Vortrag von Dipl.-Ing. Herbert Bodner. Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Kraftwerksbau Ein Markt für die deutsche Bauindustrie
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1 Vortrag von Dipl.-Ing. Herbert Bodner Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Kraftwerksbau Ein Markt für die deutsche Bauindustrie 10. September 2010, Berlin Es gilt das gesprochene Wort! C:\Dokumente und Einstellungen\boelke\Lokale Einstellungen\Temporary Internet Files\OLK1B4\Bodner- Kraftwerke-Redefassung.doc
2 2 Sehr geehrter Herr Staatssekretär Homann, sehr geehrter Herr Kern, sehr geehrter Herr Dr. Bardt, meine sehr verehrten Damen und Herren, Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien. Dazu hat sich jüngst die deutsche Wirtschaft in ihrem energiepolitischen Appell an die Bundesregierung ausdrücklich bekannt. Die deutsche Bauindustrie hat sich diesem Appell angeschlossen. Auch wir sind bereit, die Bundesregierung auf ihrem Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien zu unterstützen.
3 3 Das Tempo der Umstellung ist allerdings anspruchsvoll. Wer eine Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 50 % bis zum Jahre 2030 anstrebt, dem muss klar sein, dass dies in den nächsten zwei Jahrzehnten gewaltige Investitionen nach sich ziehen wird: Allein für die geplanten 40 Offshore Windparks in Nord- und Ostsee kommt ein Investitionsvolumen von 75 Mrd. Euro auf uns zu, davon 20 bis 30 Mrd. Euro Bauinvestitionen für die Gründung. Die gesicherte Leistung von Windkraftwerken kann jedoch nur mit 5 bis 10 % der installierten Leistung angesetzt werden. Wir müssen deshalb für eine erfolgreiche Integration der
4 4 erneuerbaren Energien zusätzliche Stromspeicherkapazität schaffen. Dies geht nur über den Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke und die Entwicklung sogenannter Smart Grids ( intelligente Netze ), die den Strom nicht nur weiterleiten, sondern auch sammeln und steuern. Den Bedarf an zusätzlichen Speicherkapazitäten schätzte die Dena 2008 auf MW bis Allein für das geplante Pumpspeicherkraftwerk im Südschwarzwald mit MW Leistung werden derzeit Baukosten von 700 Mio. Euro veranschlagt.
5 5 Gleichzeitig muss ein Ausbau der Übertragungsnetze in Angriff genommen werden, damit die Windenergie aus Nord- und Ostsee ihren Weg in die Verbrauchszentren Südund Westdeutschlands findet. Für uns ist deshalb der rechtzeitige Aufbau eines deutschlandweiten Netzes von Stromautobahnen eine zentrale Erfolgsbedingung für die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien. Allein für das sogenannte Systemmodell zum Anschluss der Windparks in der Nordsee bis 2020 wären Investitionen von 11 bis 12 Mrd. Euro erforderlich.
6 6 Für die deutsche Bauindustrie bietet der Ausbau der erneuerbaren Energien eine gute Chance, sich als Partner für den Klimaschutz zu positionieren. Unternehmen der Großbauindustrie beteiligen sich schon heute am Aufbau der Offshore-Windparks in Nordund Ostsee. Wir sehen dabei unsere Aufgabe vor allem in der Entwicklung und dem Bau umweltfreundlicher Fundamente für die Hochsee-Windräder. Dahinter steht ein Bauvolumen, das leicht 30 bis 40 % des gesamten Investitionsvolumens für Offshore- Windparks ausmachen kann. Für die mittelständische Bauindustrie ergeben sich neue Marktchancen im Zusammenhang mit dem Netzausbau. Das gilt vor allem dann, wenn
7 7 sich die Versorgungsunternehmen trotz der vergleichsweise hohen Kosten mit Rücksicht auf die Bürger für eine erdverlegte Anbindung der Offshore-Projekte entscheiden sollten. Die deutsche Leitungsbauindustrie stellt sich diesen Herausforderungen bereits heute in vier Pilotprojekten zur unterirdischen Verlegung von 380 kv-kabeln soll eine erste Bilanz gezogen werden. Die deutsche Bauindustrie teilt jedoch nicht den Optimismus einiger Sachverständiger, dass der Übergang zu einer regenerativen Stromversorgung ohne den Zubau neuer konventioneller Kraftwerke und auch ohne Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke zu schaffen sein wird. Wir sind vor allem skeptisch, ob die Prämisse dieser Szenarien
8 8 nämlich ein bereits bis 2030 deutlich sinkender Stromverbrauch realistisch ist. Es ist zwar richtig, dass der gesamte Energieverbrauch dank der Erfolge bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes in diesem Zeitraum zurückgehen wird; es ist aber nach wie vor nicht auszuschließen, dass gleichzeitig der Stromverbrauch steigt beispielsweise durch die Einführung des Elektroautos, aber auch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen im Gebäudebereich. Deutschland braucht deshalb und dies ist ein wichtiges Ergebnis der IW-Studie auch bis 2030 noch einen begrenzten Zubau von konventionellen Kraftwerkskapazitäten. Und das, obwohl die Bundesregierung inzwischen beschlossen hat, die
9 9 Laufzeiten der Kernkraftwerke um durchschnittlich 12 Jahre zu verlängern. Selbst wenn es zu einer Verlängerung der Laufzeiten von durchschnittlich15 Jahren käme, wäre im IW-Szenario Sicherheit bis 2030 ein Zubau konventioneller Kapazitäten unumgänglich: Allein aufgrund der altersbedingten Abgänge aus dem heutigen Bestand an konventionellen Kraftwerken ist eine Energielücke von MW zu schließen. Die Elektrizitätsversorger müssten zur Schließung dieser Lücke Investitionen von 28,5 Mrd. Euro auf den Weg bringen müssen. Dahinter stünde konservativ geschätzt ein Rohbauvolumen von 3 bis 4 Mrd. Euro.
10 10 Für uns ist die IW-Schätzung jedoch nur eine Untergrenze des tatsächlich zu erwartenden Investitionsbedarfs. Zusätzliche Impulse auch für die Bauindustrie ergeben sich vor allem dann, wenn ältere Kraftwerke mit niedrigen Wirkungsgraden mit dem Ziel der CO2-Einsparung bereits vor dem Ende ihrer technischen Nutzungsdauer aus dem Markt genommen werden müssen. Das Bundesumweltministerium hat hier Mindestwirkungsgrade von 34 % für Steinkohlekraftwerke und 32 % für Braunkohlekraftwerke ins Gespräch gebracht. Darüber hinaus ist mit einem hohen Nachrüstungsbedarf für die bestehenden Kernkraftwerke allein aufgrund der verlängerten
11 11 Laufzeiten zu rechnen. In den soeben veröffentlichten Energieszenarien der Bundesregierung gehen die Gutachter von Nachrüstungskosten in Höhe von 25 Euro/kW pro Jahr Laufzeitverlängerung aus. Für die 17 deutschen Kraftwerke ergibt sich daraus bei einer Laufzeitverlängerung von 12 Jahren ein Investitionsvolumen von bis zu 11 Mrd. Euro. Für den Fall, dass die verbleibenden Kernkraftwerke durch eine verstärkte Gebäudehülle gegen einen möglichen Flugzeugaufprall geschützt werden müssten, wäre noch ein weitaus höherer Nachrüstungsbedarf zu erwarten. Allerdings würde dieser wohl die Wirtschaftlichkeit der meisten Anlagen in Frage stellen.
12 12 Der Bau von Kraftwerken ist jedoch längst kein nationaler Markt mehr. Der wissenschaftliche Beirat von VGB PowerTech geht z.b. davon aus, dass die Bruttostromerzeugung im europäischen Hochspannungsnetz und zwischen 2005 und 2020 um 12 % steigen wird. Das bedeutet: Allein im konventionellen Bereich müssen bis 2020 europaweit 200 große Steinkohle-, Braunkohle- oder Gaskraftwerke gebaut werden. Parallel gilt es, die Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien zu beschleunigen. VGB PowerTech geht dabei von einem Zubau von MW-Leistung auf der Basis regenerativer Energien wie Wind, Wasserkraft,
13 13 Biomasse, Biogas, Solarthermie, Photovoltaik, Geothermie und Meeresenergie aus. Hinzu kommen neue Kernenergiekapazitäten im Umfang von MW, deren Fertigstellung bis 2020 angekündigt ist. Darüber hinaus setzt die EU-Kommission für die nächsten 20 Jahre Investitionen im Umfang von 400 Mrd. Euro für den Aufbau europaweiter Smart Grids an. Die deutsche Bauindustrie ist für diesen europäischen Kraftwerksmarkt gut aufgestellt. Wir sind schon heute europaweit an Kraftwerksprojekten im Bereich der Kernkraft, der konventionellen aber auch der erneuerbaren
14 14 Energien beteiligt. Als Beispiele seien hier nur genannt: die Modernisierung der Kernkraftwerke Oskarshamn in Schweden und Olkiluoto in Finnland, die Umrüstung von Kohlekraftwerken auf den Betrieb mit Biomasse, wie z.b. in Gent (Belgien), der Bau der Offshore-Windfarm Lillgrund vor Malmö oder die Erstellung der Fundamente des Windparks London Array im äußeren Mündungsgebiet der Themse. Nicht nur für Deutschland, für ganz Europa ist es also wichtig, dass wir weder beim Ausbau der erneuerbaren Energien noch bei der Erneuerung
15 15 der konventionellen Kraftwerksbestände Zeit verlieren. Wie die IW-Studie zeigt, steuern wir gegen Ende des Jahrzehnts auf eine Energielücke zu, die selbst bei einem zügigen Ausbau erneuerbarer Energien und einer Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke nur durch den Zubau konventioneller Kraftwerke geschlossen werden kann. Es bleibt also nicht mehr viel Zeit, wenn man bedenkt, dass allein der Bau von konventionellen Kraftwerken im Schnitt 5 Jahre in Anspruch nimmt. Wir begrüßen deshalb, dass die Bundesregierung mit der Verabschiedung ihres energiepolitischen Konzepts Klarheit über den geplanten Umbau des Systems der Energieversorgung in Deutschland
16 16 schaffen will. Über die Details dieses Konzepts kann man sicher streiten, auf jeden Fall hilft es aber den augenblicklichen Attentismus in der Energiewirtschaft zu überwinden. Darüber hinaus können wir uns die Blockade wichtiger Energieversorgungsprojekte, wie wir sie in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt haben, nicht länger leisten. Dies gilt, das zeigt der Streit um ein Pumpspeicherkraftwerk im Südschwarzwald, für Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energien ebenso wie für fossile Kraftwerke oder CCS-Versuchsanlagen. Was wir heute dringend brauchen, ist ein Investitionsbeschleunigungsgesetz für den Umbau unserer Energieversorgungssysteme. Für
17 17 uns ist dies ein unverzichtbarer Teil des neuen Energiekonzepts der Bundesregierung. Lassen Sie mich deshalb zum Schluss noch einmal aus dem energiepolitischen Appell der deutschen Wirtschaft zitieren: Es geht um viel: die Sicherung der Lebensgrundlagen von morgen und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland. Das geht uns alle an. Wir appellieren daher an alle politisch Verantwortlichen, das energiepolitische Gesamtkonzept ausgewogen zu entscheiden.
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