Oberlandesgericht Dresden, 20. Zivilsenat Familiensenat - Beschluss vom ,Az.: 20 UF 244/10
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- Lilli Louisa Fuhrmann
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1 Leitsatz: Einstweilige Anordnungen zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen gemäß 1631b BGB sind nach 58 ff. FamFG mit der Beschwerde anfechtbar. Sie unterliegen nicht der Einschränkung der Vorschrift des 57 FamFG, die den Ausschluss der Anfechtbarkeit einstweiliger Anordnungen in Familiensachen regelt. Oberlandesgericht Dresden, 20. Zivilsenat Familiensenat - Beschluss vom ,Az.: 20 UF 244/10
2 2 Oberlandesgericht Dresden 20. Zivilsenat Familiensenat Aktenzeichen: 20 UF 0244/ F 1023/10 AG Leipzig Beschluss des 20. Zivilsenats - Familiensenat - vom In der Familiensache Betroffener und Beschwerdeführer Verfahrensbeistand: Rechtsanwalt Weitere Beteiligte: wegen Unterbringung
3 3 hat der 20. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Piel, Richterin am Oberlandesgericht Maciejewski und Richterin am Oberlandesgericht Jokisch beschlossen: 1. Die Beschwerde des betroffenen Jugendlichen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht - Leipzig vom wird z u r ü c k g e w i e s e n. 2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt. G r ü n d e : I. Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss auf Antrag der allein sorgeberechtigten Mutter die vorläufige Unterbringung des Jugendlichen I, geboren am 1993, in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens genehmigt. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass I an einer emotionalen-instabilen Persönlichkeitsentwicklungsstörung - impulsiver Typus - mit polytoxikomanem Drogenmissbrauch leide und aufgrund seiner von ihm nicht mehr steuerbaren Gewalt- und Aggressionsbereitschaft eine erhebliche Gefahr bestehe, dass der Jugendliche sich und anderen gesundheitlichen Schaden zufüge. Es sei notwendig, eine sichere Diagnose zu stellen und mit dem Jugendlichen eine freiwillige Therapiemotivation zu erarbeiten. Da I derzeit eine
4 4 Behandlung ablehne, sei eine vorläufige geschlossene Unterbringung notwendig. I befindet sich seit dem im. Er wendet sich mit seiner durch den Verfahrensbeistand mit Schriftsatz vom eingelegten Beschwerde gegen seine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung. Zur Begründung führt der Verfahrensbeistand aus, das zuständige Jugendamt habe nicht ansatzweise versucht, eine Problemlösung auf andere, weniger schwerwiegende Weise zu erreichen. Der betroffene Jugendliche habe sich bereits seit dem im Kinder- und Jugendnotdienst der aufgehalten, da eine Rückkehr in den mütterlichen Haushalt nicht möglich gewesen sei. Obwohl die sorgeberechtigte Mutter das Jugendamt seither nachhaltig um Unterstützung gebeten habe, sei sie vom Jugendamt lediglich darauf verwiesen worden, beim Familiengericht einen Antrag nach 1631 b BGB zu stellen. Zu einer Perspektive nach einer qualifizierten Entgiftung, der sich I freiwillig zu unterziehen bereit sei, habe sich das Jugendamt auch bisher nicht geäußert. Das Jugendamt hat zum Beschwerdevorbringen Stellung genommen. Auf das Schreiben vom wird verwiesen. II. 1. Die Beschwerde ist statthaft. Das Verfahren über die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach 1631 b BGB ist gemäß 151 Nr. 6 FamFG eine Kindschaftssache und als solche eine Familiensache. Für dieses Verfahren sind jedoch - anders als für die anderen Familiensachen ( 111 FamFG) - gemäß 167 Abs. 1 FamFG die für Unterbringungssachen nach 312 Nr. 1 FamFG geltenden Vorschriften anzuwenden. Gemäß 331 FamFG können zur Anordnung oder Genehmigung einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme auch einstweilige An-
5 5 ordnungen erlassen werden. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung richtet sich gemäß 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG nach den Vorschriften, die für eine entsprechende Hauptsache gelten, soweit sich nicht aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes etwas anderes ergibt. Die Vorschriften über Unterbringungssachen ( 312 ff. FamFG) enthalten keine besonderen Regelungen über die Anfechtung von Unterbringungsentscheidungen, so dass der Erlass oder die Ablehnung von Unterbringungsmaßnahmen nach den allgemeinen Vorschriften ( 58 ff. FamFG) anfechtbar sind (vgl. Bumiller/Harder, FamFG, 9. Aufl., 331 Rdn. 24; Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., 331 Rdn. 10; Jurgeleit/Dieckmann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 17 Rdn. 165; Prütting/Helms/Roth, FamFG, 131 Rdn. 18; Schulte- Bunert/Weinreich, FamFG, 131 Rdn. 24). Dies gilt auch für einstweilige Anordnungen. Aufgrund der nach 167 Abs. 1 FamFG umfassenden Geltung der für Unterbringungssachen maßgeblichen Vorschriften unterliegt die einstweilige Anordnung zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach 1631 b BGB auch nicht der Einschränkung der Vorschrift des 57 FamFG, die den Ausschluss der Anfechtbarkeit einstweiliger Anordnungen in Familiensachen regelt (Prütting/Helms/Stößer, FamFG, 57 Rdn. 14; Kretz, Einstweilige Anordnungen in Betreuungs- und zivilrechtlichen Unterbringungssachen nach dem FamFG, BtPrax 2009, 160, 165, 166; andere Ansicht: OLG Koblenz, NJW 2010, 880). Die Anfechtbarkeit einer durch einstweilige Anordnung genehmigten, auch nur vorläufigen Unterbringung ist insbesondere wegen des besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriffs, den eine freiheitsentziehende Maßnahme darstellt, notwendig und gerechtfertigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt.
6 6 2. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Die Ermittungen des Familiengerichts haben ergeben, dass bei I von einer emotional-instabilen Persönlichkeitsentwicklungsstörung (impulsiver Typus) auszugehen ist und des Weiteren ein polytoxikomaner Drogenmissbrauch mit fließendem Übergang zur Abhängigkeit besteht. Der Jugendliche ist nicht mehr in der Lage, Aggressionen und Spannungszustände selbstständig zu kontrollieren und zu steuern. Er äußerte Selbst- und Fremdtötungsabsichten und ist außer zu einer Entgiftung zu keiner weiteren Therapie bereit. Nach Einschätzung der behandelnden Ärzte des besteht die Notwendigkeit einer weiterführenden und ausführlichen Diagnostik und der Erarbeitung einer freiwilligen Therapiemotivation. Bei der gegebenen Sachlage ist die Entscheidung des Familiengerichts nicht zu beanstanden. Insbesondere ist es nicht naheliegend, dass intensivere Bemühungen des Jugendamtes um eine Problemlösung an dem inzwischen eingetretenen Zustand des Jugendlichen etwas geändert hätten; jedenfalls ist jetzt nicht erkennbar, dass weniger einschneidende Maßnahmen als eine vorläufige geschlossene Unterbringung ausreichend gewesen wären. Das Jugendamt hat in seiner Stellungnahme vom nachvollziehbar dargelegt, dass eine wirkungsvolle Hilfe des Jugendamtes über die bisherigen Hilfeangebote hinaus wegen der durchgängigen Verweigerungshaltung und der extremen Gefährdungslage des Jugendlichen nicht mehr an diesen herangetragen werden konnte. Zunächst müsse durch eine Therapie bei I die Grundlage für die Annahme anderer Hilfeangebote geschaffen werden. Diese Einschätzung steht im Einklang mit der ärztlichtherapeutischen Stellungnahme des vom und dem Ergebnis der Anhörung des Jugendlichen durch das Familiengericht.
7 7 Der Senat hat von einer erneuten mündlichen Anhörung der Beteiligten abgesehen, weil diese keine über den Akteninhalt hinausgehenden zusätzlichen Erkenntnisse erwarten ließ. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß 84, 81 Abs. 1 und 3 FamFG, Vorbem Abs. 1 Nr. 2 vor Nr der Anlage 1 zu 3 Abs. 2 FamGKG. Die Wertfestsetzung erfolgt gemäß 42 Abs. 3 FamGKG. Piel Maciejewski Jokisch
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