sich Schneiderhan Das erste Gespräch beginnt gegen Uhr und endet gegen Uhr. Über diesen Zeitrahmen sind sich die Beteiligten Minister zu Guttenberg, Staatssekretär Wichert sowie Schneiderhan im Grunde einig, über den Rest des Tages dagegen nicht. Die Debatte entzündet sich an dem Vorwurf des Ministers, man habe ihm wichtige Unterlagen vorenthalten. Deshalb sei es zu seiner fehlerhaften Einschätzung der Lage gekommen. Sehr ärgerlich das Ganze. Man müsse damit rechnen, dass die Bild-Zeitung am nächsten Tag mit einer unangenehmen Story herauskommen werde. Es ergeht Order, sämtliche Berichte eilends heranzuschaffen. Schneiderhan und Wichert verlassen den Raum. Es wird nach Adjutanten gerufen, allmählich gerät der ganze Einsatzführungsstab unter Dampf.»Da brannte die Hütte«, erinnert sich Schneiderhan. Kurz vor 17 Uhr treffen die Herren wieder aufeinander. Ein Adjutant trägt dem Generalinspekteur einen dicken Aktenordner hinterher, den er wenig später»irgendwo im Ministerbüro«ablegt. Dann schließt sich die Tür hinter Schneiderhan. In diesem Vieraugengespräch erfährt Deutschlands oberster Soldat, dass er abtreten soll. Fehlendes Vertrauen. Er wird gebeten, um Entbindung von seinen Aufgaben zu ersuchen. Dann ist er wieder draußen. An ein Gespräch über die herbeialarmierte Akte kann sich der General nicht erinnern. Kann es einen Nachmittag mit zwei Wahrheiten geben? Schneiderhan bleibt bei seiner Version:»Was diesen 25. nachmittags angeht, sagt er die Unwahrheit.«Am Abend bringt er das gewünschte Ersuchen zu Papier.»Sie haben Ihre Presseerklärung vom 6. November ausschließlich auf den Abschlussbericht von ISAF zum Luft-Boden-Einsatz am 4. September gegründet«, schreibt er an Guttenberg. Andere Berichte, Zwischenberichte und Meldungen seien dem Minister nicht vorgelegt worden.»dafür übernehme ich die Verantwortung.«Zu Ende ist die multilaterale Ego-Pflege rund um das Verteidigungsministerium damit noch nicht. Schneiderhan meint sich zu erinnern, dass es die ZDF-Talkshow von Maybritt Illner war, in der Minister Guttenberg zum ersten Mal darüber klagte, dass seine Leute ihm wichtige Akten»vorenthalten«, Berichte»unterschlagen» hätten. Formulierungen, die Guttenberg später auch im Deutschlandfunk gebraucht habe und bei einem Auftritt bei der CSU in München. Man muss es so sagen: Wolfgang Schneiderhan ist seitdem außer sich.»unterschlagen«, was für ein Wort!»Das finde ich inzwischen ehrenrührig«, sagt Schneiderhan.»Unterschlagen hat für mich den Geschmack des Vorsatzes, und es gab keinen Vorsatz.«Hat der Minister allzu plump dahergeredet?»dass er vorschnell formuliert, ist bekannt«, sagt Schneiderhan.»Aber das hier ist schon eine Steigerungsstufe.«Vorsatz:»Das ist nicht nur unschön, das ist unwahr.«er weiß gar nicht, wie alles rechtlich einzuordnen sei, meint Schneiderhan plötzlich. Was sagen die Vorschriften über jemanden, der beurlaubt ist? Muss er an seinem Schreibtisch sitzen? Oder darf er einfach so spazieren gehen? Ist jetzt ein Urlaubsantrag fällig? Er weiß es wirklich nicht. a 4. September 5. September 8. September 28. September Foto: G. & M.D. de Lossy/Getty Images Bei Kundus entführen Aufständische zwei Tanklastzüge. Der deutsche Oberst Georg Klein, Kommandeur des Standorts in Kundus, fordert amerikanische Unterstützung und befiehlt, die Tanklastzüge zu bombardieren. Verteidigungsminister Franz- Josef Jung (CDU) sagt,»nach allen uns vorliegenden Informationen«seien bei dem Angriff nur Taliban getötet worden. US-General Stanley McChrystal widerspricht: Für ihn sei klar, dass es»einige zivile Opfer«gegeben habe. Im Bundestag verspricht Angela Merkel (CDU) eine lückenlose Aufklärung des Luftangriffs und verbittet sich Kritik an dem Einsatz. Verteidigungsminister Jung räumt ein, dass möglicherweise auch Zivilisten getötet worden seien. Einen Tag nach der Bundestagswahl wird der geheime Untersuchungsbericht der Nato an das Verteidigungsministerium übergeben. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan nennt den Luftangriff daraufhin»militärisch angemessen«.

3 POLITIK 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr Es ist das blutigste Ereignis in der Geschichte der Bundeswehr. Wahrscheinlich über 140 Menschen sind bei dem Luftangriff von Kundus ums Leben gekommen, den ein deutscher Oberst in der Nacht vom 3. auf den 4. September angeordnet hat. Aber nicht nur wegen der schrecklichen Folgen wächst von Tag zu Tag die politische Brisanz. Der Luftangriff stellt vieles infrage: das Handeln des Oberst, die Verantwortung des Verteidigungsministers und den Spielraum der Kanzlerin für die künftige deutsche Afghanistanpolitik. Die Fehler des Oberst Über Monate hinweg hatte die Bundesregierung den Eindruck erweckt, es sei dem verantwortlichen Offizier mit der Bombardierung allein darum gegangen, Gefahr vom deutschen Lager Kundus abzuwenden. Doch das war von Anfang an wenig plausibel, weil die gekaperten Tanklaster in großer Entfernung vom Lager feststeckten und dauernd im Visier der Aufklärer waren. Nun aber erscheint Oberst Klein als Kommandeur, der von vornherein»die Menschen als Ziel hatte, nicht die Fahrzeuge«. So steht es im bislang geheim gehaltenen Untersuchungsbericht der Nato. Dass die Bundeswehr in Afghanistan gezielt Taliban tötet, ist ein unerhörter Verdacht. In diesem Licht wirft vor allem ein anderer Bericht, die früheste deutsche Quelle zu dem Luftangriff, neue Fragen auf. Die Rede ist von dem geheimen Feldjägerbericht, der am 9. September in Masar-i-Scharif verfasst wurde, von dem Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach eigener Aussage jedoch erst am 26. November erfahren hat und der den Vermerk trägt:»nur Deutschen zur Kenntnis«. Der Autor des Berichts, Oberstleutnant Brenner, war als erster deutscher Soldat am Tatort noch am Tag des Bombardements. Der Militärpolizist hatte den Auftrag, Oberst Klein bei der Aufklärung des Bombenabwurfs zu unterstützen. Brenners Bericht liest sich wie ein Krimi. Denn Brenner kann nicht nachvollziehen, wie Oberst Klein zur Gewissheit gekommen sein will,»dass bei einem Bombenabwurf keine zivilen Verluste zu erwarten seien«. Er wundert sich darüber, dass weder das Hauptquartier des Regionalkommandos Nord der Bundeswehr in die so gravierende Entscheidungsfindung einbezogen wurde noch die nächsthöhere Ebene, der Isaf-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal. Brenner meldet auch, dass Klein seinen Rechtsberater nicht hinzugezogen habe. Und er legt nahe, dass der Oberst in jener Nacht womöglich nicht alleine entschieden habe:»aus den Unterlagen geht nicht hervor, welcher Personenkreis ( ) zur nächtlichen Entscheidung des Kdr PRT KDZ (i.e. Oberst Klein) beigetragen hat.«nimmt man hinzu, dass Klein seine Entscheidung aus dem Gefechtsstand der Spezialeinheit»Task Force 47«heraus getroffen hat, verändert sich der Fokus weg von dem diensthabenden Oberst. Denn hinter dem Begriff»Task Force 47«verbirgt sich eine Sondertruppe, die sich aus Elitekräften des»kommandos Spezialkräfte«(KSK) und militärischen Aufklärern der Bundeswehr zusammensetzt. Diese geheim operierenden Kräfte werden eng von Deutschland aus mitgeführt, vom Einsatzführungskommando in Potsdam. Kann es sein, dass Oberst Klein, als man ihn um Mitternacht vom 3. auf den 4. September wegen der entführten Laster weckte, zum Trittbrettfahrer einer längst schon laufenden Operation des KSK gegen die Taliban wurde? Das würde einige Merkwürdigkeiten, die der Feldjäger-Bericht erwähnt, erklären: das Ignorieren der Meldewege, den Verzicht auf Rechtsbeistand und die Zögerlichkeit bei der Aufklärung des Tatorts nach dem Bombenabwurf. Klein hätte nach den Regeln der Internationalen Schutztruppe Isaf spätestens zwei Stunden nach dem Bombardement eine Bestandsaufnahme am Tatort durchführen lassen müssen. Dies geschah nicht. Schlamperei? Als die Feldjäger am Mittag nach der Bombennacht am Kundus-Fluss eintreffen, stellen sie das Gegenteil fest. In ihrem Bericht heißt es:»ereignisort ist nicht unverändert. Augenscheinlich keine Leichen/ Verletzten mehr vor Ort. Bombing-Area ist in Anbetracht des vermeintlichen Personenschadens nahezu klinisch gereinigt.«den Feldjägern bietet sich»ein offensichtlich deutlich veränderter Ereignisort, der einen geradezu stark gereinigten Eindruck hinterlässt. Es sind nur noch minimalste Spuren von Humanmaterial zu finden.«nur einige tote Esel und Hunde zeugen zehn Stunden danach noch von dem Inferno. Jemand hat gründlich aufgeräumt, den Ermittlern bleibt nichts zu tun. Die Feldjäger betonen auch, dass die örtlichen Würdenträger, die sie befragen konnten, das Bombardement nicht etwa kritisiert, sondern begrüßt haben.»noch 2 bis 3 solcher Aktionen, und Kundus hat Frieden«, wird ein Provinzrat zitiert. Die Sicherheitslage in Kundus habe sich in den letzten drei bis vier Jahren dauernd verschlechtert, und die Aufständischen fühlten sich stärker als die Isaf. Der Schlag 6. November Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nimmt erstmals Stellung. Er sagt, dass Regeln missachtet wurden, aber:»selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zu dem Luftschlag kommen müssen.«das wahre Gesicht des Krieges Der Angriff von Kundus und die Nachrichtenpolitik der Regierung stellen den Afghanistan-Einsatz infrage. Eine Fehlersuche VON MATTHIAS GEIS UND JÖRG LAU TRUPPENBESUCH. Angela Merkel in Masar-i-Scharif, November 2007 gegen die Aufständischen sei»genau die richtige Antwort auf diese Geißel Gottes«die Taliban. Die Fehler des Ministers Auch Franz Josef Jung hatte vor seinem Rücktritt zustimmende Reaktionen örtlicher Würdenträger zitiert, um den Angriff zu rechtfertigen. Sie passten auch zur ersten Einschätzung seines Nachfolgers, der am 6. November, kurz nach Dienstantritt erklärt hatte, der Angriff sei»militärisch angemessen«, ja sogar unvermeidlich gewesen. Inzwischen will Guttenberg hiervon nichts mehr wissen und lädt die Schuld für sein Fehlurteil bei seinen entlassenen Untergebenen, dem Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert ab. Dieses Urteil sei zustande gekommen, weil ihm wichtige Informationen»vorenthalten worden«seien. Schneiderhan sieht das anders 26. November Die Bild-Zeitung veröffentlicht ein Video des Luftangriffs sowie einen bislang unbekannten Feldjäger-Bericht. Daraus geht hervor, dass im Verteidigungsministerium schon kurz nach dem Angriff Hinweise auf zivile Opfer vorlagen. Guttenberg entlässt daraufhin Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert. Einen Tag später tritt auch der frühere Verteidigungsminister Jung, nun Arbeitsminister, von seinem neuen Amt zurück. Foto (Ausschnitt): REX FEATURES LTD./action press; kleine Fotos unten: Reuters; DZ; Berthold Stadler/ddp; Gero Breloer/AP (v.l.n.r.) (siehe Seite 2). Zwar bestreitet er nicht, dass dem Minister nicht alle Berichte vorgelegt wurden. Doch hält er das für unerheblich, weil der Isaf-Bericht, den der Minister kannte, zur umfassenden Beurteilung ausgereicht habe. Wenn das stimmt, ergäbe sich hieraus eine für Guttenberg unangenehme Lesart: Der Minister hatte alle wesentlichen Informationen, schlug aber nicht Alarm, sondern spielte die Brisanz des Vorfalls herunter. Erst nachdem die Bild-Zeitung am 26. November Informationen aus dem Feldjägerbericht veröffentlicht hatte, ließ sich diese Linie nicht mehr halten. Am 3. Dezember trat Guttenberg vor den Bundestag und erklärte nun, der Luftangriff sei»militärisch nicht angemessen«gewesen. Welche konkreten Informationen ihn zur Revi sion seiner Ansicht brachten, was er aus den zunächst zurückgehaltenen Berichten Neues erfahren hat, ist bislang nicht bekannt. Doch werden die Berichte auf Dauer kaum geheim bleiben. Enthalten sie brisante Informationen, die im Untersuchungsbericht der Nato fehlen, kann der Minister seine Lesart untermauern. Wenn nicht, hätte er erst Informationen verschleiert, sich dann unter Druck korrigiert und bei alledem als Opfer seiner Berater inszeniert. In Berlin hat nun erst einmal das große Schweigen begonnen. Mit dem Verweis auf den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der seine Arbeit an diesem Mittwoch aufgenommen hat, verweigert die Regierung jede konkrete Aussage. Ausgerechnet der Untersuchungsausschuss, der aufklären soll, liefert der Regierung eine Begründung, vorerst jegliche Aufklärung zu verweigern. Die Fehler der Politik Die Konsequenzen jener fatalen Nacht reichen über das Schicksal einzelner Minister, selbst über das der Kanzlerin hinaus. Denn in Kunduz hat sich erstmals in aller Brutalität gezeigt, was das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan neben Aufbauhilfe noch bedeuten kann: Auf das Wort»vernichten«, mit dem Oberst Klein sein Motiv beschrieb, sind weder Regierung noch Öffentlichkeit vorbereitet. Dabei hat das Schweigen der deutschen Politik in Sachen Krieg längst Methode. Ein einziges Mal, beim Krieg gegen Serbien 1999, wurde eine zögernd-pazifistisch gesinnte Öffentlichkeit mit einer moralisch aufgeladenen Begründung überwältigt. Im Falle Afghanistans erzwang Kanzler Schröder 2001 die Zustimmung seiner Koalition durch die Vertrauensfrage. Doch seit den fröhlichen Befreiungsbildern Burka-loser Frauen in Kabul ist die deutsche Politik sehr leise geworden. Noch erklärt sie pflichtschuldig, warum unsere Soldaten in Afghanistan sind: um die Sicherheit zu verteidigen, das Land zu stabilisieren, die atomar brisante Region sich nicht allein zu überlassen. Doch die Frage, wie genau wir das tun, ob wir genug tun, um diese Ziele zu erreichen, und ob es das Richtige ist vor dieser Diskussion scheute sich die rot-grüne Regierung genauso wie die Große Koalition und nun Schwarz-Gelb. Fast schon ritualisiert verlängert der Bundestag alljährlich das Mandat. Ansonsten gibt es die bekannten Anlässe, bei denen sich die Öffentlichkeit kurz und folgenlos des Einsatzes erinnert: wenn deutsche Soldaten ums Leben kommen, wenn Zivilisten bei amerikanischen Angriffen getötet werden oder wenn sich die Bundesregierung gegenüber Forderungen der Alliierten verwahrt, mehr Soldaten zu schicken. In der Vergangenheit war es gerade diese Weigerung, den deutschen Einsatz quantitativ oder qualitativ zu eskalieren, mit dem die wechselnden deutschen Regierungen dafür sorgten, dass die öffentliche Stimmung nicht vollends kippte. Das ging auch so lange gut, wie die Sicherheitslage im Norden zum Selbstverständnis des deutschen Einsatzes passte: Man konnte die Lage durch bloße Präsenz stabilisieren, deutsche Soldaten beteiligten sich am zivilen Aufbau. Doch seit einiger Zeit sickert der Süden in den Norden des Landes. Wo die Deutschen über Jahre hinweg halbwegs sicher den spärlichen Aufbau flankierten, häufen sich die Anschläge, agieren vermehrt Taliban gegen die Bevölkerung und gegen die fremden Soldaten. Die haben die Veränderung vor Ort zu spüren bekommen, auch in Berlin weiß man darüber schon lange Bescheid. Nur reagiert hat die deutsche Politik darauf nicht. Sie hätte über einen Abzug debattieren können oder über das Gegenteil: eine Intensivierung des deutschen Engagements und eine veränderte Strategie als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage. Sie hat stattdessen die sogenannte Taschenkarte mit den Einsatzregeln für die Soldaten verändert. Die dürfen seither schneller zur Waffe greifen und sich auch präventiv verteidigen. Ein von deutschen Soldaten kommandierter Bombenangriff auf Talibankämpfer, mit einer hohen Anzahl ziviler Opfer, wie man ihn früher immer bei den Amerikanern kritisiert hatte, war dabei nicht vorgesehen. Und doch erscheint gerade dieses Ereignis wie eine Konsequenz aus der Passivität der Politik und der Überforderung der Soldaten vor Ort. Vielleicht war Oberst Kleins Entscheidung zum Luftangriff einfach nur die tödliche Antwort auf eine aussichtslos gewordene Lage. Der Oberst wird sich für seine Entscheidung verantworten müssen, auch wenn man diese Verantwortung juristisch und moralisch nur schwer beschreiben kann. Ein Verteidigungsminister ist zurückgetreten, der amtierende wird mit allen Mitteln um sein Amt kämpfen. Fatal sind die Konsequenzen des Luftangriffs für die deutsche Afghanistanpolitik. Die Berlin-Kundus-Affäre wird die ohnehin schwindende öffentliche Unterstützung für den Einsatz noch weiter schmälern. Ende Januar will die Staatengemeinschaft in London über die Zukunft des Afghanistan-Einsatzes beschließen. Dann wird Obama von Deutschland mehr Engagement verlangen. Und die Kanzlerin wird nichts in der Hand haben. i Kundus und die politischen Folgen. Analysen und Hintergründe auf ZEIT ONLINE: Siehe auch Feuilleton, Seite Dezember Vor dem Bundestag korrigiert Guttenberg seine bisherige Einschätzung und nennt den Angriff nun»militärisch nicht angemessen«. Er beruft sich dabei auf Berichte, die ihm am 6. November noch nicht vorgelegen hätten. MAIL AUS Rom VON: birgit.schoenau@zeit.de BETREFF: Corona-Tag Auf unserer großen Piazza in Rom steht das Kaufhaus MAS. Es ist ein urrömisches Kaufhaus, es gehört zu keiner Kette, sondern einer Familie. Die Bilder der Familie hängen über den Wühltischen mit Pullovern und Wetterjacken in Tarnfarben, vor dem Porträt des verstorbenen Patriarchen brennen Kerzen. Heute ist bei MAS Corona-Tag. Einmal im Monat kommt Fabrizio Corona vorbei und gibt Autogramme. Er ist von Beruf Fotograf aber nicht seine Fotos haben ihn berühmt gemacht, sondern die Tatsache, dass er mit ihnen versucht hat, eine Reihe von Prominenten zu erpressen. Corona, 35, ist der erste Star-Paparazzo seit den Tagen des Dolce Vita. Mit dem Unterschied, dass er sich nicht dafür bezahlen ließ, seine Fotos zu publizieren, sondern dafür, sie nicht zu veröffentlichen. Vergangene Woche wurde Corona wegen Erpressung und Nötigung zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Er kommentierte das Urteil mit dem Ausruf: «Italien verdient mich nicht. Ich werde Italien verlassen. Ich schäme mich, Italiener zu sein.«seitdem hatte Corona mehrere Fernsehauftritte. Er hat gut bezahlte Werbeaufträge. Er lässt sich feiern bei MAS. Eine große Menge ist gekommen, ihn zu sehen. Auch im Dezember trägt er das Hemd offen, damit alle seinen tätowierten Oberkörper bestaunen können. Fabrizio Corona ist das lebende Beispiel dafür, dass Italien heute das Land aller Möglichkeiten ist. Jeder kann hier prominent werden und sei es als Krimineller. Hauptsache, man ist telegen. London VON: johnf.jungclaussen@zeit.de BETREFF: Doppeldecker Londons rote Busse sind ja so sehr ein Wahrzeichen der Stadt wie die schwarzen Taxis oder die Queen. Es stimmt schon, der Routemaster, der klassische Doppeldecker mit dem offenen Heck, über das man in dem schleppenden Verkehr jederzeit ein- und aussteigen konnte, war über vierzig Jahre alt; ein knatternder Klimakiller aus einer Ära, in der es keine Frauen mit Kinderwagen gab und auch auf Rollstuhlfahrer keine Rücksicht genommen wurde. Aber als der ehemalige Bürgermeister Ken Livingston den Routemaster vor fünf Jahren aus dem Verkehr zog und mit dem Bendy-Bus ersetzte, grub er sich sein politisches Grab. Der Gelenkbus von Mercedes war ein totaler Flop! Selten hat man die Millionenstadt in größerer Eintracht erlebt als in der Ablehnung dieses achtzehn Meter langen Ungetüms. Bei uns Fahrradfahrern ist der Bendy-Bus als Todesfalle verschrien, weil der tote Winkel im Rückspiegel des Fahrers fast so groß ist wie das Monstrum lang. Für die Autofahrer ist er wie ein Stöpsel im Verkehrsfluss, weil man ihn nicht überholen kann, und für die Passagiere taugt er nicht, weil der Bus in jeder kleineren Kurve stecken bleibt. Der neue Bürgermeister, Boris Johnson, machte die Abschaffung des verhassten Busses zum Wahlkampfthema, und siehe da, er hielt Wort. Die zwölfrädrigen Schlangen werden jetzt abgewrackt und zunächst durch ordinäre Doppeldecker ersetzt. Dann, in zwei Jahren, können wir den Einzug einer modernen und hinreißend eleganten Version des Routemaster feiern. Es ist der Großstadtbus in vollendeter Schönheit. Die Rückkehr eines Wahrzeichens. Achiltibuie VON: reiner.luyken@zeit.de BETREFF: Der Deutsche Der siebenjährige Farquhar hat nicht viel für den jüngsten Erlass der schottischen Regierung übrig. Die Kinder müssen ihre Lehrerin jetzt am Beginn des Schultages auf Gälisch mit»madainn mhath«begrüßen. So soll die landesweit fast ausgestorbene und in unserem Dorf nur noch von vier alten Leuten gesprochene Sprache wiederbelebt werden. Einer davon ist Farquhars Großvater. Aber Farquhar will lieber»guten Morgen«auf Deutsch lernen. Seine Lehrerin ignoriert ihn, als er seine Bitte vorbringt. Er wiederholt seinen Anliegen lautstark. Sie tut so, als höre sie ihn nicht. Ich fühlte mich sehr geehrt, als ich das erfuhr. Schließlich bin ich der einzige Deutsche weit und breit. Aber die Geschichte hat eine Fortsetzung. In der Pause organisiert Farquhar mit seinen Klassenkameraden ein Kriegsspiel und erklärt ihnen, er übernehme den Part Adolf Hitlers. Farquhars Schulkamerad Finlay berichtet seiner Lehrerin wenig später, er habe einen neuen Facebook-Freund, einen Deutschen. Der bin ich. Ich kenne seine Familie seit über dreißig Jahren. Das ist nicht der Grund unserer Verbrüderung im Internet. Er habe mit mir wegen der Nazis Freundschaft geschlossen, erklärt er forsch. Die Lehrerin weist ihn zurecht, sein neuer Facebook-Freund sei kein Nazi und Nazis seien alles andere als gute Freunde. Er lässt sich dadurch kein bisschen aus der Fassung bringen.

4 4 POLITIK 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 FREIE DEMOKRATEN II Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, 58, Bundesministerin der Justiz FREIE DEMOKRATEN IV Dirk Niebel, 46, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit FREIE DEMOKRATEN I Christian Lindner, 30, frisch nominierter Generalsekretär der FDP FREIE DEMOKRATEN III Philipp Rösler, 36, Bundesminister für Gesundheit FREIE DEMOKRATEN V Daniel Bahr, 33, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit Fotos: Frank Ossenbrink (o. l.); [M] Hans-Christian Plambeck (4) Liberallala Die FDP ist an der Regierung, aber was will sie dort? Viele Liberale können das Opponieren einfach nicht lassen VON TINA HILDEBRANDT UND DAGMAR ROSENFELD Eine Gartenzwergin mit roter Zipfelmütze und prallem Busen, die pfeift, wenn man an ihr vorbeigeht, eine Getränkedose mit dem Aufdruck»Energy-Drink Jamaika«, eine gerahmte Zeitungsseite, die unter der Überschrift»Das Kartell«das wenig vorteilhaft fotografierte Konterfei der Gewerkschafterin Ursula Engelen-Kefer zeigt platte Witze, klare Feindbilder und zu allem eine symbolträchtige Verpackung, es scheint, als sei im Büro von Dirk Niebel die Zeit stehen geblieben. Die Zwergin, die Jamaika-Dose, die Zeitungsseite, sie stammen aus Niebels Zeiten als Generalsekretär und Lautsprecher der FDP. Doch Engelen-Kefer taugt schon lange nicht mehr als Feindbild, sie ist längst nicht mehr DGB-Vize. Und Niebel ist nicht mehr Parteimann, sondern steht als Entwicklungshilfeminister dem Ressort vor, das er noch vor Kurzem abschaffen wollte. Die FDP ist nicht mehr in der Opposition. Sie muss nicht mehr populistisch sein, um gehört zu werden, sie ist jetzt eine Regierungspartei. Die Frage ist, ob Niebel und die FDP das schon verstanden haben. Die FDP ist die Partei, die in Deutschland am längsten mitregiert hat, bis auf zwei Legislaturperioden war sie von 1949 bis 1998 immer dabei. Das Regieren wurde zur Hauptsache, Programmatik und Inhalte waren nur Hülle für eine FDP, die mit jedem konnte, der CDU und der SPD. In der Opposition war es Guido Westerwelle, der einer ausgelutschten Partei wieder ein Profil gab. Ein Gesicht, eine Stimme, ein Thema, das war die FDP in den vergangenen elf Jahren. Ein einfacheres, niedrigeres und gerechteres Steuersystem als die Lösung aller Probleme. Nun ist aus der größten Oppositionspartei ein kleiner Koalitionspartner geworden. Wer aber ist die FDP 2009? Ist sie noch Klientelpartei oder vielleicht eine neue, mittelgroße Partei in einem System, das nur noch Volksparteiruinen kennt? Ist sie eine Programm- oder eine Regierungspartei, eine alte oder eine ganz junge Partei?»Wir müssen die eigenen Ansprüche dämpfen«, heißt es jetzt selbstkritisch Es war vor allem die alte FDP, die den schwarzen Limousinen vor der Landesvertretung NRW entstieg, um an den Holztischen im Europasaal den Koalitionsvertrag auszuhandeln FDPler wie Rainer Brüderle, Hermann Otto Solms, Cornelia Pieper. In diesen Oktobertagen bemühten die Jüngeren in der Partei die unendlichen Weiten des Weltalls, um ihrem Unmut Luft zu machen.»wir sind Star Trek, The Next Generation, aber auf der Kommandobrücke stehen immer noch Captain Kirk und Mister Spock«, so beschrieb einer von ihnen die Diskrepanz zwischen inhaltlichem Erneuerungsanspruch und handelndem Personal. Rainer Brüderle ist nun in echt Wirtschaftsminister, und nach gerade mal sieben Wochen im Amt sind seine öffentlichen Auftritte bereits ein Dauerbrenner in der Harald-Schmidt-Show. Es gibt sie also noch, die alte, etwas peinliche FDP. Aber auch die Jungen haben an Macht gewonnen, mit Christian Lindner als Generalsekretär, Philip Rösler als Gesundheitsminister und Daniel Bahr als seinem Staatssekretär. In Bahrs Büro im fünften Stock des Gesundheitsministeriums steht auf dem Couchtisch ein Kaktus. Den haben ihm seine Mitarbeiter als Willkommensgeschenk dahin gestellt, eine mittelmäßig nette Geste. Im Gesundheitsministerium sind Liberale fremde Wesen, die gab es hier in den vergangenen Jahren nicht. Einige sind überrascht gewesen, dass die zwei von der FDP eigentlich ganz sympathische junge Männer sind. Die beiden sympathischen jungen Männer werden nun eine Reform auf den Weg bringen müssen, die»eine ähnliche Dimension hat wie die Riester- und Hartz-Reform unter Rot-Grün«, sagt Daniel Bahr. Herauskommen soll am Ende, dass jeder Versicherte eine einheitliche, einkommensunabhängige Prämie zahlt. Und schon sind sie wieder da, die Vorbehalte gegen die FDP als Verräterin der Solidargemeinschaft.»Wir wollen die Solidargemeinschaft nicht aufgeben«, sagt Bahr. Aber Solidarität und Eigenverantwortung gehörten zusammen.»wir fordern von den Einzelnen ihre Eigenverantwortung auch ein. Daher ist die Solidargemeinschaft nur für die großen Risiken da, die den Einzelnen überfordern.«mehr Eigenverantwortung, weniger Staat das ist das Label der Liberalen, der alten genauso wie der jungen. Allerdings verstehen beide darunter etwas Unterschiedliches. Die Jungen meinen es ernst mit der Volkspartei FDP. Einer FDP, die menschlicher wird, die sich öffnet, auch für andere Bündnispartner. Mit dem Buch Freiheit gefühlt, gelebt, gedacht haben sie die Debatte über ein neues Parteiprogramm der FDP begonnen. Das soll nun in dieser Legislaturperiode kommen. Die Programmdebatte, sie wird auch eine Machtprobe zwischen Jung und Alt sein. Während die elder statesmen der Partei darin eher eine Beschäftigungstherapie für die Jungen sehen, drängen die darauf, die versprochene Verbreiterung der Partei endlich umzusetzen.»wir werden jetzt beweisen müssen, dass es uns ernst ist damit«, sagt der Vorsitzende der Jungliberalen, Johannes Vogel. Wozu braucht man eigentlich die FDP, wenn das einfachere, gerechtere und niedrigere Steuersystem verwirklicht ist? Diese Frage wollen die Jungen beantworten, die mittlerweile zahlreich genug sind, um ein Machtfaktor zu sein: 30 Köpfe zählt die Junge Gruppe in der FDP-Fraktion. Viele von ihnen sind enttäuscht über die Anfänge der FDP als Regierungspartei. Denn so einfach, das hat die FDP inzwischen erkannt, wird das mit dem Steuersenken nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn die Staatsschulden nicht explodieren sollen. Sparen ist genauso wichtig wie Steuersenken, sagen junge Fachpolitiker wie Florian Toncar und Otto Fricke. Wie beides gleichzeitig gehen soll, können sie allerdings auch nicht beantworten. Wie aber herunterkommen von dem Thema?»Mehr Netto vom Brutto«lautete das zentrale Wahlversprechen der Freidemokraten. Wegen dieser Aussage, glauben die meisten Liberalen, hat die FDP bei der Bundestagswahl 14,6 Prozent bekommen. Niedrige Steuersätze als Symbol für ein Verhältnis zwischen Staat und Bürger, bei dem sich der Staat aufs Äußerste beschränkt, verbanden sich darin mit dem populistischen Urbedürfnis nach mehr Geld in der Tasche. Den Besonneneren in der FDP dämmerte es bereits vor dem 27. September, dass sich das Gewinnerthema des Wahlkampfs in der Regierung zum Handicap entwickeln könnte. Man habe, räumt ein Stratege aus dem Dehler-Haus ein, das Thema zum»allein selig machenden«fetisch überhöht und es»populärer dargestellt, als es machbar ist«. Soll heißen: Steuersenkungen und Haushaltssanierung vertragen sich in Wahl-, nicht aber in Regierungsprogrammen. Während die Kampagnenstrategen um Westerwelle, Niebel und Pieper alles auf die Karte Steuersenkungen gesetzt haben, sind die Fachleute, vor allem die jüngeren unter den Haushältern, über die vermeintlichen Wohltaten kreuzunglücklich. Nun ist Schubumkehr angesagt. Noch müsse man vor allem»die eigenen Ansprüche dämpfen«, heißt es selbstkritisch im Dehler-Haus. Ungewollt gedämpft worden sind bereits die großen Erwartungen an das Comeback der FDP als Bürgerrechtspartei. Deutschland hat das EU- Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an die USA, kurz Swift genannt, nicht verhindert. Eine Niederlage für Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. In der letzten schwarz-gelben Regierung war sie 1996 wegen des großen Lauschangriffs zurückgetreten, für ihre Überzeugung bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. In einer Partei, der seit dem Bruch mit der sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt das Umfaller-Image anhaftet, ist Leutheusser-Schnarrenberger, die Aufrechte, zu einer Sehnsuchtsfigur geworden. Dass sie nun in das Amt zurückgekehrt ist, das sie einst aus Protest verlassen hat, war für viele ein Zeichen, dass die FDP in einer schwarz-gelben Regierung ihre Überzeugungen nicht verraten würde.»wir dürfen nicht umfallen«kein anderer Satz ist häufiger zu hören in Gesprächen mit FDPlern über die Regierungsarbeit. Das Umfaller-Trauma erzeugt in der Partei eine ganz eigene Logik: Eine Niederlage zu erleiden ist weniger schlimm, als einen Kompromiss mitzutragen. Das erklärt auch Leutheusser-Schnarrenbergers Statement zum Swift-Abkommen:»Die Entscheidung ist gegen meinen Widerstand zustande gekommen.«es ist der Versuch, Haltung zu wahren. Auch die Geschichte, wie die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen zustande gekommen ist, hat mit der Angst vor dem Umfallen zu tun. Eine Maßnahme, die einem Luxushotel wie dem Berliner Adlon einen zusätzlichen Jahresgewinn von rund 1,9 Millionen Euro beschert. Typisch Klientelpolitik, typisch FDP, könnte man denken. Die Posse um die Hotelübernachtungen ist aber auch ein Beispiel dafür, wie sich die Oppositions-Opportunismen in der Regierung rächen. Ins Wahlprogramm der FDP gekommen war der Punkt dank des beharrlichen Einsatzes des baden-württembergischen Abgeordneten Ernst Burgbacher, der der Tourismusindustrie seiner Heimat verbunden ist.»kommt ja eh nicht«, nach diesem Motto durfte in der Opposition jeder sein Steckenpferd pflegen, die einen durften niedrigere Mehrwertsteuersätze für Arzneimittel fordern und Burgbacher eben Ermäßigungen für Hotels und Lokale. Man verließ sich zudem darauf, dass die Forderung wegen der Rechtslage in der EU ohnehin nicht umsetzbar sein würde. Peer Steinbrück war es dann, der der Regelung im EU-Ministerrat durch Enthaltung doch zum Durchbruch verhalf und der FDP zu einem Problem: Weil auch die CSU auf der Senkung beharrte, konnte man schlecht umfallen und sich von der eigenen Forderung distanzieren. So haben die Liberalen ihre Regierungszeit mit einem Musterfall von Klientelismus begonnen, den die meisten FDP-Abgeordneten selbst ziemlich unsinnig finden. Liberale preisen die Flexibilisierung, nur sie selbst neigen zur Sturheit Dabei haben sich die Liberalen jahrelang für Superrealisten gehalten, für die einzige Partei, die nicht entweder von idealistischen staatsgläubigen Spinnern bevölkert war wie Grüne und Linke oder ihr Profil nicht in Kompromissen verwässern musste wie die Volksparteien SPD und CDU. Tatsächlich ist die FDP wohl die wirklichkeitsfernste und ideologischste Partei von allen. Die Konservativen wurden liberaler in ihrem Gesellschaftsbild, die Sozialdemokraten realistischer in der Wirtschaftsund Sozialpolitik, die Grünen in der Außenpolitik. Nur die Partei der Flexibilisierung hielt auf jede neue Situation immer die gleiche Antwort parat: Mehr Markt, weniger Staat. Und übersetzte das ins immer gleiche Politikkonzept: Steuern runter.»nun«, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte,»muss sich die FDP von ideologischen Festlegungen verabschieden, die aber zugleich der Kern ihres Erfolgs waren.«regieren, das heißt für die FDP, sich ein Stück weit neu erfinden zu müssen. Mit dem Neuerfinden hat Guido Westerwelle begonnen, allerdings nur bei seiner Person. Zu beobachten ist derzeit die Wandlung vom populistischen Oppositionsführer zum staatstragenden Außenminister. Auffallend ist, dass sich Westerwelle mit dem Auswärtigen Amt das Ministerium ausgesucht hat, das am wenigsten Berührung mit der Oppositionspolitik der FDP hat. Westerwelle kann regieren, ohne an die vergangenen elf Jahre anknüpfen zu müssen, seine Partei hat die Option nicht. Westerwelle ist eben unter den Alten der Jüngste und unter den Jungen der Älteste.

5 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 POLITIK 5 EINER KAM DURCH Matthias Platzeck (2. v. r.) 1990 mit Mitstreitern aus der Ökobewegung Der Netteste von allen Bundesweit beliebt, in Brandenburg verehrt und jetzt das: Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will sein Land mit der DDR-Vergangenheit versöhnen. Warum riskiert der einstige Bürgerrechtler, als Verräter dazustehen? VON PETER DAUSEND Immer röter Helmut Röscheisen, Matthias Platzeck, Klaus Schlüter; , Berlin; Foto [M]: ADN/dpa Sympathie kann ein Problem sein. Wer Matthias Platzeck trifft, kann sich eines akuten Sympathieanfalls kaum erwehren. Wenn der Mann loslegt, dann nicht, um zu referieren, zu argumentieren, zu polemisieren. Wenn Platzeck loslegt, dann um zuzuhören: Er fragt, reagiert, hakt nach, zeigt Interesse. Wenn es anschließend um ihn geht, ist der Zuhörer schon voreingenommen. Einfach sympathisch. Oder doch verdammt geschickt? Matthias Platzeck gehört zu den seltenen Menschen, die selbst jenen sympathisch sind, die ihr Handeln missbilligen, wenn nicht gar verachten. Und Ablehnung schlägt Plat zeck vielerorts entgegen, seit der SPD-Ministerpräsident in Brandenburg erst eine Koalition mit der Linkspartei einging und sie anschließend mit großem Tamtam zum Akt der Versöhnung erklärte. Einer von den Sympathiebefallenen, ein Weggefährte, ein Mann, der nicht genannt werden will, windet sich in einem Berliner Büro auf seinem Stuhl. Er sucht nach Worten, nach Umschreibungen, die weniger böse, weniger brutal klingen als das, was ihm soeben rausgerutscht ist. Nein, nein,»opportunist«wolle er dann doch nicht sagen. Dafür sei Platzeck ein zu netter Kerl. Und so sucht er noch ein bisschen, windet sich noch ein bisschen, bis es plötzlich passt und die Sympathie den Urteilsspruch hinreichend watteverpackt hat:»platzeck verhält sich immer sehr zweckmäßig.«matthias Platzeck, 55 Jahre alt, ist ein Politiker der ganz eigenen Art. Auch, weil er es als Einziger aus der ehemaligen Bürgerrechtsbewegung der DDR in die erste Reihe der gesamtdeutschen Politikprominenz geschafft hat. Auch, weil er in seinem Aufstieg vom Bündnis-90-Aktivisten über den Umweltminister und Ministerpräsidenten bis hin zum zeitweiligen SPD-Bundesvorsitzenden stets den Eindruck vermittelte, als könne er mit Lässigkeit schaffen, was andere nur mit brennendem Ehrgeiz erreichen. Und auch, weil es ihm bis heute gelingt, seine Eitelkeit mit dem notorischen Dreitagebart und einem permanenten Augenzwinkern zu tarnen, das einen wissen lässt, neben der Politik gebe es noch ein wahres Leben, das reichlich genossen werden wolle. Zur eigenen Marke macht Platzeck aber vor allem eines: Er ist der einzige unter den so zahlreichen ehemaligen SPD-Chefs, den seine Partei noch vorbehaltlos schätzt, ja mag. Anders als Schröder, der sich meistbietend verkaufte. Anders als Müntefering, den hartnäckigen Agenda-Verteidiger und Rente-67-Propagandisten. Anders als Kurt Beck, den Glücklos-Tollpatschigen, anders als La fon taine, den Verräter, Scharping, den Peinlichen, Engholm, den Vergessenen. Platzeck ging und blieb doch. Als Modernisierer Brandenburgs, als Gesicht des Ostens, als eine Schlüsselfigur des vereinten Deutschland, von dem ein berühmter So zialde mo krat sagt:»er wird noch mal Bundespräsident nur weiß er es noch nicht.«sieben Abgeordnete der Linkspartei haben eine zweifelhafte Vergangenheit All das ist nun in Gefahr, der Ruf, die eigene Marke, das unbeschwerte Leben neben der Politik, das, wovon er noch nichts weiß. Platzecks vermeintlich historisches Versöhnungsbündnis mit der Linkspartei entpuppt sich im Alltag als Streitbeschleuniger. Vier Landtagsabgeordnete der Linkspartei, darunter die Fraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser, hatten sich im Verlauf der zwanzig Jahre seit dem Mauerfall zu einer früheren Spitzeltätigkeit für die Stasi bekannt und diese öffentlich bereut. Seitdem nun zwei weitere ehemalige Stasi-Mitarbeiter unter den Linken-Parlamentariern enttarnt wurden und ein weiterer Fall unheilvoll schwelt, steht Platzecks Versöhnungsunterfangen im Dauerfeuer der Kritiker. Und über sich selbst muss Platzeck lesen, dass der einstige Bürgerrechtler zum»steigbügelhalter von Stasi-Seilschaften«mutiert sei; Verrat geübt habe an den Werten der Revolution von 1989; verantwortlich dafür sei, dass seine Regierung»im Stasi-Sumpf«versinke; dass das Image von Brandenburg als der»kleinen DDR«wieder auflebe. Platzeck, der Mann, der versöhnen wollte, muss nun verteidigen, seine Koa li tion und sich selbst. Redet man mit ihm über die Gründe, warum er nach der Landtagswahl vom 27. September ein Bündnis mit der Linkspartei einer Neuauflage der Großen Koalition in Brandenburg vorzog, erzählt Platzeck zunächst von dem»offenen Sondierungsverfahren«, von den 14 Tagen, die man sich dafür Zeit gelassen habe, und von der sozialdemokratischen Sondierungskommission aus sechs Politikern und von den»sechs roten Kugeln«, die am Ende in der Waagschale gelegen hätten. Entscheidend seien zwei Faktoren gewesen: die größere inhaltliche Überschneidung und das vertrauensvollere menschliche Miteinander.»Da entscheiden auch Gefühle«, sagt Platzeck. Auf Nachfrage räumt er eine dritte Überlegung ein, eine strategische. Fünf weitere Jahre Große Koalition hätten die Linkspartei womöglich zum großen Profiteur gemacht, zur stärksten politischen Kraft im Land:»So etwas hat man natürlich auch im Hinterkopf.«Platzecks Lächeln lässt einen vermuten, dass dieser Gedanke deutlich weiter vorn platziert war. Warum hat er es dabei nicht bewenden lassen? Warum hat er nicht auf den desolaten Zustand der Brandenburg-CDU verwiesen, auf die inhaltliche Nähe zur Linkspartei, auf die stabilere, breitere Mehrheit von Rot-Rot? Warum die Versöhnungsrhetorik, warum die moralische Überhöhung, warum der Essay im Spiegel, in dem Platzeck schreibt:»20 Jahre nach dem revolutionären Umbruch in der DDR müssen wir in Deutschland endlich anfangen, es mit dem überfälligen Prozess der Versöhnung wirklich ernst zu meinen.ich will Versöhnung nicht verordnen, ich will eine Debatte anstoßen«platzeck räumt ein, dass Kritiker wie sein Parteifreund Richard Schröder recht hätten, wenn sie darauf verwiesen, Versöhnung könne nur individuell erreicht und Versöhnungsangebote könnten nur von Opfern unterbreitet werden. Ihm gehe es gar nicht darum,»versöhnung zu verordnen, ich will eine Debatte anstoßen und dazu habe ich durchaus das Recht«. Das Nichtankommen vieler Ostdeutscher im vereinigten Deutschland, das Fremdsein und -bleiben im eigenen Land, die sinkende Zustimmung zu sozialer Marktwirtschaft und Demokratie treiben Platzeck schon lange um. Zuletzt hat er sich in seinem Buch Zukunft braucht Herkunft intensiv damit befasst. Weite Passagen darin lesen sich wie ein Versuch, den Ostdeutschen Selbstwertgefühl, Verwurzelung, ja Stolz einzuimpfen. Dem Bestreben, die Nichtangekommenen endlich ankommen zu lassen, dient auch Platzecks Versöhnungsrhetorik zur rot-roten Koali tion. Und damit tappt er in die Falle. Platzeck weiß um die Eigenart, ja um die Absurdität, dass viele Ostdeutsche im Jahre 20 nach der Wiedervereinigung noch immer jede Kritik an Stasi-Verstrickungen, an schuldhaftem Verhalten in einem repressiven System, als einen Angriff auf DDR-Biografien verstehen und sich vielerorts mit den Angegriffenen solidarisieren. Er erklärt dieses Phänomen mit dem»gefühl der Entwertung«, der Erfahrung, dass von 1990 an nichts mehr etwas wert war. Selbst das nicht, was funktioniert hat im Leben der DDR, die Ganztagsschulen, die Polikliniken, die frühkindliche Betreuung. Dass all dies heute unter anderen ideologischen Vorzeichen wieder als modern gelte, empfänden viele, so Platzeck, nicht als späten Triumph, sondern»als Hohn«, als gnädige Aufnahme der Restbestände ihrer Vergangenheit in ein Leben, das nicht ihres sei. Platzeck weiß also um die absurde Gleichsetzung von Stasi-Spitzel und DDR-Biografie und befeuert sie, eher fahrlässig als gewollt. Die Ostdeutschen sollen sich endlich heimisch fühlen und deshalb regt er die gesamtdeutsche Versöhnung mit jenen an, die sie einst bespitzelten? Stasi-Verstrickung und Leben in der DDR werden in dieser Logik eins. Einer Logik, die Platzeck über Jahre zu hören bekam und der er sich nie entzog. Es ist die Logik Manfred Stolpes. Stolpe, erster Ministerpräsident Brandenburgs nach der Wende, ist es bis weit in die neunziger Jahre hinein gelungen, die Debatte um seine Zusammenarbeit mit der Stasi als eine Zermürbungsschlacht des Westens gegen den letzten prominenten Ostpolitiker umzudeuten. Das Hin und Her Am wird Matthias Platzeck 56 Jahre alt. Sein Aufstieg begann mit der Wende: 1990 wird der Bürgerrechtler in Brandenburg Umweltminister im ersten Kabinett Stolpe, zunächst für Bündnis 90, dann als Parteiloser 1995 Eintritt in die SPD 1998 wählen ihn 63,5 Prozent der Potsdamer zum Oberbürgermeister 2002 folgt er Stolpe als Ministerpräsident einer SPD/CDU-Koalition 2005/06 übernimmt er für fünf Monate den SPD-Bundesvorsitz, gibt ihn aber nach einem Hörsturz wieder ab 2009 Seit der Landtagswahl im September führt Platzeck eine rot-rote Koalition um Stolpe und die Stasi hat viele im Osten so lange desensibilisiert, bis das Reizwort»Stasi«keine Empörung mehr auslöste. Oder allenfalls dann, wenn es Westdeutsche anklagend im Munde führten. Während andere wie etwa die heutige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, oder der heutige Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke Stolpe der Lüge bezichtigten und sich von ihm absetzten, bekundete Platzeck im Juni 1994 vor dem Brandenburger Landtag:»Ich achte Manfred Stolpes Rolle in der DDR und halte sie für unverzichtbar.«ein Jahr später trat Platzeck in die SPD ein. Eine echte Aufarbeitung setzte nun voraus, die Rolle Stolpes nochmals systematisch zu hin terfragen. Platzeck geht aber nur den halben Weg. Er holt nach, was er versäumte, als er 2002 Ministerpräsident wurde. Mit der Berufung von Ulrike Poppe zur Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen schafft er jenes Amt, das Stolpe nie wollte. Und künftig werden die Abgeordneten in Brandenburg wieder systematisch auf eine Stasi-Tätigkeit durchleuchtet. Eine Praxis, die Stolpe nach der ersten Landtagswahl unterband. Die Akte Stolpe aber bleibt geschlossen. Platzeck hat Stolpe stets verteidigt, hat ihm stets geglaubt. Vielleicht auch, weil er ihm unbedingt glauben wollte. Weil er zunächst ahnte und dann wusste, dass es sich auszahlen würde. Man könnte auch sagen: Er hat sich sehr zweckmäßig verhalten.

6 6 POLITIK 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 POLITIK 7 Nur German Angst Das Plebiszit ist und bleibt das verlässlichste Instrument für die politische Stimmung der Bevölkerung. Eine Verteidigung VON PEER TEUWSEN UND URS WILLMANN»Da war Scham«Mit den Stimmen der Linkspartei wollte Andrea Ypsilanti (SPD) einst hessische Ministerpräsidentin werden. Damit endete ihre Karriere. Ein Gespräch über gebrochene Versprechen und Fehler in der Politik»FRAU XY«nannte Bundeskanzler Gerhard Schröder sie abfällig: Andrea Ypsilanti, fotografiert von Herlinde Koelbl im Landtag in Wiesbaden Das»statische Bonner Oligopol«sei aufgebrochen. Deutschland werde mithilfe eines»vielgliedrigen, nervösen, ziemlich offenen Gebildes«regiert,»das auf gesellschaftliche Veränderungen erstaunlich sensibel reagiert«. Heinrich Wefing diagnostiziert in Deutschland eine Politik, die»wetterfühlig wird wie ein Rheumatiker«(ZEIT Nr. 51/09) und schließt daraus: Im Nahraum vermögen Plebiszite gestalten, in der globalisierten Welt taugen sie nicht. Aber stimmt Wefings Diagnose? Die Öffnung des deutschen Dreiparteiensystems mag zu einer repräsentativeren Vertretung der Bevölkerung geführt haben und damit zu einer gewissen Zunahme von Beteiligung. Aber wer gewährleistet, dass die neuen Einfalls- und Einspruchstore für Volkes Stimme offen bleiben? Grüne und Linke mögen da und dort mitregieren, entbehrlich macht das direktdemokratische Elemente keineswegs. Das Plebiszit bleibt das verlässlichste Messinstrument, um gesellschaftliche Stimmungen zu ergründen. Es gibt keinen Beleg dafür, dass es den Prüfungen der globalisierten Welt nicht gewachsen wäre. Und es stärkt das Verantwortungsgefühl des Einzelnen für das Staatswesen. Die Behauptung, das Parlament sei heute»demokratischer als jedes Plebiszit«entbehrt jeglicher Grundlage. Warum? Weil Plebiszite als Ergänzung zu einem geölten parlamentarischen Betrieb vorgesehen sind. Sie unterstützen das politische Echolot, indem sie Signale verstärken, die die Bevölkerung»nach oben«sendet. Ja mehr noch: Die direkte Demokratie ist auch eine Kontrollinstanz für die politische Klasse. Zu unser aller Wohl. Wefing unterläuft ein kapitaler Fehlschluss, wenn er die Qualitäten der repräsentativen Demokratie in Konkurrenz zur direkten Demokratie setzt. Es gibt keine Qualität, die Letztere nicht aufweist. Wer seine direkte Demokratie hegt und pflegt wie die Schweizer, hat ein politisches System in der Hand, mit dem er feinfühlig Strömungen wahrnehmen kann ohne Risiko. Denn es ist ja nicht so, dass mit der Möglichkeit des Plebiszits jeder populistischen Idee Tür und Tor geöffnet wird. Das System der Eidgenossen beinhaltet jede Menge Möglichkeiten zur Korrektur. So hätte die Minarettinitiative, wäre sie vom Bundesrat, der Schweizer Regierung, nicht unterschätzt worden (und zu einer Art Betriebsunfall geworden), auf ihre Vereinbarkeit mit den Menschenrechten geprüft und für ungültig erklärt werden können. Vielleicht wäre auch ein bundesrätlicher Gegenvorschlag erfolgreich gewesen. Sogar mit der Annahme einer Initiative ist kein endgültiges Votum gesprochen. Erstens liegt die Umsetzung des Begehrens in den Händen von Politikern und/oder Richtern. Zweitens wird dieser Prozess von der Bevölkerung verfolgt. Insofern haben auch unerfreuliche Plebiszite ihren Nutzen: Ihnen geht eine langjährige Diskussion voraus. Wird sie mit zu wenig Aufmerksamkeit geführt, katalysiert spätestens der Schock nach der Auszählung der Stimmen die notwendige Diskussion. Direktdemokratische Elemente institutionalisieren ein neues Verhältnis zwischen Bürgern und Repräsentanten. Sie schaffen ein Korrektiv gegen die Neigung der Politiker, im Wahlkampf viel zu versprechen und es danach nicht zu halten. Zu ihrer Aufgabe, dem Volk zu dienen, werden Regierung und Parlament durch die direkte Demokratie verpflichtet; dazu genügt oft allein die theoretische Möglichkeit eines Referendums. Dasselbe gilt für die Neigung der Politiker, sich durch Zuwendungen an Interessengruppen Rückhalt zu erkaufen. Das direktdemokratische System hält sie strenger dazu an, hier zu bremsen und Staatsausgaben zu drosseln. Mit seiner Hilfe setzen Bürger Interessen durch, die in Deutschland längst ohne Chance sind, etwa das Interesse an niedrigeren Steuern und einem effizienten Staat. Natürlich sorgt bisweilen der Volkswille für verstörende Resultate wie im Fall der Minarettinitiative. Aber wer glaubt, solche Ressentiments wären in einem parlamentarischen System nicht (oder weniger) vorhanden, macht sich etwas vor. In Deutschland existiert dieselbe Verunsicherung, nur kann sie nicht die Form einer Initiative annehmen. Spricht dies gegen die Initiative? Höchste Zeit, die spezifisch deutsche Angst vor dem Volk abzulegen. Es war kein Ruhmesblatt der politischen Klasse, die EU- Verfassung nicht zur Abstimmung vorzulegen obwohl die Deutschen dies mit überwältigender Mehrheit wollten. Sätze wie jenen des damaligen SPD-Fraktionsvizes Michael Müller sollten der Vergangenheit angehören:»manchmal muss man das Volk auch vor falschen Entscheidungen schützen.«das Volk kann sich sehr gut selber schützen. Wenn man es denn lässt. DIE ZEIT: Ihr Name hat mittlerweile die Qualität eines Synonyms. Ich mache nicht die Ypsilanti, heißt es, wenn jemand versichern will, dass er sein Wort hält. ANDREA YPSILANTI:... was wehtut, wenn ich das lese. Das verzerrt und verletzt mich deshalb jedes Mal. Aber andererseits bin ich auch für viele ein Synonym für eine offensivere sozialdemokratische Politik. Das ermutigt. ZEIT: Schon mal drüber nachgedacht, Ihren Mädchennamen wieder anzunehmen? YPSILANTI: Ich bitte Sie. Das war der infame Vorschlag mancher Betreiber der politischen und medialen Kampagne gegen mich, damit ich meine politische Existenz auslösche. Ich kapituliere nicht. ZEIT: Anfang 2009 haben Sie sich aus der großen Politik verabschiedet. Jetzt geht das Jahr zu Ende, ein guter Zeitpunkt für die Frage»Was war gut?«oder erst recht»was habe ich falsch gemacht?«. YPSILANTI: Es wäre sicher besser gewesen, erst einmal drei Wochen in Urlaub zu fahren und dann zu entscheiden. Nach der Wahl im Januar 2008 war schnell erkennbar, dass es real nur zwei Möglichkeiten gab: entweder den Wahlverlierer Koch ohne Mehrheit weiterregieren zu lassen oder mit den Stimmen der Linkspartei eine rot-grüne Regierung zu bilden für den Politikwechsel, für den wir gewählt worden waren. Letzteres konnte in der Partei und in der Öffentlichkeit nicht mehr angemessen kommuniziert werden, als diese Erwägung aus einem Hintergrundgespräch mit Kurt Beck öffentlich gemacht wurde. ZEIT: Also haben andere Schuld, dass Sie nicht Ministerpräsidentin geworden sind? YPSILANTI: Dennoch habe ich die politische Verantwortung übernommen. Mit dem Durchstechen der Äußerungen Becks ging eine Kampagne los, auf die wir nicht vorbereitet waren. Wir hätten über das weitere Vorgehen einen Dis-»Bei Männern würde man sagen: Machtbewusst, machthungrig. Bei mir hieß es machtgeil«kussionsprozess innerhalb der Partei gebraucht. Aber ich behaupte, all das hätte die drei Abweichler, die im Herbst 2008 gegen mich gestimmt haben, auch nicht von ihrem Tun abgehalten, wie wir nach einem solchen Diskussionsprozess später feststellen konnten. ZEIT: Vielleicht hätten Sie sich überzeugen lassen, bei Ihrem Versprechen zu bleiben, mit der Linkspartei nicht zu verhandeln? YPSILANTI: Wir hätten dann ja gar keinen Regierungswechsel in Angriff nehmen können. Zum anderen war das mit der Linkspartei für die drei Abweichler nur ein Vorwand. Die Frage ist vielmehr, ob ich es früher hätte merken müssen, dass mir die drei Abgeordneten die Mine legen. Irgendwann gab es aber einen Point of no Return, von da an konnte ich nicht mehr sagen: Ich vertraue denen nicht, also mache ich es nicht. Sie hätten das mit gespielter Empörung bestritten. ZEIT: Mit Dagmar Metzger waren es insgesamt vier Abgeordnete, die Ihnen die Unterstützung versagt haben. Der Journalist Volker Zastrow hat in seinem Buch Die Vier aufgeräumt mit der Vorstellung, bei den vier Abweichlern sei vor allem Idealismus im Spiel gewesen. YPSILANTI: Sie können sich denken, dass dies für mich keine Überraschung war. Mehr möchte ich dazu nicht mehr sagen. ZEIT: Wir wollen nicht alles wieder aufwärmen, aber Sie haben in jenen Wochen ein Wahlversprechen gebrochen. YPSILANTI: Natürlich ist das alles ohne die Vorgänge drum herum schwierig zu erklären. Auch ich habe mich damals damit gequält. Die Glaubwürdigkeit, auf die ich im Wahlkampf so sehr gesetzt hatte, ist ein hohes Gut. Aber ich weiß, die Menschen haben uns für unser Programm gewählt und nicht wegen unserer Koa litionsaussage. ZEIT: Wir bleiben ruhig mal dabei, dass es eine Lüge war. Hatte Sie der politische Instinkt verlassen? YPSILANTI: Ein nicht haltbares Versprechen ist keine Lüge. In der Geschichte der Parteien werden Sie viele Beispiele nicht gehaltener Versprechen finden. Ich glaube, dass mit nichts in der Politik so scheinheilig umgegangen wird wie mit der Glaubwürdigkeit. ZEIT: Eben. Wie bekamen Sie wieder Boden unter die Füße? YPSILANTI: Mir hat geholfen, dass mir meine Eltern vor allem beigebracht haben, diszipliniert zu sein. Disziplin prägt alles. ZEIT: Gefühl ist weniger hilfreich? YPSILANTI: Meine Eltern gaben uns Kindern viel Zuwendung, und im Arbeitermilieu lernt man Disziplin und Selbstdisziplin. Mein Vater hat als Werkzeugmacher bei Opel angefangen, später wurde er Meister, eine große Sache. Er hat immer gesagt, dass er bei Opel auf den Hundertstelmillimeter genau fräsen müsse und dass er dies auch von seinen drei Töchtern verlange. Das sagt alles. So habe ich später auch meine Sitzungen vorbereitet. ZEIT: Und hat es Ihnen in der Krise geholfen? YPSILANTI: Wahrscheinlich. Ich habe mich danach wirklich zurückgezogen und mir eine Besinnungszeit genommen. ZEIT: Sie waren verzweifelt. YPSILANTI: An manchen Stellen, ja. ZEIT: Grund für die Verzweiflung war auch Scham? YPSILANTI: Scham war auch da. Wenn ich all die frei erfundenen Geschichten über mich lesen musste, die, auch wenn sie nicht stimmten, von vielen anderen gelesen wurden. Bei mir sind wirklich alle Grenzen überschritten worden. ZEIT: Haben Sie den Respekt vor den Medien verloren? YPSILANTI: Vor manchen sicher, ja. Nehmen Sie das Wort machtgeil, was ich immer und immer wieder über mich lesen musste. Bei Männern würde man sagen: machtbewusst, machthungrig. Bei mir hieß es machtgeil. Das ist Sexismus. ZEIT: Sicher, es gab auch in Ihrer Partei früher schon gebrochene Wahlversprechen. Holger Börner etwa und seine einstige Verteufelung der Grü nen, die Mehrwertsteuererhöhung Warum wuchs bei Ihnen die Empörung zu einem regelrechten Taifun? YPSILANTI: Sagen Sie es mir! Ich denke, das können nur Psychologen beantworten. ZEIT: Haben Sie damals auch erwogen, Oskar Lafontaine auf seinem Weg zur Linkspartei zu folgen? YPSILANTI: Nein. Ich bin Sozialdemokratin. Ich bin am richtigen Platz, gerade jetzt, wo die Sozialdemokratie nach neuen Wegen sucht. Ich kann viel beitragen, das muss nicht in Führungsaufgaben geschehen. ZEIT: Wie fanden Sie das Vorgehen der SPD auf dem Parteitag nach der Bundestagswahl? Ist die Selbsterneuerung auch personell gelungen? YPSILANTI: Ich fand s nicht glücklich. Es war nicht unbedingt demokratisch, weil die neue Führung sich nicht den gewählten Gremien gestellt hat, sondern als Erstes in die Medien ging. Die Partei hat unter diesem Führungsstil in den letzten Jahren oft gelitten, es wurde zu viel abgenickt. Aber ich fand den Parteitag dann gut, angemessen und nach vorne gewandt. ZEIT: Sie haben nicht mehr für den Parteivorstand kandidiert, ebenso wie Ihr designierter Wirtschaftsminister Hermann Scheer. Der sagte sinngemäß, er möchte nicht mehr mit Leuten zusammenarbeiten, die das Projekt Hessen im Stil von Heckenschützen beschädigt haben. YPSILANTI: Sicher war das bei mir auch ein Grund. Lassen Sie es mich so sagen: Wir hatten 2008 einen großen Wahlerfolg mit einem Zuwachs von 7,6 Prozent. Wann hat das die SPD zuletzt geschafft? Da war viel Aufbruch, viel Kraft. Aber das haben uns offenbar einige aus der Parteizentrale nicht gegönnt, denn unser Programm repräsentierte einen alternativen SPD-Kurs. ZEIT: Täuscht der Eindruck, dass mit der Agenda 2010 das ganze Elend bei der SPD begann? Gibt es Reformen, für die sich ein Sozialdemokrat einfach nicht hergeben darf? YPSILANTI: Die Agenda hat uns alle überfallen. Hinzu kommt, sie ist in vielen Teilen politisch falsch. Ich habe das übrigens immer schon gesagt, auch als es noch gar nicht opportun in der SPD war. Ich habe heute noch das Brüllen von Gerhard Schröder bei einer Sitzung im Ohr:»Wer glaubst du eigentlich, wer du bist?«zeit: In welchen Teilen ist die Agenda bis heute falsch? YPSILANTI: Es war richtig, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen. Was nicht bedacht wurde: dass die Leiharbeit, die grottenschlecht bezahlt ist, normale feste Arbeitsplätze vernichtet hat. Wir hätten gleichzeitig einen Mindestlohn einführen müssen. ZEIT: Wird sich der neue Parteichef Sigmar Gabriel des Themas annehmen? YPSILANTI: Unbedingt. Anders wird es nicht gehen. Die Basis ist entweder in Aufruhr oder in Lähmung wegen der Agenda. ZEIT: Steht also eine 180-Grad-Wende ins Haus? YPSILANTI: Eher nicht. ZEIT: Wieso nicht? Auch eine Partei kann doch schlauer werden, einsichtig. YPSILANTI: Das stimmt. Aber das Thema hätte man vor der Wahl abräumen müssen. Jetzt wirkt es wie bloßes Anbiedern. Nach meiner Erfahrung spielt die Psychologie in der Politik eine große Rolle. ZEIT: Wie konnte es passieren, dass der SPD das sozialdemokratische Gewissen bei dieser Reform offenbar so nachhaltig abhandenkam? YPSILANTI: In der Zeit der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder wurde in der SPD-Führung Wirtschaftskompetenz mit Unternehmernähe verwechselt. Es wurden»die Glaubwürdigkeit, auf die ich im Wahlkampf so gesetzt hatte, ist ein hohes Gut«Schritte gemacht, die waren eher nah an den Unternehmensvorständen als volksnah. ZEIT: Der Zustand sozialdemokratischer Parteien ist besorgniserregend. In Italien nicht anders als in Frankreich... YPSILANTI:... dennoch, ich halte nichts von der These vom Ende der Volksparteien. Allerdings sage ich auch, wir sind in Gefahr in höchster Gefahr, dass uns ein solches Schicksal ereilt. ZEIT: Auf welches mehrheitsfähige Programm kann die SPD zurückgreifen? YPSILANTI: Meine klare, wahlempirisch untermauerte Antwort: auf das hessische. Allerdings muss sich auch die Kommunikation ändern. Die SPD ist in den letzten Jahren zu einem selbstreferenziellen System geworden. Es hat keine Verständigung zwischen der Führung, der Parteibasis und der Wählerschaft gegeben. Die Partei hat im eigenen Saft geschmort, kein Wunder, dass dann die Ideen ausgegangen sind. Wer mit den Leuten redet, erfährt eine Menge. Im Jahr 2008 haben wir unser Wahlprogramm in Hessen zur Diskussion ins Netz gestellt. ZEIT: Welche politischen Ziele muss die SPD formulieren, um die Wähler zurückzugewinnen? YPSILANTI: Der Begriff der Sozialen Moderne, der der ideelle Leitfaden des hessischen Wahlkampfs war, hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Es reicht nicht aus, sich um Wirtschaftskompetenz in einer unveränderten Ideologie zu kümmern. Wir müssen deutlich machen, dass wir auch eine andere Wirtschaftspolitik brauchen. Gerade im progressiven Bürgertum haben viele Menschen verstanden, auch solche übrigens, die gut verdienen, dass ohne Gerechtigkeit kein Staat zu machen ist. Besonders an dieser Stelle müssen wir uns deutlich von den konservativen und liberalen Parteien unterscheiden. ZEIT: Lässt sich Vollbeschäftigung tatsächlich noch als realistisches Ziel verkaufen? YPSILANTI: Dieses Ziel muss bleiben. Dafür brauchen wir eine ganz andere Form der Arbeitsverteilung, das schließt Arbeitszeitverkürzung ein. Zugleich sollten wir keine sturen Debatten über die 35-Stunden-Woche führen, sondern uns auf Arbeitszeitkonten verständigen und darauf, dass sich Arbeitnehmer im Berufsleben weiterqualifizieren können. Auch die Gewerkschaften müssen sich Gedanken machen, wie die Arbeitsformen in der Zukunft aussehen. ZEIT: Also bekommt das legendäre Begriffspaar»fördern und fordern«in ganz anderem Zusammenhang eine Bedeutung? YPSILANTI: Bei Hartz IV hat das doch nie gestimmt. Da wurde immer viel mehr gefordert als gefördert. Ich kenne viele Menschen, die sich händeringend weiterbilden wollten, doch dann bekamen sie im Arbeitsamt zu hören, dass die Fördermaßnahmen leider gerade ausgelaufen seien. ZEIT: Ist es ein Problem, dass mit Frank-Walter Steinmeier einer der Architekten der Agenda 2010 nun neuer Fraktionschef der SPD ist? YPSILANTI: Das könnte ein Problem sein, ja. ZEIT: Ihre Antwort klingt so, als hätten Sie sich für den Neuanfang auch einen unbelasteten Genossen vorstellen können? YPSILANTI: Ich gestehe jedem, der ein Amt übernimmt, Lernfähigkeit zu. Die muss dann aber auch sichtbar werden. ZEIT: Basisarbeit im Wahlkreisbüro kann furchtbar anstrengend sein. Müssen Sie sich bisweilen selber trösten, dass Sie nur wenig bewegen können? YPSILANTI: Nein. ZEIT: Seien Sie bitte ehrlich! YPSILANTI: Bewegend ist nur das wirklich, was andere Menschen bewegt. Um das zu bewirken, braucht man nicht un bedingt ein verliehenes Amt. ZEIT: Zur Not auch durch die politische Zusammenarbeit mit den Linken? YPSILANTI: Ich weiß noch nicht, wie die SPD und die Linken sich entwickeln. Mir ist es jedenfalls wichtig, künstliche Abgrenzungen zu überwinden. Dafür gibt es zu viele Schnittmengen. Ich würde eher überlegen: Was könnte das verbindende Element eines gesellschaftlich relevanten linken Projekts sein? ZEIT: Würden Sie sagen, dass mit Sigmar Gabriel und Andrea Nahles jetzt das letzte Aufgebot der SPD die Führung übernommen hat? YPSILANTI: Nein, das stimmt nicht. Allerdings räume ich ein, dass die SPD den eigenen Nachwuchs und ihre Außenwelt nicht sonderlich gepflegt hat. Das geschieht leicht, wenn Politiker an der Spitze stehen, die im Grunde ihres Herzens unsicher sind. Leute, die den Gedanken nicht aushalten, dass andere, Jüngere auch klüger sein können. ZEIT: Wer sind Ihre Vorbilder in der SPD? YPSILANTI: Früher war es Willy Brandt. Heute bin ich selbstständig genug, um nicht unbedingt ein Vorbild zu brauchen. Mit Ausnahme besonders mutiger Frauen. ZEIT: Keine Männer mehr? YPSILANTI: Ach, wissen Sie, ich glaube schon, es ist nicht nur Zufall, wenn in unserer Partei so häufig gute Frauen scheitern. DAS GESPRÄCH FÜHRTEN HANNS-BRUNO KAMMERTÖNS UND STEPHAN LEBERT Fotos: Herlinde Koelbl für DIE ZEIT; Kleine Fotos unten: Arne Dedert/dpa (l.); Boris Roessler/dpa (r.)»ich bin der Sohn eines Opel-Arbeiters«Wie geht es Andrea Ypsilanti? Kaum jemand in der Politik ist so tief gestürzt wie sie von der gefeierten Wahlsiegerin zum verhöhnten Feindbild, alles in nur einem Jahr. Wie hält man das aus? Erster Eindruck: Ihr geht es ganz gut. Sie habe in den letzten Wochen viel Sport gemacht, sei im Fitness-Center, in der»muckibude«gewesen.»es war wichtig, den Kopf freizubekommen«, sagt sie. Das Interview findet in ihrem Wahlkreisbüro in Frankfurt und in Wiesbaden im Abgeordnetenbüro statt. Der Eindruck dieser Büros: Schlichter und enger geht es nicht. Die Atmosphäre aber ist angenehm, manchmal sogar lustig. Sie muss sehr lachen, als sie von einem Wahlkampfauftritt vor Opel-Arbeitern erzählt, den sie mit dem Satz begann:»ich bin der Sohn eines Opel-Arbeiters...«Zur Erinnerung: Nach einer Kampfkandidatur gegen den innerparteilichen Konkurrenten Jürgen Walter wurde sie im Dezember 2006 zur Spitzenkandidatin der SPD gewählt. Bei der Landtagswahl im Januar 2008 feierte sie einen großen Sieg: Die SPD lag nur 0,1 Prozent hinter der CDU von Amtsinhaber Roland Koch. Das Problem: Ypsilanti hatte im Wahlkampf jegliche Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgeschlossen. Sie brach dieses Versprechen und versuchte, mit Grünen und Linken eine Regierung zu bilden. Einen Tag vor der entscheidenden Abstimmung erklärten die SPD- Abgeordneten Silke Tesch, Carmen Everts und Dagmar Metzger unter Führung von Walter (Foto rechts) ihre Ablehnung. Ypsilanti trat als Partei- und Fraktionsvorsitzende zurück. Ihr Nachfolger wurde Thorsten Schäfer-Gümbel (Foto links).

7 8 POLITIK 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Die Zitterpartie Beim Klimagipfel in Kopenhagen wird hart verhandelt. Man blufft, droht und wird zuweilen gar persönlich. Und doch kann es sich keiner leisten, den Gipfel platzen zu lassen. Ein Tagebuch VON FRANK DRIESCHNER Illustration: Smetek für DIE ZEIT Kopenhagen Kann der Klimagipfel noch scheitern? Natürlich kann er das. In Kopenhagen wird hart verhandelt, Drohungen gehören zum Geschäft. Und was könnten die Länder und Ländergruppen einan der androhen außer das Scheitern des Gipfels? Ein Fehlschlag, andererseits, wäre, in der Sprache des Kalten Kriegs, der Overkill. Niemand kann das wollen, weshalb die Notwendigkeit, glaubwürdige Drohungen auszusprechen, die Parteien zwingt, sich egoistischer zu gebärden, als sie es vermutlich sind. Man darf nicht wörtlich nehmen, was hier gesagt wird aber es lohnt, hinzuhören. Der Gipfel ist eine Schachpartie; wer die Züge richtig deutet, ahnt, wie das Endspiel aussieht. Mittwoch, 9. Dezember Lumumba Stanislaus Di-Aping, Klimabotschafter des Sudans, spricht leise, tonlos, mit versteinertem Gesicht. Irgendwie gelingt es ihm dennoch, Ekel auszudrücken, wenn er den»dänischen Text«erwähnt, dieses»extrem gefährliche Dokument«, dessen einziger Zweck es sei, das Kyoto-Protokoll, mithin die vertraglichen Verpflichtungen der meisten entwickelten Länder, zu»töten«. Und da wir beim Töten sind: Zwei Grad globale Erwärmung, sagt der Sudanese, bedeuten 3,5 Grad Erwärmung in Afrika und damit»den sicheren Tod«des ganzen Kontinents. Die Temperaturangabe ist plausibel, weil die Erwärmung sich an Land stärker bemerkbar macht als an der Oberfläche der Ozeane. Di-Aping ist eher zufällig in die Lage gekommen, für die»g 77 + China«- Gruppe zu sprechen die Staaten, die man auch als»entwicklungsländer«bezeichnet. Ein Vertreter seines Landes ist turnusmäßig an der Reihe. In einer Sitzung soll Di-Aping angesichts der bedrohlichen Lage seiner Heimat in Tränen ausgebrochen sein. Das dänische Papier ist ein Versuch, so etwas wie einen informellen Konsens herzustellen. Kommen die regulären Verhandlungen nicht zu einem Abschluss, könnte ein solches Konsenspapier das einzige Resultat des Klimagipfels sein. Todd Stern, der Klimabotschafter der US-Regierung, hat es auf sich genommen, in Kopenhagen die Rolle des Schurken zu spielen. Er muss im Namen des schlimmsten Klimafrevlers unter den Nationen die großen Entwicklungsländer zu mehr Umweltschutz drängen. Dazu wären sie wohl ohnehin bereit. Aber Stern und sein Chef Barack Obama müssen der amerikanischen Öffentlichkeit einen Verhandlungserfolg präsentieren, um die Zustimmung zu einem Vertrag zu begründen, der ohne Entgegenkommen der Entwicklungsländer kaum mehr als ein zweites Kyoto-Protokoll wäre, in dem sich allein die Industrieländer zu verbindlichen Reduktionen verpflichten würden. Während also dem Sudanesen Di-Aping sehr an einer solchen Neuauflage des Kyoto-Protokolls gelegen ist (das dann auch von den USA unterschrieben werden sollte), sind die Interessen des Amerikaners Stern gegenläufig. Stern ist hager, mit scharf geschnittenem Gesicht. Seine Aufgabe geht er geradlinig an.»viel zu wenig«hätten China, Indien, Südafrika und Brasilien angeboten, bemängelt er. Donnerstag, 10. Dezember Heute hat Botschafter Di-Aping eine Aufpasserin an seiner Seite, die philippinische Koordinatorin der»g 77 + China«-Gruppe. Freundlich lächelnd lauscht sie den zunehmend bizarren Ausführungen des Afrikaners. Die USA mögen doch bitte dem Kyoto-Protokoll beitreten, fordert er. Präsident Obama solle den Senat in dieser Frage einfach ignorieren.»es vergeht kein Tag«, wird später der Chefverhandler der EU, Artur Runge-Metzger, spotten,»an dem uns Botschafter Lumumba nicht überrascht.«die Koordinatorin sagt wenig bei dieser Pressekonferenz. Doch ihr einziges Statement hat es in sich.»es gibt kein Land in unserer Gruppe«, sagt sie,»in dem nicht große Armut herrscht.«das mag für die meisten zutreffen, verfehlt aber den entscheidenden Punkt. Zur Gruppe gehört neben Brasilien und Südafrika vor allem China, das über moderne Technik und erhebliche Ressourcen verfügt. Und die chinesischen Treibhausgase bedrohen die Entwicklungsländer so sehr GUT GEGEN BÖSE: Klimaschützer wie Al Gore treten mit Demonstranten, Windrädern und einer Schönheit, deren Südsee- Insel bedroht ist, für ein verbindliches Abkommen ein Manager, Scheichs und Industrie kämpfen dagegen wie die der Amerikaner und Europäer. Eine Gruppe armer Länder fordert darum, China möge sich verbindliche Reduktionsziele auferlegen. Außerdem gehören Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate der G 77 an, womöglich die einzigen Staaten, denen als Ölproduzenten ein Scheitern des Gipfels nicht ungelegen käme. So ziehen sich Risse durch die Gruppe. Freitag, 11. Dezember Es geht voran, die Verhandlungsgruppe hat einen ersten Entwurf für die zentralen Passagen einer offiziellen Abschlusserklärung vorgelegt. Es ist ein vorsichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Abkommen, das alle Seiten zu Anstrengungen im Klimaschutz verpflichtet. Die Entwicklungsländer, heißt es in dem Entwurf,»sollen«mithilfe der reichen Länder eigene Emissionsziele verfolgen und»dürfen«darüber hinausgehen. Im Wesentlichen haben China, Indien und die anderen großen Entwicklungsländer längst ihre Bereitschaft zu einer solchen Lösung erklärt. Nun sperren sich die Chinesen. Der Westen, argumentieren sie, habe den Klimawandel verschuldet; es sei eine Frage des Prinzips, dass arme Länder keine eigenen Verpflichtungen übernehmen müssten. An den wichtigsten Stellen des Entwurfes stehen Textfragmente. Eine Aufheizung der Erde um maximal»[2 C] [1,5 C]«sei gerade noch hinnehmbar, heißt es. Und die entwickelten Länder müssten bis 2020 ihre Emissionen um»[25 40] [in der Größenordnung von 30] [40] [45] Prozent verringern. Von Weiter-so bis zu Ökotopia ist alles drin. So weich die Formulierungen sind, so schroff fallen die Reaktionen aus. Auf dieser Basis könne man nicht verhandeln, teilt Todd Stern mit. Hier»sollen«, dort»dürfen«,das sei unannehmbar. Die EU-Staaten haben andere Sorgen. Eine zweite Arbeitsgruppe hat einen Vorschlag zur Fortschreibung des Kyoto-Protokolls vorgelegt. Dieses bindet die Europäer, nicht aber die USA.»Wir werden nicht zulassen, dass Deutschland und die anderen europäischen Industriestaaten weit vorangehen beim Klimaschutz, andere nichts tun und dann Arbeitsplätze bei uns abwerben«, kündigt Angela Merkel sogleich an. Unterdessen starten die Chinesen eine Medienoffensive. In gleich drei Pressekonferenzen verkünden sie: Klimaschutz ist wichtig, Entwicklung ist wichtiger. Nun wird der Streit persönlich. Todd Stern, sagt Chinas Vize-Außenminister He Yafei, sei»entweder nicht ganz bei Verstand oder extrem verantwortungslos«. Er schätze den Chinesen sehr, entgegnet dieser, sehe aber keinen Grund, seine Meinung zu ändern. Samstag, 12. Dezember Die große Demonstration der Klimaschutzbewegung wird ein buntes Spektakel. Klimagerechtigkeit fordert die Menge draußen vor dem Bella Center, in dem die Konferenz stattfindet. Die Lasten des Klimaschutzes müssten fair verteilt werden. Drinnen trägt ein wichtiger Teilnehmer der Verhandlungen eine andere Sicht der Dinge vor. Es sei absurd, sagt der Botschafter Südkoreas, Rae Kwon Chung, dass alle Seiten im Klimaschutz eine»last«sähen, die es gerecht zu verteilen gelte.»grünes Wachstum«, sagt der Koreaner,»mehr Lebensqualität!«Korea, sagt er, werde sich diese Chance nicht entgehen lassen. Sonntag, 13. Dezember Die Vereinten Nationen haben in ihrer Weisheit beschlossen, die meisten Journalisten aus dem Bella Center auszusperren. Dem Internet ist immerhin zu entnehmen, dass die weltweiten Demonstrationen am Vortag viele Delegierte beeindruckt hätten. In der entscheidenden Arbeitsgruppe seien aber»nur die wohlbekannten Positionen wiederholt«worden. Montag, 14. Dezember Und doch hat am Wochenende Connie Hedegaard, die dänische Umweltministerin, den Verhandlungsteams ein dürftiges Ergebnis bescheinigt. Der Gipfel will die Welt retten, aber über das Flugbenzin muss wohl auf Regierungsebene entschieden werden. Doch es gibt Fortschritte. Offenbar sind die großen Entwicklungsländer bereit zu Zugeständnissen bei der Kontrolle ihrer Klimaschutzbemühungen. Das berichtet die britische Delegation, womit der Fortschritt jedenfalls im EU-Lager im Prinzip anerkannt ist. Unterdessen blockieren die Afrikaner eine Arbeitsgruppe. Sie wollen eine Fortschreibung des Kyoto- Protokolls erzwingen. Dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Vorarbeiten für dieses Vorhaben sind, scheint ihnen entgangen zu sein. Die G 77 möchte die Aufheizung der Welt auf ein Grad beschränken und die CO₂-Konzentration auf ein nahezu vorindustrielles Niveau senken. Das würde vermutlich neue Naturgesetze erfordern, aber man kann es ja versuchen. Was treibt die Gruppe? Will sie angesichts eines auf Einigkeit gepolten Kongresses Chaos verbreiten, um den Preis für eine Übereinkunft hochzutreiben? Oder müssen die Afrikaner für das heimische Publikum demonstrieren, dass sie sich dem Schicksal einer um zwei Grad wärmeren Welt mit all ihren furchtbaren Folgen nicht widerstandslos ergeben haben? Eine Pressekonferenz der»g 77 + China«am Abend legt eine dritte Deutung nahe. Offenbar haben die Delegierten der multinationalen Gruppe in dem komplizierten Geflecht der Kopenhagener Verhandlungsstränge den Überblick verloren. Und seit die wichtigsten Themen von den angereisten Ministern bearbeitet werden, ist die ehrpusselige Sorge gewachsen, übergangen zu werden. Bemerkenswert ist das, weil allein die chinesische Delegation mehr als 700 Mitglieder haben soll. Sie könnten, wenn sie wollten, das Chaos wohl in Grenzen halten. Offenbar tragen sie derzeit aber wenig dazu bei, ihre afrikanischen Verbündeten auf dem Laufenden zu halten. Die EU nutzt die Gelegenheit, zu zeigen, dass sie die Gute sein will. Man könne über alles reden, jederzeit, erklärt der schwedische Umweltminister. Und erstmals gibt es Zahlen. 100 Milliarden Euro jährlich für Anpassungsmaßnahmen in der Dritten Welt, ein Drittel davon will die EU übernehmen. Außerdem fordern die Europäer zum ersten Mal explizit strengere Klimaschutzmaßnahmen auch aufseiten der Amerikaner. Was tun die USA? Dienstag, 15. Dezember Die Tradition der Klimaschutzverhandlungen gebietet, dass ein Gipfel bei Anreise der Regierungschefs kurz vor dem Scheitern stehen muss, damit jene die Gelegenheit bekommen, sich als Retter in Szene zu setzen. Nach einem Scheitern sieht es nicht aus, aber Konflikte gibt es genug. Deshalb werden Obama, Merkel, Sarkozy und andere Staats- und Regierungschefs sich vermutlich auf einen gesichtswahrenden Kompromiss einigen: Geld für die Entwicklungsländer und ein wohlklingendes Re duk tions ziel, dessen Wirksamkeit durch Schlupflöcher bei der Umsetzung aufgeweicht wird. Den vom Untergang bedrohten Inselstaaten nützt das wenig: Ihnen kann der Klimaschutz kaum strikt genug sein. Noch ist ungewiss, ob schon im nächsten halben Jahr aus den Vereinbarungen von Kopenhagen ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag wird oder ob es noch länger dauern wird. Kopenhagen ist erst der Anfang. Siehe auch Wirtschaft, Seite 28/29 i Nachrichten und Hintergründe aus Kopenhagen auf ZEIT ONLINE: Der Richter ist der Henker Das türkische Verfassungsgericht verbietet eine moderate kurdische Partei. Und stärkt dadurch die Radikalen VON MICHAEL THUMANN Istanbul Manchmal töten Richter auch. In der Türkei verbot das Verfassungsgericht am vergangenen Freitag die pro-kurdische Partei DTP. Seither gehen Kurden und Türken aufeinander los. Mitten im Touristenviertel von Istanbul griffen Nationalisten beider Seiten einander mit Messern an. In vielen Städten des kurdisch besiedelten Südostens liefern sich Jugendliche Schlachten mit Polizisten in Kampfmontur. Am Dienstag dann die Eskalation. In der Stadt Mus richtete ein Ladenbesitzer seine Flinte auf randalierende Demonstranten. Zwei starben an Ort und Stelle, weitere wurden schwer verletzt. Das dürfte erst der Anfang sein. Das Verfassungsgericht stellt sich mit aller Macht dem eigenen Land in den Weg. Die türkische Regierung hat in diesem Jahr alte Konflikte an den Grenzen befriedet, sich den Nachbarn geöffnet, eine Lösung für das Kurdenproblem gesucht. Zum Jahresende dann die Vollbremsung. Mit dem DTP-Verbot reißen die nationalsäkularen Richter die inneren Fronten auf, stürzen das Land in Aufruhr. In der Urteilsbegründung beschuldigen die Chefjuristen die DTP, Terrorismus zu unterstützen. Ein Vorwurf, den sie durch nichts beweisen, aber mit fixen Vermutungen füttern. Dabei macht sich das Verfassungsgericht selbst zum besten Verbündeten der kurdischen Kampftruppe PKK. Die Richter verbieten nicht nur die ins Parlament gewählte demokratische Vertretung vieler Kurden, leidenschaftlich gehasst auch von den Radikalen der PKK. Sie belegen auch 27 sorgfältig ausge wählte Politiker der Partei mit einem Betätigungsverbot. Ziel: die moderaten kurdischen Politiker ins Abseits zu befördern. Das stärkt die Extremisten. Der kluge und ausgleichende DTP-Vorsitzende Ahmet Türk muss ins politische Niemandsland. Seine radikalen Parteigegner dürfen weitermachen. Dafür hat die PKK seit Langem gekämpft. Verlierer der Entscheidung ist die türkische Regierung von Tayyip Erdoğan. Der Premier hat seit dem Sommer in einer»demokratischen Öffnung«versucht, den Südosten durch mehr kulturelle und ökonomische Rechte für die kurdische Bevölkerung zu befrieden. Verlierer sind die Kurden, denen nun harte Monate bevorstehen. Die PKK dürfte wieder Kinder mit Steinen bewaffnet gegen Panzer losschicken. Wenn die schießen, schlägt die PKK zurück, so wie vorige Woche in Tokat, als sieben Soldaten starben. Die gewünschte Eskalation soll der ergrauten Guerilla truppe neues Leben einhauchen. Mit ihr triumphiert die nationalistische türkische Opposi tion, die radikalsäkulare CHP und die Graue-Wolfspartei MHP. Sie haben die Kurdeninitiative von Erdoğan verdammt und ihre messerschwingenden Anhänger dagegen auf die Straßen gebracht. Die Lehre aus alledem: Die Demokratisierung oder Radikalisierung der Türkei führt über ihren Südosten. Deshalb war Erdoğans Kurdeninitiative richtig. Die beste Antwort auf das Verfassungsgerichtsurteil wäre, sie auszuweiten.

8 10 POLITIK 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Foto (Ausschnitt): Louisa Gouliamaki/AFP/Getty Images Siechenland Korruption, Vetternwirtschaft, Egoismus: Griechenland ist beinahe bankrott. Wie konnte das traditionsreiche Land so tief sinken? VON MICHAEL THUMANN DEMONSTRANTEN treffen vor der Universität von Athen auf Polizisten Einer, der an Griechenland verzweifelte, war Franz Lieber. Als Hellasliebhaber zog der junge deutsche Jäger und spätere Staatsrechtler auf den südlichen Balkan. Dort angekommen, sah er nur»kindisches Verhalten und faule Feigheit«. Schlimmer noch: Die griechische Landbevölkerung plündere, raube und schieße sogar auf jene, die gekommen seien, ihnen zu helfen, schrieb er in seinem Tagebuch eines Enttäuschten. Die leuchtende Vergangenheit, warnte Lieber, habe nichts mit der ruchlosen Gegenwart zu tun. Das war 1821, während des griechischen Aufstands gegen die Osmanen, die türkischen Fremdherrscher, zu deren Reich Hellas damals gehörte. Das Geißeln der Griechen hat Tradition in Europa. Genauso wie deren Verherrlichung. Beides wird mit besonderer Leidenschaft seit der Gründung des griechischen Nationalstaates in den 1820er Jahren betrieben. Heute grämen sich die Europäer über die katastrophalen griechischen Staatsfinanzen, die mittlerweile auch den Euro belasten. Sie ärgern sich über Athens ausschweifende Subventionsmentalität, das Versickern von EU- Geld und schütteln den Kopf über die alljährlichen Waldbrände, die den letzten kleinen Rest des grünen Griechenlands vertilgen. Und immer wieder stellt einer die Frage: Gehören die eigentlich wirklich zu Europa? Für die Unterstützer des griechischen Aufstands von 1821 war die Frage schon beantwortet, bevor sie so richtig gestellt wurde. Brennend vor Eifer, zogen Freiwillige, ganz wie später im Spanischen Bürgerkrieg, auf den»europäischen«peloponnes. Deutsche Griechenvereine spendeten Geld, Gedichte und das im Kampfe unentbehrliche deutsche Liedgut. Der Antikenforscher Johann Joachim Winckelmann hatte gelehrt, dass in Griechenland einst»die reinsten Quellen der Kunst«gelegen hätten. Goethe suchte das»land der Griechen mit der Seele«. Deutsche Romantiker priesen die Seelenverwandtschaft mit der tiefsinnigen griechischen Kultur im Gegensatz zur seichten Zivilisation der lateinischen Römer. Der Dichter Lord Byron besang The Isles of Greece und stürzte sich mit einer abgehalfterten Truppe albanischer Söldner in den Kampf bei Patras, wo ihn 1824 schicksalhaft die Malaria dahinraffte. Als die Osmanen zwei Jahre darauf die Festung Mesolongi eroberten, ging ein Sturm der Entrüstung über die»barbarischen Massaker«durch Europa. Die Rettung der Griechen galt als erste moderne»humanitäre Intervention«europäischer Staaten. In der Seeschlacht von Navarino besiegten die Alliierten (Briten, Franzosen und Russen) 1827 die Osmanen. Der Weg war frei für den griechischen Nationalstaat. Hat sich der Einsatz ausgezahlt? Was die Europäer in diesen Tagen erschüttert, sind die nicht abreißenden schlechten Nachrichten aus Griechenland. Zunächst sind da, ach, die Finanzen: Athen legt in diesem Jahr ein EU-Rekorddefizit von 12,7 Prozent vor. Hellenische Konservative und Sozialisten streiten, ob das Budget vor oder erst nach dem Beitritt zur Eurozone so hingekämmt wurde, dass eins plus eins drei ergab. Das Haushaltsdefizit summiert sich auf dreißig Milliarden Euro so viel, wie die Griechen geschätzt an Steuern hinterziehen. Nachdem einige Ratingagenturen Griechenlands Kreditwürdigkeit herabgestuft haben, geht die Rede vom drohenden Staatsbankrott um. Transparency International hat Hellas als korruptestes Land der EU ausgemacht. Kein Arztbesuch, keine Baugenehmigung, keine Unternehmensgründung ohne fakelaki den kleinen Umschlag mit Bargeld. Hinzu kommt die Vetternwirtschaft. Jahrelang haben die beiden großen Parteien ihre treuen Wähler mit Staatsposten bedient. Da die Wirtschaft chronisch kränkelt, ist der Staat Hauptarbeitgeber. Und doch steigt die Arbeitslosigkeit mit jedem Jahr. Schuld daran ist ein beispielloser Populismus, begründet von Andreas Papandreou. Der Sozialist führte Griechenland bis zu seinem Tod 1996, er ist der Vater des weitaus anständigeren neuen Premiers Jorgos Papandreou. Der alte Papandreou prügelte in den achtziger Jahren hemmungslos auf EG und Nato ein, verdammte deren Imperialismus, während er gleichzeitig EG- Subventionen an seine Gefolgsleute verteilte. Sein Sohn darf nun als Premier die Suppe auslöffeln. Ist das europäisch? Die Griechen zweifeln häufig selbst daran. Über ihre Identität haben sie in den letzten zweihundert Jahren heftig gestritten. Sind sie nun eher hellenistisch-heidnische Athens Zahlen Griechenlands Wirtschaftslage ist katastrophal. Meist wird dabei vor allem auf die Staatsschulden hingewiesen: Sie machen mittlerweile 112,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, der Maastrichter Vertrag erlaubt maximal 60 Prozent, der Durchschnitt in allen Ländern, die den Euro eingeführt haben (Euro-Zone), liegt bei 78 Prozent. Aber auch die anderen Wirtschaftsdaten sind düster: Das Haushaltsdefizit liegt bei 12,7 Prozent des BIPs, Maastricht lässt höchstens 3 Prozent zu. Das Leistungsbilanzdefizit beträgt 16,6 Prozent des BIPs (Euro-Zone: 0,9 Prozent), die Arbeitslosenquote liegt bei 9,5 Prozent (Euro-Zone: 8,8 Prozent). Griechen oder doch christliche Byzantiner? Lag der Brunnen griechischer Kultur auf dem Südbalkan oder in Anatolien, in der Ägäis oder am Schwarzen Meer, in Europa oder Asien? Griechische Orientalisten träumten von der leidenschaftlichen Vereinigung griechischer Helden mit feurigen Muslimas. Stattdessen aber trieb der Wunsch nach einem großen Nationalstaat die Griechen in einen gänzlich unerotischen Eroberungsfeldzug nach Anatolien, der 1922 in die Katastrophe führte. Seit den zwanziger Jahren sind viele Millionen hellenischer Flüchtlinge in den kleinen griechischen Kernstaat geströmt, aus der Türkei, aus dem Nahen Osten, zuletzt aus der Sowjetunion. Alle brachten ihre Bräuche, ihr Essen, ihre Musik, ihre Kultur mit. Ein wirklich homogenes griechisches Gemeinwesen ist bis heute nicht entstanden. Vieles, was sich in Griechenland an Problemen auftürmt, hat mit fehlendem Gemeinsinn zu tun. Trotz der verheerenden Waldbrände in jedem Sommer fehlen im Land freiwillige Feuerwehren. Mit der Baulobby verschwägerte Parlamentarier torpedieren Gesetzespläne über das Bauverbot auf verbrannten Flächen. Viele Griechen hinterziehen Steuern, jammern aber über schlecht finanzierte Schulen. Geld geben sie für teure Nachhilfestunden in privaten Parallelschulen aus. Alle ziehen über die verfallenen Universitäten her, aber statt sich zu kümmern, schicken sie ihre Kinder in ausländische Lehranstalten. Die Populisten reden dem Volk ein, das sei schon alles richtig so, nur die Subventionen müssten erhöht werden. Gehört Griechenland also zu Europa? Der neue linke Regierungschef Jorgos Papandreou warnt die Griechen, sie könnten in der Krise»die Souveränität des Landes«verspielen. Er will die Klientelwirtschaft beenden, hat einen Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst verhängt und scharfe Kürzungen angekündigt. Drama, Pathos, Torschlusspanik das kann helfen. So war es während der Modernisierung der siebziger Jahre, als Athen in die EG strebte. Oder bei den Olympischen Spielen 2004, welche die Griechen trotz aller Befürchtungen glanzvoll durchzogen. Es geht durchaus, wenn die Griechen ein gemeinsames Projekt haben. Aber wenn nicht? Die Athener Bühne zeigt den Europäern, wie Staaten herunterkommen können, in denen Politiker es kaum wagen, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. In denen die Bürger ins Private flüchten und schimpfen, dass der Staat nicht funktioniere. In denen Regierungen künftige Generationen in Schulden ertränken, weil Sparen hier und jetzt zu viel Wählerstimmen kostet. Das alles lernen auch die Westeuropäer kennen, nicht nur in Italien. Griechenland gehört zu Europa derzeit ist es unser erbarmungsloser Spiegel. a

9 MEINUNG Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 ZEITGEIST HEUTE: Foto: Mathias Bothor/photoselection US-Dschihad Bekommt Amerika ein neues Terrorproblem?, fragt JOSEF JOFFE Stanford Amerika hat zu Hause kein Terrorismusproblem. Richtiger muss es neuerdings heißen:»hatte es nicht«. Die Ermittler sind irritiert. Warum sind Ramy Zamzam und vier andere junge Amerikaner in Pakistan aufgetaucht, um Kontakt zu al-qaida zu suchen? Im September wurde Najibullah Zazi, 24, verhaftet; ihm wird vorgeworfen, in New York selbst gebaute Bomben zünden zu wollen. Im Oktober wurde David Headley festgenommen. Sein Vater ist Pakistani, seine Mutter Amerikanerin. Ihm wird eine Ein-Mann-Verschwörung gegen die dänische Zeitung Jyllands-Posten (die mit den Mohammed-Karikaturen) angelastet. Der November war der schlimmste Monat. Da erschoss Major Nidal Hasan 13 Kameraden in Fort Hood. Inzwischen weiß man von seiner Verbindung zu einem extremistischen Imam im Jemen. Ebenfalls im November wurden mehrere Männer angeklagt, weil sie 20 junge Somalis für den Kampf gegen die proamerikanische Regierung in der alten Heimat rekrutiert hätten. Die Liste lässt sich verlängern. Was ist los? Lange lebte Amerika in der Gewissheit, das bessere Einwandererland zu sein. Tatsächlich sind die hiesigen Muslime eher wohlhabend, gebildet und integriert, derweil sie in Europa eher an den Rändern leben arm, entfremdet und wütend. Insider hier, Outsider in Europa. In Spanien, England oder Europa leben sie in Ghettos, hier verstreut übers Land was die Assimilation begünstigt. Hier spricht niemand von»migranten«, sondern nur von»einwanderern«. Ein Anti-Minarett-Votum in den USA wäre undenkbar. Bislang sind dem FBI bloß Amateure ins Netz gegangen; Zazi, der in New York bomben wollte, soll aber in Pakistan ausgebildet worden sein eine neue Qualität. Daniel Byman, Terrorismusexperte an der Georgetown-Universität, spekuliert, bin Laden habe noch eine Rechnung mit den USA offen und baue deshalb ein Terrornetzwerk im Lande auf. Ist die Häufung Zufall oder ein neues Muster? Interessanter ist eine zweite Frage: Wieso hat keiner der Verdächtigen reüssiert? Weil der FBI so toll ist? Möglich. Aber die bessere Antwort hat doch mit dem Integrationstempo in diesem Einwanderungsland zu tun. Im Falle Zamzam haben Angehörige erst CAIR (die Repräsentanz von US- Muslimen) konsultiert und wurden von dort an den FBI verwiesen. Kooperation war die Devise. Nach 9/11 kamen die heißen Tipps aus der islamischen Gemeinschaft. Daraus darf man schließen, dass offene Arme eine bessere Waffe gegen JOSEF JOFFE ist Herausgeber der ZEIT den Terror abgeben als die gegenseitige Abkapselung oder gar Abwehr. Die Islam-Forscherin Kathleen Moore schreibt in einem Beitrag mit dem bezeichnenden Titel Open House, Muslime in Amerika hätten die Phasen der»tolerierung«, dann der»anerkennung«bereits hinter sich; jetzt seien sie»praktiker der Integration«. Die Frage ist, wann das Gleiche über Türken, Pakistanis oder Marokkaner in Europa gesagt werden kann. Trotzdem teilen Amerika und Europa ein Problem: Die zweite und dritte Generation hier wie dort steht schlechter da als die Alteingesessenen. Gute Polizeiarbeit allein reicht nicht. Hinterm Wickeltisch geht s weiter Mehr Babys war gestern Kristina Köhler muss Politik machen für die Kinder, die wir schon haben VON ELISABETH NIEJAHR Eine Gruppe renommierter Wissenschaftler aus aller Welt, die sich regelmäßig an der Akademie Leopoldina in Halle an der Saale trifft, gab ihrer Arbeitsgruppe kürzlich einen neuen Namen. Sie heißt jetzt Zukunft mit Kindern statt wie bisher Gesellschaftliche Entwicklung und Fertilität. Das müsste niemanden interessieren, wenn die Umbenennung nicht typisch für eine weitreichende Trendwende wäre: Selbst Demografieexperten interessieren sich neuerdings immer weniger dafür, wie sich die Zahl der Geburten am besten steigern lässt. Stattdessen geht es ihnen um gute Bedingungen für die Kinder und Jugendlichen, die bereits geboren sind. Sollten die Deutschen zuletzt vor allem mehr Kinder bekommen, sollen sie nun mehr für ihren Nachwuchs tun. Eine Begründung für diesen Perspektivwechsel hat selbst die Bundeskanzlerin in ihre Reden aufgenommen: Der demografische Wandel, der Doppeltrend aus Geburtenmangel und Alterung, ist immer weniger ein Thema von morgen oder übermorgen. Die damit verbundenen Probleme rücken näher oder schlagen sich schon heute nieder, Bevölkerungspolitik wirkt jedoch nur sehr langfristig. Angela Merkel hat in ihrer Regierungserklärung nach der Kanzlerwahl betont, dass schon in diesem Jahr in Deutschland erstmals mehr 65-Jährige als unter 20-Jährige leben und auf heute relevante Folgen wie den Fachkräftemangel hingewiesen. Im Handwerk zum Beispiel ist der Bedarf an gut ausgebildetem Nachwuchs derart groß, dass der Zentralverband des Deutschen Handwerks sich mit Strategien frühkindlicher Förderung beschäftigt und Memory-Spiele mit Handwerker-Motiven für Kleinkinder verteilt. Traditionelle Berufe wie Bäcker oder Metzger sollen nicht vergessen werden. Diese Geisteshaltung wollen viele Experten nun stärken. Eigentlich sollten Geburten- und Jugendpolitik ohnehin zusammenpassen. Tatsächlich jedoch konkurrieren sie oft miteinander. Etwa in den Kommunen, wo Angebote für Kleinkinder und für Jugendliche, die Sandkästen einerseits und die Jugendtreffs andererseits, oft aus denselben Etats finanziert werden. Aber auch in der Bundespolitik kann eine Ministerin kaum mit gleicher Inbrunst für beides kämpfen. Und wenn Schulen wegen des Geburtenrückgangs kleinere Klassen haben und die Lehrerzahl gleich bleibt, die Kinder also besser betreut werden, dann ist das für Bevölkerungspolitiker eine traurige Entwicklung, während Bildungspolitiker sich eher über die sogenannte»demografische Dividende«freuen. Möglicherweise hat die Neuorientierung der Demografiepolitik die sich bislang erst andeutet auch ihrerseits demografische Gründe. Die vor allem in Politik und Medien sehr präsenten geburtenstarken Jahrgänge wachsen langsam aus der Familiengründungsphase heraus. Selbst wenn einige Männer dieser überwiegend in den sechziger Jahren geborenen Babyboomer noch im Alter von siebzig Kinder zeugen könnten das kollektive Erleben dieser Jahrgänge wird zunehmend weniger von den ersten Versuchen am Wickeltisch als vom Elternabend oder der Abifeier geprägt. Noch vor fünf Jahren haben Schlagzeilen über fünf Millionen Arbeitslose und Bestseller wie Frank Schirrmachers Methusalem-Komplott über das alternde Land einander in ihrer verstörenden Wirkung verstärkt wird die Zahl der Arbeitslosen bei vier Millionen liegen, die Geburtenrate bei etwa 1,4 (statt 1,24 im Jahr 2002). Die Zahlen haben sich ein wenig verbessert, die Stimmung gewaltig, wie die Reaktion der Deutschen auf die Krise zeigt. Heute wäre kaum denkbar, dass wie vor einigen Jahren ein Boulevardblatt auf der ersten Seite die Kinderlosigkeit bekannter Fernsehmoderatorinnen zum Thema macht. So folgt Deutschland möglicherweise Ländern wie dem noch stärker alternden Japan. Dessen Demografiepolitik zielte schon immer stark auf Jugendliche mit Bildungsproblemen. An solchen Vorbildern kann sich die neue Ministerin Kristina Köhler orientieren. Für sie bietet die Neuausrichtung der Demografiepolitik eine Chance. Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen hat den Deutschen klargemacht, dass möglichst viele Geburten ein Segen für das Land, nicht nur für die Eltern sind. Sie konnte dabei viel Geld ausgeben. Das kann Köhler schon wegen der großen Haushaltsnöte ohnehin nicht überbieten. Aber sie könnte den Bürgern vermitteln, dass auch staatlich gefördertes, gutes Schulessen, Hausaufgabenhilfe für Migrantenkinder oder Patenschaften für den Nachwuchs Alleinerziehender im Interesse aller sind. Ursula von der Leyen hat für die Babys gesorgt und für deren Väter an den Wickeltischen. Jetzt muss sich Kristina Köhler um die Familien jenseits der Krabbeldecken kümmern. Blut»Ich bin das nicht«, sagte angeblich der Mann, der in Mailand eine Miniatur des Doms auf den italienischen Ministerpräsidenten geworfen hat. Ein absurder Satz nach einer absurden Tat. Nur aus dem Mund seines Opfers ergäbe er vielleicht ein bisschen Sinn. Ich bin das nicht, hätte Silvio Berlusconi sagen können. Die Schießbudenfigur, zu der du mich gemacht hast. Zu der ich mich selber manchmal mache. Versteh doch, das wollen die Leute. Aber hinter der politischen Maske bin ich ein Mensch, der blutet wie du. Der es nicht verdient hat zu bluten. Vielleicht dachte Berlusconi einen Moment wirklich so etwas. Dann nahm er die Hände vom verletzten Gesicht und klopfte wieder Sprüche. Die Berichte darüber ließ er sich tags darauf ans Krankenbett bringen. Der Attentäter hat sein Ziel verfehlt. Solche Würfe gehen immer daneben. AL BERLINER BÜHNE Auf den Keks Was weiß die Initiative Neue Marktwirtschaft vom Glück? Leider nichts Ein»Glücks-Bruttoinlandsprodukt«ist exakt das, was uns bis heute noch gefehlt hat. Jetzt aber ist es da. Und zu unserem eigenen Erstaunen stellen wir fest: Wir sind dadurch nicht nur nicht glücklicher, wir sind auch nicht schlauer. In Auftrag gegeben hat das erste deutsche»glücks-bip«die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, jene Institution also, in der ihre Kritiker einen Routenplaner neoliberaler Irrwege sehen. Und berechnet hat es Professor Ulrich van Suntum vom Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung Münster. Ob es nun an den Irrweglern oder am Professor liegt, wissen wir nicht genau, jedenfalls präsentieren uns die beiden eine Erkenntnis, die wir selbst einem chinesischen Glückskeks nicht verzeihen würden: Geld allein macht nicht glücklich. Oder, um es umständlicher, also mit den Worten des Glücks-BIPs auszudrücken: Wirtschaftswachstum bedeutet nicht automatisch mehr Lebenszufriedenheit. Das Glücks-BIP, so entnehmen wir dem Beipackzettel,»ergänzt die klassischen Wohlstandsmaße wie Einkommen und Vermögen durch weitere, nachweislich glücksrelevante Indikatoren.«Dazu zählen etwa Arbeitsplatzsicherheit, Einkommensverteilung, Gesundheit, Familienstatus. Und was ist mit dem Tabellenplatz von Schalke 04? Dem Strahlen der eigenen Kinder? Der Quanti- und Qualität des persönlichen Sexlebens? Ist das denn alles nicht Glücks- BIP-relevant? So etwas kommt halt davon, wenn man Umfragedaten von einem Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP) ermitteln lässt. Beim nächsten Mal sollte man echte Menschen fragen. PETER DAUSEND Foto: Livio Anticoli/AP Durchschauen Sie jeden Tag. Politik Wirtschaft Meinung Gesellschaft Kultur Wissen Digital Studium Karriere Lebensart Reisen Auto Sport Foto: Michael Kappeler/dpa Was geschah in Afghanistan? Täglich dringen neue Details über die Kundus- Affäre an die Öffentlichkeit. Was wusste Verteidigungsminister zu Guttenberg? Was war wann im Kanzleramt bekannt? Fragen, die auch den Untersuchungsausschuss beschäftigen werden, der diese Woche seine Arbeit aufnimmt Foto: Luke MacGregor/REUTERS Die besten Alben des Jahres 365 Tage und eine Welt voller Musik. Was sollte man in diesem Jahr auf jeden Fall gehört haben? Zwölf Autoren der ZEIT und von ZEIT ONLINE schreiben über ihre Lieblingsplatten und lassen Lieder im Audio klingen. Der eine oder andere Geschenktipp ist bestimmt dabei Foto: AFP/Getty Images Ende einer rasanten Revolution Die Herrschaft des Diktators Nicolae Ceauşescu war die brutalste im Ostblock, ihr Ende die blutigste Episode der Wendezeit und sie ging schnell: Am 15. Dezember 1989 begann in Rumänien der Aufstand. An Weihnachten wurden Ceauşescu und seine Frau hingerichtet Foto: Tyrone Siu/REUTERS Zocken ist menschlich Im Casino geht es um mehr als Leben und Tod. Es geht um das Heiligste des Menschen: das Geld. In»Va Banque«hat der Schriftsteller Michael Kothes eine Typologie des Glücksspielers gezeichnet. Ein Interview über den Kampf gegen den Zufall Adventskalender Hingen Weihnachtsbäume früher an der Decke? Die Antwort weiß der Adventskalender auf ZEIT ONLINE. Statt Schokolade steckt hier hinter jedem Türchen eine Portion Wissen Grüne Geschäfte Wir können s besser: Eine Wirtschaft, die Ressourcen und unsere Umwelt schont, ist möglich. Wie es geht, berichtet das neue Blog auf ZEIT ONLINE ZEIT ONLINE auf Facebook Als Fan von ZEIT ONLINE lesen Sie auf Facebook täglich aktuelle Nachrichten auf Ihrer Startseite und können mit anderen Nutzern diskutieren ZEIT ONLINE twittert Auf twitter.com empfehlen Ihnen Redakteure von ZEIT ONLINE mehrmals täglich besonders interessante Texte, Fotostrecken und Videos. Sie beantworten Fragen und nehmen Ihre Kritik entgegen

10 MEINUNG 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr DAMALS: WIDERSPRUCH Welt der Nehmer Klimaschutz funktioniert nicht ohne die Inuit VON BASTIAN SENDHARDT Fotos: Hansi Krauss/AP; Peter Peitsch/peitschphoto.com (u.) Ei»Ich war das nicht«, dachte vermutlich der Demonstrant vor dem Rathaus in Halle, dessen Ei Helmut Kohls Anzug traf. Wir waren das, wir alle, die Enttäuschten und Geprellten der deutschen Einheit; der Volkszorn hat mir die Hand geführt. Wie blöd, dass ausgerechnet er treffen musste. Nun stand er plötzlich ganz allein da, isoliert in der Menge, beschützt ausgerechnet von Kohls Bodyguards. Die konnten den erzürnten Bundeskanzler nur mühsam daran hindern, eigenhändig die Störer zur Ordnung zu rufen, den»pöbel«niederzuringen, wie er damals sagte. So endete eine politische Karriere die des Eierwerfers bei den Jungsozialisten. Helmut Kohl hingegen bewies an jenem Tag wieder einmal eindrucksvoll seine Nähe zum Mann auf der Straße. Solche Würfe gehen immer daneben. AL Und ewig klingt das Lied vom Wandel Dieselbe Abneigung gegen Washington, die Barack Obama ins Amt getragen hat, bringt ihn jetzt in Bedrängnis VON MARCIA PALLY Wer hasst Obama? Und warum? Die kurze Antwort lautet: die Vereinigten Staaten. Sicher, Amerika hat Obama vor einem Jahr gewählt und sich damit voller Optimismus neu erfunden: Nach Jahrhunderten des Rassismus war dieses Land fähig, einen schwarzen Mann ins höchste Amt zu bringen und George W. Bushs verfehlte Politik zu verwerfen. Paradoxerweise aber entwickelt sich aus demselben Impuls auch der Widerstand gegen Obama. Man könnte die Unzufriedenheit mit Obama republikanischen Einpeitschern ankreiden, die die Nation belügen. Sie haben Millionen Dollar investiert, um Obamas Gesundheitsreform zu kippen. Allerdings gießen sie Öl in ein Feuer, das längst glimmt. Mehr als 46 Millionen Amerikaner haben keine Krankenversicherung, und die Versicherten müssen hohe Beiträge zahlen. Und doch sind heute mehr als die Hälfte aller Amerikaner gegen das Reformvorhaben der Regierung. Mehr noch: Sie sind wütend auf Obama. Auf einem Transparent in Boston wurde die Hauptstadt Washington als»kommunistischer Distrikt«bezeichnet. In Alabama zeigte ein Transparent Obama mit Hitler-Schnauzbart. Demonstranten beschimpften Obama als Faschisten und Kommunisten und stellten ihn in eine Reihe mit Hitler, Stalin, Castro and Pol Pot. Es ist nicht einfach, zugleich Kommunist und Faschist zu sein. Doch eine Sache fürchten die Amerikaner in beidem: staatliche Kontrolle. Der Politiker, der das Land überzeugen kann, dass er die Regierung schwach hält und die Chancen der Individuen stärkt, der gewinnt es für sich. Über alle Grenzen von Klasse, Religion, Rasse hinweg respektieren die Amerikaner vor allem Individualismus, harte Arbeit, Risikobereitschaft und einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft. Und sie verachten Sozialschmarotzer, die sich auf den Staat verlassen. In den Jahrhunderten der Besiedlung Amerikas, als die Staatsgewalt schwach war, waren diese Eigenschaften lebensnotwendig. So wurde Amerika zu einem Land der Möglichkeiten, des rauen und heftigen Optimismus, der zweiten Chance: Wenn Sie Konkurs machen, dann rappeln Sie sich wieder auf und fangen von vorn an. Wenn Sie mit Bush nicht zurechtkommen, wählen Sie ihn ab und starten durch. Die Bereitschaft, sich neu zu erfinden, verhalf Obama zum Wahlsieg. Ironischerweise aber gehört zu dieser Fähigkeit zum Wandel auch ein massives Misstrauen gegen die Regierung. Amerikas antiautoritärer Individualismus ist tief verwurzelt: Wenn etwas getan werden muss, dann sollen Individuen und kleine Gruppen aktiv werden. Nicht die Regierung. Seit der Revolution gegen London hält Amerika den Staat für unfähig, seinen Job zu erledigen es traut der Bürokratie aber durchaus zu, die Rechte der Bevölkerung zu beschneiden. Während einer Diskussion im öffentlichen National Public Radio brachte ein Teilnehmer es auf den Punkt: Er glaube an die moralische Pflicht, die medizinische Versorgung der Bedürftigen zu verbessern aber ganz bestimmt wolle man diese Aufgabe nicht der Regierung übertragen. Sie werde es schlecht machen, und noch schlimmer sie werde die Freiheit des Individuums einschränken. Die Regierung hat für Amerikaner etwas ähnlich Bedrohliches wie die Religion für viele Europäer sie MARCIA PALLY lehrt an der New York University. Zuletzt erschien ihr Buch»Liebeserklärungen aus Kreuzberg und Manhattan«(Berlin University) ist verdächtig. Während die Europäer die Religion an die Kette legen, damit sie ihre finstere Macht nicht über den demokratischen Staat ausübt, schränken die Amerikaner die Regierung ein, damit die ihren tyrannischen Willen nicht gegen das Volk durchsetzen kann. Diese Furcht lässt Millionen Amerikaner zu den Waffen greifen. Waffenbesitz solle»vor der Tyrannei der eigenen Regierung schützen«, schrieb ein Anwalt der National Rifle Association kürzlich im Harvard Law Journal. Und in dem Maße, wie Obama durch seine Wirtschafts- und Gesundheitsprogramme den Einfluss der Regierung ausweitet, wächst auch diese Furcht. Seit seiner Amtsübernahme sind die Waffenkäufe um 25 Prozent gestiegen. Im Herbst warnte die Heimatschutzbehörde vor den Gefahren des rechtsradikalen nicht des islamistischen Terrorismus. Wütend sind heute viele fleißige, risikobereite Bürger, die durch die Finanzkrise Ersparnisse, Haus und Arbeit verloren haben. Der Rettungsplan gab den Banken ihre Profite zurück, nicht jedoch dem Arbeitsmarkt die Jobs. Sehen Sie die Regierung ist unfähig! Warum sollte man ihr auch noch die Krankenversicherung überlassen? Die Amerikaner haben nicht immer so gedacht. Die Ausbeutung der Arbeiter im 19. Jahrhundert brachte wenigstens eine Minderheit zu der Einsicht, dass die Regierung die armen Schlucker vor Monopolen und reichen Eliten schützen solle. Mit dieser Einstellung setzte Teddy Roosevelt bis zum Ersten Weltkrieg eine Reihe von Reformgesetzen durch, und seinem Neffen Franklin D. Roosevelt gelang während der Depression der Dreißiger mit dem New Deal etwas Ähnliches. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts jedoch verlor der Gedanke an Überzeugungskraft, und Lyndon Johnsons Einsatz für die Bürgerrechte und die Hilfsprogramme der»great Society«empörte die amerikanische Mittelklasse. Millionen sahen darin nichts als»almosen«für Clevere und Faule (und Schwarze). Roosevelts Zeitalter war vorbei, und das Comeback der Republikaner hatte begonnen. Roosevelts Zeitalter wird nicht wiederkommen. Einige progressive Intellektuelle wie Paul Krugman in Princeton suchen Amerika zwar von den Vorzügen der Staatsbeteiligung an der Wirtschaft zu überzeugen. Aber das ist die Stimme einer Minderheit, und sie ist leicht zu überhören wie das Lied, das ein Nachbar in der Wohnung nebenan singt. Die Stimme der Mehrheit ist individualistisch und staatsfeindlich. Selbst der andauernde Zorn über die Finanzkrise richtet sich nicht etwa gegen die raffgierigen Banken, sondern gegen die staatlichen Hilfen: Wie üblich hat die Regierung alles falsch gemacht. Im Grunde sitzt Obama in seiner eigenen Falle. Er hat, ganz klassisch amerikanisch, gepredigt, das Volk müsse das Land wieder auf den richtigen Weg führen. Jetzt aber, da er selbst die Regierung ist, wenden sich dieselben Stimmungen, die ihn ins Amt gebracht haben, gegen ihn. Je aktiver er handelt, desto stärker macht er sich verdächtig. Natürlich würde Passivität ihm ebenso schaden: Denn wenn ener- giegeladene Amerikaner etwas genauso sehr hassen wie die Regierung, dann ist es weinerliche Apathie. Wie Obama das Paradoxon amerikanischer Regierungen überleben kann, könnte er bei Ronald Reagan lernen. Mit dem Slogan:»Morning comes to America«(»Ein neuer Tag bricht an«) predigte der einstige Gouverneur von Kalifornien im Wahlkampf ebenfalls den Wandel und schwärmte auch im Amt derart überzeugend vom Nutzen einer zurückhaltenden Regierung, dass die massiven Steuererhöhungen und die gesunkene Kaufkraft der Mittelschicht, die er zu verantworten hatte, einfach übersehen wurden. Wenn Obama nicht von Reagan profitieren will Sarah Palin tut das bereits. Die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin von John McCain nennt in ihrer Autobiografie Going Rogue immer wieder zwei Namen: Reagan und Gott. Überzeugt, für das wahre Amerika zu sprechen, mobilisiert sie den Volkszorn, der Obama schadet. Schon zwei Drittel der Republikaner halten sie für eine ernst zu nehmende Kandidatin. Entscheidend für den Ausgang der Präsidentschaftswahlen 2012 wird aber nicht sein, welcher Kandidat die eigenen Parteigänger erreicht. Entscheidend wird sein, wer der Mehrheit aus dem Herzen spricht. Als Kandidat ist Obama das gelungen, als er»wandel«versprach. Nun muss es ihm auch als Präsident gelingen, so wie einst Roosevelt und Reagan. Sonst werden wir 2012 mit Palin singen. AUS DEM ENGLISCHEN VON ELISABETH THIELICKE In seinem Artikel Papageien im Winter (ZEIT Nr. 51/09) über den Auftakt der Klimakonferenz in Kopenhagen verweist Frank Drieschner auf die (vage) Hoffnung, dass eine»geeinte, handlungsfähige Menschheit«dereinst möglich sein könnte. Leider verharrt der Autor in Altbekanntem, wenn er fragt, was»han-chinesen, Bayern und Inuit«außer ihrer Spezieszugehörigkeit miteinander verbinde. Stattdessen wäre zu fragen, was die Bayern mit den Han-Chinesen gemeinsam haben und was beide von den traditionellen Inuit unterscheidet. Eine mögliche Antwort wäre um mit den Worten des amerikanischen Autors Daniel Quinn zu sprechen, dass sowohl westliche (Bayern) wie östliche (Han-Chinesen) Kulturkreise zu einer Kultur der Nehmer gehören, die Inuit und andere Naturvölker jedoch zu den Lassern. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen besteht darin, dass die Nehmer die Erde als unerschöpfliche Ressourcenquelle sehen, wohingegen sich die Lasser als Teil eines Ökosystems begreifen, dessen Zerstörung mit ihrem eigenen Ende einhergeht. Die im Klimawandel gipfelnde systematische Zerstörung des Planeten Erde ist damit kein genetischer Defekt der menschlichen Spezies, sondern ein Ausdruck einer Nehmer- Kultur, die ideologieübergreifend mehr als 99 Prozent der Menschheit einschließt. Die Nehmer-Kultur ist aber nur ein Teil der Menschheit, die mit der landwirtschaftlichen Revolution entstand, also gerade einmal über die Erfahrung von rund Jahren verfügt, wohingegen die Lasser einen Erfahrungsschatz von mehreren Millionen Jahren besitzen. Im Rahmen von Ereignissen wie dem Kopenhagener Klimagipfel werden Lasser wie die Inuit jedoch kaum als Experten für eine nachhaltige Lebensweise gehört, sondern im besten Fall als schützenswerte Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit begriffen. Daher geht Drieschners Ruf nach einem Wandel fehl,»der in seiner Radikalität wohl nur mit der industriellen Revolution vergleichbar ist«, war doch ebendiese Revolution ein Katalysator für den Raubbau an unserem Planeten. Bastian Sendhardt, 27, ist Diplom-Politologe aus Nürnberg Jede Woche erscheint an dieser Stelle ein»widerspruch«gegen einen Artikel aus dem politischen Ressort der ZEIT, verfasst von einem Redakteur, einem Politiker oder einem ZEIT-Leser. Wer widersprechen will, schickt seine Replik (maximal 2000 Zeichen) an Die Redaktion behält sich Auswahl und Kürzungen vor

11 14 IN DER ZEIT NR. Köpfe der ZEIT: MAX RAUNER, 39 JAHRE Nach seinem Zivildienst als Hausmeistergehilfe studierte er Physik und Philosophie in Konstanz, Heidelberg und Boulder (Colorado). Er promovierte über Quantenphysik kam er nach vier Jahren beim»physik Journal«zunächst als Hospitant zu uns ins Wissen half er, das Magazin ZEIT Wissen zu entwickeln, dessen Redakteur er ist. Auf ZEIT ONLINE hat er eine Videokolumne:»Dr. Max erklärt die Welt«. Inzwischen wurde er mit renommierten Preisen für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet. In seinem neuen Buch»Die verrückte Welt der Paralleluniversen«geht es um ein ähnliches Thema wie in seinem Artikel in dieser Ausgabe: Wo ist unser Platz im Universum? Seite 39 SEINE LESEEMPFEHLUNG: Susanne Gaschkes DOSSIER über Kinderspielzeug S. 15 Warum starben die Dinosaurier aus? EINE GRAFIKSEITE VON NIELS SCHRÖDER UND CHRISTIAN HEINRICH Vor 65 Millionen Jahren kam es zu einem der größten Massensterben in der Erdgeschichte. Was war passiert? Fünf Theorien, warum die Dinosaurier verschwanden WISSEN SEITE 43 Wunder, Wunder, Wunder! VON PETER RAWERT Zeit der Krisen Zeit der Scharlatane. Ein besonders genialer war der Deutsche Katterfelto. Zur Zeit der Aufklärung machte er in England Furore. Als die Grippe auf London zuraste, im unheimlichen China hatte sie womöglich begonnen, kam er mit seinem Spezialmikroskop groß heraus ZEITLÄUFTE S. 94 Foto: Harro Albrecht Illustration: Abb.: National Gallery, London/bridgemanart.de 2 3 POLITIK KRIEG UND LÜGE a Wolfgang Schneiderhan: Ein Generalinspekteur rechnet ab VON HANNS-BRUNO KAMMERTÖNS Die Kanzlerin und ihr Verteidigungsminister im Sog der Kundus-Affäre VON JÖRG LAU 4 FDP Die Partei sucht ihre neue Rolle VON TINA HILDEBRANDT UND DAGMAR ROSENFELD 5 Brandenburg Nach den Stasi- Fällen: Was treibt Matthias Platzeck? VON PETER DAUSEND 6 SPD Ein Gespräch mit Andrea Ypsilanti über Scham und fremde Fehler 7 Demokratie Warum Plebiszite doch zeitgemäß sind. Eine Entgegnung auf Heinrich Wefing VON PEER TEUWSEN UND URS WILLMANN 8 Klimagipfel Tagebuch der Verhandlungen von Kopenhagen VON FRANK DRIESCHNER Türkei Das Verbot der Kurdenpartei hat fatale Folgen VON MICHAEL THUMANN 10 a Griechenland Korruption, Vetternwirtschaft, Egoismus warum das Land beinahe bankrott ist VON MICHAEL THUMANN 12 Meinung Zeitgeist VON JOSEF JOFFE Familienpolitik Die neue Ministerin muss den Nachwuchs fördern, nicht die Geburtenrate VON ELISABETH NIEJAHR 13 USA Woher kommt der Hass auf Obama? VON MARCIA PALLY Widerspruch Klimaschutz: Von den Inuit lernen heißt die Erde retten VON BASTIAN SENDHARDT DOSSIER 15 Spielzeug Wie Hersteller und Händler Kinder zu nimmersatten Konsumenten erziehen VON SUSANNE GASCHKE 20 Wochenschau Stallweihnacht bei der Bundeswehr VON JULIA KIMMERLE Rausch Das tödliche»würgespiel«wirtschaft 21 Daimler Kann der Konzern seinen Imageschaden beheben, bevor es zu spät ist? VON DIETMAR H. LAMPARTER a Steuern Schwarz-Gelb spielt va banque VON MARC BROST 60 Sekunden für Freunde 22 Euro Die griechische Gefahr VON MARK SCHIERITZ UND CLAAS TATJE 23 Wirtschaftspolitik Die Regierung ignoriert die Ökonomen aber nicht mehr lange VON PETRA PINZLER 24 Subway Partner der Sandwich- Kette fühlen sich getäuscht VON PETRA SCHÄFER 27 USA Wie die Wall Street harte Regeln abwehrte VON HEIKE BUCHTER 28 Klimagipfel Artur Runge- Metzger verhandelt für Europa VON CLAAS TATJE Post aus Palo Alto VON JOSEF JOFFE 28 Umwelt Der indische Milliardär Tulsi Tanti über den Kampf ums Klima und deutsche Jobs 30 Kakao Billige Schokolade durch Kinderarbeit VON KATHRIN BURGER 32 a Gold Lohnt der Einstieg? VON HEIKE FALLER 33 Medien Die Chance ist groß, Journalismus über Handy und Internet zu verkaufen VON GÖTZ HAMANN Forum Sicherheit im Internet darf nicht zulasten der Freiheit gehen VON AUGUST-WILHELM SCHEER 34 Nachruf auf Paul Samuelson, den Gründervater der modernen Ökonomie VON UWE JEAN HEUSER 35 EIN GELD-SPEZIAL AUF 4 SEITEN Kann man Geld unter ethischen Gesichtspunkten sinnvoll anlegen? WISSEN 39 Kosmologie Astrophysiker streiten über den Platz der Erde im Universum VON MAX RAUNER a Medien Was»Climategate«über die Klima-Berichterstattung lehrt VON ULRICH SCHNABEL Medizin Was man in Statistiken hineininterpretieren kann 40 Teilchenbeschleuniger Der LHC in Genf läuft wieder VON T. HÜRTER 41 a Musik Ein Geigenbauer will mithilfe der Physik den Klang verbessern VON IRENE BERRES 42 Bibliotheken Öffentlich geförderte Forschung soll frei zugänglich sein. Ein Gespräch mit Lars Fischer Zuspruch für eine Onlinepetition VON CHRISTOPH DRÖSSER 43 Infografik Fünf Theorien über das Aussterben der Dinosaurier 45 Technik im Trend Die Zukunft der Mikro prozessoren VON ALEXANDER STIRN KINDERZEIT 51 Weihnachten Wie in Asien gefeiert wird VON ANGELA KÖCKRITZ 52 a Zum Vorlesen Der Räuberhauptmann Korte VON HARTMUT EL KURDI FEUILLETON 53 a Gesellschaft Ist das Minarettverbot das Ende der Integration? VON THOMAS ASSHEUER Medien Der Fall des Ministers Guttenberg VON FLORIAN ILLIES 54 Schuld und Sühne Der Lyriker Werner Söllner und die Securitate VON HANS-PETER KUNISCH 55 Afghanistan Kulturwunder Kabul Besuch in einer Stadt, die in der Kultur ihre größte Hoffnung sieht VON ULRICH LADURNER 56 Debatte Der Mittelstand wird bald den Aufstand proben VON BORIS GROYS 57 Roman Alan Pauls»Die Vergangenheit«VON IJOMA MANGOLD 58 Bildbände ZEIT-Redakteure stellen ihre Auswahl vor 60 Kriegsverbrechen Der Musikwissenschaftler Hans Heinrich Eggebrecht war an der Ermordung von Juden beteiligt VON BORIS VON HAKEN 61 Der Fall Eggebrecht und die Folgen für die Rezeption seines Werkes VON VOLKER HAGEDORN 62 Kino Eine Begegnung mit der Regisseurin Jane Campion anlässlich ihres neuen Films»Bright Star«VON KATJA NICODEMUS»Soul Kitchen«von Fatih Akin VON THOMAS E. SCHMIDT 64 a Computerspiel»Farmville«65 ZEIT-Museumsführer (33) Das Schlossbergmuseum in Chemnitz VON WOLFGANG BÜSCHER Kunstmarkt Gespräch mit der New Yorker Galeristin Nanne Dekking VON STEFAN KOLDEHOFF 68 Nobelpreis Der Stockholmer Festtanz der Herta Müller VON MICHAEL NAUMANN REISEN 69 a USA In Floridas Süden wachsen legendäre wilde Orchideen VON ELSEMARIE MALETZKE 70 Schweiz Wie Chill-out-Pisten den Skisport sicherer machen sollen VON KARIN FINKENZELLER Lesezeichen 71 Bayern Warum es Klosterurlauber ins Stiftland zieht VON STEFANIE MÜLLER-FRANK 72 Usedom Wo Weihnachtsmuffel die Feiertage verbringen VON CHRISTINE DOHLER Blickfang Shanghai 73 Hoteltest Grand Tirolia Golf & Ski Resort, Kitzbühel VON PATRICIA ENGELHORN Frisch vom Markt CHANCEN 75 a Österreich Eine neue Universität wirbt um die besten Forscher VON JAN-MARTIN WIARDA 76 Schule Computerspiele im Unterricht VON LINDA TUTMANN 77 Auslandsstudium Die vier Phasen des Kulturschocks VON ISA HOFFINGER 78 Beruf Schützen Transfergesellschaften vor Arbeitslosigkeit? VON BASTIAN BERBNER ZEITLÄUFTE 94 Kulturgeschichte Wunder, Wunder, Wunder! RUBRIKEN 2 Worte der Woche 33 Macher und Märkte 45 a Stimmt s/ausprobiert Erforscht und erfunden 50 LESERBRIEFE 54 Diskothek/Was mache ich hier? Zeitmosaik 57 Gedicht/Wir raten zu 58 Impressum 68 a Wörterbericht/Tatort/Das Letzte Dezember 2009 Gipfeltreffen: Die Tiroler Alpen, fotografiert von Lois Hechenblaikner Treffen mit Wallraff: Zuletzt war er als Schwarzer unterwegs. Wir baten ihn zum Gespräch mit einem Gegner und einer Befürworterin seiner Methode Das war meine Rettung: Zum Start der neuen Kolumne spricht Herlinde Koelbl mit dem Filmregisseur Fatih Akin WAS FÜR EIN JAHR! Amerika hat einen schwarzen Präsidenten, Deutschland wählt und wälzt sein Parteiensystem um, die Welt ordnet die Finanzmärkte ein wenig: ZEIT ONLINE blickt zurück ANZEIGEN IN DIESER AUSGABE Link-Tipps (Seite 16), Spielpläne (Seite 44) Museen und Galerien (Seite 65), Bildungsangebote und Stellenmarkt (Seite 76) FRÜHER INFORMIERT! Die aktuellen Themen der ZEIT schon am Mittwoch im ZEIT-Brief, dem kostenlosen Newsletter STUNDE ZEIT«Das Wochenmagazin der ZEIT in Kooperation mit radioeins und Nordwestradio. Jeden Freitag Uhr auf radioeins (in Berlin auf FM 95,8 MHz) und Uhr auf Nordwestradio (im Nordwesten auf 88,3/95,4) Foto: Shaun Curry/AFP/Getty Images Foto: Lois Hechenblaikner

12 15DOSSIER 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Mega- Weihnachten Seelenlose Plastikmonster, bewaffnete Plüschtiere und rosarote Laptops wie die Spielzeugindustrie den Kindern das Kindliche austreibt VON SUSANNE GASCHKE Fotos: Werner Bartsch für DIE ZEIT KRIEGER der Cobra Viper Commandos der Firma Hasbro. Unten: Namenloses Geschöpf In Kiel gibt es einen Ort, an dem selbst die lautesten Kinder verstummen. Sie drücken auf Tasten, die in Plastikbäuche eingelassen sind, stehen wortlos da und staunen. Fragt die Mutter oder der Vater schließlich:»willst du den?«, dann nickt ihr Kind, und ein grobschlächtiges Maschinenwesen, der Optimus Prime Leader, landet im Einkaufswagen. Dieser Anführer kann auf Kommando brüllen wie von Sinnen, er bellt wie ein Maschinengewehr und erteilt seiner Truppe aus intelligenten Robotern Befehle. Sein Gegner, der böse Megatron, röhrt aufregend metallisch. Megatron, dessen Augen auf Knopfdruck gefährlich rot aufleuchten, hat einen miesen Bürgerkrieg angezettelt, der auf dem fernen Planeten Cybertron begann und am Ende die Erde erreicht. Man kann die Leichen sehen, wenn man außer dem Spielzeug auch die Filme kauft, die ganze Kollektion. In Kiel, wo der amerikanische Spielzeug-Supermarkt Toys R Us wie in 57 anderen deutschen Städten eine Filiale betreibt, nähert sich das Weihnachtsgeschäft seinem Höhepunkt. Es ist die Saison der Plastikkrieger, der elektronischen Stim menverzer rer, der Laserschwertkämpfer, der Panzerschützen. Die Saison der Stahlhelme, Patronengürtel, Handgranaten. Auf 324 Millionen Euro Umsatz jährlich bringt es Toys R Us allein in Deutschland. Fast die Hälfte ihres Jahresgeschäfts machen die Spielzeughändler in den Wochen vor Weihnachten. Man bekommt einen guten Eindruck von der Bescherung am Heiligen Abend, wenn man Toys R Us besucht. Niemand in Deutschland verkauft mehr Spielsachen als diese Ladenkette. An der Decke der Verkaufshalle in Kiel baumeln Pappschilder:»Mega-Weihnachten«steht da. Kein Weihnachtsbaum, keine Tannenzweige, keine Engel, nirgendwo in diesem riesengroßen Laden. Stattdessen ein G-Force-Blaster-Mission-Meerschweinchen, das mit zwei Maschinenpistolen bewaffnet ist. Ein Power-Rangers-Helm mit der Attrappe einer Nachtsichtbrille. Im nächsten Regal die Wii-Fit-Konsole, das Aktivprogramm für die ganze Familie, das den Sport vom Garten ins Wohnzimmer holen soll. Daneben interaktive Plüschtiere, die weiße Katze Miette mit dem Musketierhut, die sprechen kann:»einer für alle!«es wird miaut, gebellt, gequiekt, gezischt, geschossen. Nur ein Plüschpapagei versucht es mit Sprechen. Die Puppe Baby Born reitet auf einem Einhorn und kann sich so täuschend echt in die Hose machen, dass die Windel nass wird. Eine Konkurrentin, die auf den Namen»das liebste Baby«hört, wird mit einem Spielzeugklo angeboten, samt Spülgeräusch und der erleichterten Stimme:»Ich hab es geschafft.«weihnachten 2009 für Mädchen: Prinzessinnen-Fernsehapparate, Prinzessinnen-Laptops, rosarote Spielkonsolen. Weihnachten 2009 für Jungen: Aliens, Mutanten, groteske Gestalten mit Hammerhänden und Fangzähnen, Kämpfer und Zerstörer, die ihre Feinde verschlingen oder verstrahlen. Was richten wir an, wenn wir kleinen Kindern Massen von Spielzeug anbieten, von dem niemand sich wünschen kann, es wäre lebendig? Andererseits: Wollten Kinder nicht immer schon genau das, was die Erwachsenen ihnen vorzuenthalten versuchten? Mag sein. Aber vielleicht sollten wir uns die Frage stellen, warum wir möchten, dass unsere Kinder ihre freie Zeit hauptsächlich mit Monstern und vollautomatischen Puppen verbringen. Wie finden Sie das, Herr Link? Wolfgang Link, der Europachef des Konzerns Toys R Us, sieht gar nicht aus wie jemand, der seinen Kindern Spielzeugattentäter kauft, eher wie ein solider Familienvater. Er sitzt an einem Konferenztisch in der Kölner Unternehmenszentrale, gegenüber einer Cola-Abfüllfabrik. Von hier aus lässt er Kinderträume über ganz Europa verteilen. Er hat zwei Kinder eine Tochter, einen Sohn. Link sagt, die beiden spielten viel draußen.»das beliebteste Toys-R-Us-Produkt bei uns zu Hause ist ein Ball für 99 Cent.«Stundenlang lese seine Tochter in Büchern. Die Verantwortung für einen förderlichen Mix im Kinderspiel Spaß, Anregung der Fantasie, Stärkung des Sozialverhaltens, Verlierenlernen, Motorik und Bewegung sieht Link bei den Eltern. Im Übrigen habe man als führendes Handelsunternehmen eine breite Nachfrage zu bedienen, man wolle den Wünschen der Kunden nachkommen. Wie blicken Sie auf die Zukunft Ihrer Branche, Herr Link?»Echte Revolutionen im Spielzeugbereich sind selten«, sagt er.»deshalb werden vier Dinge passieren: Die elektronische Welle wird weiterhin in die Kinderzimmer schwappen, die allgemeine Entwicklung der Gesellschaft geht in diese Richtung, und Kinder haben eine natürliche Nähe zur Technik. Zweitens werden edukative Spielsachen an Boden gewinnen, weil Eltern sich anscheinend mehr Gedanken über frühkindliche Förderung machen. Drittens werden klassische Spielwelten wieder und wieder variiert werden Fortsetzung auf Seite 17

13 DOSSIER 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr FÜR JUNGS: Realistisches Kriegsspielzeug FÜR MÄDCHEN: Rosa Welten Fotos: Michael Herdlein (2) für DIE ZEIT/ (oben); Werner Bartsch für DZ (u.) Mega-Weihnachten Fortsetzung von Seite 15 Carrera-Bahn digital statt analog, Barbie im neuen Gewand, Playmobil-Pyramide statt -Piratenschiff. Viertens wird der Markt getrieben sein von Lizenzthemen: Der Erfolg künftiger Spielsachen wird davon abhängen, dass es einen Film dazu gibt, ein Buch, Produkte wie Bettwäsche oder Schlafanzüge oder Sammelkarten, Zeitschriften.«Noch scheinen deutsche Kunden gegenüber dem cross-merchandising, wie Fachleute die Umzingelung des Kindes mit Spielwaren und deren Ablegern nennen, skeptisch zu sein.»die USA sind da weiter als wir«, sagt Link. In Amerika machten Lizenzprodukte schon 25 Prozent des verkauften Spielzeugs aus, in Deutschland seien es 17 Prozent. Aber es tut sich was. Mit Filmproduzenten wie Lucas Films (Star Wars) oder Disney (zum Beispiel wenn es um das populäre Sitcom-Popsternchen Hannah Montana geht) sitzt Link mehr als ein Jahr vor dem Start des Films zusammen. Mit den Herstellern und den Redakteuren von Kindermagazinen berät er, welche Produkte zum Film gut laufen, wie Werbebeilagen und Verkaufsaktionen aussehen könnten. Siebenjährige belächeln heute, was Zwölfjährige vor 20 Jahren begeisterte Und was, wenn Eltern ihre Kinder vor dieser multimedialen Belagerung beschützen wollen? Gibt es sie vielleicht bald, die spielzeugrebellische Gegenbewegung?»Möglich ist das«, sagt Link nachdenklich,»aber wie groß wäre sie? Heute müsste man jedenfalls eine Art Aussteiger sein, um dem Angebot gänzlich zu entgehen.«der Markt, auf dem Unternehmen wie Toys R Us herrschen, ist ein eigenartiger Markt, nervös und verspielt zugleich. Ständig müssen ganze Erlebniswelten neu erfunden werden, die Halbwertszeit der Lizenzprodukte ist kurz, eine Spirale mit immer neuen Varianten. Fast die Hälfte des jährlichen Umsatzes der Branche 2,3 Milliarden Euro und zusätzlich etwa 1,7 Milliarden Euro für PC- und Videospiele wird mit Neuheiten erzielt, mit Spielzeug, das im vergangenen Jahr noch nicht da war.»die Händler sind unglaublich fixiert auf Neuheiten«, sagt Niels Sandahl, Marketingdirektor bei Lego in Dänemark, dem fünftgrößten Spielzeughersteller der Welt. Rund 70 Prozent der 400 lieferbaren Lego-Produkte werden deshalb Jahr für Jahr ausgetauscht. Man spricht schon von einem Klassiker, wenn er es auf zwei bis vier Jahre Verkaufszeit bringt. Das ist deshalb kurios, weil es den Bedürfnissen der Kinder überhaupt nicht entspricht: Sie alle fangen bei null an, sie alle müssen erst einmal sprechen lernen, krabbeln, laufen, Ball spielen. Und dann beginnt die Phase des symbolischen Spiels, des»so tun als ob«: Rollenspiele sind ein sehr wichtiger Entwicklungsschritt für Kinder zwischen fünf und zehn Jahren, die von Marketingleuten als Tweens bezeichnet werden.»mittlere Kindheit«nannten Entwicklungspsychologen früher diese Zeit.»Die mittlere Kindheit kann unglaublich fruchtbar für die intellektuelle und kreative Entwicklung sein«, schreibt die amerikanische Psychologin und Spielzeugkritikerin Susan Linn.»Aber die Kinder verlieren heutzutage Jahre des kreativen Spiels, in denen sie ein Gefühl für ihre eigenen Fähigkeiten erlangen könnten, in denen sie ihre Unabhängigkeit ausprobieren, sich am konstruktiven Problemlösen versuchen oder üben könnten, den Dingen um sie herum eine Bedeutung zu verleihen.«es sind die Jahre, die ein Mensch braucht, um ein reifer, urteilsfähiger Erwachsener zu werden. Linn glaubt, die mittlere Kindheit schwinde deshalb, weil das Marketing der Händler und Hersteller immer aggressiver werde, sodass die Kinder auf Gedeih und Verderb zu Konsumenten gemacht würden. Und wegen einer von vielen Medien gefeierten»coolness«, die Siebenjährige heute mitleidig über all jene Spielsachen lächeln lässt, die vor 20 Jahren noch Zwölfjährige begeistert hätten. Die meisten Marketingexperten, die sich mit Spielzeug auskennen, teilen Linns Befund der rückläufigen Kindheit, allerdings nicht ihre Besorgnis. Sie nennen das Phänomen KGOY, Kids Getting Older Younger. Kinder altern eher. Tatsächlich»spielen«über Zehnjährige heute kaum noch; sie telefonieren, chatten, sehen fern, gehen ins Kino. Sie verhalten sich wie erwachsene Konsumenten. Sie teilen ihre Tage in»termine«auf. Sie klagen schon mit elf Jahren darüber, dass sie keine Zeit mehr hätten. Verschärft wird die Zeitnot dieser Kinder durch ehrgeizige Freizeit- und Förderprogramme, die ihre Eltern zusammenstellen. Denn dass der Nachwuchs möglichst früh ganz viel lernen müsse, ist die Werbebotschaft, die den Eltern am lautesten in den Ohren gellt. Die Kundengruppe der Tweens gerät von allen Seiten unter Druck: Zählte ein Geburtsjahrgang vor zehn Jahren noch fast eine Million Kinder, so sind es heute noch In wenigen Jahrzehnten werden Geburtenzahlen um die erwartet. Die Spielzeughersteller haben also gute Gründe, ihren Kunden so früh wie möglich alles abzuverlangen. Gut 100 Millionen Euro werden im Jahr allein in Deutschland für Spielzeugreklame ausgegeben, vor allem, um die Eltern zum Kauf zu animieren und die Kinder, die jährlich 2,5 Milliarden Euro Taschengeld und Geldgeschenke bekommen. Die potenziellen Kunden müssen ja erst einmal verstehen, warum sie neben den aufwendigen Star Wars-Welten nun auch noch ein Power- Miners-Szenario brauchen.»um das dem Kunden klarzumachen, hat das Produkt im Handel maximal fünf Sekunden Zeit«, sagt Niels Sandahl von Lego. Ein neu geschaffener Kinderheld bleibt allerdings niemals ganz auf sich gestellt. Im Fernsehen, wo fast 90 Prozent der Spielzeugwerbung stattfinden, werden Serien ausgestrahlt, in denen all die Kultfiguren auftreten, die in den Kaufhäusern auf Schlafanzügen und Sammelkarten weiterleben.»am populärsten sind zurzeit Sitcoms«, sagt Carsten Göttel, Programmdirektor des beliebten Kindersenders Super RTL,»also Kinderformate, die abgeleitet sind von Erwachsenenformaten. Und die Zuschauer werden immer jünger.«zwischen eine Folge von Hannah Montana und die sich anschließende Fernsehserie Die Zauberer vom Waverly Place, ebenfalls eine Sitcom aus dem Hause Disney, werden 15 Werbespots gequetscht, darunter Lego Indianer Jones 2 (»Lass keinen Stein auf dem anderen«), die Transformers (die Roboter vom Planeten Cybertron) und asiatische Zeichentrickfiguren, die die Welt retten (»Als Pokemon erlebst du große Abenteuer«). Bemerkenswerter sind aber die Serien selbst: Sie haben kaum noch eine durchlaufende Handlung, keinen herkömmlichen Spannungsbogen. Geschichten fangen im Nirgendwo an und hören im Nirgendwo auf, ohne Ursprung, ohne Entwicklung, ohne Ziel. Die einzelnen Sequenzen der Storys ob nun Popstar Hannah auf eine Filmrolle verzichtet, um ihren frustrierten Freund zu trösten, oder den Zauberern ein sprechendes Taxi in ihre Wohnung am Waverly Place fliegt dauern nur wenige Augenblicke, dann wird die Geschichte durch einen Jingle unterbrochen. Das Kinderkulturprodukt Fern seh serie ist wie Werbung. Es ist die Werbung. Auch Monika Werner hat viel mit Hannah Montana zu tun, mit Puuh, dem Bären (Disney-Version), den Power Rangers (technisch hochgerüsteten weltrettenden Teenagern) und natürlich mit Micky Maus. Beim Egmont Ehapa Verlag in Berlin betreut sie verschiedene Kinder- und Jugendzeitschriften, hauptsächlich mit Disney-Inhalten. Das offizielle Hannah Montana-Fanmagazin mit einer Auflage von Exemplaren im Monat bringt es in einer einzigen Ausgabe auf diesen redaktionellen Inhalt: ein Musikquiz (»Kennst Du die heißesten Titel aus der 3. Staffel von Hannah Montana?«); einen Artikel über die private musikalische Entwicklung der Hannah-Montana-Darstellerin Miley Cyrus; einen Bericht über den Kostümbildner HANDGRANATE, unten: Schneewittchenpuppe von Disney des Hannah-Montana-Kinofilms; Tipps für den authentischen Hannah-Montana-Look; ein Hannah- Montana-Tanztraining; Hannah-Montana-Freundschaftstipps. Die Verlagsmanagerin Monika Werner muss aufpassen, dass ihr nicht schwindelig wird von diesem Cocktail aus Sternchenkult, Werbung, Marketing und einer Prise Magazinjournalismus.»Wie Stars aufgebaut werden, ist für Erwachsene sehr durchschaubar«, sagt sie.»mädchen suchen das, sie brauchen es.«die obere Altersgrenze der Fans liege bei etwa zwölf Jahren. Auch Werners Zielgruppen werden immer jünger. Das Power Rangers-Magazin, in dem die Helden gegen Mutanten,»Fearcats«,»Lava Lizards«,»Chillers«oder Himmelshexen kämpfen (in einer recht entspannten Interpretation von Disneys altem Prinzip der Gewaltfreiheit), wird von fünf- und sechsjährigen Jungen durchgeblättert oder gelesen, soweit sie das schon können.»was im Fernsehen präsent ist, das ist in den Köpfen, und wenn es in den Köpfen ist, funktioniert es auch als Heft«, sagt Monika Werner. Ihre eigene Tochter lese Bücher.»Aber es gibt ja auch genug Kinder, die überhaupt nie etwas Gedrucktes in die Hand bekommen.«kritischer Umgang mit Medien, dafür seien die Eltern und die Schule zuständig. So klingt der Refrain all jener, die etwas zu dem großen Medienbuhlen um die Aufmerksamkeit der Kinder beitragen: Mütter, Väter und Lehrer seien dafür verantwortlich, Kindern einen souveränen Umgang mit Spielzeugen und Unterhaltungsangeboten beizubringen. Man kann das Ganze so zusammenfassen: Die Spielzeugindustrie bietet etwas potenziell Schädliches an, privatisiert die Gewinne und sozialisiert die Risiken. Es gibt aber Gründe, warum diese Rechnung zulasten der Kinder nicht mehr aufgeht: Eltern haben heute weder die Zeit noch das Selbstverständnis, um als Wächter ihrer Kinder aufzutreten. Die klare Abgrenzung des gesellschaftlichen Bereichs»Kindheit«ist eine Errungenschaft der Moderne. Die Sichtweise, dass ein Kind etwas grundsätzlich anderes sei als ein Erwachsener, dass es eigene Bedürfnisse und eine eigene Wahrnehmung der Welt habe, war im Mittelalter nicht vorhanden und brauchte bis ins 19. Jahrhundert, um sich durchzusetzen. Daraus ergab sich die Rolle der Eltern: Erwachsen war, wer ein Kind beschützte und es erzog. Ein Ball, eine Kugel, ein Würfel die»spielgaben«, die der Pädagoge Friedrich Fröbel zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfand, gehören auch heute noch zur Grundausstattung vieler Babys die ersten Mittel zur Erkundung der Welt. Was man fallen lässt, fällt. Was man anschubst, kippt um. Was verborgen ist, ist deshalb nicht verschwunden. All dies müssen Menschen lernen, im Spiel. Doch schon als Kleinkinder wird ihnen die Bereitschaft genommen, das Unbekannte zu erkunden. Die Welt wurde schon eingerichtet. Sie steht in Verkaufsregalen, sie hat ein Programm. Wer heute glaubt, es sei Teil seiner erzieherischen Verantwortung, Kinder vor der kommerziellen Vereinnahmung zu schützen, bis sie selbst urteilsfähig sind, der macht sich das Leben schwer. Auch deshalb, weil die Grenzen zwischen Kindheit und Erwachsensein wieder zu verschwimmen beginnen. Die heutige Generation junger Eltern ist mit dem Anspruch aufgewachsen, möglichst lange jung und auf keinen Fall spießig oder autoritär zu sein. In der praktischen Erziehung bedeutet das, um jede Tüte Fritten und jede Stunde an der Spielkonsole mühsam verhandeln zu müssen oder die Kinder einfach gewähren zu lassen. Und warum eigentlich soll man mit Kindern Konflikte eingehen, wenn doch viele junge Eltern die Faszination für den Bildschirm mit den Kindern teilen? Warum die Kinder nicht ein paar Stunden lang dem nur für Erwachsene freigegebenen Konsolenspiel Grand Theft Auto überlassen? Viele Eltern spüren, dass sie zu wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen. Wegen ihres beruflichen Engagements meinen sie, daran nichts ändern zu können. Und dann ist da das schlechte Gewissen jener Mütter und Väter, die sich getrennt haben und merken, wie sehr die Kinder darunter leiden: Sollen die Eltern jetzt, da sie den Kindern schon so viel zugemutet haben, auch noch so grausam sein und ihnen das Super-Mario-Spiel wegnehmen? Marketingleute der Spielzeugindustrie, die etwas von ihrem Handwerk verstehen, sprechen gezielt diese Verunsicherung der Eltern an. Die Mütter und Väter sollen nicht länger argumentierend und belehrend zwischen die Kinder und die Produktserien treten. Und die Eltern sollen ein möglichst gutes Gefühl dabei haben, wenn sie die Kinder mit den Power Rangers allein lassen. Die größte Aufgabe der Werber besteht folglich darin, Kinder als möglichst souveräne Kunden darzustellen. Nur: Wie macht man das? Zu den Tricks der Vermarkter gehört es, gar nicht mehr»kinder«zu sagen, sondern»tweens«,»kids«(6 bis 9 Jahre),»Pre-Teens«(10 bis 12 Jahre) und»teens«(13 Jahre und älter). Die Botschaft: Es gibt gar keine Kinder mehr, niemand muss hier beschützt werden. Auch das aggressivste Kindermarketing wirkt weniger verwerflich, wenn man die Zielgruppe erwachsen erscheinen lässt. Der amerikanische Marketingfachmann James McNeal hat das ideale Konsumkind so beschrieben:»ein selbstbewusster Neunjähriger mit einer süßen kleinen Nase, der, die Arme voller Tüten, gerade aus dem Einkaufszentrum kommt ( ), selbstbewusst, ein guter Kunde, absolut fähig, sich auf dem Markt zurechtzufinden.«die Vermarkter hetzen die Kinder gegen Eingriffe der Eltern auf Martin Lindstrom, Autor des Buches Brandchild, eines Standardwerks der Branche, und Berater so populärer Firmen wie Disney, Mars, Pepsi und Lego, überhöht die Position von Grundschülern geradezu rauschhaft:»sie verbrauchen Geld und Zeit sorglos. Sie kaufen, was sie wollen und wann sie es wollen. Und dafür gibt es einen Grund: Dies ist die erste Generation, die mit echtem Verständnis für die Wirtschaft aufwächst. Sie spielen mit Aktien wie mit dem neuesten Computerspiel. Sie sprechen über die Börse, während sie Baseball- oder Dragonball-Karten tauschen, und sie sehen Wirtschaftsnachrichten, als wären sie eine nicht enden wollende Soap.«Fast 600 Mitarbeiter haben für Lindstroms Brandchild-Studie Kinder in acht Ländern befragt, aber seine Zusammenfassung klingt weniger nach Empirie als nach wilder Fantasie. Als wäre Lindstrom noch nie auf einem Schulhof gewesen. Als dächte er tatsächlich, ein Neunjähriger könne die aktuellen Börsenkurse und die Aktivitäten der Pokemon gleichzeitig verfolgen. Ist es gelungen, die Kinder zu informierten und urteilsfähigen Marktteilnehmern zu stilisieren, dann gilt es, sie gegen mögliche Eingriffe der Erwachsenen aufzuhetzen. Das geht am besten, indem man Kindern zu verstehen gibt: Eure eigene Welt aus Unterhaltung, Spielen, Kleidung und Musik ist ganz anders als die eurer Eltern. Eure Welt wird von euren Eltern gar nicht verstanden. Die Fraktion der Marktliberalen, schrieb der Bremer Jugendsoziologe Heinz Hengst vor zehn Jahren, unterscheide nur noch zwischen Vorschulkindern und alterslosen Heranwachsenden:»Diese Zweiteilung dürfte nicht zuletzt aus der Tatsache resultieren, dass mit dem Übergang von der ersten in die zweite Phase der entscheidende Verlust der Kontrollmöglichkeiten durch die Eltern korrespondiert.«das ganze Reich der Kinderprodukte, besonders die Fernsehserien, sei»eine Welt, in der Erwachsene entweder nicht vorkommen oder machtlos sind und Erziehung wie bürgerliche Geschmacksnormen nicht gefragt sind«. Die amerikanische Soziologin Juliet Schor drückt es drastischer aus:»die Botschaft lautet: Erwachsene wollen eine repressive und freudlose Welt durchsetzen, eine Welt, die in völligem Widerspruch zu den schönen Dingen steht, die Kinder und Produkte tun würden, wenn man sie nur in Ruhe ließe.«nicht Fortsetzung auf Seite 18

14 DOSSIER Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 LANGEWEILE mit dem Baby-Born-Einhorn ATTACKE mit Nerf-Dart-Tag-Pistole und Transformers-Helm Fotos: Werner Bartsch für DIE ZEIT/ Fortsetzung von Seite 17 umsonst heißt der amerikanische Slogan des Kindersenders Nickelodeon provokativ: Kids rule! (»Kinder bestimmen«). Der Hersteller Nintendo spielt in seinen Werbeslogans augenzwinkernd mit dem Spruch Life s a game! (»Das Leben ist ein Spiel«). Teens und Tweens, soll das heißen, ihr könnt es euren Eltern zeigen, diesen Bildungsspießern, die ganz sicher meinen, das Leben sei kein Spiel. Angesichts vieler Eltern, mit denen es sich heute schwer streiten lässt, ist das für Kinder ein reizvoller Appell. Die Trendforscher von iconkids & youth, einem führenden deutschen Marktforschungsinstitut, zeichnen in ihrer jährlichen Untersuchung mit 1500 Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 19 Jahren das Bild einer gleichgeschalteten Kinderwelt: Kinder essen am liebsten Pasta, Pizza, Pommes, Hamburger. Und nicht etwa das von vielen Müttern und Kindergärtnerinnen bevorzugte Rohkostgemüse. Kinder lieben ProSieben, RTL und den Kindersender Super RTL. Und nicht den pädagogisch bemühten Kinderkanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Kinder lesen, wenn sie denn lesen, Bravo, Micky Maus, Bravo Girl, Wendy. Und nicht die ambitionierten Magazine Geolino oder National Geographic. 75 Prozent der Jungen und 52 Prozent der Mädchen verfügen über eine eigene Spiel konsole in ihrem Kinderzimmer. 77 Prozent der Achtjährigen haben zu Hause regelmäßig Zugang zu einem Computer. Über Bücher sagt die Studie nichts. Seht ihr, die Kinder wollen es so! Das ist die Schlussfolgerung der Marktgläubigen. Und seht, die Kinder finden sich bestens zurecht! Viele Mütter und Väter geben diesem Argument fast erleichtert nach. Haben die Marketingleute nicht recht?»seit den achtziger Jahren machen die Eltern mehr oder weniger, was die Kinder sagen«, sagt der Jugendforscher Ingo Barlovic von iconkids & youth. Die Ratlosigkeit der Eltern in vielen Fragen der Erziehung spiegele sich in den Ergebnissen seiner Befragungen. Er sagt:»die Acht- bis Neunjährigen sind die schlimmste Zielgruppe, laut, hektisch, schreien viel und haben keinerlei Respekt vor Erwachsenen.«Pampige Antworten erhalte man schon von manchen Zweitklässlern.»Aber so ist es eben mit der kommerzialisierten Kindheit«, sagt Barlovic:»Alles dreht sich um mich. Autonomie wird immer wichtiger.«und ein Nein, gleichbedeutend mit einem unmissverständlichen Verbot, ist für die vielen Eltern mit schwankenden Maßstäben immer schwerer auszuhalten. Jungen wollen immer das Kommando übernehmen Der Marketingexperte Lindstrom sagt seinen Kunden in der Industrie sehr offen, wie sie ihre Zielgruppe psychologisch in den Griff bekommen können. Er empfiehlt den Herstellern von Kinderprodukten, bestimmte Gefühlsbereiche anzusprechen: Furcht, das Bedürfnis nach Kontrolle, Humor, Sehnsucht nach Liebe und Stabilität, Fantasie. Fast alle Kinder haben laut Lindstrom Angst vor Krieg und Terror, aber auch vor der Trennung der Eltern oder sozialer Ausgrenzung. Besonders die Jungen leben diese Angst in ihrer Auseinandersetzung mit Monstern und Actionhelden aus. Auch das Kontrollbedürfnis ist offenbar eine eher männliche Regung, auf die Spielwarenhersteller mit Sammelkarten oder Siegerlisten für ihre Playstation antworten können.»wenn Sie eine Verbindung zu denen herstellen wollen, die sich gerade erst vom Schürzenband ihrer Mütter losgemacht haben, dann müssen Sie ihnen das Gefühl geben, das Kommando zu haben«, meint Lindholm. Mädchen tragen ihre Sehnsucht nach Liebe und Stabilität oft in die Puppenwelten. Die Psychologin Susan Linn nennt das die»prinzessinnenfalle«. Mädchen könnten glauben, ein Zustand des Glücks sei ohne eigene Anstrengung zu erreichen und habe immer etwas mit Heirat zu tun. Über die Fantasie von Kindern schreibt Lindstrom:»Manche Kulturkritiker haben bemängelt, dass heutige Tweens zunehmend durch Online-Unterhaltung absorbiert seien und das Internet ihnen zur Flucht aus der Realität diene. Möglicherweise haben diese Kritiker sogar recht. Und genau das könnte ein Hinweis darauf sein, wie man in dieser Altersgruppe Marketing-Erfolg erzielt. Fang die Tween-Fantasie ein! Gib ihnen die Mittel, die sie brauchen, um sich ihre eigene eskapistische Welt zu bauen und du hast gewonnen!«der Marktforscher selbst stellte einen Rückgang des kreativen Spiels bei Kindern fest, als er Untersuchungen für die Firma Lego durchführte. Die Kinder, die er in Tests beobachtete, bauten zwar die Modelle brav zu Ende, doch dann stellten sie ihre Werke ins Regal und sahen sie nie wieder an. Sie hatten keine Lust, daran weiterzubauen. Ihnen fiel offensichtlich keine Erzählung zu den fertigen Krankenhäusern und Polizeistationen ein. Die Kinder haben keine Fantasie mehr, sie sind Fantasiekonsumenten»Heute«, meint Lindstrom,»findet man in den Lego-Schachteln Träume, die die Tweens kennen und akzeptiert haben: Winnie the Pooh, Harry Potter, Star Wars. Lego hat sich seinen künftigen Erfolg gesichert, weil man dort eins begriffen hat: Diese Kinder sind nicht länger aus sich heraus fantasiegetrieben sie sind Fantasiekonsumenten.«Im dänischen Billund, einem 6000-Einwohner-Ort, der von dem Spielzeugriesen Lego dominiert wird, steht auch das frühere Haus des Tischlers und Firmengründers Ole Kirk Christiansen. Es ist jetzt ein privates kleines Museum für die Gäste des Konzerns. Begonnen hatte Christiansen mit der Herstellung von Holzspielzeug, Enten auf Rollen, Jojos, Treckern gelang ihm mit der Erfindung des Lego-Steins eine Revolution: Das Systemspielzeug war da. Über die Jahre verwandelte sich dieses Spielzeug immer stärker, veränderte seinen Sinn bis zu den aktuellen Harry Potter- und Star Wars-Welten.»Kinder von heute wollen ein gutes Spielszenario«, sagt der Marketingdirektor Niels Sandahl.»Ihnen kommt es auf den inneren Film an. Ihre Fantasie ist eine großartige Sache. Hogwarts Castle, aber meinetwegen auch programmierte Sprechpuppen sind für sie nur ein Ausgangspunkt und dann spielen sie weiter.«tun sie das wirklich? Oder spielen sie bloß die Rollen nach, die von den Programmierern der Figuren festgelegt wurden?»ein gutes Spielzeug ist zu 90 Prozent Kind und zu zehn Prozent Spielzeug«, sagt Joan Almon, die Vorsitzende der amerikanischen Alliance for Childhood, einer Organisation, die das traditionelle Kinderspiel bewahren will. Der Lego-Manager Sandahl widerspricht ihr. Er sagt:»es geht beim Spiel doch nicht darum, in einem Stock ein Schwert zu sehen. Es geht um die Fantasiewelt, in der das Kind mit seiner Rolle experimentiert, mit Gewalt, mit Ungerechtigkeit.«Aber wird nicht jedes symbolische Spiel unmöglich, sobald ein überwältigendes Drehbuch das Spielzeug bestimmt? Für ein Wesen, das ein Kleid trägt, braucht sich ein spielendes Kind kein Geschlecht mehr auszudenken. Ein Wesen mit einem Indianerkostüm, einer Königskrone oder einer Flecktarnuniform hat schon eine Identität. Wen soll Harry Potter darstellen, wenn nicht Harry Potter? Was könnte aus Hannah Montana noch werden außer Hannah Montana? So tun als ob das funktioniert nicht mehr, wenn Harry Potter und Hannah Montana auch in den Kinderzimmern ihre Filme ablaufen lassen. Wohin das führen kann, hat Michael Ende schon 1973 in seinem anrührenden Kinderroman Momo beschrieben: Die schrecklichen grauen Herren, die sich aufmachen, die Welt zu beherrschen, wollen die störende Momo, dieses fantasievolle und kritische Kind, mit der plappernden Puppe Bibigirl ruhigstellen. Aber Bibigirl löst in Momo nur ein einziges Gefühl aus unendliche Langeweile. Videospiel schlägt Teddybär Spielzeugumsatz 2008 in Deutschland, nach Geschlecht und Alter (in Millionen Euro) 0 11 Monate Monate 2 3 Jahre 4 5 Jahre 6 7 Jahre 8 9 Jahre Jahre Jahre 18+ Jahre J M J M J M J M J M J M J M J M J M PLASTIKFRITTEN, unten: Wrestler John Cena ZEIT-Grafik/Quelle: npdgroup Deutschland GmbH J Jungen M Mädchen Traditionelles Spielzeug Videospiele 519 Spielen so gefährlich wie Rauchen Viele Spielwaren enthalten bedenkliche Gifte, schuld sind großzügige Grenzwerte und zu lasche Kontrollen VON CHRISTIAN HEINRICH Die Lokomotive»Thomas«fährt inzwischen ohne Blei, umweltfreundlich ist sie deswegen noch nicht. Im Jahr 2007 musste der amerikanische Hersteller RC2 Teile der Holzeisen bahn»thomas und seine Freunde«zurückrufen, weil das in China produzierte Spielzeug zu viel Blei enthielt. Bei der aktuellen Überprüfung durch die Zeitschrift Öko- Test fand sich keines mehr in»thomas«dafür wiesen die Tester Weichmacher nach. In anderen Spielsachen wurden noch bedenklichere Stoffe gefunden: Formaldehyd in der Piratenbettwäsche von Playmobil, der Farbbaustein Anilin in drei Handspielpuppen und in einer Spielfigur ein Flammschutzmittel, das seit 2008 sogar in Elektrogeräten verboten ist. Manche dieser Stoffe können Krebs auslösen, andere das Hormonsystem beeinflussen oder das Immunsystem schädigen. Zwar schnitten unter den 72 getesteten Kinderspielzeugen auch einige zufriedenstellend ab, insgesamt aber lautet der Befund: Mängel sind eher die Regel als die Ausnahme. Das mag daran liegen, dass zunächst nur der Hersteller selbst seine Spielwaren prüft. Er druckt das CE-Kennzeichen der Europäischen Union (EU) auf das Spielzeug und versichert damit, dass die Richtlinien der EU erfüllt sind. Unabhängige Instanzen prüfen erst, wenn das Produkt schon in den Geschäften liegt.»finden sich dann eklatante Mängel, kann das einzelne verkaufte Spielzeug kaum erfolgreich zurückgerufen werden. Die Marktüberwachung greift also eigentlich erst dann, wenn es schon zu spät ist«, sagt Johannes Näumann vom Verband der Technischen Überwachungsvereine. Außerdem gibt es in Deutschland nur einen bis zwei Produktprüfer pro Million Einwohner angesichts der Masse an Produkten müssen sie sich auf Stichproben beschränken. Doch auch die gesetzlichen Vorgaben stehen in der Kritik. Im Dezember vergangenen Jahres erst hat die EU eine überarbeitete Sicherheitsrichtlinie für Kinderspielzeug erlassen, Verbraucherschützer sehen diese Grenzwerte aber immer noch als zu lasch an. Erst vor wenigen Tagen meldete sich das Bundesinstitut für Risikobewertung erneut zu Wort: Die erlaubte Menge von sogenannten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in der EU-Spielzeugrichtlinie sei zu hoch. Durch Hautkontakt beim Spielen könnten die Kinder in einer Stunde so viel Gift aufnehmen, wie es dem Rauch von 40 Zigaretten entspricht.»die Stoffe haben das Potenzial, das Erbgut zu verändern, was später zu Krebs führen kann. Kinder sind Die Stars der Saison Hannah Montana heißt eine Lizenzfigur für Mädchen, die im Moment besonders beliebt ist. Vermarktungsplattform für viele Hannah-Montana-Produkte ist eine Fernsehserie der Walt Disney Company. Im vergangenen Sommer startete der erste Kinofilm. Die Geschichte handelt von einer 17-jährigen Schülerin, die ein Doppelleben als Popstar führt. Die Hannah-Montana-Darstellerin Miley Cyrus ist komplett in den Vermarktungsrummel um die Kunstfigur einge bunden. besonders empfindlich, und daher sollte man ihren Kontakt mit PAK so weit wie möglich reduzieren«, sagt Ariane Girndt vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Dass die großzügigen Grenzwerte von vielen Herstellern sogar noch überschritten werden, zeigt ebenfalls die neue Öko-Test-Untersuchung. Alle 13 geprüften Kunststofffiguren enthielten PAK in teilweise überhöhten Konzentrationen. Österreich und Deutschland versuchen schon seit längerem, in der EU strengere Richtlinien durchzusetzen bisher ohne Erfolg. Dabei ließen sich die PAK relativ einfach vermeiden.»es sind letztlich Verunreinigungen, die in bestimmten Ölen vorkommen. Wenn der Hersteller andere Öle verwenden würde, fielen die Stoffe gar nicht erst an«, sagt Girndt. Ein Kinderzimmer kann schnell zur Giftmülldeponie werden: Weichmacher, sogenannte Phthalate, finden sich in Plastikbilderbüchern und Kinderwagen, optische Aufheller und Zinnverbindungen in Kinderfußballtrikots, Halogene in Kinderschminke und Cadmium in Mini-Bohrmaschinen. In der Datenbank Rapex, dem Schnellwarnsystem der EU für Verbraucherschutz, gilt fast jeder vierte Rückruf einem Spielzeug. Produkte mit dem GS-Siegel tauchen dagegen fast nie in der Rapex-Datenbank auf. Denn das Siegel erhält nur, wer sich prüfen lässt und dabei den Anforderungen gerecht wird GS-Prüfungen gibt es jährlich in Deutschland, die Hälfte der Produkte fällt durch. Grundlage ist das deutsche Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, dessen Vorschriften und Grenzwerte wesentlich schärfer sind als die der EU. Doch das GS-Siegel findet sich nur auf einem kleinen Teil der Spielsachen. Der Kunde sollte daher mit allen Sinnen einkaufen, raten Verbraucherschützer. Was stechend riecht oder beim Reiben Farbe auf den Fingern hinterlässt, sondert unter Umständen schädliche Stoffe ab. Die Transformers sind intelligente Roboter, die sich in Kampfmaschinen verwandeln können. Auf der Erde tragen sie einen Krieg gegen die Decepticons aus, der Hunderte von Jahren zuvor auf dem Planeten Cybertron begann. Neben den Actionfiguren der Firma Hasbro gibt es Zeichentrickund Comicserien, Videospiele und Kinofilme. Die Power Rangers sind den Transformers an Kampfeslust ebenbürtig. Sie sind aber keine Maschi nen, sondern Teenager, die in bunten Kampfanzügen die Menschheit retten wollen und pausenlos gegen Monster kämpfen.

15 Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 WOCHENSCHAU Einsatzgebiet Krippenspiel Bei der jährlichen Stallweihnacht in Bad Reichenhall finden die Maultiere der Bundeswehr eine Aufgabe. In Afghanistan helfen dürfen sie nicht VON JULIA KIMMERLE Um nach Bethlehem zu kommen, folgt man nicht dem Stern, sondern den Schildern. Sie weisen über den Exerzierplatz der Artilleriekaserne Bad Reichenhall zur Reithalle.»Stallweihnacht«stand auf der Einladung. Und wer lädt ein? Das»Einsatz- und Ausbildungszentrum für Gebirgs trag tier wesen der Bundeswehr«. Seltsam klingt das, aber nur für Fremde. Die Einheimischen strömen in Scharen über das weitläufige Kasernengelände. Sie kennen das Ritual seit 47 Jahren. Die 1600 Karten sind immer ausverkauft. Reservierungen gibt es nicht. Frühes Erscheinen sichert die Plätze.»Das Besondere sind eben die Tiere«, sagt eine Mutter, die seit einer Stunde mit ihren Kindern vor der Reithalle in der Kälte auf Einlass wartet. Ein Krippenspiel mit so vielen Schafen, mit Ochs und Muli, das gebe es nur bei den Gebirgsjägern. Die Gebirgsjägerbrigade 23 ist die einzige Bundeswehreinheit mit Maultieren, in Europa eine Rarität. 54 Maultiere und Haflinger sind in Bad Reichenhall stationiert. Die Stallweihnacht ist ihr spektakulärster Einsatz und auch so ziemlich der einzige. Tagelang rackern Soldaten, um die Reithalle stimmungsvoll zu dekorieren. Wo sie sonst lernen, wie man ein Muli fachgerecht am Zaum hält oder durch das Hochgebirge führt, errichten sie einen Tannenwald aus gespendeten Bäumen benachbarter Bauern. Davor stehen zwei bayerische Almhütten, Hirten im Trachtengewand drängen sich ums Lagerfeuer und wärmen sich die Hände. Bethlehem sieht hier aus wie eine Alm in den Bergen bei Bad Reichenhall. Sieben Schafe vollenden das Idyll. Sie sind so weiß, weißer geht s nicht. Bevor sie auf die Bühne durften, wurden sie ordentlich schamponiert und geschrubbt. Zu Weihnachten wird gebadet! Auch das Muli in der Stallgasse glänzt vom Maul bis zum Schweif: Das ist»kokette«. Sie tut seit 14 Jahren bei der Truppe Dienst. Dieses Jahr darf sie am großen Tag zum ersten Mal die Hauptrolle spielen. Sie wird Maria vom Bühnenrand bis zum Stall transportieren, 20 Meter immerhin, vorbei an Kindern, die vor Entzücken quietschen. Weil man auch bei der Bundeswehr vom Fernsehen lernt, wurde das Maultier gewissermaßen gecastet. Gebirgsjäger suchen das Supermuli: Kokette musste bei den Proben an lärmenden und klatschenden Soldaten vorbeigehen, ohne die Nerven zu verlieren. Jetzt steht sie neben Joseph, dargestellt von dem Stabsunteroffizier Girlinger; sie erwarten ihren Auftritt. StUffz Girlinger ist eigentlich für Maschinen zuständig, aber er wird auch mit einem Muli fertig, gelernt hat er s ja mal.»muliführen ist wie Fahrradfahren«, sagt er,»das verlernst du nicht.«er gibt das Zeichen, und Kokette trottet los, Maria auf dem Rücken.»Ui, Pferdi! Esel! Muli!«, ruft es aus dem Publikum. Kokette zeigt keine Regung. Ist es biblische Sanftmut oder militärische Disziplin? Im Stall angekommen, schiebt Joseph ihr eine Belohnung zu und bezieht neben Maria Stellung, hinter ihnen steht Kokette fortan stramm. Sie sieht die Geburt des Jesuskindes mit an, seine Anbetung durch den Stabsgefreiten Redlich und den Feldwebel Edelhäuser, die als Hirten mit blökendem Schaf im Arm vor der Krippe auf die Knie fallen. Der Oberstabsveterinär Hampel ist zufrieden mit der Darbietung.»Manche Leute schauen auf unsere Maultiere herab«, sagt er, aber die sollten sich nicht täuschen:»das sind topausgebildete Hochleistungstiere.«Kokette kann eigentlich viel mehr als zu Weihnachten still stehen. Sie trägt Waffen, Technik, Lebensmittel oder Verwundete, bis zu 180 Kilogramm, durch schwierigstes Gelände. Sie bewältigt Strecken, die kein Vierradantrieb schafft. Sie dringt vor zu Stellen, an denen kein Hubschrauber landen kann. In Bad Reichenhall kommt sie seltener an ihre Grenzen. Im sommerlichen Training ist das höchste Ziel die Zwieselalm. Einmal die Woche Bierfässer tauschen. Im Winter wird mit Snowgrip-Hufeisen am Berg trainiert. Die Mulis könnten die deutschen Soldaten im Auslandseinsatz unterstützen. Aber sie kommen und DEUTSCHE GEBIRGSJÄGER in stiller Nacht. Und ein Muli gibt den Esel kommen über die Alpen nicht hinaus. Als die Gebirgsjäger zwischen 2002 und 2004 im Kosovo waren, blieben Kokette und ihre Kollegen im bayerischen Stall wegen der Tierseuchengefahr und strenger Einfuhrbestimmungen. Die Tragtierführer mussten sich zehn Tiere an Ort und Stelle besorgen.»es gibt zwei Möglichkeiten mieten oder mitnehmen. Beides hat seine Vor- und Nachteile«, sagt der Oberstabsveterinär Hampel. Der Vorteil gemieteter Tiere sei, dass sie Wetter, Futter und Landschaft kennten. Man spare sich den komplizierten An- und Abtransport und die Quarantäne. Der Nachteil: Wenn deutsche Soldaten in einem Konfliktgebiet Mulis auf einem Markt kaufen, dann könnten feindliche Kämpfer Rückschlüsse über Einsätze in der Umgebung ziehen. Außerdem hätten die fremden Mulis keine Bundeswehr-Grundausbildung. Und die dauert. Im kommenden März soll eine große Gruppe der Gebirgsjäger nach Afghanistan verlegt werden. Die Maultiere aber werden in Bad Reichenhall bleiben. Ihre nächste Friedensmission ist die Stallweihnacht 2010, zwanzig Meter mit Maria und Joseph. Fotos [M]: Jörg Koopmann für DIE ZEIT; Sigrid Neudecker (u.l.); (o.r.) Die Fliegen der Woche Fliegen stehen nicht im besten Ruf, aber sind sie nicht selber schuld? Sie landen auf Ekligem und dann auf unserem Brot. Sie summen um uns herum und herum, und je mehr wir fuchteln, desto irrer wird ihr Geschwirr. Sie landen auf unserer Nase, und wenn wir zuschlagen, tun wir uns noch weh, sie aber warten stumm an der Wand, dass wir aufstehen und was machen. Mit Patschen holen wir nach ihnen aus, patschen hier und patschen da und zack und zack und zack und zack und überall Flecken, wenn wir sie denn erwischen. Aus Dosen nebeln wir sie ein, bis uns schwummrig wird, verdammt, warum können sie nicht einfach verschwinden! Andererseits, was kann die Fliege dafür? Hat sie Hirn? Denkt sie sich was? Hat sie den Existenzauftrag etwa nicht vom lieben Gott, und hat er sie uns nicht vielleicht gesandt gerade zur Probe auf unsere Ungeduld? Ein feiner Mensch, der keiner Fliege was zuleide Deshalb dieser Tage wohl die Aufregung im weltweltweiten Netz, in dem sich ein paar Fliegen verfangen haben. Niemand weiß recht, wo sie herkommen, aus Schweden, wird vermutet. Sie schwirren nicht, denn sie sind tot, gestorben aber nicht wie die Fliegen, endgültig, sondern wiederauferstanden in Collagen. Wenige Striche nur und plötzlich wirken sie ganz menschlich. Fliegen beim Turnen, beim Wettlauf, beim Pinkeln. Gleich sorgen sich die Wächter des Netzes: Der Künstler wird sie doch nicht eigens erschlagen haben? Was es nicht alles gibt: Man würgt sich selbst oder lässt sich würgen, um kurze Bewusstlosigkeiten und Rauschzustände hervorzurufen. Erwachsene tun es der Lust wegen, Kinder suchen den Kick im Freundeskreis. Doch ist die»würgespiel«genannte Praktik alles andere als harmlos. Anfang Dezember starb ein Junge in Brandenburg, nachdem er sich vor dem Computer stranguliert hatte. Auf dem Schirm stand noch die Anleitung zum Selbstversuch. Wir sprachen in Paris mit Françoise Cochet, die vor neun Jahren ihren Sohn verlor. Sie gründete eine Initiative betroffener Eltern, die Association de Parents d Enfants Accidentés par Strangulation. DIE ZEIT: Madame Cochet, was sagen Sie zu diesem ersten Würgespiel-Todesfall in Deutschland? FRANÇOISE COCHET: Das war nicht der erste Fall, sondern der erste, der von den Medien aufgegriffen wurde! Ich weiß von vier Opfern. In Großbritannien stirbt ein Kind in der Woche. In den USA soll es bis zu tausend Tote im Jahr geben. Viele Fälle gelten aber als»ungeklärt«. Es betrifft oft Kinder, die überdurchschnittlich neugierig sind, die sehr intelligent sind, frühreif. Wenn man sie dann tot findet, kann sich das niemand erklären. ZEIT: Seit wann gibt es dieses gefährliche Spiel? COCHET: Wir haben einen Text des Autors Jean Nicht neu, aber sehr gefährlich Ein Junge tot, das»würgespiel«in den Schlagzeilen Fragen an Françoise Cochet, die es in Paris seit Jahren bekämpft FRANÇOISE COCHET hat vor neun Jahren ihren Sohn verloren. Seither warnt sie andere Eltern Giono aus dem Jahr 1948 gefunden. Er hat in seinem Buch Faust au village das Verfahren haargenau beschrieben: das Abdrücken der Halsschlagader, den Verlust des Bewusstseins, die Konvulsionen, aber auch die Sucht nach Wiederholung. In Manosque, einem Dorf im Südwesten Frankreichs, gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts bezahlte Experten, die den Moment, in dem sie den Würgegriff lockern mussten, auf die Sekunde genau erwischten. Ganze Familien haben es praktiziert, Mütter würgten ihre Kinder mit den Lederriemen ihrer Kapuzen und ließen sich selbst würgen, nachdem sie die Suppe auf den Herd gestellt hatten. Ich kenne jemanden aus Manosque, der mir bestätigt, dass dies heute noch gemacht wird. ZEIT: In Deutschland wurde die Schuld gleich dem Internet zugeschoben. COCHET: Heute verbreitet das Internet diese Technik natürlich viel schneller. Aber sie war schon bekannt. Kinder lernen das im Ferienlager, bei den Pfadfindern, überall, wo sie in Gruppen beisammen sind. 70-Jährige kennen es aus ihrer Kindheit. Aber keiner spricht darüber. Dabei ist das größte Risiko nicht die Strangulation, sondern ein Herzstillstand. Wenn Kinder es in Gruppen spielen, können sie noch wiederbelebt werden, aber bei manchen dauert es zu lange, und sie bleiben behindert. Wenn sie es allein in ihrem Zimmer tun, kann ihnen niemand helfen. ZEIT: Ist der erste Versuch besonders riskant? COCHET: Wenn man mit den Eltern verunglückter Kinder spricht, erinnern sich die meisten, dass es Anzeichen gegeben hat. Aber sie wurden ignoriert. Ich sah meinem Sohn sozusagen sechs Monate lang dabei zu. Er hatte mir davon erzählt:»maman, ich habe jemanden getroffen, der gesagt hat, wenn man sich auf die Halsschlagader drückt, ist das lustig.«ich habe nur geantwortet:»was erzählst du da für einen Blödsinn?«Ein paar Wochen später habe ich einen roten Fleck an seinem Hals gesehen und ihn für einen Knutschfleck gehalten. Einmal habe ich mit ihm gemeinsam sein Zimmer aufgeräumt und wollte einen kaputten Gürtel wegwerfen. Er hat mir verboten, ihn anzurühren. Das war am Dienstagabend. Mittwochabend war er tot. Der Direktor seiner Schule hat sich geweigert, die anderen Schüler darüber aufzuklären. ZEIT: Man unterschätzt die Gefahr? COCHET: Es gibt im Internet sogar Erwachsene, die den Kindern vorschlagen, dieses Spiel zu spielen. Einige Eltern versuchen gerade, auf YouTube derartige Videos löschen zu lassen. In dem Kinderbuch eines großen Verlagshauses wird das»tomatenspiel«beschrieben. Die Kinder sollen hyperventilieren und dann den Atem anhalten. Aufgrund der Zeichnung glauben die Kinder, dass man dann einschläft. Sie wissen nicht, dass sie in Wirklichkeit bewusstlos werden. Bei McDonald s gab es im Winter 2002 zu den Kindermenüs kleine Geschichten. Unter anderem eine, die hieß:»wie man einen lustigen Schlaf hat«. ZEIT: Macht man ein unwissendes Kind nicht erst neugierig, wenn man das Gespräch darauf bringt? COCHET: Nehmen wir an, Sie haben eine zwölfjährige Tochter. Sie haben noch nie mit ihr über das Spiel gesprochen, weil Sie Angst haben, sie auf dumme Gedanken zu bringen. Sie geht ins Internet und stolpert über Beschreibungen des Würge spiels in den Blogs ihrer Freunde, die das total lustig finden. Sie fährt in die Ferien nach Spanien oder Großbritannien und probiert es dort mit ihnen aus. Von den Gefahren hat keiner eine Ahnung. Alle glauben, es sei nicht gefährlich. Man muss mit ihnen darüber sprechen! Wenn man ihnen sehr genau erklärt, was im Körper passiert, spielen sie es nie wieder. ZEIT: Waren Sie wütend auf Ihren Sohn, als Sie erfuhren, wie er starb? COCHET: Er wusste nicht um die Gefahr. Er fand es lustig. DIE FRAGEN STELLTE SIGRID NEUDECKER

16 21 WIRTSCHAFT 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Daimler im Crashtest Die Welt des Dieter Zetsche ist in diesen Tagen reich an Kontrasten. Das Vorstandshochhaus wird gerade renoviert. Vor dem Notquartier der Daimler- Führung im ehemaligen Museum des Stammwerks Untertürkheim skandieren die Arbeiter bei nasskalter Witterung»Zetsche raus!«und»c-klasse rein!«. Als der 56-jährige Spitzenmanager sich nach einigem Zögern im nahe gelegenen Sindelfingen den Beschäftigten des größten Mercedes-Werkes stellt, wird er von Frühschichtlern mit Trillerpfeifen und Buhrufen empfangen.»jobkiller!«, rufen seine Leute. Deutschland ist ungemütlich geworden für den Daimler-Chef. Wenige Tage später im Emirat Abu Dhabi scheint nach einem heftigen Gewittersturm wieder die Sonne, auch auf Dieter Zetsche. Wie bestellt. Der Konzernchef, der persönlich auch das Pkw-Geschäft leitet, ist mit seinen wichtigsten Managern angereist, um den Medien die andere Seite der Mercedes-Welt zu zeigen. Die Scheichs in Abu Dhabi sind fasziniert von der Strahlkraft des Sterns, sie glauben an Zetsches Strategie. Wären sie sonst mitten in der großen Branchenkrise mit Milliarden bei Daimler eingestiegen? Hätte ihr Investmentfonds Aabar sonst gerade auch noch den Kauf des eigenen Formel-1- Rennstalls mitfinanziert? In der Boxengasse des frisch aus dem Sand gestampften Ras Marina Circuit steht der neue Flügeltüren-Supersportwagen Mercedes SLS zum Test bereit. Rennfahrer Nico Rosberg fährt das jüngste Produkt, ein Cabriolet der E-Klasse, vor. Aabar-Chef Mohamed Badawy Al-Husseiny sagt mit leuchtenden Augen:»Das Investment hat sich für uns schon jetzt gelohnt.«die reichen Araber können Krise hin oder her gar nicht genug solcher Prunkautos in ihrer Garage haben. Willkommen, Herr Zetsche! Ein Unternehmen. Zwei Länder. Verschiedene Welten. Sie zeigen, welchen Spagat der Manager mit dem Walrossschnauzer bewältigen muss. Für die Kunden am Golf oder in China sollte ein richtiger Mercedes schon 500 PS haben, zu Hause sind bereits mehr als fünf Liter Verbrauch anstößig. Zu Hause ringt Daimler um die richtige Strategie. Von Querelen im Vorstand war die Rede, auch Gerüchte über die Ablösung Zetsches verunsicherten die Belegschaft. Als ob die nicht ohnedies durch rigorose Sparprogramme genervt wäre! Da kam der Vorstandsbeschluss gerade recht, ab 2014 einen Teil der Mercedes-C-Klasse nicht mehr in Sindelfingen, sondern im US- Werk Tuscaloosa herzustellen. Der oberste Betriebsrat Erich Klemm verurteilte das ungewohnt harsch als»grundlegend falsch«und von»fataler Wirkung«für die Marke Mercedes. Tatsächlich streitet Daimler, wie das ramponierte Image wieder aufgebessert werden kann. Zetsche kauft den Formel-1-Rennstall Brawn GP,»um die Marke auf der Weltbühne noch besser in Szene zu setzen«. Klemm schimpft:»das Unternehmen sollte in einer solchen Zeit besser in das Marketing unserer realen Autos investieren, die die Leute auch kaufen können.«grell oder grün wie soll Mercedes nun sein?»mercedes hat nur 49. Der kleinste Mercedes, die A-Klasse, könne mit seinem konventionellen Design vor allem bei jüngeren Käufern nicht mithalten, stellt er fest. Mit Folgen: Audi könnte Mercedes noch 2010 bei den Verkäufen überholen. Die Probleme seien»erkannt und adressiert«, erklärt Zetsche in Managermanier. Aber die Herausforderung ist enorm. Vor vier Jahren trat er mit dem Nimbus des erfolgreichen Chrysler-Sanierers als Chef in Stuttgart an. Er demontierte die Reste der grandios gescheiterten Welt AG seines Vorgängers Schrempp und verkaufte gerade noch rechtzeitig die wieder marode US-Tochter Chrysler, bevor sie ins Koma fiel. Erstaunlich geräuschlos baute Zetsche auch in Deutschland mehr als Stellen ab. Mitte 2008 schrieb der Konzern mit seinen rund Beschäftigten weltweit wieder Rekordzahlen, noch nie wurden mehr Pkw und Lkw in einem Halbjahr verkauft.»und wieder einmal kriegen wir die ganzen Prügel ab«daimlers Autos sollten weltweit die begehrtesten sein das erklärte Zetsche zum Ziel. Dann kam die weltweite Finanzkrise, gefolgt von der größten Autokrise seit 60 Jahren und zeigte gnadenlos die Versäumnisse auf. Die Nachfrage nach den großen Edelkarossen, mit denen Mercedes traditionell sein Geld verdient, implodierte förmlich. Und wer Abwrackprämien kassierte, kaufte einen kleinen Hyundai, aber keinen großen Mercedes. Bei Lastwagen und Bussen hat sich der Absatz des Weltmarktführers sogar halbiert. Was auch nach der Finanzkrise bleibt, ist das hiesige Imageproblem. Denn politische Vorgaben zum CO₂-Ausstoß, Spritpreisschwankungen und wohl auch ein wachsendes Umweltbewusstsein verschärfen vor allem im Westen den Trend zu kleineren Autos. Auf den Chefparkplatz des Stuttgarter Katharinenhospitals gehörte früher selbstverständlich eine S-Klasse, heute steht dort ein gut ausgestatteter C-Klasse-Kombi. Funktion geht vor Status. Den Unterschied spüren Mercedes, BMW und Audi in der Kasse: Große Autos, große Margen kleine Autos, kleine Margen. Und mit dem grünen Wandel hatte man es in Stuttgart auch nicht eilig. Ob neue Arten der Benzineinspritzung, Start-Stopp- Automatik oder Hybridantrieb: Mercedes hat solche Klimaschoner nur dosiert eingesetzt dann gewannen sie schneller als erwartet an Bedeutung. Noch vor der Krise preschte BMW mit seiner grünen Initiative namens Efficient Dynamics vor und konnte fast zwei Jahre lang in beinahe allen Fahrzeugkategorien die sparsamsten Motoren im Vergleich zu Mercedes oder Audi vorweisen.»bmw hat Mercedes die Show gestohlen«, sagt Branchenkenner Bratzel. Nicht grün und nicht schick genug für Europa. Konzernchef Dieter Zetsche muss zwei schwere Jahre überstehen. Mindestens VON DIETMAR H. LAMPARTER tumsländern wie China erzwingen Logistikkosten, hohe Zölle und politischer Druck eine verstärkt lokale Produktion. Also wird nach West wie Ost verlagert.»und wieder einmal kriegen wir die ganzen Prügel ab«, klagt ein Mercedes-Manager. Alle drei Hersteller bauen ihre chinesischen Fabriken kräftig aus. BMW etwa verlagert noch in diesem Jahr die Grazer Produktion seines Geländewagens X3 in sein US-Werk Spartanburg. Doch anders als bei Mercedes gab es keinen Aufschrei, weil die Münchner eben nichts aus Deutschland abziehen. Hinzu kommt: Daimler macht das meiste allein, in der Forschung ebenso wie im Autobau. BMW entwickelt seine kleinen Benzinmotoren mit Peugeot, der VW- Konzern kann seine Investitionen in der Kompaktklasse nicht nur auf den Audi A3, sondern auf zweieinhalb Millionen Fahrzeuge der verschiedenen Konzernmarken umlegen. Und Daimler? Kann in seinem Rastatter Werk maximal kleinere Fahrzeuge im Jahr bauen. Doch genau in dem Segment spielt die Musik: Kompakte, aber edle Autos würden in den nächsten Jahre besonders zulegen, erklärte gerade erst der BMW-Chef Norbert Reithofer. Es gehe um nichts weniger als eine Neudefinition dessen, was eine»premiummarke«in Zeiten des Klimawandels sei, erklärte der ehemalige Mercedes-Chef Jürgen Hubbert. Ebenjene Summe von Eigenschaften, welche die weltweite Kundschaft dazu bringt, für einen Audi, BMW oder Mercedes deutlich mehr Geld auf den Tisch zu legen als für Massenmarken.»Es wird in Zukunft nicht mehr funktionieren, Premiumfahrzeuge als groß, teuer, exklusiv und leistungsstark zu verkaufen«, analysiert der Altmeister. Hubberts Anspruch:»intelligente Technik, individueller Kundennutzen, Nachhaltigkeit im Produkt und Unternehmenskultur und ganz entschieden eine besondere Betreuungsqualität.«Und das muss Mercedes jetzt hinkriegen, obwohl die Branche wohl erst in drei, vier Jahren wieder richtig zulegen kann. Die Stuttgarter haben die zahlreichen Abgesänge auf ihr Unternehmen in den vergangenen Wochen aufmerksam registriert. Und sie leiden darunter. Dieter Zetsche wirkte zuletzt ungewohnt müde bei Auftritten. Aber auch er kennt die Nehmerqualitäten der Schwaben: Immer wenn es so aussah, als sei es schon zu spät, berappelte sich Daimler wieder. Das war Mitte der neunziger Jahre so, als der Traum vom Technologiekonzern mit Autos, Flugzeugen, Rüstung und Eisenbahnen platzte. Und nach dem hastigen Abschied von der Welt AG vor ein paar Jahren war es wieder so ZEIT-Grafik/Quelle: CAR (Universität Duisburg-Essen) Verlorenes Jahrzehnt Verkaufte Pkw weltweit in Tausend Fahrzeugen Mercedes BMW Audi (Prognose) 955 Sinnlose Schulden Schwarz-Gelb verschenkt Geld und schwächt ohne Not den Staat Diese zwei Wörter sagen fast alles.»schwarzgelb«nennen selbst Unionspolitiker die eigene Regierungskoalition, obwohl das lange ein Kampfbegriff der Linken war. Sie sagen nicht:»christlich-liberal«. Erst recht nicht:»konservativ«. Gerade Letzteres wäre ja auch anmaßend. Denn beim Umgang mit Geld wirft diese Regierung so ziemlich alles über Bord, was einmal als konservativ im besten Sinne also als bewahrend galt. Zu einer konservativen Finanzpolitik würde es gehören, künftige Generationen nicht mit den Schulden der Vergangenheit zu belasten. Frisches Geld würde gezielt in den Ausbau der Infrastruktur investiert, um die Produktivität der Volkswirtschaft zu erhöhen. Der Staat würde finanziell gestärkt statt durch Steuersenkungen geschwächt, weil dieser Staat für kommende Unsicherheiten gerüstet sein muss. Schwarz-Gelb jedoch spielt lieber va banque. Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, mitten in einer schweren Wirtschaftskrise um jeden Preis zu sparen. Natürlich muss ein Finanzminister höhere Schulden eingehen, wenn die Steuereinnahmen wegbrechen und die Ausgaben für Arbeitslose steigen. Die Regierung aber setzt noch eins drauf, gibt Geld für Erben und Hoteliers und nennt das»wachstumsbeschleunigungsgesetz«. Und sie verspricht Steuersenkungen für 2011, obwohl die Steuerbelas tung hierzulande noch das geringste Problem ist. Ausgerechnet eine konservativ geführte Koalition riskiert es, die öffentliche Finanzkraft nachhaltig zu zerstören. Jahrzehntelang war das finanzpolitische Leitbild der Union von einem Dreiklang geprägt: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen; weil die Bürger das wissen, gehen sie bei schuldenfinanzierten Steuergeschenken nicht shoppen, sondern legen das Geld zurück; am Ende steht der Staat mit höheren Schulden da. Nun gilt dieser Dreiklang nicht mehr. Nun berufen sich CDU-Politiker wie Finanzminister Wolfgang Schäuble oder Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff auf die Geschichte. Auf keinen Fall dürfe die Regierung die Fehler der Dreißiger wiederholen und durch zu viel Sparen die Krise verschärfen. Mal abgesehen davon, dass die Konservativen damit exakt so argumentieren, wie Oskar Lafontaine dies seit Jahren tut: Sinnlose Steuersenkungen rechtfertigt das nicht. Tatsächlich macht sich die Regierung doppelt angreifbar. Entweder stimmen die alten Glaubenssätze und die Bürger sehen rational vorher, dass schuldenfinanzierte Steuersen kun gen nur zu höheren Steuern führen: Warum sollten sie dann irrational handeln und mehr einkaufen gehen? Oder aber die Glaubenssätze stimmen nicht mehr: Wie wird die Regierung dann in der nächsten Krise reagieren? Noch eins draufsatteln? Wie kann eine solide Finanzpolitik in diesen unsicheren Zeiten überhaupt aussehen? Darauf bietet Schwarz-Gelb keine Antwort. Und zurück bleiben ratlose Bürger. Das Konsumklima jedenfalls ist mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz gesunken. MARC BROST a 60 SEKUNDEN FÜR Freunde Foto [M]: Harry Melchert/picture-alliance/dpa (S.21/22) irgendwie seine Mitte verloren«, wundert sich ein Manager der Konkurrenz.»Wir haben ein Definitionsproblem«, räumt selbst der Chef eines großen heimischen Mercedes-Autohauses ein. Früher sei man einfach unter dem Motto»Das Beste oder nichts«aufgetreten. Und heute? Umfragen der führenden Autozeitungen sind da eindeutig. Sicher, komfortabel, wertstabil, ja, das ist Mercedes noch, aber sonst? Bei Imagekriterien wie fortschrittlicher Technik, Verarbeitung, Design oder Sympathie im Heimatmarkt haben BMW und Audi die Schwaben überholt. Der Autoexperte Stefan Bratzel aus Bergisch Gladbach weiß:»bei jüngeren Leuten unter 25 Jahren kommt die Marke Mercedes überhaupt nicht mehr an.«sein Duisburger Kollege Ferdinand Dudenhöffer hat die Zahlen dazu: 2008 war der Durchschnittskäufer eines Mercedes in Deutschland 55 Jahre alt, bei Audi 51 und bei BMW Daimler will es dafür perfekt machen. Man investiert in alle technischen Möglichkeiten auf einmal, in Hybridantriebe, in Elektroautos, die mal mit Batterie, mal mit zusätzlichem kleinen Verbrennungsmotor als Stromgenerator oder auch mit Wasserstoff betrieben werden Ingenieure und Techniker arbeiten daran. Und doch wird der Tanz auf allen Hochzeiten außen kaum wahrgenommen. Und er ist teuer für einen Autobauer von der Größe Daimlers im Alleingang zu teuer, findet Branchenbeobachter Bratzel. Auch jetzt geht Daimler in die Offensive. Schriftlich haben es die Betriebsräte bekommen, dass in Sindelfingen bis zum Jahr 2020 nicht betriebsbedingt gekündigt wird. Und die Produktion der beiden großen Mercedes-Baureihen, der E- und der Vorbei ist auch die Zeit, da es sich Mercedes, BMW oder VW/Audi leisten konnten, drei Viertel ihrer Autos in Deutschland zu montieren, obwohl sie allenfalls ein gutes Viertel dort verkaufen. Der Dollar ist schwach, Exporte lohnen sich kaum mehr, und in Wachs- S-Klasse, beide Weltmarktführer, wurde»dem Herz des Mercedes-Pro - duktionsverbunds«(zetsche) langfristig garantiert. Das ist ein stolzer Preis, aber, und das weiß der Konzernchef, es gilt, rasch Vertrauen zurück zugewinnen.»wir haben Fehler gemacht«, gesteht Dieter Zetsche in Abu Dhabi,»aber wir kommen aus dem Loch.«Fortsetzung auf Seite 22 Gefühlig veranlagte Menschen behaupten gern, dass Freundschaft nicht mit Gold aufzuwiegen sei, was beim derzeitigen Goldpreis und schweren Freunden stimmen mag. Käuflich waren Freunde allerdings schon immer. Auf dem Schulhof halfen seit je Schokokussbrötchen nach, wo es an Beliebtheit mangelte. Heute mag es mitunter auch schon eine Schoko kuss-app auf dem iphone tun. Ein bisschen kitschig ist auch, was Friedrich Hölderlin einst dichtete:»wenn Menschen sich aus innrem Werte kennen, so können sie sich freudig Freunde nennen.«er konnte nicht ahnen, dass es später einmal reichen würde, die inneren Werte der Maustaste zu kennen, um sich freudig Freunde zu nennen. Ein Doppelklick schon ist man dank Facebook und Co um einen Freund reicher. In der Weihnachtszeit ist es besonders schön, viele Freunde zu haben. Weihnachtslieder zu singen macht allein genauso wenig Spaß wie Hinkelkästchen und Gummitwist. Um sich Freunde zu kaufen, müssen die Menschen nun auch nicht mehr mit Schokokussbrötchen hantieren. Die Gefährten gibt es günstig bei der US-Firma USocial, die ihr Geld mit Werbung in sozialen Netzwerken verdient und den privaten Freundeshandel auf Facebook als Nebengeschäft entdeckt hat Stück für 197 Dollar. Das ist günstig. Und außerdem futtern einem solche Freunde weder Plätzchen noch Gänsebraten weg. ANNA MAROHN

17 WIRTSCHAFT Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Der Euro franst aus Fotos: Rainer Hackenberg/VISUM; Veit Hengst/VISUM; Rene Mattes/hemis.fr/laif (v.o.n.u.) Die Haushaltsprobleme in Griechenland und anderen Staaten am Rand der EU bedrohen die gemeinsame Währung VON MARK SCHIERITZ UND CLAAS TATJE Wenn Jean-Claude Trichet, der silberhaarige Präsident der Europäischen Zentralbank, von früher erzählt, dann tut er es mit Genugtuung in der Stimme. Ausgelacht hatte man ihn an der Wall Street, als er den Bankern dort die Pläne für die gemeinsame Währung auf dem alten Kontinent vorstellte. Zu unterschiedlich die Wirtschaftsräume, hieß es, zu uneinig die Staaten. Ökonomisch betrachtet, erklärte der Harvard-Professor Martin Feldstein, dürfte der Euro nie eingeführt werden. Das war vor mehr als zehn Jahren. Der Euro wurde eingeführt und ist inzwischen an den Devisenmärkten eine ernsthafte Konkurrenz für den Dollar. Trichet könnte also eigentlich ganz zufrieden sein. Wäre da nicht Griechenland. Und Spanien. Und Irland. Und vielleicht bald Portugal und Italien. Es geht längst nicht mehr nur um die Sünden einzelner Länder, sondern um das große Ganze: die Zukunft der europäischen Währungsunion. Politiker und Währungshüter sind besorgt und ratlos. Die niedrigen Zinsen luden zu einem Leben auf Pump ein Immer deutlicher wird, dass die Amerikaner mit ihrer Kritik nicht ganz unrecht hatten. In einer Währungsunion funktionieren wichtige wirtschaftliche Anpassungsmechanismen nicht. Wenn ein Staat immer höhere Schulden auftürmt, steigen normalerweise sehr schnell die Zinsen. Die Investoren fordern eine Prämie als Ausgleich für das gestiegene Risiko, dass sie ihr Geld nicht zurückbekommen. Für den Staat ist das ein Anreiz, es bei der Kreditaufnahme nicht zu übertreiben. Anders in der Euro-Zone. Trotz einer steigenden Schuldenlast zahlte der griechische Staat bis zuletzt weniger als fünf Prozent Zinsen jährlich, wenn er sich Geld borgen wollte. Vor der Einführung des Euro musste das Land 20 Prozent und mehr berappen. Die niedrigen Zinsen luden zu einem Leben auf Pump ein und die Griechen nahmen die Einladung an. Ihre Schuldenquote ist mit 124,9 Prozent der Wirtschaftsleistung heute die höchste in der Euro-Zone. Investiert wurde das Geld nicht, ein großer Teil versickerte im aufgeblähten Staatsapparat. Das Land ist Wiederholungstäter: Schon der Eintritt in die Währungsunion gelang nur mit frisierten Statistiken, selbst in guten Zeiten hielten sich die Griechen nicht an die europäischen Haushaltsregeln.»Die Anleihemärkte haben Länder wie Griechenland nicht rechtzeitig für ihre verfehlte Haushaltspolitik abgestraft«, sagt Daniel Gros, Ökonom am Brüsseler Centre for European Studies. Banken, Versicherungen und Investmentfonds haben sich darauf verlassen, dass den Griechen im Zweifel von anderen Mitgliedern der Euro-Zone geholfen wird und der Regierung in Athen be reitwil lig Geld geliehen. Nun werden die Investoren plötzlich doch nervös, nun stufen die Rating- Agenturen die Kreditwürdigkeit des Landes herab. Die Griechen sind auf die internationalen Finanzmärkte angewiesen, denn während sich Deutschland bei den sparwilligen Bürgen im Inland verschulden konnte, hat Athen das Geld vor allem im Ausland aufgenommen. Pech für Griechenland, dass ausgerechnet jetzt auch noch die Europäische Zentralbank die Liquidität wieder zurückholen will, die sie in die Wirtschaft gepumpt hat. Mit einem großen Teil dieses Geldes kauften die europäischen Banken griechische Staatsanleihen. Das brachte den Banken eine ordentliche Rendite ein und erleichterte der Regierung in Athen die Refinanzierung. Das Geschäft rechnet sich nicht mehr, wenn die Zentralbank die Liquiditätszufuhr verknappt. Die Regierung muss reagieren. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou ist zu einer Reise durch Europa aufgebrochen. Am Dienstag kam er in Berlin mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zusammen. Staatspräsident Georgios Papandreou will Ausgaben kürzen und Steuern erhöhen. Doch der Konsolidierungsplan, den er am Montag dieser Woche präsentierte, überzeugte die Finanzmärkte nicht.»ich bin nicht allzu beeindruckt«, kommentierte Erik Nielsen, Europa-Chefvolkswirt von Goldman Sachs, das Paket. Dabei ist die politische Lage schon jetzt angespannt, Proteste und Demonstrationen erschüttern Athen. Einen Staatsbankrott im eigenen Währungsgebiet will in der EU trotzdem niemand riskieren.»dazu wird es nicht kommen«, sagt ein hochrangiger Notenbanker. Die Folgeschäden gelten als unabsehbar. So sind die europäischen Banken aufs Engste miteinander verwoben. Die unglaubliche Summe von 2119 Milliarden Euro haben deutsche Institute in Europa verliehen, 38 Milliarden in Griechenland, 183 Milliarden in Irland, 237 Milliarden in Spanien. Ein Zahlungsausfall in einem dieser Länder würde tiefe Löcher in die Bilanzen der hiesigen Institute reißen. Zumal es bei einer isolierten Pleite, das lehrt die Erfahrung, wahrscheinlich nicht bliebe. Sind die Finanzmärkte erst einmal im Panik-Modus, ist niemand mehr sicher. Die nervösen Investoren würden wahrscheinlich auch Gelder aus anderen finanzschwachen Ländern wie Spanien, Portugal und Irland abziehen. Wie bei einem Dominospiel droht ein Staat nach dem anderen umzufallen. Man könnte auch sagen: Griechenland ist systemrelevant. Schon beim Treffen der Europäischen Zentralbank Anfang Dezember wurde hinter verschlossenen Türen über den Fall Griechenland beraten, auf der Sitzung diesen Donnerstag steht das Thema erneut auf der Agenda. Auch in den Mitgliedstaaten und in Griechenland Staatsverschuldung 1,2 Haushaltsdefizit 1,2 Wachstum 1 Spanien Staatsverschuldung 1,2 Haushaltsdefizit 1,2 Wachstum 1 Irland Staatsverschuldung 1,2 Haushaltsdefizit 1,2 Wachstum 1 124,9 Prozent 12,2 Prozent 0,3 Prozent 66,3 Prozent 10,1 Prozent 0,8 Prozent 82,9 Prozent 14,7 Prozent 1,4 Prozent (1): Prognose für 2010 (2): In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Quelle: Europäische Kommission der Brüsseler Kommission wird eifrig an Rettungskonzepten gearbeitet obwohl der EU-Vertrag solche Stützungsleistungen eigentlich verbietet. Das bevorzugte Konzept sieht vor, einen multilateralen Notfallfonds aufzulegen, in den die anderen EU-Staaten einzahlen. Er würde den Griechen gegen harte Auflagen Geld leihen. Zu den diskutierten Varianten zählt, den griechischen Haushalt von Brüssel aus zu überwachen und dem Land bei Verfehlungen Zuwendungen aus EU-Töpfen zu streichen. Die Regierungen der EU haben sich damit für einen Spagat entschieden: Klare Solidaritätsbekundungen blieben bislang aus. Der Druck auf die Griechen soll aufrechterhalten werden, damit das Land seinen Schuldenberg so weit wie möglich selbst in den Griff bekommt. Zugleich aber steht man für den Ernstfall bereit. Die Länder der Währungsunion trügen eine»gemeinsame Verantwortung«, sagt Kanzlerin Angela Merkel. Es ist ein riskanter Balanceakt: Denn je vager die Stützungsversprechen, desto nervöser werden die Investoren und desto mehr Spekulanten wetten auf einen Staatsbankrott und desto wahrscheinlicher wird er. Schon jetzt müssen die Griechen den Anlegern 5,3 Prozent Zinsen jährlich bezahlen, wenn sie Kredite aufnehmen wollen, zwei volle Prozentpunkte mehr als Deutschland. Das reißt zusätzliche Löcher in die Staatskasse. So könnte die Verunsicherung an den Finanzmärkten gerade die Pleite auslösen, vor der sich alle fürchten. Immer wieder haben solche sich selbst erfüllende Prophezeiungen ganze Länder in den Abgrund getrieben. So gerechtfertigt höhere Zinsen in der Vergangenheit gewesen wären, so gefährlich wären sie jetzt. Eine klare Hilfszusage der anderen EU-Staaten wiederum würde die Märkte beruhigen, doch zugleich wäre der Anreiz für die Griechen gering, ihre Probleme selbst zu lösen. Dabei ufern nicht nur die Etatdefizite einzelner Länder aus, die gesamte Währungsunion ist aus den Fugen geraten. Fast alle Problemstaaten haben mit einer rapiden Verschlechterung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen. In Irland, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien sind die Lohnkosten in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als in Deutschland.»PIIGS«werden diese Länder nach ihren Anfangsbuchstaben an den Finanzmärkten abfällig genannt. Ihre Waren wurden im Ausland teurer, während die deutschen Produkte günstig blieben. Normalerweise wirken die Wechselkurse solchen Ungleichgewichten entgegen. Die Währungen in Ländern mit hohen Defiziten im Außenhandel werten ab, das macht das Exportieren günstiger. Umgekehrt ist es in Staaten mit Überschüssen. Doch auch dieser Mechanismus ist in einer Währungsunion außer Kraft gesetzt. Ein Teufelskreis droht: Die Flaute im Exportgeschäft bremst das Wachstum. Damit wird es noch schwerer, die Schuldenlast abzutragen. In der Brüsseler Kommission ist das Problem bekannt. Die unterschiedliche Lohnentwicklung sei»besorgniserregend«, warnte der langjährige Generaldirektor Klaus Regling im Frühjahr Intern wird man deutlicher.»wenn das so weitergeht, fliegt uns die ganze Währungsunion um die Ohren«, so ein Kommissionsökonom. Abhilfe, da sind sich viele Experten einig, würde eine enge Abstimmung der Wirtschaftspolitik schaffen nicht nur in der Krise, sondern in den guten Zeiten, wenn sich die Ungleichgewichte aufbauen. Die nationale Steuer- und Ausgabenpläne müssten stärker als bisher koordiniert und überwacht werden. Auch die Lohnpolitik müsste in die Abstimmung einbezogen werden. Im Krisenfall würde jeder für jeden einstehen, bei Verfehlungen griffen strenge Sanktionen. Machbar wäre das nur im Rahmen eines gewaltigen Transfers nationaler Souveränität an die EU. Pläne dafür liegen in Brüsseler Schubladen, Mehrheiten sind allerdings nicht in Sicht. In Spanien stiegen die Löhne zu schnell, in Deutschland zu langsam Längst ist zwar auch den europäischen Finanzministern klar, dass die bestehenden Regeln nicht ausreichen. Im Kreise der Ressortchefs wird mehr und mehr über Löhne und Produktivitäten gesprochen. Doch kaum ein Land ist bereit, Kompetenzen abzugeben.»die Haushaltsdisziplin ist Sache der Mitgliedsländer«, sagt ein Mitarbeiter des Europäischen Rates, in dem die Nationalstaaten vertreten sind. Auch in Deutschland wird das so gesehen. Der französische Vorschlag, eine europäische Wirtschaftsregierung zu etablieren, wurde in Berlin wiederholt abgeblockt. Die Bundesregierung weiß: Auch sie säße auf der Anklagebank. Während die Löhne in Griechenland oder Spanien zu schnell stiegen, stiegen sie hierzulande nämlich eher zu langsam. So konnten die deutschen Firmen der Konkurrenz ungestört Marktanteile abjagen.»beide Seiten haben sich nicht stabilitätsgerecht verhalten«, sagt ein Kommissionsbeamter. So hofft man in Brüssel, Frankfurt und Berlin darauf, dass es den finanzschwachen, aber im Improvisieren geübten Südstaaten gelingt, sich irgendwie durchzuschlagen und dass am Ende nicht doch noch Martin Feldstein recht behält. Der Euro, hatte der Amerikaner seinerzeit gewarnt, bringe den Europäern vor allem zwei Dinge:»Eine höhere Arbeitslosigkeit und wahrscheinlich mehr Inflation.«Daimler im... Fortsetzung von Seite 21 Um stolze 19 Prozent stiegen die Mercedes-Ve rkäufe gegenüber dem November 2008, im dritten Monat hintereinander geht es nun aufwärts, vor allem in den USA und auf den Hoffnungsmärkten China (plus 60 Prozent seit Jahresanfang), Brasilien und Indien sind Daimler heiß begehrt. Joachim Schmidt, der seit September Vertrieb und Marketing bei»mercedes Benz Cars«leitet, wundert das überhaupt nicht:»die kritische Diskussion, die wir momentan führen, ist eine rein deutsche Diskussion. In Ländern wie Japan, USA, Saudi-Arabien oder Russland steht die Marke Mercedes-Benz blitzeblank da.«der 61-jährige Vertriebsprofi könnte noch zum Glücksfall werden. Er war schon einmal Mercedes- Chefverkäufer, bevor er von Zetsches Vorgänger kaltgestellt wurde.»ich will die Marke wieder schärfen«, sagt Schmidt. Mit Feuereifer haben er und seine Truppe in den vergangenen Wochen die neue Markenpositionierung aufgeschrieben. Ein Stern mit drei Dimensionen symbolisiert»perfektion, Faszination und Verantwortung«. Zur Perfektion gehören Qualität, Komfort und Sicherheit. Zur Faszination soll Spitzendesign genauso beitragen wie ein Erfolg in der Formel 1. Und mit dem gerade in Serienproduktion gegangenen Elektro-Smart wie auch mit der kundentauglichen A-Klasse, die Wasserstoff tankt, zeige man Verantwortung. Immerhin: Da ist man schneller als die Konkurrenz. Außerdem hat Daimler mit dem S 400 das erste deutsche Oberklassefahrzeug mit diesem psychologisch wichtigen Wort»Hybrid«versehen können.»damit können sich auch Politiker und Topmanager hierzulande wieder in einem großen Auto zeigen«, freut sich Schmidt. Auch haben die Schwaben durch neue Motoren den Abstand zu BMW im Flottenverbrauch deutlich verkürzt. Und sie machen Hoffnung auf mehr: Zetsche verspricht, 2014 serienmäßig eine große S-Klasse zu bringen, die nur noch 3,2 Liter auf 100 Kilometer brauchen soll. Viel schneller soll endlich der knackige Slogan kommen. Denn während BMW (»Freude am Fahren«) und Audi (»Vorsprung durch Technik«) seit langen Jahren ihre Marke mit klaren Worten beschreiben, hätten seine Vorgänger den letzten Slogan (»Die Zukunft des Automobils«) vor vier Jahren einfach aufgegeben, ärgert sich Schmidt. Das wird er ändern, doch so gut der Slogan dann auch sein mag die Produkte müssen dazu passen. Sie dürfen nicht so unförmig sein wie die R-Klasse, und Mercedes darf auch nicht wie in den vergangenen Jahren viele Vergleichstests verlieren. Immerhin, die Leser der Auto Zeitung haben gerade zwei neue Mercedes-Modelle zu den»besten Autos des Jahres 2009«in ihrer Kategorie gekürt. Das sind erste Zeichen für eine Imagewende zu Hause. Fehlen nur noch kleinere Autos, die dem Wunsch der Käufer nach»subtilem, zeitgemäßem und damit vor allem ökologisch korrektem Luxus entsprechen«, wie es Zetsche im November sagte. Dort wird der altbackene kleinste Mercedes (A/B- Klasse) gebaut. Aber Ende 2011, verriet der Konzernchef, solle hier das erste Nachfolgemodell vom Band laufen. Drei der vier geplanten Varianten, darunter ein Coupé und ein Geländeauto, sind fürs jüngere Publikum. In Rastatt wird erweitert, in Ungarn ein Werk gebaut Mercedes kann bald eine halbe Million Kompaktwagen im Jahr bauen. Zetsche will noch mehr. Nachdem VW mit Suzuki seinen neuen Kleinwagenpartner präsentiert hat, steht bei Daimler kurzfristig ein ähnlicher Deal mit Renault an. Zwar dürfte Zetsche eine Finanzbeteiligung scheuen, aber auch in Kooperation mit den Franzosen könnte man die Smart-Klasse ausbauen und gemeinsam entwickelte kleine Motoren in die A-Klasse einpassen. Ein Befreiungsschlag wäre das. Wenn alles nach Plan läuft, will Dieter Zetsche Mitte des kommenden Jahrzehnts 1,5 Millionen Pkw absetzen werden es mit Glück eine Million sein was, übers Jahr gesehen, zu wenig ist, um Gewinn zu machen. Aber danach, 2010, sieht der Vorstandschef einen leichten Zuwachs in Amerika und Deutschland, und er hofft, dass noch mehr Chinesen, Brasilianer und Inder den Mercedes als Statussymbol entdecken. Nur eines darf ihm nicht dazwischenkommen: ein erneuter Konjunkturabschwung. Sonst drohte Zetsche zum dritten Verlierer an der Spitze von Daimler zu werden. Erst Edzard Reuter mit dem Technologiekonzern, dann Jürgen Schrempp mit der Welt AG, nun Zetsche mit einer Art New Mercedes? Daran mag in Abu Dhabi keiner denken. Chefinvestor Al-Husseiny, der schon zwei Mercedes in der Garage hat (»einen für mich, einen für meine Frau«), sagt:»jetzt werde ich mir einen dritten kaufen.«das neue E-Klasse Cabriolet. i Weitere Informationen auf ZEIT ONLINE:

18 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 WIRTSCHAFT 23 Augen zu, Ohren zu und durch! Entweder der Mann betrügt sich selbst. Oder er weiß mehr, mehr jedenfalls als der gemeine Beobachter. So froh, so gut gelaunt und selbstsicher wie Wolfgang Franz kann man in seiner Lage eigentlich kaum sein. Doch der Professor lacht vergnügt. Franz ist Chef des Sachverständigenrates. Er nimmt deshalb, so will es das Gesetz, die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung höchstamtlich unter die Lupe und bewertet sie auch noch. Öffentlich, im Beisein der Regierung. Erst kürzlich haben er und seine vier Kollegen der Kanzlerin vor laufenden Kameras die Leviten gelesen:»tagträumerei«nannten sie die Pläne der schwarz-gelben Koalition.»In jeder Hinsicht enttäuschend. Ganz und gar unverständlich.«das harsche Urteil bekräftigten sie dann noch mit einem 605 Seiten dicken Gutachten. Monatelange Arbeit steckt da drin, die Besten der Zunft hatten gegrübelt, gerechnet und geschrieben. Selten haben sie die deutsche Wirtschaftspolitik so vernichtend beurteilt. Selten schien das so egal. Denn an diesem Freitag soll der Bundesrat ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz verabschieden, das die Kanzlerin will, die Professoren aber kritisieren. Dann wird der Finanzminister im kommenden Jahr 100 Milliarden Euro neue Schulden machen, so viel wie noch nie in der Geschichte Deutschlands. Zusätzlich drängt die FDP im Krankenwesen auf eine Kopfpauschale, die weitere 30 Milliarden kosten könnte. Und schließlich sollen die Steuern sinken, ohne dass entsprechende Sparvorschläge auf dem Tisch liegen. All das sehen viele Berater skeptisch. Die Kanzlerin aber verweist sie regelmäßig mit nebulöser Freundlichkeit in die Schranken:»Wir werden alles daransetzen, dass Ihre düsteren Prognosen nicht eintreffen«, sagt sie und setzt dann meist frei nach Ludwig Erhard hinzu, Wirtschaftspolitik sei zu 50 Prozent Psychologie. Ungesagt schwingt da mit: Davon verstehe ich einfach mehr. Zugleich sekundiert Wirtschaftsminister Rainer Brüderle:»Autofahrer benutzen auch einen Tachometer: Aber sie schauen selbst durch die Windschutzscheibe. Und sie steuern auch selbst.«tacho, Fahrer? Malt man dieses Bild aus, dann zeigt der Tacho der Ökonomen schon die Höchstgeschwindigkeit. Der Fahrer aber tritt weiter aufs Gas, trotz enger Straßen und Nebelbänken.»Wir werden nonchalant überhört«, sagt Klaus Zimmermann, der Chef des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), und setzt hinzu: Es sei schon erstaunlich, wie inzwischen selbst das»einmaleins der Ökonomie«von der Koali tion in Berlin öffentlich ignoriert werde. Allerdings, so relativiert er schnell, sei das ja nicht erst jetzt so. Schon Kanzler Helmut Schmidt habe früher laut über die Herren Ökonomen geschimpft, die so oft falsch lägen. Der SPD-Politiker Ludwig Stiegler schimpfte über das»professorengeschwätz«, sein Kollege Peter Struck fand die Weisen»überflüssig und inkompetent«, er»glaube denen kein Wort«man solle sie am besten»abschaffen«. Und auch Finanzminister Peer Steinbrück klagte öffentlich darüber, dass»die Wirtschaftswissenschaftler keine verlässlichen Empfehlungen haben.«nichts Neues also?»doch«, antwortet der Professor. Neu sei, dass die Wissenschaft vor und in der Krise so komplett danebengelegen habe. Die meisten Ökonomen hätten weder die Turbulenzen auf den Finanzmärkten vorausgesagt noch ihre Tiefe und Folgen für die Volkswirtschaft. Komplett falsch seien all ihre Prognosen gewesen. Das habe Glaubwürdigkeit gekostet, was es der Politik heute leichter als in der Vergangenheit mache, die Beratung der Wissenschaftler öffentlich zu ignorieren. Stefan Homburg, Finanzwissenschaftler in Hannover, geht sogar noch einen Schritt weiter: Die meisten Volkswirte hätten von Finanzkrisen»keinen blassen Schimmer«. Deshalb habe es an Warnungen über die Gefahren, die in den deregulierten Finanzmärkten lauerten, gefehlt. Zudem habe ein Teil von ihnen auch noch mit ungeheurer»chuzpe«der Politik Wachstumsprognosen geliefert, die»nicht besser als die Meteorologie«gewesen seien. Das komplette Prognosegeschäft gehöre daher sofort eingestellt. Es bringe nur Geld für die beteiligten Institute, aber kaum seriöse Erkenntnisse. Und es mache die Wirtschaftswissenschaft grundsätzlich»unglaubwürdig«, sie seien in»eine Art Generalhaftung«geraten. Alles werde beliebig, selbst seriös fundierter Rat könne deswegen als»meinung abgetan«werden. Die beiden Ökonomen mögen mit ihrer Selbstkritik weiter gehen als der große Rest der Zunft. Doch sicher ist: Die Finanzkrise hat die Wirtschaftswissenschaft tatsächlich in eine Bredouille gebracht, und zwar weltweit. Nicht nur haben die meisten Wissenschaftler das Ausmaß der Krise tatsächlich nicht kommen sehen, geschweige denn ausreichend gewarnt. Die Besten und Klügsten stritten sich dann inmitten der Turbulenzen auch noch über so grund- legende Fragen wie: Wie viel Geld soll der Staat zur Stimulierung der Konjunktur ausgeben? Wie groß dürfen Haushaltslöcher noch werden? Wie schlimm wird die Inflation?»Ich habe so etwas noch nie erlebt«, staunt der belgische Ökonom Paul De Grauwe über die Kakophonie seiner Zunft. Er findet den Streit wichtig, weiß aber auch um die fatalen Nebenwirkungen. Denn ganz offensichtlich schaffen es die Ökonomen jetzt fast gar nicht mehr, der Öffentlichkeit klarzumachen, welche Erkenntnisse sicher, welche umstritten oder gar unseriös sind. Und wo sie gar keine haben.»zudem gibt es auch noch all die wichtigen Fragen, die sie gar nicht stellen, geschweige denn beantworten«, kritisiert Rolf Kreibich, Chef des Instituts für Zukunftsforschung und Technologiestudien. Er In der Wirtschaftskrise haben viele Ökonomen ihren Ruf ruiniert. Zu oft lagen sie falsch. Kann die Regierung auf ihre Ratschläge verzichten? VON PETRA PINZLER Der TOTALVERRISS ihrer Politik durch den Sach verständigenrat interessiert sie nicht: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle stellt die klassische Ökonomie (nicht erst seit der Krise, aber wegen der Krise erst recht) grundsätzlich infrage. Sie berücksichtige bis heute die ökologischen Kosten unseres Wirtschaftsmodells nicht, spiegele eine falsche Verlässlichkeit ihrer Prognosen vor und setze viel zu sehr auf Wachstum statt auf Entwicklung. Vor allem der Rat der Wirtschaftsweisen ist dem Mann ein Dorn im Auge, der sei viel zu kurzatmig und oberflächlich in seinen Analysen. Kreibich, der in Deutschland ein Außenseiter sein mag, besitzt international inzwischen prominente Mitstreiter. Gerade hat der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, finanziert vom Milliardär George Soros, ein Institut für alternative Ökonomie gegründet. Und er hat im Auftrag des französischen Präsidenten neue Messlatten für das Wohlergehen von Nationen entwickelt: Der Kapitalismus soll so zugleich krisensicherer und umweltfreundlicher werden. Der Wissenschaft kann das alles nur guttun. Die kurzfristigen Auswirkungen auf das politische Alltagsgeschäft aber beurteilen viele Ökonomen eher negativ. Mal laut, mal leise erklingt immer wieder das gleiche Lamento: Die Krise der Wirtschaftswissenschaften mache es der Regierung einfach leichter, auch gesicherte oder zumindest hinreichend häufig bewiesene ökonomische Erkenntnisse öffentlich als pure Meinung abzutun. Deswegen könne die Bundesregierung beispielsweise die Sparappelle zur Seite wischen, nur über die Geschenke für die Bürger reden und die Debatte über die Lasten in die Zukunft verschieben. Deswegen könne sie dem Wähler die Wahrheit über die Staatsfinanzen und deren Folgen verschweigen. Deswegen könne sie trotz der Haushaltslöcher weitere Steuersenkungen und andere Wohltaten für die Mittelschicht versprechen: Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das diese Woche verhandelt wird, sei da symptomatisch. Das erlaubt den Hoteliers künftig, weniger Mehrwertsteuer abzuführen. Ein Schritt zu einem einfacheren Steuersystem, wie es Wissenschaftler empfehlen, ist das nicht im Gegenteil. Dabei sind sich die Ökonomen (trotz allen Streites) bei einer ganzen Reihe von Einschätzungen weitgehend einig und können sie auch hinreichend belegen: Subventionen verzerren die Preise. Zu viel Verschuldung belastet die nächsten Generationen und kostet Wachstum. Haushaltslöcher dürfen im Verhältnis zum Sozialprodukt nicht zu groß werden. Ökonomische Banalitäten sind das: Und doch können Politiker sie siehe Griechenland oder Italien eine sehr lange Zeit ignorieren. Auch im deutschen Kanzleramt hat man so seine Erfahrungen mit der Missachtung der Ökonomie gemacht. Schon zu Beginn der Großen Koali tion hatten die Sachverständigen das Sparen angemahnt. Zugleich verurteilten sie vehement die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Die sei ein Konsumkiller, so springe die Konjunktur nie an, warnten sie. Kanzlerin Angela Merkel hörte weg. Und dann geschah ein kleines Wunder. Das Wachstum zog an. Kurz vor Ausbruch der Krise sah Deutschlands Zukunft rosig aus, die Steuern sprudelten, und es schien sogar kurzzeitig ein baldiges Regieren ohne neue Schulden möglich. Ist es da nicht verständlich, wenn die Ökonomen heute im Kanzleramt auf taube Ohren stoßen? Man kann die Geschichte so deuten: als einen weiteren Beleg für die Irrelevanz der Ökonomie. Doch es gibt auch eine zweite, plausiblere Interpretationsmöglichkeit: Die Wirtschaft zog zwar an, das aber vor allem wegen der (nicht planbaren) Nachfrage aus dem Ausland. Das war erstens pures Glück. Und zweitens hätte der Aufschwung ohne die Steuererhöhung noch größer werden können, immerhin sorgten die ja für einen Verlust an Kaufkraft. Mitnichten wurde hier also der Sinn ökonomischen Rates widerlegt. Auch die Finanzkrise kann man im Rückblick so deuten: Als Beweis dafür, wie gut die Politik heute von ihren Ökonomen beraten wurde. Als Beweis, wie lernfähig die sind. Zwar haben die meisten die Krise tatsächlich nicht vorhergesagt. Auch stellen sie das System nicht grundsätzlich infrage. Aber als Klempner haben sie sich wieder bewährt und die Regierungen inmitten der Turbulenzen vor dem Schlimmsten bewahrt: indem sie daran erinnerten, dass nun niemand die Handelsschranken runterlassen darf, dass der Protektionismus in den dreißiger Jahren die Weltwirtschaft abgewürgt hat. Indem sie darauf verwiesen, dass man die Banken trotz all ihrer Schandtaten nicht fallen lassen darf. Und dadurch, dass sich auch eher neoliberal denkende Ökonomen plötzlich fern jeder Orthodoxie dafür aussprachen, den Ausfall der privaten Nachfrage durch staatliche Konjunkturprogramme aufzufangen. Selbst die Kanzlerin, die sich auf dem G-20-Gipfel in London gegen Forderungen des amerikanischen Präsidenten Barack Obama nach noch höheren Ausgaben wehrte, hatte sich da längst überreden lassen. Von Ökonomen. Wolfgang Franz, der gut gelaunte Chef des Sachverständigenrates, zieht denn auch aus solchen Erfahrungen seinen Optimismus. Er unterscheidet zwischen den Begegnungen im und denen jenseits des Scheinwerferlichtes. Bei Letzteren, so sagt er, habe er bis heute das Ohr der Berliner Regierung: Erst kürzlich habe man gleich nach der Übergabe des Jahresgutachtens, fern der Kameras, noch mit der Kanzlerin und Finanzminister Wolfgang Schäuble zusammengesessen. Und die seien sehr offen für seine Empfehlungen und die Sparappelle gewesen. Auch Klaus Zimmermann vom DIW lobt die Gespräche im Stillen, da sei sein Rat gefragt. Und der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard, Professor in Regensburg und ebenfalls ein Wirtschaftsweiser, bekräftigt:»bei Schäuble weiß ich hundertprozentig, dass er darüber nachdenkt, wie die Steuersenkungen gegenfinanziert werden müssen.«nur gebe es einen politischen Fahrplan zu bedenken. Dieses Szenario hört man auch in Berlin immer wieder: Entweder die FDP finde in den kommenden Monaten einen gesichtswahrenden Ausstieg aus ihren Steuersenkungsversprechen. Die Partei merke schließlich selbst langsam, dass die nicht finanzierbar seien. Oder es komme nach der Wahl in Nordrhein- Westfalen im Frühjahr zum Showdown zwischen dem Spar- und Haushaltspolitiker Schäuble und den Freidemokraten. Das aber dürfe dem Wähler jetzt noch nicht gesagt werden. Wissenschaftler und Politiker sind heimlich einer Meinung nur dürfen es die Wähler noch nicht wissen? Die Ökonomen drücken den Sachverhalt höflicher aus: Politische und ökonomische Zwänge seien nicht immer leicht zu koordinieren. Langfristig aber ließe sich die ökonomische Realität mitsamt der leeren Kassen eben nicht verdrängen. Und deswegen setzten die Politiker am Ende doch immer wieder viele Rezepte und Empfehlungen der klassischen Wirtschaftswissenschaft um. So sei die Rente mit 67 schließlich Realität geworden und auch die Schuldenbremse, die die Regierung per Grundgesetz schon bald auf einen Sparkurs zwingen werde. Man brauche in der wirtschaftspolitischen Beratung eben einen langen Atem. Außerdem, und wieder lächelt Franz vergnügt, gebe es noch ein Einfallstor für den stillen Einfluss der klassischen Ökonomen: An den entscheidenden Stellen in den Ministerien arbeiteten Ökonomen, die eher wirtschaftsliberal dächten. Franz kennt sie. Jens Weidmann aus dem Kanzleramt hat seine Karriere einst im Sachverständigenrat begonnen. Mit Jochen Homann aus dem Wirtschaftsministerium geht er gern mal ein Bier trinken. Im Finanzministerium arbeiten die Staatssekretäre Jörg Asmussen und Walther Otremba, die Deutschland mit durch die Krise gelenkt und Kanzlerin Merkel und dem Exfinanzminister Peer Steinbrück geholfen haben, schnell zu reagieren:»ökonomisches Bilderbuch«sei das gewesen, sagt Franz, ergo keine Spur von Beziehungskrise. In den Ministerien hört man, wann immer die Mikrofone ausgestellt sind, Ähnliches: Man wisse die Wirtschaftsberater schon zu schätzen, auch wenn ihre Gutachten gern kürzer und knackiger sein könnten. Das sagen gleich mehrere Staatssekretäre. Nur, wo bleibt bei diesem dann doch so guten Zusammenspiel die grundsätzliche Debatte über die Krise der Ökonomie, die falschen Antworten, die ungestellten Fragen? Wie befruchtet der Streit der Ökonomie die Politik auch bei ihrer Suche nach alternativen Lösungen? Selbstsicher sagt da der Wirtschaftsweise Franz: Zum Doktor gehe man auch immer wieder, selbst wenn der mal eine falsche Diagnose gestellt habe. Und irgendwann nehme man auch die verschriebene Medizin. Oft wirke die nämlich doch. Illustration: Thomas Kuhlenbeck/

19 WIRTSCHAFT Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 Das Sandwich-Imperium Die einen sind pleite, die anderen am Rand der Erschöpfung: Wie die US-Kette Subway mit vielen ihrer Franchisepartner umgeht VON PETRA SCHÄFER Gurke, Soße, Gurke, Salatblatt. Auf die U-Boot-förmigen Brötchen kommt, was der Kunde möchte. Ein»Sandwich Artist«richtet es ihm eigens an. Wenn s schmeckt, auch nur Salami. Die amerikanische Sandwich-Kette Subway ist mit rund 770 Restaurants zu einem der größten Fast-Food-Anbieter in Deutschland im Franchise-Betrieb geworden. Fran chise heißt, dass einzelne Unternehmer die Marke Subway und das Geschäftskonzept gegen eine Gebühr nutzen können. Dafür, so hoffen viele, unterstützt sie die Firma bei Standortwahl, Organisation und Werbung. Doch offenbar ist dieses Geben und Nehmen bei Subway aus dem Gleichgewicht geraten. Es häufen sich die Fälle von deutschen Restaurantbetreibern, die sich schlecht beraten, sogar»abgezockt«fühlen. Andere sind offensichtlich überfordert, auch weil Subway sie nahezu ungeprüft hat loslegen lassen. Sichtbar wird dabei eine mangelnde Exzellenz des Weltunternehmens, das bald größer sein will als McDonald s. Es sei ein»fragwürdiges Geschäftsmodell«, basierend auf Selbstausbeutung, urteilt Guido Zeitler, Referatsleiter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss- Gaststätten (NGG), der sich mit den Arbeitsbedingungen in allen großen Fast-Food-Ketten beschäftigt. Kritik aus den eigenen Reihen hatte vor ein paar Wochen sogar ernsthafte Konsequenzen für Subway in Deutschland: Der Deutsche Fran chise- Verband in Berlin, seit über 30 Jahren eine Vereinigung von Franchisesystemen wie McDonald s, Schülerhilfe und Fressnapf, sprach Subway die»ordentliche«mitgliedschaft ab. Eine anonyme Zufriedenheitsstudie, an der 177 Fran chise neh mer teilnahmen, war der Auslöser. 40 Prozent zeigten sich unzufrieden mit ihrem Franchisegeber zu viel für den Verband, der seinen Mitgliedern eine Art Gütesiegel bietet. Daran orientieren sich auch Kredit gebende Banken. Subway-Deutschland-Chef Michael Pokorski besteht aber öffentlich darauf, weiterhin Verbandsmitglied zu sein, und schiebt die Kritik auf die Wirtschaftskrise.»Trotz der allgemeinen wirtschaftlichen Situation haben viele Fran chisepart ner ihre Umsätze halten und verbessern können«, sagt Pokorski.»Wir verkennen jedoch nicht, dass es in der heutigen Zeit leider nicht für alle Franchise part ner gelten kann.«dass jedes Jahr rund zehn Prozent der Fran chiseneh mer wegen Insolvenz aufgeben, gilt in der Fran chise bran che als üblich. Konkrete Zahlen von Subway gibt es dazu nicht. Geheimniskrämerei scheint im Unternehmen Methode zu haben. Auch Michael T. (Name von der Redaktion geändert) will nicht öffentlich über seinen Ärger mit Subway sprechen. Die blauen Jeans, die er hinter der Kühltheke mit den geschnittenen Tomaten und den DAS ERFOLGSMODELL macht nicht alle Ladenbetreiber glücklich Essiggurkenscheiben trägt, sind Protest. Schwarze Hosen müssten es laut Vorschrift sein, doch der Inhaber des Subway-Sandwichrestaurants opponiert. Noch möchte sich der Mann nicht öffentlich mit den Managern der amerikanischen Fast-Food-Fran chiseket te anlegen. Viele Geschichten von gescheiterten Kollegen mit riesigen Schuldenbergen hat er in den vergangenen Monaten gehört. Also darf niemand im System wissen, was Michael T. kritisiert. Nervös knetet er einen leeren Pappbecher mit den Händen. Sein Blick haftet während des Gesprächs auf der Eingangstür seines Lokals an einer belebten Straße. Taucht überraschend ein»field Agent«von Subway auf, ein Berater, der kontrolliert, ob er sich an alle Regeln hält?»wer zu viel kritisiert, bekommt Probleme«, sagt er,»der kann seine Lizenz verlieren.«vor ein paar Jahren hatte er sich mit Subway selbstständig gemacht. Wegen der unternehmerischen Freiheit und der guten wirtschaftlichen Chancen, die ihm ein Subway-Vertreter in Aussicht gestellt habe. Doch Subway hat in Deutschland zwischen Januar und August acht Prozent von 205 Millionen Euro Vorjahresumsatz eingebüßt, meldete das Unternehmen unlängst in einer Information eines Internetforums. Andere Marken-Fast-Food-Betriebe sind eher die Gewinner in der Krise und haben kaum mit Umsatzeinbußen zu kämpfen, stellt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband fest. Was läuft schief im Sandwich-Imperium?»An der Wirtschaftskrise liegt es bei mir nicht«, sagt Michael T. Mit seinem Restaurant in bester Innenstadtlage macht er auch jetzt noch einen Wochenumsatz von bis zu 7000 Euro.»Trotzdem bleibt kaum etwas übrig.«dabei hat Michael T. vorher mehrere Jahre Erfahrung in der Gastronomie gesammelt. Doch wenn er aufzählt, was vom Wochenumsatz abgeht, bevor er seinen Verdienst für sieben zehnstündige Arbeitstage bekommt, schüttelt der Unternehmer resigniert den Kopf. Weil er die Zutaten für seine Sandwiches über Subway-Lieferanten beziehen muss, die teurer als viele Discounter sind, fallen dafür jede Woche bis zu 40 Prozent vom Umsatz an. Vor dem Vertragsabschluss mit Subway sei immer die Rede von maximal 30 Prozent Wareneinsatz gewesen. Das ist auch die in der Takeaway-Branche übliche Höchstgrenze für den Einkauf. Die Personalkosten für seine Mitarbeiter sollten bei höchstens 20 Prozent liegen tatsächlich sind es 25 Prozent, obwohl er täglich mit im Laden steht. Die Fran chise ge büh ren und die Werbeumlage für Subway machen noch einmal 12,5 Prozent. Und auch die saftige Ladenmiete und die Kapitalkosten für die Schulden wollen überwiesen werden. Die Ladeneinrichtung hatte er zusammen mit der Subway-Lizenz für einen sechsstelligen Betrag gekauft.»die Kosten, die durch das System entstehen, sind einfach viel zu hoch«, sagt er und wischt sich mit der Hand durch sein müdes Gesicht,»das hat mir vorher kein Subway-Vertreter so gesagt.«es habe sich gezeigt, dass Franchise neh mer»falsch oder zu wenig beraten worden sind und vor dem Scheitern stehen oder schon insolvent sind«, sagt Christian Prasse, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Franchise neh mer-verbands und Anwalt über das Modell Subway.»Das ist falsch«, entgegnet Pokorski.»Auf die vollständige, vorvertragliche Aufklärung un serer Franchise-Partner legen wir größten Wert.«Anwalt Prasse hat in den vergangenen zwei Jahren jedoch schon über 100 Fälle unzufriedener Subway-Partner und ihrer Geldgeber bearbeitet. Einer von ihnen, Hermann Kraus, fühlt sich von Subway regelrecht in die Irre geführt. Der Apotheker aus Kaiserslautern und sein Sohn, der die Subway-Läden betreibt, haben auf eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung für Sandwich- Shops vertraut, die angeblich von einem Subway-Gebietsentwickler, einem»development Agent«, stammte.»die Zahlen lasen sich traumhaft«, sagt Kraus.» Euro Jahresgewinn mit nur einem Subway-Restaurant waren laut Liste ganz leicht zu erreichen.«während sich der Umsatz durchschnittlich entwickelte, stiegen die tatsächlichen Kosten für Miete, Strom und Personal weit über die Schätzwerte. Am Ende fehlte INDIVIDUELL BELEGTE Sandwiches zum Mitnehmen DER BETRIEB der Lokale ist schon mal teurer als vermutet das Geld für die 12,5 Prozent Franchisegebühr. Schließlich kündigte Subway den Fran chise vertrag in diesem Sommer fristlos. Subway bestreitet, jemals Gewinnprognosen an Vertragspartner ausgehändigt zu haben.»sämtliche Angaben in der Tabelle sind nicht autorisiert und liegen alleine in der Verantwortung des betreffenden Franchisepartners selbst«, so Michael Pokorski. Allerdings seien die Umsatz- und Kostenannahmen»durchaus als realistisch einzuschätzen«. Würden die Zahlen nicht erreicht, sei dies alleine»dem unternehmerischen Engagement des Fran chise part ners geschuldet«. Rechtlich sichert sich Subway stets ab. In jedem Franchisevertrag bestätigt der Gründer gegenüber Subway schriftlich,»dass keiner unserer Mitarbeiter ( ) oder Development Agents ( ) eine Erklärung oder Prognose über tatsächliche oder voraussichtliche Umsätze, Erträge oder Gewinne abgegeben hat.«schadensersatz ausgeschlossen. Woher aber stammt das große Vertrauen der Franchisenehmer?»Sie bekommen in den Gesprächen vorab nur Erfolgsstorys präsentiert. Wenn Sie kein Subway-Profi sind, macht das alles einen sehr positiven Eindruck«, sagt Rüdiger B. (Name geändert). Der langjährige leitende Angestellte wollte vor zwei Jahren etwas Neues wagen und sich mit der bekannten Marke Subway ein zweites Standbein aufbauen. Er investierte insgesamt Euro in ein neues Subway-Restaurant. Nach nur zwei Wochen Standardschulung in der Zentrale in Köln und mit einem komplett englischsprachigen Handbuch sollte der Mann zum erfolgreichen Gastronomen werden. Obwohl er Schnellrestaurants zuvor nur als Gast kennengelernt hatte. Die Lage des Ladens, den ihm ein selbstständiger Development Agent aufschwatzte, entpuppte sich jedoch als Reinfall. Insgesamt 16 Gebietsentwickler arbeiten freiberuflich für Subway und verdienen ihren Unterhalt allein über Provisionen für Neueröffnungen und Anteile an den Franchisegebühren der Unternehmer. Nach gut zwölf Monaten mit bis zu 14 Stunden Arbeit am Tag war Rüdiger B. insolvent, kraftlos und ohne Perspektive. Er fühlt sich benutzt von der US- Kette, die den Laden nun weiterverkaufen will. Doch es findet sich niemand, der Laden steht schon seit einem Drei vier tel jahr leer.»überaus schade«sei das, wenn es mit einem Fran chisenehmer einfach nicht funktioniere mehr hatte Subway nicht für Rüdiger B. übrig.»offenbar fehlt es Subway im Vergleich zu anderen großen Franchisesystemen auch an erfahrenen Unternehmern und Unterstützung durch die Zentrale«, konstatiert Valerie Naumann, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Systemgastronomie. Eine Subway-Lizenz zu erwerben ist relativ leicht. Im Gegensatz zu McDonald s oder Burger King, die Anfangsinvestitionen im oberen sechsstelligen Bereich und ausreichend Erfahrung in Gastgewerbe und Unternehmensführung erfordern. Mit Euro Startsumme und 30 Prozent Eigenkapital ist ein Gründer bei Subway schon dabei. Dafür gibt es keine Garantie auf Gebietsschutz: Subway kann also weitere Lizenzen für Läden in unmittelbarer Nähe verkaufen in deutschen Großstädten passiert das regelmäßig. Die Verantwortung für den richtigen Standort des Lokals trägt allein der Unternehmer, eine sachkundige schriftliche Analyse gibt es bei der Sandwich-Kette nicht. Auch das läuft beim Konkurrenten McDonald s anders: Dort verlassen sich die Fran chise neh mer auf eine Datenbank für die besten Lagen, gefüttert vom Statistischen Bundesamt. Dabei sollen die Stullenläden in den nächsten Jahren McDonald s überrunden. Die Pläne von Markeninhaber und Firmengründer Fred DeLuca aus Connecticut sind ehrgeizig: Insgesamt 1000 Restaurants in Deutschland bis Ende 2010, weitere 150 im Jahr 2011 sind die offizielle Subway-Devise. Doch die Imagepflege fällt der Kette offenkundig schwer: Auch beim Bundesverband Systemgastronomie in München blitzte Subway vor wenigen Wochen ab. 700 Franchisenehmer verschiedener Ketten wie McDonald s, Burger King, Vapiano und Pizza Hut sind dort Mitglied und halten sich an vereinbarte Tarife für ihre Beschäftigten. Trotz der eilig einberufenen Subway-Regionalversammlungen mit den Fran chisenehmern diesen Sommer gelang es der deutschen Systemzentrale um Pokorski nicht, eine Mehrheit der über 400 Subway-Franchisenehmer zu überzeugen: Sie sollten eine Tarifbindung für 7,20 Euro Stundenlohn unterschreiben. Auf den ersten Blick liegt hier der Schwarze Peter zwar bei den Fran chisenehmern.»ein erfolgreiches Franchise sys tem muss aber seine Unternehmer mo tivieren können und sich auf eine ethische Grundlage stellen«, meint Verbandsgeschäftsführerin Naumann,»Subway fehlt ein Teamgefühl.Die Subway-Zentrale hat keinerlei Einfluss auf die Lohnpolitik ihrer Fran chise part ner«, entgegnet Pokorski. Nun ist die Sandwich-Kette die einzige große Fast-Food-Marke, die auf der neuen»charta der Systemgastronomie«des Verbandes fehlt. Dort verpflichten sich andere Franchiseunternehmen sowohl für ihre in Eigenregie betriebenen Restaurants wie auch für ihre Fran chise stand orte zu»tarif lich festgelegten und transparenten Arbeitsbedingungen«. Subway jedenfalls liegt beim Lohnniveau für viele der 7000 Mitarbeiter hinter dem Tresen weit unter dem Durchschnitt: Es würden schon mal 3,50 Euro Stundenlohn für die Arbeit gezahlt, meldet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten aus verschiedenen Subway-Betrieben.»Von den namhaften Fast-Food-Ketten ist das der unterste Bereich, den ich kenne«, sagt NGG-Referatsleiter Zeitler. Dabei liegt der westdeutsche Durchschnittslohn in der Gastronomie bei ohnehin niedrigen 7,07 Euro pro Stunde. Michael T. will sieben Euro Stundenlohn nicht unterschreiten. Aber weil ihn die Kosten drücken, beschäftigt er jetzt pro Schicht einen Mitarbeiter weniger im Restaurant. Dafür muss er selber noch mehr ran.»manchmal weiß ich nicht, wie lange ich das hier noch durchhalte.«fotos [M]: Killig/momentphoto/imago; Rainer Unkel/vario images; Johannes Eisele/ddp; Zick/Keystone (v.o.)

20 17. Dezember 2009 DIE ZEIT Nr. 52 WIRTSCHAFT 27 Die Wall Street siegt Amerikanische Banken haben eine strenge Kontrolle von Derivaten verhindert der nächste Schock wird dadurch sehr viel wahrscheinlicher VON HEIKE BUCHTER Es war der überhitzte Immobilienmarkt in den USA, auf dem die Finanzkrise entstand. Die Brandbeschleuniger waren die sogenannten Derivate. Jene komplexen Finanzinstrumente, die Banken, Versicherer und Investoren weltweit in ein dichtes Geflecht verstrickt hatten und das gesamte Finanzsystem an den Rande des Zusammenbruchs führten. Nur massive Stützungsaktionen der Steuerzahler verhinderten das Schlimmste. Also schworen Regierungsvertreter rund um den Globus, ja selbst Banker, so etwas dürfe nie wieder geschehen. Manche wollten die riskanten Instrumente sogar ganz verbannen. Die Derivatemärkte strikt zu regeln war die Mindestforderung, auf die sich Staatschefs bei Gipfeltreffen einigen konnten. In den USA, dem Ausgangsort der Krise, versprach der frisch gewählte Präsident Obama ein Großreinemachen an der Wall Street. Jetzt hat das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten einen Gesetzesentwurf verabschiedet. Der sieht unter anderem eine neue Verbraucherschutzbehörde für den Finanzsektor vor. Künftig sollen zudem Bankenaufseher einen außer Kontrolle geratenen Finanzkoloss auseinandernehmen, wenn er zur Bedrohung für die Gesamtwirtschaft wird. Außerdem sollen Banken in einen Zwangssicherungsfonds einzahlen. Die Medien feierten den Entwurf prompt als»grundlegendste Reform seit der Großen Depression«. Doch ausgerechnet bei den Derivaten sind die Formulierungen wachsweich.»allen war klar, dass die Derivatereform das wohl wichtigste Regulierungsvorhaben nach der Finanzkrise ist. Jetzt scheint plötzlich alles in der Luft zu hängen«, sagt Barbara Roper, Anlegerschützerin bei der landesgrößten Verbraucherorganisation namens Consumer Federation of America. Auf dem Spiel stehen unvorstellbare Summen. Auf dem weltweiten Derivatemarkt sind Nominalwerte von 600 Billionen Dollar unterwegs das Zehnfache der gesamten globalen Wirtschaftsleistung. Vor der Finanzkrise im vergangenen Herbst war das Volumen sogar auf 700 Billionen angeschwollen. Kein anderer Bereich des Finanzwesens hat in den vergangenen Jahren vergleichbare Wachstumsraten erzielt und kein Bereich hat potenziell gefährlichere Auswirkungen für die Allgemeinheit. Doch es gibt bis heute keine Behörde, keinen Aufseher, der DIE NEW YORKER BÖRSE im Süden von Manhattan diesen Markt überblickt, geschweige denn kontrolliert. Alle bisherigen Vorstöße von Regierungen und Regulierern in diese Richtung wurden von den Banken abgeschmettert. Der Markt ist selbst für Insider undurchsichtig und verworren Es ist ein kleiner Kreis von Großbanken, der das Derivateschattenreich beherrscht. Dazu gehören J.P. Morgan Chase, Goldman Sachs, Bank of America, Morgan Stanley, Citigroup und die Deutsche Bank. Bei den Transaktionen geht es im Prinzip um Wetten auf Kursbewegungen von Devisen, Aktien und Rohstoffen sowie auf Zinsschwankungen. Einerseits kann sich dadurch beispielsweise ein internationaler Industriekonzern gegen Wechselkursrisiken absichern oder ein Stromerzeuger gegen Preisschwankungen an den Energiemärkten. Andererseits sind da die Hedgefonds und die Händler der Banken, die rein auf finanzielle Gewinne spekulieren. Der Markt, der im Wall-Street-Jargon schlicht over the counter (über den Ladentisch) heißt, ist selbst für Insider undurchsichtig und verworren. Vereinfacht dargestellt, funktioniert das Geschäft so: Die Kontrakte werden zwischen den Vertragspartnern vereinbart. Ein US-Unternehmen mit Vertrieb in Europa handelt etwa mit einer Bank eine Transaktion aus, die vor einem möglichen Verfall des Euro schützen soll. Die Bank sichert sich selbst ab, indem sie mit einem weiteren Finanzinstitut eine entsprechende Transaktion vereinbart, die dieses Risiko aufhebt. Wer welche Verpflichtungen eingeht, bleibt den Bankenaufsehern verborgen. Diesen Hinterzimmerdeals wollte Barack Obama ein Ende bereiten. Denn sie bergen ein großes Risiko: Der Auszahlungsfall tritt ein und der Vertragspartner kann nicht zahlen. Dann droht die Transaktionskette, die eigentlich für mehr Sicherheit sorgen soll, zur Zündschnur zu werden. Genau so kam es zur Panik nach dem Absturz der Investmentbank Lehman Brothers und des Versicherungsriesen AIG Foto: Gerald Holubowicz/Polaris/laif im vergangenen Herbst. Obamas ursprünglicher Vorstoß sah deshalb vor, die Derivategeschäfte zu standardisieren und die Titel wie Optionen oder Terminkontrakte öffentlich an Börsen zu handeln. Zumindest jedoch sollten die Transaktionen über eine neutrale Stelle, ein sogenanntes Clearinghaus, abgewickelt werden, die bei einem Ausfall eines Vertragspartners einspringt. Dafür müssten die Handelspartner Sicherheiten bei ebendieser Clearingstelle hinterlegen. Und die Regulierer hätten endlich Einblick in das Schattenreich der Derivate, und das Geschäft würde ein wenig schwerer. Für die Banken ist die Börsenidee ein Horrorszenario und die Einrichtung einer Clearingstelle nur geringfügig besser. Sie sehen ihre Profite in Gefahr. Wie lukrativ die Derivate über den Ladentisch für die Großbanken sind, lässt sich nur schätzen. Die Institute machen dazu keine direkten Angaben. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg hat aus Pflichtmeldungen der fünf größten Banken an die New York Fed errechnet, dass sie in dem Geschäft allein dieses Jahr 35 Milliarden Dollar erlösen dürften. Anfangs sah es so aus, als würde die Wall Street den Kampf gegen die Finanzmarktreform verlieren. Über Jahrzehnte waren die Banker es gewohnt, dank großzügiger Spenden in Washington auf offene Ohren zu stoßen. Nach der Finanzkrise zeigten sich die Volksvertreter jedoch weniger empfänglich. Geschickt wechselten manche Banker die Taktik und schickten ihre Kunden vor. Das zeigt das Beispiel Sean Cota: Der Familienunternehmer, der Heizöl in Vermont vertreibt, hatte sich öffentlich für eine Derivatereform und mehr Transparenz starkgemacht. Doch plötzlich meldeten sich Branchenkollegen bei ihm, die meinten, die Reform würde die Derivate für die Unternehmen viel zu teuer machen. Für Cota steht fest, dass es sich um eine verdeckte Wall-Street- Kampagne handelt.»ich bin stutzig geworden, weil die Formulierungen fast identisch waren«, sagt Cota. Es stellt sich heraus, dass die Ölhändler von ihren Bankbetreuern angesprochen worden waren, mit denen sie seit Jahren zusammenarbeiten. Ganz ähnlich argumentiert die sogenannte Koalition der Endverbraucher von Derivaten, die eigens zu diesem Zweck gegründet wurde. Dazu gehören Schwergewichte wie Apple, General Electric und IBM. Offiziell ist für internationale Konzerne die Absicherungsfunktion der Derivate entscheidend. Doch der Graubereich, in dem sich die Kontrakte bewegen, bietet auch andere Reize. Ohne die neugierigen Blicke von Behörden können die Transaktionen für Steuervorteile oder zur Bilanzkosmetik genutzt werden.»für Derivate über den Ladentisch gibt es aus Sicht der Allgemeinheit eigentlich nur schlechte Gründe«, lästert William Black, ehemaliger Bankenaufseher und bekannter Kritiker der Wall Street. Rührig sind die Banken auch auf der anderen Seite des Atlantiks. Europäische Konzerne, darunter E.on, Siemens und Volkswagen, sind bereits in Brüssel vorstellig geworden. Sie warnen vor einer Überregulierung bei Derivaten und Milliardenverlusten. Die nächste Schlacht wird nun im Senat geschlagen In den USA zeigte die Kundenkampagne bereits den gewünschten Erfolg. Das Repräsentantenhaus billigte gerade die Gesetzesvorlage, die großzügige Ausnahmen für sogenannte Endkunden vorsieht also jene Großunternehmen, die mit ihrem Brandbrief die Volksvertreter zu überzeugen versuchten. Derivate, mit denen auf bestimmte Devisenkurse spekuliert wird, sind ebenfalls komplett ausgenommen, obwohl diese Währungswetten bereits beim Zusammenbruch des Hedgefonds LTCM vor zehn Jahren beinahe einen Systemkollaps auslösten. Kritiker fürchten, dass die Banken diese Schlupflöcher nun auch nutzen und nur ein Bruchteil der Transaktionen über Börsen oder öffentliche Clearinghäuser laufen wird.»für die Wall Street gibt es ein paar Ärgernisse, aber im Wesentlichen ändert diese Reform nichts«, urteilte ein Brancheninsider nach der Abstimmung. Die nächste Schlacht wird nun im US-Senat geschlagen. Dort will Christopher Dodd, Vorsitzender des Bankenausschusses des Senats, einen Vorschlag durchboxen, der schärfer ist als die Version des Repräsentantenhauses. Doch der Demokrat benötigt dafür die Stimmen aller Parteifreunde. Die sind jedoch alles andere als gesichert. Ein Grund dafür ist recht profan: Mit jeder Woche rücken die Kongresswahlen 2010 näher. Und die Abgeordneten müssen ihre Spendenbeutel füllen. i Weitere Informationen auf ZEIT ONLINE:

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