1. Gottesdienst im Rahmen der Predigtreihe Frauen in der Bibel,

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1 Pfarrerin Astrid Thies-Lomb Kassel-Bad Wilhelmshöhe 1. Gottesdienst im Rahmen der Predigtreihe Frauen in der Bibel, Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Über der Predigt steht Rut 1, 16 und 17: Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden. Soweit diese biblischen Verse. Sie sind ein Ausspruch von Rut, unserer heutigen biblischen Frauengestalt. Diese Worte werden oft als Trauspruch gewählt, ähnlich wie 1. Kor 13,13 vorhin aus der Lesung. Ich möchte noch vor der Predigt beten: Herr, segne du das Reden und das Hören. Amen. Liebe Gemeinde! An diesem Sonntag, an dem unsere Predigtreihe Große Frauen der Bibel startet, werden landauf, landab Büttenreden gehalten, denn es ist Faschingszeit. Nicht nur die Politiker werden jetzt auf die Schippe genommen und bestimmte Themen, die die Öffentlichkeit bewegen, sondern auch wir Frauen! Z.B. am Freitagabend, als in einer Mainzer Büttenrede die Frage gestellt wurde: Warum werden Frauen älter als Männer? Die Antwort: Weil Gott ihnen die Zeit, die sie zum Einparken benötigen, nicht anrechnet. Naja! Und doch ist es eine Tatsache, dass Frauen heute im Durchschnitt älter als Männer werden. Dennoch sterben einige viel zu früh, viel zu jung. Aber die meisten Frauen werden älter als ihre Männer. Besonders auffällig wird das, wenn man eine Seniorenresidenz betritt. In biblischen Zeiten war das ein bitteres Schicksal, wenn Frauen ihre Männer überlebten. es gab weder Witwenrente noch Pflegeversicherung; wer einspringen musste, waren die männlichen Verwandten. Rut und ihrer Schwiegermutter Naomi ist dieses Schicksal widerfahren, dass sie älter wurden als ihre Männer. Seite 1 von 5

2 Was das Buch Rut zu so einem bis in die heutige Zeit aufleuchtenden Kleinod unter den alttestamentlichen Schriften macht, ist die Art und Weise, wie Rut und Naomi ihr Leben meistern, wie sie es aktiv gestalten und neu aufbrechen. Darin flicht sich Gottes Segen ein und das lässt sich besonders unserem Predigttext abspüren. Diese Worte sagt Rut hier nicht zu ihrem geliebten Ehemann, der vielmehr bereits verstorben ist, sondern sie sagt sie zu ihrer Schwiegermutter Naomi, die ebenfalls Witwe ist. Mich berührt das, denn es ist ja alles andere als selbstverständlich, dass sich Schwiegermutter und Schwiegertochter so zugetan sind wie diese beiden Frauen hier. Diese Zuneigung geschieht aus freien Stücken. Naomi rät ihrer Schwiegertochter, als Witwe wieder zu ihrer Herkunftsfamilie zurückzukehren. Doch Rut ist so ein Mensch, die Vertrauen gibt und nicht nur an sich selber denkt. Ja, wo ein Mensch Vertrauen gibt, so wie Rut, und nicht nur an sich selber denkt, fällt ein Tropfen von dem Regen, der aus Wüsten Gärten macht. Durch sie erfährt Naomi auch in der Fremde: Gott ist gegenwärtig. Wer ist Rut und worum geht es in dem biblischen Buch, dem sie ihren Namen gibt? Und auf welche Weise wird sie schließlich zu einer Urahnin Jesu? Es beginnt mit einer Hungersnot in Israel. Naomi und ihre Ehemann Elimelech leben mit ihren Söhnen Machlon und Kiljoin in Bethlehem. Die Not lässt sie aufbrechen und sie ziehen in ein Land östlich des Toten Meeres, nach Moab, das heute zu Jordanien gehört. Das Land der Moabiter war ihr Lampedusa, ihre Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch bald stirbt Elimelech und die Söhne heiraten moabitische Frauen. Machlon heiratet Orpa und Kiljoin die Rut. Zehn Jahre gehen so ins Land, doch dann sterben auch die beiden Söhne. Alle drei Frauen trifft nun das harte Witwenschicksal. Naomi und ihre Schwiegertöchter machen sich auf den Weg nach Israel, wo es inzwischen wieder ausreichend Getreide gibt. Doch unterwegs sagt Naomi zu den beiden Schwiegertöchtern: Kehrt um, eine jede gehe ins Haus ihrer Mutter, mein Los ist zu bitter für euch! Darauf weinen die jungen Frauen und sagen: Nein, wir wollen mit dir gehen! Doch Naomi argumentiert, sie sei zu alt, um noch einmal zu heiraten. Und selbst wenn sie noch einmal heiraten könnte und würde nochmals Söhne gebären, würden die Schwiegertöchter nicht so lange warten können, um dann diese Söhne zu heiraten. Seite 2 von 5

3 Die Schwiegertöchter hören nicht auf zu weinen, doch schließlich küsst Orpa Naomi und verabschiedet sich. Rut jedoch entgegnet: Rede mir nicht ein, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden. Zurück in Bethlehem kennen die Menschen Naomi noch. Doch diese sagt: Nennt mich nicht Naomi, sondern nennt mich Mara. Mara das bedeutet die Bittere. Und doch fällt in Bethlehem für Naomi und Rut ein Tropfen von dem Regen, der aus Wüsten Gärten macht. Die Zeit der Gerstenernte hat begonnen. Es war üblich im alten Israel, dass die Armen hinter den Schnittern übers Feld gehen durften, um die zurückgelassenen Ähren zu lesen. Rut macht das und die beiden Frauen können sich davon Brot backen (Chagallbild). Marc Chagall: Naomi und Rut Seite 3 von 5

4 Rut sammelt auch auf dem Feld eines Verwandten von Elimelech. Und dieser Boas begegnet ihr freundlich. Sie soll fortan nur auf seinen Feldern sammeln, damit ihr woanders nichts passiert. Boas und Rut, das ist die schönste Liebesgeschichte der Bibel. Da wird auch etwas eingefädelt durch Naomi und Rut traut sich viel und unternimmt erste Schritte auf Boas hin. Wie sich die beiden beim Ährenraufen auf dem Feld begegnen und wie Rut sich heimlich zu ihm auf die Tenne schleicht und wie Boas schließlich Boas Löser wird und sie heiratet, das wird im Buch Rut meisterhaft erzählt. Ich kann sie nur ermuntern, sich zuhause einmal die Zeit zu nehmen und das ganze Buch Rut, das aus vier Kapiteln besteht, in Ruhe durchzulesen. Goethe bezeichnet das Buch Rut als das lieblichste, kleine Ganze, das uns episch und idyllisch überliefert worden ist. Rut ist eine Frau, die weiß, was sie will, die ganz viel Vertrauen gibt. Sie sagt Ja zu einem Neuanfang und einer neuen Beziehung. Ihr widerfährt wirklich und mit ihr dann auch Boas und Naomi, das geteiltes Korn, geteiltes Brot als Rose blüht. Boas heiratet Rut und die beiden bekommen einen Sohn. Die Menschen in Bethlehem nehmen freudig Anteil. Sie sagen zu Naomi: Deine Schwiegertochter Rut ist mehr wert als sieben Söhne! Und Naomis Nachbarinnen geben Ruts Sohn den Namen Obed. Obed wird der Vater Isais, welcher wiederum Davids Vater ist. Und aus diesem Hause und Geschlecht Davids stammt Jesus selbst. Rut, die Moabiterin, kam als Fremde nach Bethlehem. Durch die Treue zwischen Naomi und Rut, die Liebe und verantwortungsvolle Handlungsweise des Boas wurde sie aufgenommen im Volk Israel. Diese 4 Kapitel Rut im AT sind ein Text gegen Fremdenfeindlichkeit und für Integration. Einst zog Elimelech mit seiner Familie nach Moab und fanden dort Aufnahme. Und obwohl die Frauen das bittere Los der Witwenschaft traf, beschreibt das Buch Rut, wie sich ein schweres Schicksal wenden kann in große Freude. Ja, Rut, wo du hingehst, da will ich auch hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott! Wo du hingehst du gehst dahin, wo sich ein bitteres Schicksal wendet in große Freude. Nachfolge bedeutet im Buch Rut: Neues wagen, Vertrauen geben, füreinander dasein, Hilfe annehmen, Leben lebt vom Aufbruch! Auf die Wandlung hoffen, von der Traurigkeit zum Trost, von der Angst zur Hoffnung. Seite 4 von 5

5 In dem Satz Dein Gott ist mein Gott, da steht für mich auch drin: Der Glaube an den einen Gott besitzt eine wundervolle Weite, so wie es in Ps 31, den wir vorhin gebetet haben, anklingt: Du stellst meine Füße auf weiten Raum. meine Zeit, Herr, steht in deinen Händen! Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob jemand aus sich heraus und freimütig zu einem anderen Menschen sagt, dein Gott ist mein Gott, - oder ob einem das jemand aufzwingen will. Rut entscheidet sich aus freien Stücken. Anders als Orpa folgt sie nach, sie folgt Naomi nach, aber sie folgt auch dem Gott nach, der viele Generationen später selbst Mensch wird in Jesus Christus. Und der Friede Gottes, der höher ist, als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. Seite 5 von 5