Welchen Beitrag kann ein historisches Stadtquartier zur Erreichung der Klimaschutzziele
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- Meike Klein
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1 Energieeffizienz im historischen Stadtquartier Göttingen Quartier am Botanischen Garten 1. Idee/Planung der Strategie Welchen Beitrag kann ein historisches Stadtquartier zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten? Welche Rolle können dabei die Gebäude spielen, wenn ihre baukulturelle Integrität bewahrt wird? Welchen Stellenwert haben andere Maßnahmen im Stadtquartier? Stehen Klimaschutz und Denkmalpflege im Widerspruch? Diese Fragen stellte sich die Stadt Göttingen und entschied sich im Jahr 211 für eine Untersuchung in der historischen Innenstadt. Mit dieser Untersuchung verfolgt Göttingen unter anderem das Ziel 4 Prozent der CO 2 -Emissionen bis zum Jahr 22 einzusparen, wie es im integrierten Klimaschutzkonzept erarbeitet wurde. Die Göttinger Altstadt innerhalb des Walls, der jüngsten und am weitesten greifenden Stadtbefestigung der Stadt, die heute als Altstadt umgreifender Grünzug noch erlebbar ist, weist einen bedeutenden Bestand historischer Gebäude auf, die hinsichtlich der Profanbauten von Fachwerkhäuser des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu im 21. Jahrhundert errichteten Gebäuden reichen. Die Göttinger Altstadt hat den zweiten Weltkrieg substanziell fast unbeschadet überstanden, gleichwohl sind zum Teil flächige Denkmalverluste der Nachkriegszeit und bis in die 198er Jahre hinein zu konstatieren. Als Projektgebiet für das Modellvorhaben sollte ein repräsentativer Teil der Göttinger Altstadt ausgewählt werden, der auf die gesamte Innenstadt übertragbar ist. Folgende Kriterien sollten erfüllt werden: Kommunaler Gebäudebestand, öffentliche Gebäude, ein historischer Gebäudebestand, der insbesondere auch den typischen Bestand an stadtbildprägenden Gebäuden beinhaltet und eine vielfältige Eigentumsstruktur mit privaten Einzeleigentümern sowie institutionellen Eigentümern. Für das ausgewählte Quartier am Botanischen Garten wurden nun umfangreiche Möglichkeiten zur Energieeinsparung untersucht. Ein wichtiger Aspekt war dabei die energetische Sanierung der Gebäude unter Wahrung ihrer baukulturellen Merkmale, wie Fachwerk- oder Stuckfassaden, Fenstergliederungen oder Dachlandschaft. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die möglichen Maßnahmen der Wärmeversorgung im historischen Stadtquartier. Ein wesentlicher und abschließender Aspekt betrifft die Übertragbarkeit des Projekts auf die gesamte historische Innenstadt, sowie eine Übertragung auf andere Kommunen mit historischem Innenstadtkern. 2. Beschreibung der Strategie A) Auswahl des Quartiers Das Quartier Am Botanischen Garten umfasst ca. ein Fünftel der Innenstadtfläche. Der Gebäudebestand ist geprägt von historischen Gebäuden aus allen Bauepochen von der Gotik bis zur Nachkriegsmoderne. Etwa 2/3 der Gebäude stehen als Einzeldenkmal oder Ensemble unter Schutz. Unterschiedlichste Nutzungen verdeutlichen die vielfältige Bau- und Siedlungsstruktur Seite 1 von 7
2 B) Befragung der Eigentümer Die ca. 15 Gebäude befinden sich im Eigentum von 135 privaten oder institutionellen Eigentümern. Eine Fragebogenaktion an die Eigentümer zur Einschätzung des energetischen Zustands bedeutsamer Bauteile, zu Art und Zustand der Haustechnik und zu Beweggründen für eine energetische Sanierung hatte trotz der sehr knappen Rücksendefrist den beachtlichen Rücklauf von etwa 4 %. C) Typisierung der Gebäude A1 Fachwerkhaus bis 1. Hälfte 18. Jhdt. A1 A2 Fachwerkhaus 2. Hälfte bis Hälfte Jhdt.- Anfang 18. Jhdt. 2. Jhdt. A1 B1 Wohn- Fachwerkhaus und Geschäftshaus bis 1. Hälfte der 18. Gründerzeit Jhdt. A1 B2 Fachwerkhaus Gründerzeitvilla bis 1. Hälfte 18. Jhdt. A1 C Fachwerkhaus Geschossbau bis Hälfte Jhdt. Fachwerkhaus bis 1. Hälfte 18. Jhdt. Fachwerkhaus 2. Hälfte 18. Jhdt.- Anfang 2. Jhdt. Wohn- und Geschäftshaus der Gründerzeit Gründerzeitvilla Geschossbau Seite 2 von 7
3 Auf Grundlage der Denkmaltypographie der Denkmalbehörde der Stadt Göttingen und unter Beachtung der neuzeitlichen Bebauung wurden fünf verschiedene Gebäudetypen im Quartier ermittelt, die ähnliche baukonstruktive und bauphysikalische Merkmale aufweisen. Die Mehrzahl der Gebäude konnten den Typen zugeordnet werden. Die restlichen Gebäude stellen eine heterogene Gruppe dar und mussten einzeln betrachtet werden. D) Aktueller Wärmebedarf Im Quartier am Botanischen Garten gibt es erhebliche Unterschiede im Wärmebedarf, abhängig von der Bauweise, dem Sanierungsgrad, der Nutzung sowie dem Alter und Zustand der Heizungsanlage. Für die fünf Gebäudetypen wurde jeweils ein mittlerer Wärmebedarf ermittelt, der den weiteren Untersuchungen zugrunde liegt. E) Prognostizierter Wärmebedarf Zwei detaillierte Energiegutachten je Typ wurden für die Ermittlung des max. Einsparpotential von zertifizierten Energieberaten erstellt. Die Einsparpotentiale liegen je nach Typ zwischen 36% und 47%. Durchschnittlich 39 % Einsparung können allein durch Maßnahmen an Gebäuden erreicht werden. Je nach Sanierungsdruck und forcierter Investitionsaktivität kann dieses Ziel zwischen 23 und 235 erreicht werden Seite 3 von 7
4 F) Versorgungsplanung Netzausbau Die Wärmeversorgung im Quartier erfolgt derzeit meist mit Erdgas und Fernwärme. Auf Grundlage der aktuellen Verbrauchswerte wurde pro Straßenabschnitt die Liniendichte des Wärmebedarfs ermittelt. Da durch das Quartier bereits eine Fernwärmeleitung verläuft, ist eine Fernwärmeversorgung flächendeckend wirtschaftlich darstellbar. G) Versorgungsplanung Energieerzeugung Erneuerbare Energiequellen können im Quartier nicht in nennenswertem Ausmaß erschlossen werden. Die Fernwärmeversorgung ermöglicht jedoch den Einsatz erneuerbarer Energien außerhalb des Quartiers. Im Heizkraftwerk wird bereits eine BHKW- Anlage mit Rohbiogas aus einer Biogasanlage außerhalb der Stadtgrenze betrieben. Bei Ausbau der Fernwärme kann dieses System erweitert werden. Aktuell erzeugt die Wärmeversorgung des Quartiers einen jährlichen CO 2 -Ausstoß in Höhe von 2.47 t CO 2. Bei den im Quartierskonzept angesetzten Entwicklungen im Bereich der Fernwärmeerzeugung und -versorgung reduziert sich der CO 2 -Ausstoß durch die Modernisierung der Versorgung um 973 t / a. Damit wäre bereits eine Verringerung des CO 2 -Ausstoßes auf t erreicht. Das entspricht der erläuterten Einsparung von 39 %. Dabei ist allerdings noch nicht der erhöhte Einsatz von Biogas aus erneuerbaren Quellen berücksichtigt. Durch die bilanziell besonders günstige Seite 4 von 7
5 Stellung von Biogas beim CO 2 -Ausstoß würde sich bei Berücksichtigung aller angestrebten Entwicklungen im Quartier sogar ein negativer CO 2 -Ausstoß ergeben. Denkmalschutz behindert nicht Klimaschutz! Ein übertragbares Konzept Die Ergebnisse zeigen, auch behutsame Wärmedämmmaßnahmen an stadtbildprägenden Gebäuden können den Wärmebedarf deutlich verringern. Die Fernwärme ist in der verdichteten Innenstadt auch bei zukünftiger Reduktion des Wärmebedarfs wirtschaftlich darstellbar und eröffnet das Tor zum Einsatz erneuerbarer Energien. Eine vollständige Reduzierung der CO 2 -Emissionen ist erreichbar! Bei Ausführung aller Maßnahmen können sogar mehr CO 2 -Emissionen eingespart werden, als derzeit im Quartier im Wärmebereich verursacht werden. Die erarbeitete Vorgehensweise der Untersuchung wird nun auf die gesamte historische Innenstadt angewandt. Dabei können die Erkenntnisse zum Einsparpotential der Gebäudetypen schnell und einfach übertragen werden. Für die Umsetzung der geplanten Aktivitäten im gesamten Innenstadtgebiet soll ein Quartiersmanager unterstützend wirken. Eigentümer sollen umfassend informiert und in ihren energetischen Sanierungsmaßnahmen unterstützt werden. Eine Verdichtung der Fernwärmeversorgung ist ein weiteres Aufgabengebiet des Quartiermanagers. Als gutes Beispiel soll das Göttinger Modell für andere historische Innenstädte vorangehen! Die Vorgehensweise, Ergebnisse und auch Erkenntnisse der Untersuchung sind gut übertrag- und anwendbar Seite 5 von 7
6 3. Kooperationspartner Durch die ressortübergreifende Bündelung der Kompetenzen und Informationen - verschiedene Fachdienste der Stadtverwaltung Göttingen (Stadtentwicklung, Denkmalpflege, Klimaschutz & Energie) - der Stadtwerke Göttingen AG (Gas- und Fernwärmeversorger im Quartier) - der Energieagentur Region Göttingen e.v. mit ihrem Energieberaternetzwerk aus Architekten und Gebäudeenergieberatern konnten die wesentlichen Aspekte der bestehenden Gebäude- und Nutzungsstruktur sowie der Wärmeversorgung relativ unaufwendig und zeitnah zugänglich gemacht werden. Verstärkt wurden die lokalen und regionalen Kompetenzen durch zwei externe Forschungspartner mit unterschiedlichem Profil: - dem Bremer Energie Institut mit Kernkompetenzen in den Bereichen der Energieinfrastruktur, des Einsatzes Erneuerbarer Energien, der Simulation und Prognose von Wärmebedarfsberechnungen und der typologischen Betrachtung von Quartieren - complan Kommunalberatung mit Kernkompetenzen im Bereich Städtebaulicher Denkmalschutz, Stadterneuerung, integrierte Stadt- und Quartiersentwicklungskonzepte, Prozessmanagement und Öffentlichkeitsarbeit. Diese Teamaufstellung hat dazu beigetragen, dass in der aus fördersystematischen Gründen sehr knapp bemessenen Projektlaufzeit eine Reihe plausibler Ansätze entstanden sind. Der gute Rücklauf der Fragebögen und die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger des Stadtquartier Am Botanischen Garten bei der dazugehörigen Informationsveranstaltung zeigen, dass das Interesse zum Klimaschutz geweckt wurde und bei den Themen Sanierungsmaßnahmen und Energiesparen ein großer Beratungsbedarf besteht. 4. Bilanz / Erfolge Zusammengefasste Energie- und CO 2 -Einsparpotenziale im Quartier Werden die Einsparpotenziale auf der Ebene der gebietsbezogenen Infrastruktur und die gebäudebezogenen Energieeffizienzpotenziale zusammengeführt, ergibt sich insgesamt ein erhebliches Energieeinsparpotenzial und damit einhergehend CO 2 - Minderungspotenzial im Quartier am Botanischen Garten. Bezüglich des Wärmebedarfes der Gebäude im Quartier besteht aktuell 1 ein Wärmeverbrauch von kwh / a. Im Jahr 235, wenn nach den avancierten Sanierungsprognosen die maximalen Einsparmöglichkeiten durch energetische Sanierung der Gebäude im Quartier erreicht sind, beträgt der prognostizierte Wärmeverbrauch für das Quartier noch kwh /a. Das entspricht einer Reduzierung um rund 39 %. 1 entsprechend der Verbrauchsdaten von 28 bis Seite 6 von 7
7 A1 Fachwerkhaus bis 1. Hälfte 18. Jhdt. A1 A2 Fachwerkhaus 2. Hälfte bis Hälfte Jhdt.- Anfang 18. Jhdt. 2. Jhdt. A1 B1 Wohn- Fachwerkhaus und Geschäftshaus bis 1. Hälfte der 18. Gründerzeit Jhdt. A1 B2 Fachwerkhaus Gründerzeitvilla bis 1. Hälfte 18. Jhdt. A1 C Fachwerkhaus Geschossbau bis Hälfte Jhdt % % % % % Ist-Zustand saniert Aktuell erzeugt die Wärmeversorgung des Quartiers einen jährlichen CO 2 -Ausstoß in Höhe von 2.47 t/a. Bei den im Quartierskonzept angesetzten Entwicklungen im Bereich der Gebäudesanierung reduziert sich der CO 2 -Ausstoß bis zum Jahr 235 um 973 t / a auf t/a, was den 39 % entspricht. Dabei sind allerdings noch nicht die Verbesserungen durch die Fernwärmeversorgung und -erzeugung sowie der erhöhte Einsatz von Biogas aus erneuerbaren Quellen berücksichtigt. Durch die bilanziell besonders günstige Stellung von Biogas beim CO 2 -Ausstoß ergibt sich bei Berücksichtigung aller angestrebten Entwicklungen im Quartier sogar ein negativer CO 2 -Ausstoß. Die Emissionen werden durch die Verwendung von Biogas in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen im vorgesehenen Umfang überkompensiert und der nominelle CO 2 -Ausstoß beträgt jährlich -713 t/a. Das entspricht rechnerisch einer Reduzierung um 128 %. Das gesamte Einsparpotenzial für die CO 2 -Emissionen beträgt im Quartier am Botanischen Garten t/a. 5. Finanzierung Das Projekt wurde im Rahmen des Forschungsprogramms Sondervermögen Energie- und Klimafonds (Nationale Klimaschutzinitiative) Modellvorhaben Gebäudebestand (Energieeffizienz / Denkmalschutz) erstellt. 95% der Projektkosten von wurden im Rahmen der Initiative Architektur und Baukultur des BMVBS/BBSR gefördert Seite 7 von 7
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