MIDORI TAKADA 16. NOVEMBER 2017 ELBPHILHARMONIE KLEINER SAAL

Transkript

1 MIDORI TAKADA 16. NOVEMBER 2017 ELBPHILHARMONIE KLEINER SAAL

2 Donnerstag, 16. November :30 Uhr Elbphilharmonie Kleiner Saal MIDORI TAKADA PERCUSSION Rising I Hannyashingyo Rising II Another Story Mkwaju (Suite in 4 Sätzen) Pusal Chang-Dra Tan-Tejha Distance Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen oder zu fotografieren. Principal Sponsors

3 DIE KÜNSTLERIN

4 MIDORI TAKADA Einige Trommeln, zehn Becken, eine Marimba: Mehr Instrumente braucht Midori Takada nicht für ein Solokonzert. Am heutigen Abend gibt die legendäre japanische Perkussionistin ihr Debüt im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Dass die Becken auf ihren Ständern dabei wirken wie ein kleiner Wald aus Bäumen mit goldenen Kronen, sieht nicht nur schön aus, es weist auch auf Takadas Verständnis von Musik, von Instrumenten und von Klang an sich hin. Die gelernte Schlagzeugerin, Komponistin und Theaterkünstlerin erlebt und behandelt Musik als lebendigen Organismus. Alles, was sie spielt, atmet. Nichts an ihrer Musik ist rein mechanisch, und das ist für ein ganz überwiegend mit Stöcken und Schlägeln behandeltes Instrumentarium alles andere als selbstverständlich. Als Midori Takada vor knapp 40 Jahren Schlagzeugerin beim Radio-Symphonie-Orchester Berlin wurde 1974 hatte sie ihr Studium an der Musikhochschule in Tokio abgeschlossen, nahm die Welt erstmals Notiz von ihr. Doch die klassische westliche Musik bereitete der jungen Frau aus Japan zunehmend Kopfweh:»Sie verwendet ihren Geist und ihre Energie darauf, aggressiv im Außen liegende Ziele zu erreichen und sie zu dominieren«, behauptet Takada.»Ihr Geist beruht nicht darauf, das innere Selbst zu stärken.«diese Eigenschaften fand sie umso mehr in afrikanischer und asiatischer Musik, mit der sie sich in den Achtzigern intensiv beschäftigte. Aus der Zusammenarbeit mit Künstlern aus Ghana (Kakraba Lobi), dem Senegal (Lamine Konnte), Burkina Faso (Ensemble Farafina) und Korea gingen Konzertprojekte und neue Alben hervor. Die einzige westliche Musik, die Takada zu dieser Zeit noch interessierte, war Minimal Music. Was sie daran reizte, war das dezidierte Fehlen eines Ausdrucksbedürfnisses von Emotionen.

5 Das scheint zunächst der Aussage vom steten Atem in ihrer Musik zu widersprechen. Tatsächlich klingt Takadas Musik wärmer und elastischer als etwa die vom Minimal-Pionier Steve Reich. Irgendwo zwischen Minimal und Ambient, verschwindet das Subjekt hinter den Klängen vollkommen. Es ist, als würde Takada eigenartige Lebewesen aus Rhythmen und Tönen in die Welt setzen, die von ihr selbst ganz und gar unabhängig sind. Midori Takadas Legendenstatus gründet auf dem Album Through the Looking Glass, das sie mit 32 Jahren in Japan veröffentlichte. Allerdings interessierte sich 1983 mit Ausnahme weniger Spezialisten fast niemand dafür. Doch was Midori Takada da ganz allein, nur mithilfe eines Toningenieurs, in zwei Tagen an Musik aufgenommen hatte, war erstaunlich: Auf einem etwas umfangreicheren Instrumentarium als heute, zu dem auch Tasteninstrumente und eine Colaflasche gehörten, schichtete sie Tonspur um Tonspur auf ein analoges Band. Das Multiplay-Verfahren im Alleingang ließ an Mike Oldfields zehn Jahre ältere Tubular Bells denken, aber die Musik klang ganz anders; selbstgenügsam, uninteressiert an Virtuosität, frei von allem Auftrumpfenden. Heute ist Takada weit über Japan hinaus bekannt und blickt auf Konzerte in aller Herren Länder zurück, in Afrika, Europa, Australien und Indien. Plattenaufnahmen machte sie nur sehr vereinzelt, blieb aber als Performerin immer präsent. So war sie Mitglied der Improvisationsgruppe TonKlami (mit Masahiko Satoh am Klavier und Kang Tae-hwan am Saxofon) und wirkte bei spartenübergreifenden Theaterprojekten wie den Theater Olympics oder Electra mit, das sich als Förderer ostasiatischer Theaterkunst versteht und das unter anderem 2012 beim Edinburgh Festival gastierte. Erst Anfang dieses Jahres erschien ein Re-Issue von Through the Looking Glass auf Vinyl und CD, sehr zur Freude von Liebhabern spezieller Sounds von Prog- Rock bis Neo-Klassik. Seither ist das Interesse an der Künstlerin noch einmal sprunghaft gestiegen gipfelnd in ihrem heutigen Konzert in der Elbphilharmonie. TOM R. SCHULZ

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