50 JAHRE. Hannover-Kolleg ( ) Wissen erwerben. Horizonte erweitern. Selbst gesteckte Bildungsziele erreichen in einer Schule der Ermutigung.

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1 50 JAHRE Hannover-Kolleg ( ) Wissen erwerben. Horizonte erweitern. Selbst gesteckte Bildungsziele erreichen in einer Schule der Ermutigung.

2 Schule der

3 Inhalt Grußworte 2 Schulentwicklung Was ist eigentlich ein Kolleg? 5 Um zu lernen, ist es nie zu spät 6 50 Jahre Hannover-Kolleg 11 Stricknadeln und Handys 20 Porträts von Kollegiatinnen und Kollegiaten Bernd StrauchU: Politische Unterstützung fürs Kolleg 22 Rosemarie Wolf: Das Kolleg als Wendepunkt im Leben 23 Dr. Michael Bohne: Folge deiner Leidenschaft! 24 Dr. Beate Bock und Bernhard Bock: Die wilden Jahre des Kollegs 26 Claudia Rehmann: Die Zeichen erkennen. Mit 50 Jahren ans Kolleg 28 Nadine Fricke: Steuerfachangestellte und Expertin für Gebärdensprache 29 Frederik Buchholz: Ich habe verstanden, was Bildung ist 30 Ira Bach: Hilfe zur Selbstfindung 31 Lena Neumann: Sich selbst kennenlernen das Kolleg als Hobby 32 Maria Müller: Faszination für Tunnel 33 Armin Parsakhou: Das Kolleg als zweite und letzte Chance 35 Unterricht im Wandel Mathematisches Denken kann man lernen 38 Digitale Werkzeuge im Mathematikunterricht 40 Von Bach und Bartók bis zum Fluch der Karibik 42 Voll krass, und dazu tanzt man einfach so 43 De bonnes raisons d apprendre le français 45 Hannover ist Römerland Latein ganz zeitgemäß 47 Vincent van Gogh, das verlorene Ohr und der Kunstunterricht 48 Stimmen aus der Lehrerschaft Wir müssen den Kollegiaten Verantwortung geben 52 Vermittlerin von Inhalten und Werten oder Dienstleisterin? 54 Vom Abend an den Morgen: Perspektivwechsel im Zweiten Bildungsweg 56 Same same, but different: Unterrichten im Zweiten Bildungsweg 58 Schulleben Die zweite Hälfte der Gymnasien für Erwachsene: Das Abendgymnasium 62 Der beste Belag für das Brötchen Das Cafeteria-Team 63 Geschafft! 64 Ein Oldtimer mit Wertsteigerung das Schulgebäude in der Thurnithistraße 66 Keiner soll allein gelassen werden die Kollegiatenvertretung 68 Das grüne Leben auf dem Schulgelände des Hannover-Kollegs 71 Noch nie so gut beraten wie die ProSa ans Kolleg kam 72 Geld für Tamiga wie das Kolleg dazu kam, Lehrer zu versteigern 74 Ein weit gespannter Bilderbogen 75 Der Förderverein des Hannover-Kollegs 76 Impressum und Verzeichnis der Mitwirkenden 77

4 GruSSwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt gratuliert dem Hannover-Kolleg zum 50-jährigen Jubiläum Sehr geehrter Herr Oberstudiendirektor Gläser, sehr geschätztes Kollegium, liebe Kollegiatinnen und Kollegiaten! Das Hannover-Kolleg feiert sein 50-jähriges Schuljubiläum. Hierzu gratuliere ich im Namen der Landesregierung ganz herzlich. Ich möchte das Jubiläum zum Anlass nehmen, mich für die bisher geleistete Arbeit und das hohe Engagement bei den Lehrerinnen und Lehrern, der Schulleitung und den übrigen Beschäftigten an der Schule zu bedanken. Das Hannover-Kolleg wurde 1967 als Gymnasium des Zweiten Bildungswegs gegründet, um Erwachsenen nach Jahren der Berufstätigkeit die Möglichkeit zu geben, auf dem Zweiten Bildungsweg einen weiterführenden Schulabschluss zu erwerben. Das Kolleg bietet jungen und auch nicht so jungen Menschen eine einmalige Gelegenheit, eine zweite Bildungschance und damit für viele auch eine zweite Lebenschance zu nutzen. Erwachsenen den Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen, ihnen im Sinne eines lebensbegleitenden Lernens die Chance zu einer beruflichen Um- und Neuorientierung zu bieten, ist die gesellschaftlich relevante Aufgabe der Kollegs. Diese Bildungsreserven gilt es zu nutzen, wenn unsere demokratische Gesellschaft gedeihen und das Bildungssystem soziale Chancengleichheit gewährleisten soll. Für eine Bildungseinrichtung keine leichte Aufgabe, die das Hannover-Kolleg aber in den 50 Jahren seines Bestehens hervorragend bewältigt hat. Aus diesem Gedanken heraus der sich in den letzten 50 Jahren nicht grundsätzlich verändert hat, nur die Gruppen der Bildungsbenachteiligung sind inzwischen andere sind die Kollegs und Abendgymnasien seinerzeit ins Leben gerufen worden, das Hannover-Kolleg vor nunmehr 50 Jahren. Ein wahrer Grund zum Feiern, hat das Hannover-Kolleg doch in dem vergangenen halben Jahrhundert mehr als jungen Menschen mit unterschiedlicher Vorbildung geholfen, innerhalb von drei Jahren das Niveau der allgemeinen Hochschulreife zu erreichen. Eine Leistung, auf die das Hannover-Kolleg zu Recht stolz sein darf, und für die ich mich bei Ihnen im Namen des Landes Niedersachsen herzlich bedanken möchte. Die Geschichte des Hannover-Kollegs ist durch das Engagement und nicht zuletzt durch den Idealismus vieler Kolleginnen und Kollegen geprägt worden, die sich mit ihrer Arbeit an diesem Institut für mehr Chancengleichheit innerhalb des Bildungssystems eingesetzt haben. Es genießt in der gesamten Region Hannover hohes Ansehen und sichert den dortigen Zweiten Bildungsweg. Das Hannover-Kolleg hat vor allem räumlich eine bewegte Geschichte, denn es hat einige Umzüge durchleben müssen. Von der Gründung 1967 bis Juli 1984 war es in einem ehemaligen Grund- und Hauptschulgebäude in Hannover-Döhren untergebracht, bis die steigenden Schülerzahlen und vor allem die notwendige Ausstattung der naturwissenschaftlichen Fachräume einen Umzug in das größere und angemessenere Gebäude in der Spittastraße 27 in Hannover-Mittelfeld notwendig machten. Nach 16 Jahren in der Spittastraße ergab sich die Möglichkeit, die beiden hannoverschen Schulen des Zweiten Bildungswegs Hannover- Kolleg und Abendgymnasium Hannover unter einem Dach gemeinsam in einem verkehrsgünstig gelegenen Gebäude unterzubringen. Die beiden Schulen wurden im Sommer 2001 in der Thurnitistraße 6 in Hannover-Döhren zusammengelegt, um Synergieeffekte einer Bündelung des Zweiten Bildungswegs an einem gemeinsamen Standort und unter einer Schulleitung zu nutzen. Seitdem haben beide Schulen zusammen eine neue Identität gewonnen und treten nun mit dem gemeinsamen Namen Hannovers Gymnasien für Erwachsene an die Öffentlichkeit. Sie haben sich gemeinschaftlich zu einem modernen, attraktiven Gymnasium besonderer Prägung entwickelt, mit dem sich die Schülerinnen und Schüler und auch die Lehrkräfte nachvollziehbar gern identifizieren und an dem sie sich wohlfühlen. Das Hannover-Kolleg darf stolz darauf sein, zu einem fortschrittlichen und zukunftsorientierten Gymnasium für Erwachsene gewachsen zu sein. Begonnen hat das Kolleg im Mai 1967 mit 36 Kollegiatinnen und Kollegiaten. Die Schülerzahl ist ständig gewachsen, inzwischen besuchen weit mehr als 300 Schülerinnen und Schüler die beliebte Schule. In dieser Zeit haben Absolventinnen und Absolventen erfolgreich die Abiturprüfung abgelegt. Auch darauf darf das Hannover-Kolleg zu Recht stolz sein. Das umfassende Angebot der Schule in den Natur- und Gesellschaftswissenschaften 2

5 sowie in den Sprachen ist vorbildlich und bietet den Schülerinnen und Schülern erfreulich viele Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten zu entfalten und weiterzuentwickeln. Hierbei ist insbesondere die Teilnahme am Schulversuch Abitur-online zu erwähnen. Auch im musisch-künstlerischen Bereich hat die Schule vieles zu bieten. Neben den musischen Arbeitsgemeinschaften Chor, Theater und Film konnten die erst vor kurzem gegründete Schulband sowie 27 weitere engagierte Schülerinnen und Schüler ihr musikalisches, literarisches, dramatisches und filmisches Talent auf dem Ersten offenen Bühnenabend der Schönen Künste im Januar unter Beweis stellen. Mit der Unterstützung des Vereins Hannover Clinic-Clowns e.v durch Spenden, die an diesem Abend eingenommen worden sind, und dem Engagement im Tamiga- Projekt für Schulpartnerschaften in Entwicklungsländern übernimmt die Schule hohe soziale und gesellschaftliche Verantwortung. Ein breit gefächertes Angebot an Arbeitsgemeinschaften bereichert entscheidend das vielfältig gestaltete Schulleben. Das Hannover-Kolleg ist auch weiterhin auf einem guten und erfolgreichen Weg. Den Schülerinnen und Schülern des Hannover-Kollegs wünsche ich weiterhin eine erfolgreiche Schulzeit und der Schule eine würdige Jubiläumsfeier. Mit freundlichen Grüßen Frauke Heiligenstadt Niedersächsische Kultusministerin GruSSwort des Hannoverschen Regionspräsidenten Hauke Jagau anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Hannover-Kollegs Ein halbes Jahrhundert Unterricht, 2420 Absolventinnen und Absolventen mit Abitur und 350 mit Fachhochschulreife. Das Hannover-Kolleg bietet engagierten Erwachsenen mit Berufsausbildung die Möglichkeit, neben ihrer Berufstätigkeit einen entsprechenden Schulabschluss zu erreichen. Die Bilanz der vergangenen 50 Jahre spricht für sich und macht deutlich, wie wichtig Lebenslanges Lernen ist. Die Arbeitswelt und ihre Berufsbilder verändern sich nachhaltig. Digitalisierung und Automatisierung stellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor neue Herausforderungen. Wer am Ball bleiben will, der muss bereit sein, sich zu verändern und weiterzuentwickeln. Entsprechend gewinnt der zweite Bildungsweg immer mehr an Bedeutung. Wer neues Wissen erwerben und seinen Horizont erweitern möchte, der ist am Hannover- Kolleg richtig. Ich freue mich, dass das Hannover-Kolleg auf 50 Jahre Erfolgsgeschichte zurückblicken kann. Waren es 36 Kollegiatinnen und Kollegiaten, die am 17. Mai 1967 den Unterricht aufnahmen, starteten 335 Schülerinnen und Schüler im zweiten Halbjahr 2016 ihre Weiterbildung. Durch die Zusammenlegung des Hannover-Kolleg mit dem Abendgymnasium Hannover im Sommer 2001 konnten Hannovers Gymnasien für Erwachsene Kompetenzen bündeln und arbeiten seither unter einem Dach und mit gemeinsamer Leitung. Der Weg aus dem Berufsalltag zurück auf die Schulbank erfordert ein hohes Maß an Motivation, Willensstärke und Selbstdisziplin. Ich bewundere diesen Schritt und möchte auch andere dazu ermutigen, ihren Horizont zu erweitern. Die Erkenntnis, sich nicht mit dem zufrieden zu geben, was man erreicht hat, ist der Wunsch, zu neuen Ufern aufzubrechen und damit eine anstrengende und harte Arbeitsphase in Kauf zu nehmen. Wissen verändert den Blickwinkel und schafft neue Perspektiven. Deshalb beglückwünsche ich alle, die sich auf diesen Weg gemacht haben. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit viel Engagement und Freude dazu beitragen, dass viele Menschen hier eine exzellente Bildung erwerben dürfen. Ihr Hauke Jagau Regionspräsident 3

6 GruSSwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover Stefan Schostok über die Leistungen des zweiten Bildungswegs in Hannover Sehr geehrte Damen und Herren! Der zweite Bildungsweg verkörpert die Grundidee, das Bildungssystem offen und durchlässig zu gestalten. Mit gleichen Bildungschancen für alle, unabhängig von wirtschaftlicher Lage, sozialer Stellung und kultureller Herkunft. Er eröffnet Möglichkeiten, die manche im ersten Anlauf nicht hatten, nicht nutzen konnten oder wollten. Diesem Grundgedanken fühlt sich die Stadt Hannover verpflichtet. Bereits 1928 öffnete die kommunale Städtische Abendschule in Hannover ihre Tore und gehört damit zu einer der ältesten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Jünger, aber ebenso erfolgreich: Das Hannover-Kolleg, das die Stadt vor nunmehr 50 Jahren gegründet hat. Seit 2001 sind das Hannover-Kolleg als Vollzeitschule und das Abendgymnasium als perfekte Ergänzung räumlich untrennbar unter einem Dach im Stadtteil Hannover-Döhren miteinander verbunden. Hannovers Gymnasien für Erwachsene bieten Fortbildungskompetenz auf hohem Niveau und eröffnen individuelle Möglichkeiten auf dem zweiten Bildungsweg. Das Hannover-Kolleg trägt somit zur Attraktivität und zur Lebensqualität unserer Stadt bei und vervollständigt das bestehende gute Schulangebot ideal. Zum 50-jährigen Jubiläum des Hannover-Kollegs gratuliere ich im Namen der Landeshauptstadt Hannover sehr herz- lich. Unzählige Menschen haben hier im Verlauf der vergangenen Jahre gelernt, eine Qualifizierung und einen Abschluss erworben, ihre Lebensperspektive verändert und verbessert. Für diese Arbeit gebühren der Schule Dank und Anerkennung. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Zuspruch und Erfolg und bin mir sicher, Sie werden die vor Ihnen liegenden Jahre ebenso erfolgreich gestalten wie die vergangenen. Stefan Schostok Oberbürgermeister Landeshauptstadt Hannover 4

7 GruSSwort der Bezirksbürgermeisterin im Stadtbezirk Döhren-Wülfel Antje Kellner zur Rolle des Hannover-Kollegs im Stadtbezirk Ich freue mich außerordentlich, dass das Hannover-Kolleg durch seinen Umzug in das Gebäude an der Thurnithistraße im Jahr 2001 zu einem nicht mehr wegzudenkenden Teil unseres Stadtbezirkes Döhren-Wülfel geworden ist. Unter einem Dach mit dem bereits 1928 gegründeten Abendgymnasium entstand so in einem für den Stadtteil Döhren eminent wichtigen Schulgebäude der hannoversche Standort für die Erwachsenenbildung in Stadt und Region. Schulstandort ist das prägnante Gebäude bereits seit seiner Errichtung Der damalige Neubau beherbergte zunächst die Bürgerschule 37, danach die Kardinal-Bertram-Schule, später die Orientierungsstufe. Heute nun können junge Erwachsene hier sowohl den Realschulabschluss als auch die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife erlangen. Dies entweder berufsbegleitend am Abendgymnasium oder aber im Ganztag im Hannover-Kolleg. Die gelungene Unterbringung beider Schulen in einem Gebäude mit einem gemeinsamen Schulleiter unter dem Namen: Hannovers Gymnasien für Erwachsene zeigt, dass auch aus Synergien Erfolgsgeschichten erwachsen können. Die in unserer Gesellschaft ungebrochene Tendenz zu lebenslangem Lernen und ständiger Weiterbildung führt zu stetig steigenden Schülerzahlen in beiden Einrichtungen. Seit Gründung des Hannover-Kollegs vor 50 Jahren im Mai 1967 wurden wegen der hohen Schülerzahlen und des ausgeweiteten Unterrichts in den naturwissenschaftlichen Fächern bereits mehrere Umzüge nötig. Schließlich vereinte man 2001 Hannover-Kolleg und Abendgymnasium hier an der Döhrener Thurnithistraße. Ich hoffe, dass beide Schulen damit ihren endgültigen Standort gefunden haben, denn mit ihrem breitgefächerten Angebot sind sie eine große Bereicherung für den Stadtbezirk Döhren-Wülfel. War man 1967 am Hannover- Kolleg noch mit 36 SchülerInnen gestartet, so hat das Kolleg im zweiten Schulhalbjahr 2016/ Schülerinnen und Schüler. Eine rasante Entwicklung, der man mit der Errichtung eines Schulpavillons auf dem Schulgelände und dem barrierefreien Ausbau des Hauptgebäudes im Jahr 2016 Rechnung trug. So kann das Hanno- Kollegs sind zum einen so haben es die Kultusminister der Länder in einer Rahmenvereinbarung festgelegt Institute zur Erlangung der Hochschulreife. Mit diesem exklusiven Titel ist ein Kolleg abgegrenzt gegen allzu wildwüchsige Institutsblüten des kommerziellen Bildungsmarktes. Der Titel selbst grenzt ein Kolleg aber ebenso ein er fixiert diese Schule auf die am Ende der dreijährigen Schulzeit stehenver-kolleg durch ständige Anpassung an veränderte Anforderungen heute auf fünf höchst erfolgreiche Jahrzehnte zurückblicken. Ich wünsche Schülern, Lehrern, Mentoren und Förderern des Hannover- Kollegs noch viele weitere erfolgreiche Jahre am Döhrener Standort. Antje Kellner Bezirksbürgermeisterin im Stadtbezirk Döhren-Wülfel Was ist eigentlich ein Kolleg? Aus Anlass der 25-Jahr-Feier des Hannover-Kollegs am 11. September 1992 beschreibt der damalige Schulleiter Ludolf BauckeU unsere Schulform folgendermaßen: de Abiturprüfung, und diese wiederum wird als staatliche Prüfung durch Verordnungen, Erlasse und Verfügungen geprägt. Ohne indes die Notwendigkeit und den Sinn einer staatlichen Abiturprüfung in Abrede stellen zu wollen, scheint mir doch die Besinnung auf die zweite Definition des Kollegs ergiebiger zu sein. Kollegs sind Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs, und dieser Begriff ist schon vom Wort her anschaulicher. (...) Wer von uns hat nicht längst entdeckt, dass spätestens dann, wenn sich der Verkehr auf der Autobahn staut, die Umleitung als anderer Weg ebenso zum Ziel führt? Zugleich mit dem anderen Weg haben sich aber ganz andere Perspektiven der Wahrnehmung und des Erlebens geöffnet. So betrachtet ist der Zweite Bildungsweg nur ein anderer, im günstigsten Falle sogar erlebnisreicherer Weg. 5

8 Um zu lernen, ist es nie zu spät Axel Gläser, Schulleiter des Kollegs und des Abendgymnasiums seit 2015, verknüpft Rück- und Ausblicke auf das Hannover-Kolleg. Um zu lernen, was nötig ist, kann mir kein Alter zu spät erscheinen. Ad discendum quod opus est nulla mihi aetus sera videri potest, schrieb schon vor rund 1500 Jahren der heilige Augustinus an Hieronymus. Ganz im Sinne dieser Worte verfolgt das Hannover- Kolleg seit fünf Jahrzehnten sehr erfolgreich seinen Bildungsauftrag. Es wurde am 1. April 1967 mit dem heute noch im 13 des Niedersächsischen Schulgesetz verankerten Ziel gegründet, befähigten Erwachsenen mit Berufserfahrung unter angemessener Berücksichtigung des Alters eine breite und vertiefte Allgemeinbildung und damit den Erwerb der allgemeinen Studierfähigkeit zu ermöglichen. Seither haben Kollegiatinnen und Kollegiaten die Abiturprüfung bestanden und damit die allgemeine Studierfähigkeit erworben, etwa 350 Kollegiatinnen und Kollegiaten erhielten das Zeugnis der Fachhochschulreife. Das Hannover- Kolleg hat, ablesbar an der hohen Anzahl der Bildungsabschlüsse, in den zurückliegenden fünfzig Jahren umfangreiche Bildungsreserven erschlossen. Zweieinhalbtausend Erwachsene haben sich hier fachlich und methodisch qualifiziert, um die Studierfähigkeit zu erwerben; die erworbenen Qualifikationen dienten häufig nicht nur der Neuorientierung, sondern auch einer weiterführenden beruflichen Qualifikation und Karriere. Wachsende Schülerzahlen, zunehmende Raumknappheit In den 80er und 90er Jahren herrschte eine rege Nachfrage nach dem Bildungsangebot des Kollegs. Rund 200 Kollegiatinnen und Kollegiaten wurden pro Schuljahr unterrichtet. Zwischen 1995 und 2003 sanken allerdings an allen niedersächsischen Kollegs die Schülerzahlen. Am Hannover-Kolleg war ein Rückgang der Schülerzahlen um ein Drittel zu ver- zeichnen, so dass 2001 nur 18 Kollegiatinnen und Kollegiaten ihr Abiturzeugnis entgegennehmen konnten. Veränderungen des gesellschaftlichen Umfeldes, aber auch eine engagierte Schulentwicklungspolitik des seit 2001 wirkenden neuen Schulleiters führten dazu, dass sich die Schülerzahlen (und damit die Anzahl erfolgreicher Abiturientinnen und Abiturienten) in den nachfolgenden Jahren mehr als verdoppelten. Erweiterung und Modernisierung des Schulgebäudes Infolge der anwachsenden Schülerzahlen am Kolleg, das seit 2001 gemeinsam mit dem Abendgymnasium Hannover das Schulgebäude in der Thurnithistraße nutzt und personell eng mit ihm kooperiert, kam es schon bald zu gravierenden Engpässen bei der Raumbelegung: Unterricht musste in die Aula verlegt werden, für Kleingruppenunterricht und Anzahl der Abiturienten Summe Schüleranzahl 350 Schüleranzahl E-Phase Schüleranzahl 12. Jahrgang Schüleranzahl 13. Jahrgang '69 '71 '73 '75 '77 '79 '81 '83 '85 '87 '89 '91 '93 '95 '97 '99 '01 '03 '05 '07 '09 '11 '13 '15 '17 6

9 Beratungsgespräche standen keine geeigneten Räume zur Verfügung. Im Jahr 2015 investierte unser Schulträger, die Region Hannover, 1,1 Mio Euro. Fünf neue Klassenräume und ein Foyer entstanden in einem Pavillon auf dem Schulgelände. Das Hauptgebäude erhielt einen Aufzug und wurde somit behindertengerecht umgebaut, nachdem wichtige feuerschutztechnische Maßnahmen am und im Gebäude umgesetzt worden waren. Am 3. Februar 2016 weihten wir den neuen Schulpavillon, in dem 125 Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase bereits seit einem halben Jahr lernten, in Anwesenheit des Regionspräsidenten Hauke Jagau und der Bezirksbürgermeisterin Antje Keller ein. Folgen des Pisa-Schocks: Zentralabitur und Bildungsstandards verringern Spielräume Nach der Veröffentlichung der internationalen PISA-Bildungsvergleichs-Studie, bei der Deutschland 2001 ein blamabel schlechter Platz bescheinigt wurde, wurden bundesweit geltende Bildungsstandards und Prüfungen mit einheitlichen Aufgabenstellungen in allen Abschlussarbeiten der Bundesländer entwickelt. Bis 2005 waren in Niedersachsen, und damit auch am Kolleg, die Abiturprüfungen mit dezentralen Aufgabenstellungen erfolgt. Diese waren zwar auf der Grundlage (bundesweit) einheitlicher Prüfungsanforderungen (EPA) erstellt worden, sie konnten aber den jeweils unterschiedlichen Unterrichtsinhalt in den einzelnen Lerngruppen berücksichtigen. Seit 2006 gibt es in Niedersachsen das Zentralabitur mit einheitlichen Aufgabenstellungen für fast alle schriftlichen Abiturprüfungsfächer. Seitdem bearbeiten auch die Kollegiatinnen und Kollegiaten die vom Kultusministerium entwickelten Prüfungsaufgaben. Durch das Zentralabitur wurden zwar einerseits Chancengleichheit angestrebt und die Vergleichbarkeit der Prüfungsergebnisse verbessert, andererseits sind jedoch in der Erwachsenenbildung die Spielräume für Unterrichtsinhalte und verständnisorientiertes Lernen spürbar kleiner geworden hat die Kultusministerkonferenz Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie Englisch und Französisch festgesetzt. Um diese Bildungsstandards zu implementieren, wurden in Niedersachsen und sieben weiteren Bundesländern seit der Abiturprüfung 2014 gemeinsam erstellte Aufgaben bzw. Aufgabenteile für die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik für die Prüfungen auf erhöhtem Anforderungsniveau verwendet. Diese länderübergreifenden Aufgaben(teile) sollen eine Qualitätssicherung und Vergleichbarkeit der Abiturprüfung sicherstellen. Die engen Vorgaben, die eine gezielte unterrichtliche Vorbereitung auf diese einheitlichen Prüfungsanforderungen notwendig machen, erschweren aber den im Schulgesetz formulierten Bildungsauftrag des Kollegs, demzufolge gerade bei Erwachsenen selbstständiges Lernen unter angemessener Berücksichtigung des Alters gestärkt werden soll. Verschärfte Verordnungen erschweren den Weg zum Abitur Die Chancen für unsere erwachsenen Schülerinnen und Schüler, das Abitur in ihrer kurzen, in der Regel dreijährigen Schulzeit zu erzielen, wurden auch durch vielfältige Änderungen der Verordnung über die Abschlüsse in der gymnasialen Oberstufe, im Beruflichen Gymnasium, im Abendgymnasium und im Kolleg (AVO- GOBAK) erschwert. Allein seit 2005 mussten acht solche Änderungen umgesetzt werden, welche letztlich die Zulassungsund Qualifikationsbedingungen für die Fachhochschulreife und die Abiturprüfung immer weiter verschärften. So wurde ein viertes schriftliches Prüfungsfach eingeführt und die Anzahl der Unterkurse, die in die Abiturqualifikation eingebracht werden dürfen, reduziert. Die im Ring der niedersächsischen Kollegs und Abendgymnasien vernetzten Schulen haben darauf reagiert. Sie haben immer wieder geltend gemacht, dass bei Abiturprüfungen an Kollegs angesichts der besonderen Lernausgangslagen unserer erwachsenen Schüler, der darauf aufbauenden individuell divergierenden Lernwege und der persönlichen Lebensbedingungen das Prinzip gleichwertiges, aber nicht gleichartiges Abitur gelten muss. Auch wenn seit 2006 an den niedersächsischen Kollegs die Bewerberzahl konstant geblieben ist, so ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die in Relation zur Schüleranzahl der Eingangsklasse die Abiturqualifikation erlangen, in augenfälliger Weise von einem Zweidrittel-Anteil auf rund die Hälfte zurückgegangen. Dieser sprunghafte Rückgang der Abiturquote belegt die erschwerten Qualifikationsbedingungen für unsere Schüler, genau wie die deutlich zunehmende Zahl der Schüler, die im Verlauf der Qualifikationsphase das Kolleg mit der Fachhochschul- 7

10 reife verlassen, also den Abiturabschluss nicht mehr anstreben. Perspektiven der Bildungsarbeit: Ermutigung als Leitmotiv Angesichts der bildungspolitischen Weichenstellungen der vergangenen Jahre und der steigenden Anforderungen an die Kollegiaten, die Fachhochschulreife und das Abitur zu erwerben, wird es großes pädagogisches Engagement und kreative organisatorische Maßnahmen erfordern, zukünftig einem größeren Anteil unserer billigungswilligen Schülerinnen und Schüler einen höherwertigen Schulabschluss zu ermöglichen. Und wir müssen die Kollegiatinnen und Kollegiaten darin bestärken, den eingeschlagenen Weg einer zweiten Schullaufbahn auch erfolgreich zu Ende zu gehen. Daher bleibt die Kernaussage unseres Schulmottos, der zufolge wir eine Schule der Ermutigung für unsere Schülerinnen und Schüler sein wollen, das Leitmotiv schulischer Entwicklungsarbeit. Mentorenangebot Ein wichtiges Unterstützungsangebot ist das Projekt Schüler helfen Schülern. Unter diesem Motto bieten Schülerinnen und Schüler bereits seit 2006 kostenlosen Förderunterricht für ihre Mitschüler an. In den für manche als schwierig geltenden Fächern, vor allem Mathematik, Englisch, Französisch und Latein, helfen die Mentorinnen und Mentoren an einem festen wöchentlichen Termin ihren Mitschülern durch fachliche Unterstützung. Genutzt wird das Angebot, wenn in einem Fach die Lernanforderungen nicht mehr eigenständig erbracht werden können, wenn wichtige Grundkenntnisse fehlen oder wenn, z.b. aufgrund von durch Krankheit versäumtem Unterricht, Inhalte nachgeholt werden müssen. Dieses Mentorenangebot ist auch bei der Vorbereitung auf anstehende Klassenarbeiten eine sinnvolle Unterstützung. Jeder Mentor dokumentiert die Teilnahme in einem Kursbuch, damit auch der jeweilige Fachlehrer einschätzen kann, ob sich die Betroffenen um eine Verbesserung ihrer Leistung im Problemfach ernsthaft bemühen. Schwerpunkte der Schulentwicklung Probleme mit den Sprachen?! Wir unterstützen euch, natürlich kostenlos! Deutsch Sarah Weidemann (Jg. 12) Freitag h R Englisch (ggf. auch andere Fächer) Felicitas Fuhrmann (Jg. 12) Montag h (14-tägig / B-Woche) Raum 2.02 Französisch Valerie Helms (Jg. 12) und Svenja Wulf (Jg. 12) Mo h R Svenja.wulf@live.de Hannover-Kolleg und Abendgymnasium Hannover überarbeiten zurzeit das 2012 verfasste Schulprogramm. Ziel ist ein Bildungsangebot, das den Erwartungen unserer Schülerschaft möglichst nahe kommt. Schwerpunkte, mit denen wir beide Schulen zukunftsfähig aufstellen werden, sind ein in Teilen neu entwickeltes und breiter gefächertes Beratungsangebot, neue Förderkonzepte und (insbesondere für das Abendgymnasium) ein in der Ausgestaltung der Stundentafel differenzierteres Bildungsangebot. Das in Teilbereichen bereits praktizierte Beratungskonzept basiert auf vier Säulen. Ein umfassendes Beratungskonzept Das 2005 initiierte PEP-Projekt, das Pilotprojekt Einführungsphase, zielt auf Schullaufbahnberatung und ein propädeutisches Methodentraining für die Schülerinnen und Schüler in der Einführungsphase und hat sich inzwischen, nach mehrjähriger Erprobungsphase, zu einer tragfähigen und notwendigen Säule des Beratungskonzepts entwickelt. Ergänzend führen wir seit drei Jahren, mit 8

11 zunehmender Nachfrage von Schülerseite, mit dem Schülercoaching nach dem Mündener Modell eine Beratung durch, die insbesondere unseren Kollegiatinnen und Kollegiaten der Qualifikationsphase zugutekommt. Unsere Lehrkräfte coachen in strukturierten Einzelgesprächen unsere Schülerinnen und Schüler, die sogenannten Coachees, mit dem Ziel, dass diese ihre Stärken und Schwächen erkennen und selbst Strategien entwickeln, um Stärken zu entfalten bzw. Probleme zu lösen. Derzeit begleiten und fördern so zehn Lehrkräfte, die sich zum Coach haben ausbilden lassen, die Selbstreflexion ihrer Coachees und verbessern deren Wahrnehmung des eigenen Verhaltens. Wir erhoffen uns hierdurch eine neue Qualität der Persönlichkeitsentwicklung und auch der Beziehung zwischen Lernenden und Lehrkräften. Die dritte Säule des Beratungskonzepts basiert auf der Schulsozialarbeit, die das Kolleg seit 2015 anbietet. Wir profitieren hierbei von dem Engagement eines ehemaligen Kollegiaten, der im Rahmen seiner Bachelorarbeit im Studiengang Sozialpädagogik unseren Schülerinnen und Schülern sozialpädagogische Beratung und Einzelfallhilfe anbietet. Da dieser angehende Sozialpädagoge aufgrund seiner Biographie als ehemaliger Kollegiat die soziokulturellen Hintergründe unserer Schülerschaft sehr genau kennt und auch mit den schulorganisatorischen Rahmenbedingungen, den finanziellen sowie sozialpsychologischen Unterstützungsangeboten eng vertraut ist, berät und unterstützt er außerordentlich kompetent. Die unerwartet hohe Beratungsnachfrage an Kolleg und Abendgymnasium offenbart, wie notwendig es ist, gerade unseren erwachsenen Schülerinnen und Schülern professionelle sozialpädagogische Hilfe anzubieten. Die vertrauensvolle Kooperation des Sozialpädagogen mit Lehrkräften und Schulleitung sowie die Einrichtung eines eigens für diesen Zweck eingerichteten Besprechungsraums bilden die Grundlage dieser erfolgreichen Schulsozialarbeit. Es gilt nun, für dieses Projekt eine personelle Kontinuität zu erreichen, indem eine sozialpädagogische Stelle in Zusammenarbeit mit einer weiteren Schule in Trägerschaft der Region ausgewiesen wird. Dieses wäre ein Novum an niedersächsischen Abendgymnasien und Kollegs, die Aussichten hierfür stehen gut. Als vierte Säule unseres Beratungskonzepts bietet eine Kollegin, die zurzeit in der Fortbildung zur Beratungslehrerin steht, Einzelfallhilfe für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte bei individuellen Lern-, Leistungs- oder Verhaltensproblemen sowie bei sozialen Konflikten in der Schule an. Differenziertes Bildungsangebot für eine sich verändernde Schülerschaft Schulentwicklungskonzepte müssen berücksichtigen, dass das Bildungsangebot eines Schultyps durch den Wertewandel in der Gesellschaft und Veränderungen in der Arbeitswelt beeinflusst wird. In den Schulen der Erwachsenenbildung bemerken wir zunehmend heterogene Bildungsvoraussetzungen, Wissensgrundlagen sowie Lernmotive und Lebensziele unserer Schülerschaft. Denn in den letzten Jahren haben sich am Kolleg und am Abendgymnasium immer mehr junge Erwachsene beworben, deren Berufslaufbahn durch Arbeitslosigkeit unterbrochenen wurde, deren Biographien durch gesundheitliche und familiäre Probleme bestimmt sind oder die mit stark defizitären schulischen Vorkenntnissen ihre zweite Schullaufbahn beginnen. Das pädagogische und schulorganisatorische Handeln muss diesen veränderten Voraussetzungen unserer Schülerschaft neben einer veränderten Beratungsqualität auch durch eine Differenzierung des Bildungsangebots unserer Schulen gerecht werden. Schulversuch Abitur online JETZT NEU: abitur- nlineniedersachsen.de Da sich die Veränderungen der Arbeitswelt vornehmlich bei berufstätigen Schülerinnen und Schülern des Abendgymnasiums auswirken, galt es zunächst, für diesen Personenkreis größere zeitliche Freiräume für schulisches Lernen neben der beruflichen Tätigkeit zu schaffen. Seit dem Schuljahr 2016/17 können Abendgymnasiasten im Rahmen des unter dem Markenzeichen Abitur- Online-Niedersachsen.de stehenden Schulversuchs an drei Tagen in einer Präsenzphase in der Schule lernen; daneben werden sie beim Lernen in einer Distanzphase online durch Lehrkräfte betreut. Dieses Angebot könnte auch für einige Schüler des Kollegs von Interesse sein, die als Selbstständige arbeiten oder einer auf Teilzeit basierenden Berufstätigkeit nachgehen wollen und dann das Online-Angebot des Abendgymnasiums in Anspruch nehmen könnten. Auch hier zeigt sich für unsere Schüler der Vorteil des organisatorischen und personellen Zusammenwirkens von Kolleg und Abendgymnasium. Sprache und Integration für Zuwanderer Aktuell müssen auch die Institutionen des Zweiten Bildungswegs auf die Auswirkungen globaler Disparitäten reagieren, die in dem ungewöhnlich hohen Zustrom von jungen erwachsenen Flüchtlingen nach Deutschland in den Jahren 2015 und 2016 erkennbar wurden. Die Nachfrage dieses Personenkreises nach Sprachkursen und Ausbildungsplätzen am Kolleg offenbart in eindringlicher Weise, dass es für Schulen der Erwachsenenbildung eine wichtige Aufgabe ist, Migranten und Asylsuchende durch Erwerb von Sprachkompetenz und Bildung zu integrieren. Daher muss das Bildungsangebot des Kollegs um spezifische Fördermaßnahmen für diesen Personenkreis der Migranten erweitert werden. Wir haben bereits 2015 dem Kultusministerium ein für junge erwachsene Flüchtlinge zugeschnittenes umfassendes Sprachintegrationskonzept vorgelegt, vermochten aber aufgrund unzureichender personeller Ressourcen bis jetzt noch nicht, dieses Konzept umzusetzen. Grundlegende Sprachförderung für Kollegiaten Auch zu Beginn des Schuljahres 2016/17 sahen sich das Hannover-Kolleg und das Abendgymnasium mit einer großen Anzahl von Schülerinnen und Schülern konfrontiert, deren Bildungsstand sie zwar formal befähigte die Sekundarstu- 9

12 fe II zu besuchen, die aber aufgrund ihrer individuellen Lebenswege nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügten. Um diesen Defiziten zu begegnen und den Schülerinnen und Schülern einen erfolgreichen Abschluss des Bildungsgangs zu ermöglichen, haben wir Förderkurse in den Fächern Landes wichtigen Aufgabe der Integration von Migrantinnen und Migranten nur dann einen Beitrag leisten können, wenn für diesen gesellschaftlich relevanten Bildungsauftrag zukünftig entsprechende personelle Ressourcen auch im Zweiten Bildungsweg zur Verfügung gestellt werden. Bildung beschränkt sich nicht allein auf den Unterricht. Denn die Persönlichkeit entwickelt sich erst im Miteinander von kognitiven, sozialen und emotionalen Bezügen. Neben den erwähnten Fördermaßnahmen haben daher am Kolleg Arbeitsgemeinschaften als außerunterrichtliche Angebote eine gute Tradition. Sie gehören neben dem Fachunterricht wesentlich zum Schulleben und ermöglichen erst eine ganzheitliche Lehr- und Lernkultur. Zur Auswahl stehen sportliche, kommunikative, musikalische und künstlerische Angebote. Unsere acht Arbeitsgemeinschaften, die für jeden etwas Interessantes bereithalten, sind daher ein unverzichtbarer Teil des außerunterrichtlichen Bildungsangebots. Die Zukunft des Kollegs Hannover Kolleg / Abendgymnasium Hannover Arbeitsgemeinschaften im 2. Halbjahr was wird angeboten? wann? wo? wer ist verantwortlich? Chor Mi Uhr R Herr Kreft DELF-AG (Vorbereitung auf ein französisches Sprachzertifikat) English-Club neu A1: Mi (B-Woche) Uhr A2/B1: Mo (A-Woche) Uhr Mi Uhr (A-Woche) R R Frau Depping R Herr Häbel Film-AG startet demnächst wieder Frau Schmidt Fußball-AG Fr Uhr Sporthalle Herr Bartels Theater-AG Fr Uhr R Frau Höfinghoff Zeitungs-AG Termine nach Ankündigung auf dem DSB Frau Schiffer Schulband Mi Uhr Aula Frau Neumann Informatik-AG Mi Uhr R Frau Stanja Deutsch und Englisch eingerichtet, die von Lehrkräften unterrichtet werden, die eine Zusatzqualifizierung für Deutsch als Zweitsprache erwerben. Bestimmte Schülerinnen und Schüler haben in ihren Heimatländern bereits einen höheren Schulabschluss erworben und in höher qualifizierten Berufen gearbeitet. Andere wiederum konnten durch persönliche Lebensumstände, wie zum Beispiel Vertreibung und Flucht aus Kriegsgebieten, ihre Schullaufbahn nicht beenden. Eine zweite Zielgruppe dieser Förderkurse sind aber auch Schülerinnen und Schüler, die ihre Schullaufbahn zwar in Deutschland absolvierten, dennoch in der Einführungsphase in den Fächern Deutsch und Englisch erhebliche Defizite zeigen. Um den gravierenden Folgen sprachlicher Defizite auch auf andere, z.b. gesellschaftswissenschaftliche, Fächer zu begegnen, werden die Schülerinnen und Schüler in den Förderkursen intensiv und individuell beim Lernen unterstützt. Allerdings sind wir mit den Fördermöglichkeiten, die wir in diesem grundlegenden Bereich des Erwerbs der deutschen Sprache derzeit anbieten können, noch nicht zufrieden. Das Kolleg wird bei dieser für die Zukunftsfähigkeit unseres Außerschulische Angebote deg In der Retrospektive belegen die in den letzten 15 Jahren mit stets über 300 Kollegiatinnen und Kollegiaten konstant hohen Schülerzahlen, dass das Hannover-Kolleg vielen jungen Menschen ein attraktives Bildungsangebot unterbreitet hat, die mit diesem Angebot für sich eine neue Lebens perspektive entwickeln konnten. Der Bildungsauftrag der Kollegs musste in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten abhängig vom gesellschaftlichen Wandel immer wieder veränderte Voraussetzungen und vielfältige Erwartungen berücksichtigen. Auch in Zukunft wird das Kolleg seinen Auftrag erfolgreich erfüllen, wenn es den gesellschaftlichen Veränderungen durch eine eigenverantwortliche Schulentwicklung Rechnung trägt. Der heterogenen schulischen Vorbildung und den Voraussetzungen und Motiven der Kollegiatinnen und Kollegiaten müssen wir auch in Zukunft durch unterstützende Rahmenbedingungen und durch eine entsprechende Gestaltung pädagogischer Prozesse des Lehrens und Lernens gerecht werden. Dann wird das Kolleg auch zukünftig (jungen und älteren) Erwachsenen eine berufliche und persönliche Neuorientierung ermöglichen und ihnen weiterhin Chancen eröffnen, soziale und fachliche Kompetenzen und ihr Persönlichkeitsprofil zu entwickeln. Denn um zu lernen, ist es nie zu spät. 10

13 50 Jahre Hannover-Kolleg Politische und persönliche Einblicke von Joachim Haller Joachim Haller, Schulleiter am Abendgymnasium ( ) und am Hannover-Kolleg ( ), schildert, wie sich der Zweite Bildungsweg in den vergangenen fünf Jahrzehnten in Hannover entwickelt hat. Vorweg Fünf Koffer und einen Doppelkoffer! Nicht versetzt! So stand es folgerichtig unter meinem Zeugnis der siebten Klasse am Gymnasium. Ein Koffer, das war in der damaligen Schülersprache ein Mangelhaft; ein Doppelkoffer dementsprechend gar ein Ungenügend. Ich befand mich in guter Gesellschaft: Noch weitere 12 Mitschüler teilten mein Schicksal des Sitzenbleibens. Mein Vater folgte dem Rat der Lehrer und meldete mich an einer Volksschule an. So hießen damals die heutigen Hauptschulen. Den Doppelkoffer hatte ich übrigens im Fach Mathematik; an der Volksschule hieß das dann Rechnen. Ich selbst wurde ein Absolvent des Zweiten Bildungswegs Mathematiklehrer und schließlich Schulleiter. Die Gründung des Hannover-Kollegs Vom Hannover-Kolleg hörte ich kurz nach den Sommerferien Mein ehemaliger Klassenlehrer aus der Handelsschule informierte mich darüber, dass man auf dem Zweiten Bildungsweg einen Hochschulzugang erwerben könne. Von ihm erfuhr ich, dass gerade eine Tagesschule gegründet worden sei, die man zweieinhalb Jahre besuchen und dann mit der Reifeprüfung abschließen könne. Auch gebe es ein Abendgymnasium, das neben der Berufstätigkeit einen Schulbesuch ermögliche. Die Sache hatte für mich nur einen Haken: Eine abgeschlossene Berufstätigkeit und ein Mindestalter von 19 Jahren wurden vorausgesetzt. Ich jedoch war 17 und hatte meine Lehre gerade erst begonnen. Eine Zeit lang gab es in Niedersachsen lediglich in Braunschweig ein Kolleg, das im November 1949 gegründet worden war; es beherbergt bis heute in einem Wohnheim auswärtige Schülerinnen und Schüler. Erst 1962 kam in Oldenburg ein zweites Kolleg hinzu ohne Wohnheim. Fünf Jahre später erfolgte die Gründung unseres Kollegs, ein Jahr darauf die eines weiteren in Wolfsburg. Bei diesen vier Kollegs ist es in Niedersachsen geblieben. Gedacht waren sie als Institute zur Ursprünge des Zweiten Bildungswegs Der Zweite Bildungsweg hat eine deutlich längere Geschichte als das Hannover-Kolleg. Seine Ursprünge sind mit dem Bestreben von Frauen verknüpft, sich Zugang zur Bildung zu erkämpfen. Als 1895 die ersten Frauen im Prager Mädchengymnasium die Matura ablegten, wurde ihnen im Abschlusszeugnis die Klausel Reif zum Besuch der Universität verweigert. In Preußen durften zu jener Zeit Mädchen noch kein Gymnasium besuchen. Helene Lange gründete in privater Initiative mit Hilfe eines Trägervereins in Berlin-Schöneberg 1889 Realkurse für Mädchen, die 1893 von Gymnasialkursen abgelöst wurden. Die ersten sechs Schülerinnen dieser Gymnasialkurse legten 1896 als Externe an einem Berliner Gymnasium die Reifeprüfung ab. Ohne den erfolgreichen Besuch eines Gymnasiums konnte man vor dem ersten Weltkrieg nur durch Reifeprüfungen für Schulexterne, für sogenannte Nichtschüler, den Zugang zu einer Universität erhalten. Dies nutzten überwiegend Frauen, die sich zunehmend auch die Berechtigung zum Studium erstritten. Die hannoversche Humboldtschule führte seit 1911 Nichtschülerreifeprüfungen durch. Erst 1998 übernahmen Abendgymnasium und Kolleg in Hannover von der Humboldtschule diese Prüfungen. Die Nichtschülerreifeprüfungen gibt es in Hannover somit seit mehr als 100 Jahren. Interessant ist, dass vor und nach dem ersten Weltkrieg oft jüdische Frauen aus dem Bildungsbürgertum diese Möglichkeit nutzten. Abendgymnasien in Deutschland gibt es seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Nach der ersten Gründung in Berlin 1927 wurde bereits ein Jahr später das Abendgymnasium Hannover gegründet, das somit seit fast 90 Jahren besteht. 11

14 Erlangung der Hochschulreife für vorwärtsstrebende, jüngere Menschen mit guter Begabung und einwandfreier Führung, die sich im Beruf bewährt haben und denen der normale Weg zur Reifeprüfung versagt war. Die Gründung von Kollegs erfolgte damals vor dem Hintergrund der im internationalen Vergleich niedrigen Bildungsausgaben in Deutschland, der geringen Quote an Abiturienten, großer Unterschiede zwischen Stadt und Land und der Forderung nach grundlegenden Reformen des dreigliedrigen sozial selektiven Schulsystems. Es galt, eine Bildungskatastrophe in Deutschland, vor der Experten wie der Lehrer Georg Picht 1964 öffentlich warnten, abzuwenden. Die ersten Jahre: Aufbruchsstimmung Das Hannover-Kolleg wurde im April 1967 eröffnet und im November feierlich eingeweiht. Gründungsschulleiter war Reinhard Oppermann. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 25. April 1967 Erste Heimat des Hannover-Kollegs: Am Lindenhofe 14 in Döhren Gründung des Hannover-Kollegs als drittes Kolleg in Niedersachsen Start mit 36 Kollegiatinnen und Kollegiaten; Schulleiter wird Reinhard Oppermann (bis 1973) 1973 Dr. Gottfried Hartmann wird kommissarischer Schulleiter (bis 1974) 1974 schwere Krise: Boykott des Unterrichts eines Lehrers, Streik der Kollegiaten, heftige Auseinandersetzungen im Kollegium Offizielle Einweihung des Hannover-Kollegs durch den damaligen Oberbürgermeister August Holweg 1974 Einführung einer kollegialen Schulleitung mit von Lehrkräften und Kollegiaten paritätisch besetzter Gemeinsamer Vertretung im Rahmen eines Schulverfassungsversuchs unter Vorsitz von Dr. Kay Hoffmeister ( ) und Ludolf Baucke (ab 1978) 1977 Aufnahmebedingungen werden verschärft, viele Bewerber werden abgelehnt

15 berichtete, dass etwa 200 Anfragen von Interessierten eingegangen seien. Von 80 Bewerbern wurden 78 zu einem psychologischen Test bestellt, bei dem 17 ohne weiteres Erfolg hatten. Etwa 50 werden noch eine pädagogisch orientierte Prüfung abzulegen haben, der Rest schien für eine Aufnahme in das Kolleg ungeeignet. Lehrkräfte, besonders in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern, waren in den ersten Jahren des Kollegs in der Bundesrepublik rar, so dass man auch auf Studenten zurückgriff. Schüler des Kollegs konnte ich 1967 zwar nicht werden, aber vier Jahre später nebenamtliche Lehrkraft in Mathematik. Das Abitur hatte ich nach dem Abschluss meiner Lehre am Ernestinum in Celle als zwanzigjähriger Nichtschüler bestanden. Mein Mathematiklehrer in dem Vorbereitungskurs war Norbert Bruder vom Hannover- Kolleg, der mich schon am Ende meines ersten Studiensemesters anwarb. So unterrichtete ich zwischen 1971 und 1973 einige Wochenstunden Mathematik in dem Schulgebäude am Lindenhofe in Döhren. Am Kolleg herrschte Aufbruchsstimmung: Rege und überaus kontrovers wurde über erwachsenengerechten Unterricht diskutiert, über den Umgang zwischen den Lehrkräften und den berufserfahrenen Kollegiatinnen und Kollegiaten, darüber, wie diese schulische Prozesse mitgestalten und auch bei der Aufnahme von Bewerbern und der Einstellung von Lehrkräften mitentscheiden könnten. Der Zweite Bildungsweg sollte Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Berufsleben in seinem Bildungsgang berücksichtigen und eigenständige Kriterien dafür entwi- Demonstration von Kollegiaten 1977 auf dem Gelände der Universität Hannover 1980 Einführung der reformierten Oberstufe (Kurssystem), Verlängerung der Ausbildungszeit von 2,5 auf 3 Jahre 1986 Gründung der Theater-AG 1982 Einrichtung einer Zweigstelle für die Einführungsphasen im Gebäude der Grundschule Loccumer Straße Jahr-Feier mit Festveranstaltung 1982 Beendigung des Schulverfassungsversuchs, Ludolf Baucke alleiniger Schulleiter 1984 Umzug in das Gebäude der ehemaligen Orientierungsstufe in der Spittastraße 27 in Mittelfeld 1992 Gründung des Vereins der Freunde des Kollegs (Förderverein) 13

16 ckeln, was unter einer Hochschulreife zu verstehen sei. Schon 1968 forderten die Kollegiaten ein paritätisch besetztes Entscheidungsorgan und Mitbestimmungsrechte bei der Aufnahme von Schülern gab es zur Durchsetzung dieser Forderungen einen fünfwöchigen Streik am Kolleg. Aber erst zwei Jahre später wurde der Schulverfassungsversuch mit einer paritätisch besetzten Gemeinsamen Vertretung als oberstem Entscheidungsgremium und einer kollegialen Schulleitung mit einem auf Zeit bestellten Schulleiter von der Bezirksregierung genehmigt. Anpassung an den ersten Bildungsweg und Umzug in die Spittastraße Der Schulverfassungsversuch dauerte acht Jahre, bis Ludolf Baucke 1982 zum alleinigen Schulleiter des Kollegs ernannt wurde. Zwischenzeitlich trat 1980 die reformierte Oberstufe mit ihrem Kurssystem in Kraft, die Ausbildungszeit verlängerte sich damit von zweieinhalb auf drei Jahre. Der Bildungsgang an den niedersächsischen Kollegs ist seitdem weitgehend deckungsgleich mit dem der gymnasialen Oberstufe, da die regelmäßigen Veränderungen an den Gymnasien des ersten Bildungswegs stets zeitnah Zweiter Standort des Kollegs: das heute abgerissene Schulgebäude in der Spittastraße 2001 Übernahme der Schulträgerschaft durch die neu gegründete Region Hannover 2001 Umzug in das heutige Schulgebäude Thurnithistraße 6 in Döhren Schulverbund mit dem Abendgymnasium Hannover, Zusammenführung der beiden Kollegien 2005 Modernisierung der Einführungsphase (PEP-Projekt) 2001 Schulleiter wird Joachim Haller (seit 1997 bereits Schulleiter des Abendgymnasiums) Jahr-Feier (75 Jahre Abendgymnasium, 36 Jahre Hannover-Kolleg) mit dem damaligen Kultusminister Bernd Busemann und dem damaligen Regionspräsidenten Dr. Michael Arndt 2006 Einführung eines Mentorenprogramms Schüler helfen Schülern 14

17 auf die Kollegs übertragen wurden. Berufliche Inhalte werden nicht mehr berücksichtigt, obwohl auch in den derzeit gültigen Bestimmungen für das Kolleg steht: Alter und Berufserfahrung der Schülerinnen und Schüler werden angemessen berücksichtigt (EB-VO-AK, Punkt 8.8). Auch die Aufnahmeprüfungen entfielen. Für den Beginn in der Einführungsphase (11. Klasse) benötigten die Bewerber nun einen erweiterten Sekundarabschluss I, so dass nur diejenigen Realschüler aufgenommen werden konnten, die durch ein gutes Zeugnis die Berechtigung zum Besuch einer gymnasialen Oberstufe erlangt hatten. Zwischenzeitlich reichte das Schulgebäude Am Lindenhofe angesichts einer gymnasialen Oberstufenschule mit Kurssystem und deutlich steigender Schülerzahlen nicht mehr aus. Die Stadt Hannover stellte dem Kolleg ab 1984 ein größeres Schulgebäude in der Spittastraße im Stadtteil Mittelfeld zur Verfügung, wo der Unterricht bis Juli 2001 stattfand. Rückgang der Schülerzahlen und Zweifel an der Existenzberechtigung des Kollegs Auf die stark anwachsenden Schülerzahlen in den 80er und beginnenden 90er Jahren folgte seit 1995 eine Flaute: Die Schülerzahlen nahmen stark ab, an den vier niedersächsischen Kollegs von etwa 900 Schülern im Jahr 1992 auf knapp 600 im Jahr An den fünf Abendgymnasien in Niedersachsen fand eine ähnliche Entwicklung statt. Zu Beginn des Schuljahrs 2001/2002 lernten nur noch 120 Schülerinnen und Schüler am Hannover- Kolleg. Das Abitur im Jahr 2001 bestanden lediglich 18 Kollegiatinnen und Kollegiaten. Das Schulgebäude in der Spittastraße wurde angesichts der sinkenden Schülerzahlen nun wiederum zu groß. Zudem entstand in der Nachbarschaft seit 1998 das EXPO-Projekt der Kronsbergsiedlung. Für diesen neuen Stadtteil wurde auch eine Integrierte Gesamtschule geplant, die vorübergehend im Schulgebäude des Kollegs untergebracht werden sollte. Wohin also mit dem Kolleg? Angesichts der angespannten Haushaltslage des Schulträgers stellte sich auch die Frage, ob eine solche Einrichtung überhaupt noch notwendig sei. Das Kultusministerium hatte bereits 1982 für Kollegiatinnen und Kollegiaten die Möglichkeit eröffnet, die allgemeine Hochschulreife auch an einer Schule mit Sekundarbereich II zu erwerben. An zwei hannoverschen Integrierten Gesamtschulen existierten bereits Kollegklassen und die Bereitschaft, weitere Kollegiaten aufzunehmen, war um die Jahrtausendwende angesichts überall rückläufiger Schülerzahlen durchaus vorhanden. Eine andere Option war die komplette Eingliederung des Kollegs in ein bestehendes Gymnasium oder in eine berufsbildende Schule. Die Kollegiatenschaft, das Kollegium und die Schulleitung hatten allerdings ein großes Interesse daran, die Eigenständigkeit des Kollegs angesichts des deutlich anderen Erfahrungs- und Wissenshintergrunds der Erwachsenen zu erhalten. So strebte man eine Lösung an, mit der schon in Nordrhein-Westfalen gute Erfahrungen Ergänzung des Bildungsangebos um den künstlerisch-musischen Schwerpunkt mit Kunst und Musik als Niveaufach Schulleiter von Abendgymnasium und Kolleg wird Axel Gläser, seit drei Jahrzehnten am Abendgymnasium und Kolleg tätig 2015 Barrierefreier Umbau des Schulgebäudes, Errichtung von vier neuen Unterrichtsräumen in Modulbauweise (Schulpavillon) 2011 Jubiläumsfeier 10 Jahre vereint in der Thurnithistraße 2014 Einführung des Angebots Schüler-Coaching mehrere Wechsel im Schulleitungsteam, etliche Lehrkräfte treten in den Ruhestand, starke Verjüngung des Kollegiums; 2016/17 unterrichten am Kolleg 28, am Abendgymnasium 17 Lehrkräfte feierliche Verabschiedung von Joachim Haller, 14 Jahre Schulleiter von Abendgymnasium und Kolleg 15

18 Schulgebäude beim Einzug 2001 gemacht worden waren: das räumliche und organisatorische Zusammengehen in einem Schulverbund. Für dieses Ziel setzten sich das Abendgymnasium und das Kolleg, die bislang in entfernten Stadtteilen getrennt untergebracht waren, seit 1997 gemeinsam ein. Die Herausforderung war dabei, den Schulträger die Landeshauptstadt Hannover für eine räumliche Zusammenlegung der beiden Schulen in einem gut erreichbaren Schulgebäude zu gewinnen. Das Abendgymnasium war in der Leibnizschule untergebracht und belastete den Schulträger kaum mit zusätzlichen finanziellen Mitteln; die Personalkosten der Lehrkräfte muss bekanntlich das Land Niedersachsen übernehmen. Die Versuchung, eine Schule das Kolleg einzusparen, war vorhanden. Zwei Schulen unter einem Dach In zahlreichen Gesprächen mit den politischen Entscheidungsträgern und mit der Schulverwaltung konnte dann doch eine Lösung gefunden werden. Zu Hilfe kam den beiden Schulen auch, dass ein neuer Kommunalverband, die Region Hannover, entstand, die 2001 aus den Kommunen des alten Landkreises Hannover und der kreisfreien Stadt Hannover gebildet wurde. Neben den Berufsbildenden Schulen und zahlreichen Förderschulen sollten auch Abendgymnasium und Kolleg aus der Trägerschaft der Stadt Hannover in die der neuen Region übergehen. Das schwierigste Problem war, ein geeignetes Schulgebäude zu finden. Zwei Schuleinrichtungen wie das Abendgymnasium und das Hannover-Kolleg, deren Einzugsbereich den gesamten Großraum Hannover, also die jetzige Region umfasst, sind natürlich auf ein möglichst zentral gelegenes Schulgebäude angewiesen, das zudem über eine gute Verkehrsanbindung verfügt. In den Blickpunkt geriet recht schnell das Schulgebäude der Orientierungsstufe Gebäude

19 Döhren in der Thurnithistraße. Die Orientierungsstufe sollte in die Suthwiesenstraße umziehen, zusammen mit einer Grundschule. Allerdings weckte das Gebäude in der Thurnithistraße (Thurnithi ist der erste überlieferte Name für Döhren) Begehrlichkeiten von verschiedenen Seiten. Drei Jahre wurde erörtert, gerungen, geplant, bis die Entscheidung für einen Umzug von Kolleg und Abendgymnasium in die Thurnithistraße feststand. Als ehemalige Heimstätte von Grundschule und Orientierungsstufe Döhren entsprach das Schulgebäude natürlich nicht den Anforderungen eines gymnasialen Oberstufenbetriebes mit seinem großen Fachraumbedarf. Außerdem mussten das Gebäude und die Unterrichtsräume erwachsenengerecht eingerichtet werden. Da fast die gesamten Schulmöbel noch aus der Gründungszeit des Kollegs stammten, wurden zunächst Tische und Stühle für zwei Klassenräume durch die großzügigen Spenden einer ehemaligen Abendgymnasiastin im fünfstelligen Eurobereich neu angeschafft. Nicht nur die Einrichtung, auch die Instandsetzung ging mit großen Mühen und finanziellen Kraftanstrengungen einher, denn das Gebäude befand sich in einem schlechten baulichen Zustand. Der alte Schulträger veranlasste dann jedoch in erstaunlich kurzer Zeit die notwendigsten Umbauten und Renovierungen, so dass der Schulbetrieb pünktlich nach den Sommerferien 2001 startete. Der neue Schulträger, die Region, sorgte durch weitere Maßnahmen für eine angenehme Lern atmosphäre. Das Zusammengehen der beiden Schulen erlaubte dabei eine Bündelung der finanziellen Ressourcen. Jede Anschaffung kam beiden Schulen zugute, ob sie nun vom Abendgymnasium oder vom Kolleg finanziert wurde. Mit Umzug und Schulverbund veränderte sich auch die Schulleitungsstruktur: Das Kolleg verlor eine eigene Schulleiter- und eine schulfachliche Koordinatorenstelle. Als bisheriger Schulleiter des Abendgymnasiums übernahm ich fortan die Schulleitung für beide Schulen. Außerdem richteten beide Schulen eine gemeinsame Gesamtkonferenz, gemeinsame Fachkonferenzen und seit 2007 einen gemeinsamen Schulvorstand ein. Viele Lehrkräfte unterrichten in beiden Schulen, die Kollegien arbeiten in vielen Bereichen, nicht zuletzt in den Abiturprüfungen, eng zusammen. Getrennt blieben allerdings die beiden Schülervertretungen für das Abendgymnasium und für das Kolleg. Wandel der Schülerschaft Auch die Schulen des Zweiten Bildungswegs bekommen die sozialen Veränderungen in unserem Land zu spüren: Die früher gängige biographische Abfolge Realschule, Berufsausbildung, Berufstätigkeit und Zweiter Bildungsweg weisen immer weniger Bewerbungen nach. Häufig finden junge Leute keine Lehrstelle, oft entstehen durch Arbeitslosigkeit mehrjährige Lücken in den Lebensgeschichten. Und nur allzu oft kommen auch Auszeiten durch psychische Erkrankungen hinzu. Auf diese bis heute andauernden Veränderungen reagierte das Kultusministerium mit einer wichtigen Entscheidung, nämlich die Kollegs auch für Bewerber ohne erweiterten Sekundarabschluss zu öffnen. Die Aufnahmevoraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung wurde durch eine berufliche Tätigkeit von drei Jahren, seit 2011 von nur noch zwei Jahren, ergänzt. In der Schülerschaft wuchs die Bereitschaft, eine schlecht bezahlte oder gar prekäre Berufstätigkeit aufzukündigen und die familienunabhängige BAFöG- Förderung in Anspruch zu nehmen. Deswegen profitierte von dem Zusammengehen der beiden Gymnasien für Erwachsene vor allem das Kolleg. In den ersten Jahren war das Abendgymnasium noch das deutlich größere System gewesen, was sich dann rasch änderte: Jahr für Jahr wechselten zahlreiche Bewerberinnen und Bewerber vom Abendgymnasium noch vor Beginn der Einführungsphase zum Kolleg. Seit 2005 lernen am Kolleg mehr Schüler als am Abendgymnasium. Die Zahl der Kollegiaten stieg seit 2001 stark an und erreichte im Jahr 2013 den höchsten Stand in der 50-jährigen Geschichte des Hannover-Kollegs. Am Abendgymnasium blieb die Zahl der abendlichen Schülerinnen und Schüler in etwa konstant. Beide Schulen zusammen entlassen jährlich so viele erfolgreiche Abiturientinnen und Abiturienten wie ein mittleres niedersächsisches Gymnasium. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung mussten wir die Existenzberechtigung des Kollegs immer wieder rechtfertigen. Sparmaßnahmen bei der Bildung die Pläne des Landesrechnungshofs Das Hannover-Kolleg wurde von Mitarbeitern des niedersächsischen Landesrechnungshofs im Jahr 2004 untersucht. In seinem Jahresbericht 2005 kam dann der Rechnungshof zu folgendem überraschenden Ergebnis: Die Fortführung von Kollegs ist - insbesondere auch angesichts der Ausgaben des Landes in Höhe von insgesamt 5,4 Millionen jährlich - aus Sach- und Rechtsgründen nicht mehr vertretbar, zumal andere geeignete und zukünftig noch ausbaufähige Beschulungsformen vorhanden sind. Nach Meinung des Landesrechnungshofs bräuchten die vier niedersächsischen Kollegs nicht fortgeführt zu werden, dies hätte die Schulbehörde zu prüfen und festzustellen. Weitergehend sollte das Land prüfen, ob im Schulgesetz auf die Schulform des Kollegs vollständig verzichtet werden könne. Die Gründe für diese Intervention des Landesrechnungshofs waren nicht nachvollziehbar, genauso wenig wie die Schlussfolgerungen in Hinblick auf den Einspareffekt. Denn bei einer Beschulung von Kollegiaten in einer anderen Schule hätten dort die gleichen personellen und sachlichen Kosten aufgebracht werden müssen. Im Juni 2005 lag dem Haushaltsausschuss des Niedersächsischen Landtags der Antrag auf Aufhebung der Kollegs und der Abschaffung dieser Schulform im Schulgesetz vor. Eine Rücksprache mit den betroffenen Kollegs hatte nicht stattgefunden. Anders als in den 70er Jahren regte sich von Seiten der Kollegiatenschaft in Hannover keinerlei Protest. Widerstand gegen diesen Antrag blieb allein uns, den Schulleitungen, überlassen. In Gesprächen mit Abgeordneten der oppositionellen SPD im Niedersächsischen Landtag erreichten wir, dass über diesen Antrag zunächst einmal nicht abgestimmt wurde. Ohne dieses Aufschieben der Abstimmung wäre die Auflösung der Kollegs im Juni 2005 beschlossen worden. Im September 2006 schloss sich die Niedersächsische Landesregierung in ihrem Bericht an den Landtag letztendlich unserer Argumentation an: Auf die Kollegs kann 17

20 aus schulfachlicher Sicht nicht verzichtet werden. Gerade in Anbetracht der Verkürzung des gymnasialen Bildungsgangs bis zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife auf zwölf Jahre kommt dem Zweiten Bildungsweg eine gestiegene besondere Bedeutung zu. Die Kollegiaten stellen aufgrund ihres Alters (mindestens 19 Jahre) und ihrer Lebensund Berufserfahrung (abgeschlossene Berufsausbildung oder mindestens dreijährige Berufstätigkeit) eine spezielle Schülerpopulation dar, die sich deutlich von der in den gymnasialen Oberstufen unterscheidet. Für die in der Regel sehr motivierten Erwachsenen soll in Niedersachsen weiterhin ein besonderes, eigenständiges gymnasiales Bildungsangebot vorgehalten werden. Im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen in der Arbeitswelt sollte den jungen Erwachsenen, die sich schulisch weiterqualifizieren wollen, nicht eine wichtige Möglichkeit genommen werden, zumal sich die Kollegs und Abendgymnasien unstrittig bewährt haben. (Drucksache 15/3183) Weitere Pläne, an der Bildung zu sparen das BAFöG Im Frühjahr 2005 rief ein Plan aus Baden- Württemberg massive Studentenproteste hervor. Studiengebühren sollten eingeführt und das BAFöG abgeschafft werden und einer Studienfinanzierung mittels privater Kredite weichen. Diese Pläne waren aber auch in der CDU umstritten, deren Vorsitzende und Kanzlerkandidatin, Angela Merkel, klarstellte: Ich sage für die CDU: Niemand hat die Absicht, das Bafög abzuschaffen. (FAZ ) In dem dann erarbeiteten Änderungsentwurf für das Bundesausbildungsförderungsgesetz fehlte nun der für die Kollegs so wichtige Passus der familienunabhängigen Förderung. Erst nach massiven Protesten des Bundesrings Jetzt auchonlinebeantragen der Kollegs konnte erreicht werden, dass Kollegiaten weiterhin eine familienunabhängige Förderung während ihres Schulbesuchs erhalten. Eine Streichung dieser Förderung hätte für die Kollegs existenzielle Folgen gehabt. Freie Kapazitäten an Berufsbildenden Schulen Nach diesen landes- und bundespolitischen Zweifeln an der Existenzberechtigung von Kollegs sah sich die Schulleitung ausgerechnet während der laufenden Schulinspektion im September 2007 erneut in Rechtfertigungszwängen nun gegenüber dem Schulträger. Überlegungen zielten dahin, die Kollegiaten auf berufsbildende Schulen zu verteilen, um sie dort zu unterrichten. Auch das Abendgymnasium hätte als abendliche Dependance an einer Berufsschule untergebracht werden können. Wieder einmal waren Sparmaßnahmen im Bildungsbereich attraktiv: die Einsparung der Unterhaltskosten für ein Schulgebäude. Der Plan scheiterte aufgrund unseres Widerstands und wohl auch wegen Fachraumproblemen an den Berufsschulen und den Schwierigkeiten des Lehrereinsatzes an unterschiedlichen Schulstandorten. Das Hannover-Kolleg ein Erfolgsmodell Am Hannover-Kolleg stieg unterdessen die Zufriedenheit mit dem Schulgebäude und dem Schulbetrieb. Von der einwöchigen Schulinspektion im September 2007 erhielten Abendgymnasium und Hannover-Kolleg viel Lob. In dem Schulverbund wurde mehr Verbindendes als Trennendes beobachtet. Bescheinigt wurde uns ein gepflegtes Schulgebäude, das erkennbar eine Einrichtung für Erwachsene sei; spürbar sei auch der gegenseitige Respekt zwischen Lernenden und Lehrenden. Beide Schulen verfügten über ein gelebtes Leitmotiv als Schule der Ermutigung. Schulverfassung Engagement der Kollegiatenschaft Seit der Schulvorstand als oberstes Entscheidungsgremium in den niedersächsischen Schulen eingerichtet ist, vergrößern sich die Mitwirkungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler deutlich. In diesem paritätisch mit sechs Schülervertretern und sechs Lehrkräften besetzten Gremium unseres Schulverbundes können Schülerinteressen besser eingebracht und auch argumentativ vertreten werden als in der deutlich größeren Gesamtkonferenz mit der zahlenmäßigen Dominanz der Lehrkräfte. Bemerkenswert ist, dass der Versuch, eine kollegiale Schulführung wiedereinzuführen, scheiterte. Auf einer Gesamtkonferenz im Dezember 2013 erhielt ein entsprechender Antrag von Personalrat und Schulleitung zwar eine klare Mehr- Einweihung 1911 Jubiläumsfeier

21 heit, die notwendige Zweidrittelmehrheit wurde aber knapp verfehlt; in der Debatte zuvor stieß der Antrag auf eine klar geäußerte Ablehnung seitens der Kollegiatenvertreter. Wofür die Kollegiatenschaft in den 70er Jahren noch streikte, ist offenbar gegenwärtig wenig lohnenswert. Eine große Rolle spielt wohl auch die allgemeine Zufriedenheit der Schülerschaft mit dem Unterricht und der Unterstützung durch ihre Lehrerinnen und Lehrer sowie auch mit der Schulorganisation. Die beiden großen Umfragen zur Schulevaluation von 2009 und 2011 lassen zumindest diesen Schluss zu. Das Engagement von Kollegiatinnen und Kollegiaten spielt sich eher in anderen Bereichen ab. Sehr erfolgreich waren mehrere Tamiga-Projekte seit 2009 mit abschließenden Schulfesten. Die Unterstützung eines Schulbaus in dem Dorf Tamiga in Burkina-Faso in Kooperation mit dem Gymnasium Bad Zwischenahn- Edewecht stieß auf reges Interesse und eine große Beteiligung. Weiterhin sind Arbeitsgemeinschaften wie die Theater- AG oder der Chor erfolgreich. Auch für das Mentorenprojekt, in dem Schüler Schüler beim Lernen unterstützen, können Jahr für Jahr engagierte Kollegiaten gefunden werden. Erwähnt werden sollen auch die Initiativen aus der Schülerschaft des Abendgymnasiums im Rahmen der Schule ohne Rassismus Schule mit Courage. Resümee Mir bleiben aus meiner Tätigkeit als Schulleiter zunächst zahlreiche interessante junge Menschen in Erinnerung. Die Freude und der Stolz dieser Erwachsenen, es doch noch geschafft zu haben, gaben meiner täglichen Arbeit einen Sinn. Auch die Rückmeldungen von ehemaligen Schülern bestärkten mich in meinen Bemühungen um meine beiden Schulen. Was aber bedeutet letztendlich Hochschulreife? Welche Qualifikationen müssen dazu erworben sein? Mit welchen Inhalten sind diese Qualifikationen zu verknüpfen? Muss das alles exakt der gymnasialen Oberstufe im ersten Bildungsweg entsprechen? Wäre es nicht pädagogisch sinnvoller, Gleichwertigkeit statt schematisch Gleichheit anzustreben? Allerdings veränderten sich fast regelmäßig die Wünsche unserer Absolventen für die Zeit nach dem Abitur im Laufe der eigenen Lernprozesse an unseren Schulen. Die Auseinandersetzung mit zuvor nicht gekannten Inhalten und Fächern erweitert tatsächlich Horizonte. Das weiß ich selbst nur zu gut. Ursprünglich hatte ich Jura studieren wollen. Eineinhalb Jahre vor den Abiturprüfungen erlebte ich meine erste Physikstunde und ich entschied mich nach dem Abitur für Physik (und Mathematik). Auch mehrere unangenehme Ereignisse bleiben haften: Abitur 2004 unter Polizeischutz, Hakenkreuzschmierereien am Schulgebäude Ende 2011 (vermutlich von einem der Schule verwiesenen Schüler), das Stalking gegenüber einer Schülerin und einer Kollegin, mehrere gerichtliche Auseinandersetzungen mit gewalttätigen Schülern, dreister BAFöG- Betrug mit gefälschter Unterschrift, Regressforderung des Schulträgers an mich wegen einer BAFöG-Überzahlung, Krisensitzungen mit Gewaltpräventionsteams der Schulbehörde und Polizei Das alles ändert nichts daran, dass ich jeden Tag gern in diese Schule geradelt bin. Auch wenn es nicht immer selbstverständlich war, dass das Kolleg nun 50 Jahre Bestand hat, bin ich überzeugt, dass es die Schule weiterhin geben wird. Wir haben die Anerkennung des Schulträgers und des Kultusministeriums erlangt und erfahren viel Unterstützung von politischen Entscheidungsträgern. Das Regelschulsystem muss und wird sich ständig ändern, anpassen und auch verbessern. Dennoch wird es immer Menschen geben, die sich erst in späteren Jahren für eine andere Lebensperspektive entscheiden. Der erste Bildungsweg kann nicht das Ende sein; er bedarf der Ergänzung und Öffnung durch einen Zweiten Bildungsweg. 19

22 Stricknadeln und Handys Veronika Bonk, Lehrerin für Biologie und Chemie, rekonstruiert, wie sich in 50 Jahren am Hannover-Kolleg das Geschlechterverhältnis entwickelt hat. In den 80er Jahren bewiesen Schülerinnen beim Stricken im Unterricht feinmotorisches Geschick. An meinem ersten Arbeitstag am Hannover-Kolleg im August 1982 musste ich sofort Grund- und Leistungskurse in Chemie und Biologie im 13. Jahrgang übernehmen. In den Chemie- Kursen saßen ausschließlich junge Männer vor mir: Sie hatten entweder eine Ausbildung als Chemie-Laborant hinter sich oder visierten eine Studienrichtung an, bei der bekannt war, dass Chemie- Kenntnisse erforderlich sein würden. Sie hatten zum Teil viele Detailkenntnisse und halfen mir eifrig beim Auf- und Abbau der Experimente. In den Biologie-Kursen traf ich außer den jungen Männern, die ich bereits aus den Chemie-Kursen kannte, viele strickende, junge Frauen. Während der Unterrichtsstunden klapperten die Nadeln und nach ein oder zwei Wochen konnte man den fertigen Pullover bewundern. Trotz, vielleicht aber auch durch diese Nebenbeschäftigung des Strickens verliefen die Unterrichtsgespräche ausgesprochen interessant und höchst konzentriert und nebenbei lernte ich damals meinen ersten Pullover zu stricken. Die Kollegiatinnen hatten fast alle eine Lehre als Krankenschwester absolviert und empfanden die Schule nach den Jahren mit Schicht- und Wochenenddiensten tatsächlich als große Entspannung. Alle hatten ihren Beruf für den Schulbesuch aufgegeben und arbeiteten meist während der Ferien oder an den Wochenenden in ihren früheren Berufen, um ihre finanzielle Situation aufzubessern. In meiner Erinnerung habe ich das Gefühl, dass der Anteil der Frauen von Jahr zu Jahr größer und die vor dem Schulbesuch erlernten Berufe vielfältiger wurden bzw. schließlich sogar völlig wegfielen. Anhand einer Namensliste der Abiturjahrgänge von 1969 bis 1992 konnte ich die Entwicklung des Geschlechterverhältnisses nachvollziehen. In diesem Zeitraum konnte ich auch an den Vornamen relativ leicht das Geschlecht erkennen, was allerdings in den späteren Jahrgängen immer schwieriger wurde, 20

23 weil der Anteil derjenigen mit Migrationshintergrund allmählich anwuchs. Auch die Wende 1989 sorgte später für das Auftreten aus niedersächsischer Perspektive ungewöhnlicher Vornamen, wie Mandy, Ceven oder Candy. Es sieht zunächst so aus, als sei das Kolleg für junge Männer erfunden worden, aber nach und nach wurde der Anteil an Frauen tatsächlich immer größer, was vermutlich auf die gesellschaftliche Entwicklung zurückzuführen ist. Wie oft hörte ich früher den Satz: Meine Eltern wollten nicht, dass ich eine höhere Schule besuche, sie waren der Meinung, dass sich das nicht lohne, weil ich ja sowieso mal heiraten und Kinder bekommen werde! Heute höre ich eher: Mit 13 oder 14 fand ich Schule schrecklich langweilig, ich habe nie aufgepasst und entsprechend schlechte Noten kassiert. Eine höhere Schule war da nicht möglich. Außerdem wollte ich endlich eigenes Geld verdienen. Allerdings habe ich dann schnell gemerkt, dass ich von meinem Arbeitgeber nur ausgenutzt wurde. Eine Sicherheit in Form einer festen Anstellung habe ich nicht bekommen, immer nur zeitlich begrenzte Verträge. Wie hat sich das Bild doch gewandelt. Heute strickt niemand mehr während des Unterrichts, statt der klappernden Nadeln hört man höchstens mal ein Handy. Das Interesse an den Fächern Biologie und Chemie scheint allerdings ungebrochen, die Kurse sind entsprechend Heute nutzen junge Frauen und Männer ihre Fingerfertigkeit im Unterricht bei der Online-Recherche am Handy. gut besucht. Leider ist nicht nachvollziehbar, für wie viele der Absolventinnen und Absolventen das Abitur tatsächlich bedeutsam für den späteren Lebensweg war. Wem gelingt der Sprung an die Fachhochschule oder Universität und dann in eine akademische Karriere? Wer arbeitet nach dem Abitur wieder im früheren Beruf? Wie viele Frauen landen doch wieder zu Hause als Hausfrau und Mutter, allerdings mit dem Abitur in der Tasche? Wer nutzt das Abitur zunächst, um die Kinder mit mehr Verständnis und Interesse durch die Schulzeit zu begleiten? Wer wagt in einer späteren Lebensphase den Schritt ins Studium? Sicher ist jedoch, dass all diese Optionen heute umgesetzt werden. Insofern hilft das Kolleg jungen Frauen und Männern, die Chancen sozialer Mobilität zu nutzen und den Gestaltungsspielraum der gesellschaftlichen Individualisierung für sich auszuschöpfen. Abiturientinnen Abiturienten 100% 80% 60% 40% 20% 0% Relative Entwicklung des Geschlechterverhältnisses der Abiturientinnen und Abiturienten im Zeitverlauf Anmerkung: Für den Zeitraum von liegen keine entsprechenden Daten vor. 21

24 Politische Unterstützung fürs Kolleg Bernd Strauch (Abitur 1976) Bernd Strauch war die weiße Eminenz aus dem Rathaus. Er war Bürgermeister, Ratsvorsitzender und Gesicht Hannovers und ehemaliger Kollegiat. Joachim Haller stellt eine herausragende Persönlichkeit Hannovers vor. Mit seinem gewinnenden Lächeln empfing er Staatsgäste und gratulierte 100-jährigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zum Geburtstag. Das Bürgermeisteramt war Bernd Strauchs Ehrensache, für die er lediglich eine Aufwandsentschädigung erhielt für einen Vollzeitjob mit täglich mindestens fünf Terminen. Von Beruf war Strauch Förderschullehrer, zuletzt beschäftigt beim Landespräventionsrat im niedersächsischen Justizministerium. Neben seinem Amt spielte er als Schlagzeuger in Charly s Blues und Boogie Band, später noch ergänzt um das Bernd-Strauch- Trio, und war Vorsitzender des Jazz-Clubs Hannover. Das letzte Mal durften wir Bernd Strauch bei der Preisverleihung für den Ideenwettbewerb des Jahres 2009 auf der Abiturientenentlassungsfeier des Kollegs in unserer Schule begrüßen. Eine wichtige politische Unterstützung fanden wir in Bernd Strauch auch immer dann, wenn es darum ging, Zweifel an der Existenzberechtigung des Kollegs auszuräumen oder den Standort für unsere Schule zu verteidigen. Bernd Strauch hatte seinen Zuhörern immer etwas zu sagen, nie dozierend und von oben herab, immer mit Empathie, viel Humor und der ihm eigenen augenzwinkernden Selbstironie. Bernd Strauch ließ sich nicht lange bitten, als wir ihn 2003 für das 75-jährige Jubiläum des Abendgymnasiums ansprachen. Er nahm als Redner, Vertreter der Stadt Hannover und als ehemaliger Schüler des Kollegs am Festakt in unserer Schule teil und sorgte am nächsten Tag mit seiner Band für musikalische Unterhaltung auf unserer Jubiläumsfeier. Zuvor war er selbstverständlich auch als Redner und Gast auf unserer Einweihungsfeier 2001 dabei gewesen. Festakt zur 111-Jahr-Feier 75 Jahre Abendgymnasium und 36 Jahre Hannover-Kolleg - am *9. April September 2015 verheiratet, zwei Kinder gelernter Industriekaufmann Abitur am Hannover-Kolleg 1976 Lehramtsstudium zum Sonderschullehrer von 1986 bis Juni 2014 Mitglied im Rat der Stadt Hannover von September 1996 bis 2014 erster Bürgermeister und Ratsvorsitzender der Landeshauptstadt Hannover Schlagzeuger im Bernd-Strauch-Trio 2004 bis 2015 Vorsitzender des Jazz Clubs Hannover 1972 noch vor dem Besuch des Kollegs 22

25 Das Kolleg als Wendepunkt im Leben Porträt einer ehemaligen Kollegiatin: Rosemarie Wolf (Abitur 1978) Joachim Haller stellt den Lebensweg der Lehrerin Rosemarie Wolf vor, die den Besuch des Hannover-Kollegs heute als entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens ansieht. Mir hat sich eine neue Welt erschlossen durch den Unterricht am Kolleg, der nicht nur aus reinem Lernen bestand, sondern aus der Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit. Rosemarie Wolf Nicht ganz untypisch für die 70er Jahre begann die schulische Ausbildung von Rosemarie Wolf. Aufgewachsen in einem kleinen Ort vor den Toren Hannovers, ohne weiterführende Schule, absolvierte sie nach neun Jahre Volksschule eine Lehre als Zahnarzthelferin am selben Ort. Schon kurz danach reifte der Entschluss, sich an der Fachoberschule anzumelden. Der Abschluss einer Fachoberschule beinhaltete damals eine lediglich fachbezogene Hochschulreife und berechtigte zu einem Fachstudium im kaufmännischen Bereich. Damit wollte sich Rosemarie Wolf nicht zufrieden geben. So erkundigte sie sich nach den Möglichkeiten, die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Das waren wie heute auch das Abendgymnasium, die Nichtschülerprüfung und eben das Kolleg mit einer familien unabhängigen BAföG-Förderung. Sie bewarb sich 1975 am Hannover-Kolleg. Eine Prüfung entschied darüber, wer aufgenommen werden konnte, oder ob ein Vorkurs besucht werden musste. Der Vorkurs blieb Rosemarie Wolf erspart. Die reguläre Ausbildungsdauer von zweieinhalb Jahren verlängerte sie freiwillig um ein halbes Jahr. Ihr Engage- ment im Schülerrat, die Mitgliedschaft in der paritätisch besetzten Gemeinsamen Vertretung des Kollegs, die Mitherausgabe der Schülerzeitung Katalysator und nicht zuletzt der Wunsch, ein möglichst gutes Abitur zu erhalten, mussten zeitlich miteinander vereinbart werden. Die Abiturprüfungen bestand Rosemarie Wolf Es waren für ihre B-Feld- Klasse drei schriftliche Prüfungen in Deutsch, Sozialkunde und Englisch sowie eine mündliche Prüfung in Mathematik. In guter Erinnerung ist die mündliche Zusatzprüfung in Deutsch bei Frau Jürgensmeier geblieben, die mit sehr gut bewertet wurde. Auch an Theaterbesuche, den Kunstunterricht mit intensiven Vorträgen des Lehrers in Museen und die Begeisterung einer Sportlehrerin, die im Unterricht selbst aktiv mitmachte, erinnert sie sich noch heute. Unmittelbar ans Abitur schloss sich ein Lehramtsstudium in Erdkunde und Geschichte an. Nach drei Semestern kam noch Germanistik als drittes Fach hinzu. Das Studium musste sie mit familiären Verpflichtungen vereinbaren: Zunächst forderten die beiden Kinder ihres späteren Ehemanns ihr Recht und eine eigene Tochter (geboren 1981) sowie ein Sohn (1988) kamen hinzu. Eine Familie mit vier Kindern und zwei berufstätigen Eltern! Ihr erstes Staatsexamen bestand Rosemarie Wolf Nach dem Referendariat musste sie einige Jahre auf eine Festanstellung als Gymnasiallehrerin warten. Nach der Geburt ihres Sohnes arbeitete sie mit Kolleginnen und Kollegen vom Abendgymnasium und dem Hannover- Kolleg in den Nichtschülerabiturprüfungen zusammen. Ab 1989 unterrichtete sie 15 Jahre lang Deutsch und Geschichte in der Arbeitsgemeinschaft Abitur der Volkshochschule Hannover und in einer privaten Bildungseinrichtung. Heute arbeitet Rosemarie Wolf als Lehrerin an der IGS Garbsen; dort wirkt sie als Didaktische Leiterin in der Schulleitung mit. Diese gestalterische Tätigkeit führt sie mit viel Engagement und Begeisterung durch. Der Besuch des Hannover-Kollegs war für Rosemarie Wolf ein Wendepunkt in ihrem Leben. Die sich mit dem Abitur ergebenden erweiterten Bildungsmöglichkeiten hat sie genutzt. Wichtig war ihr am Kolleg die Mitarbeit in dem Schulverfassungsversuch. Sie erlebte Demokratie im Kleinen durch ihre politische Tätigkeit in der Schülergemeinschaft. Dort und durch den Unterricht erschloss sich ihr eine neue Welt. 23

26 Folge deiner Leidenschaft! Sylvia Schiffer hat den ehemaligen Kollegiaten Dr. Michael Bohne (Abitur 1987) interviewt, dessen beruflicher Werdegang ihn vom Schulabbrecher zum erfolgreichen Ausbilder für Ärzte, Therapeuten und Coaches geführt hat. Was ich heute beruflich mache? Ich bin Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und habe mich darauf spezialisiert, Ärzte, Psychotherapeuten, Traumatherapeuten und Coaches auszubilden. Bis 2011 habe ich noch gecoacht, aber das inzwischen aufgegeben, weil es mir mehr Freude bereitet, mein eigenes Konzept zu vermitteln: Ich habe den Ansatz der Energetischen Psychotherapie, die mit faszinierenden und erstaunlich wirksamen Klopftechniken arbeitet, zu PEP (Prozess- und Emdodimentfokussierte Psychologie) weiter entwickelt. PEP hilft, Ängste zu bewältigen und Stress abzubauen, indem die Technik an akuten Situationen (Prozess) ansetzt und den Körper einbezieht (Embodiment). PEP ist einfach gut und sehr nachgefragt, da die Tools unkompliziert in die Psychotherapie, Stressmedizin, das Coaching, die Traumatherapie integriert werden können. Die Prozesse werden schneller und die Klienten erlangen dadurch mehr Selbstwirksamkeit. - Vorher habe ich 20 Jahre lang vor allem Profimusiker von vielen großen Orchestern, wie z.b. der Hamburger Oper und Radiophilharmonie des NDR oder vom Staatsorchester Hannover, gecoacht. Da ging es darum, den eigenen Auftritt zu optimieren und Stress zu bewältigen, vergleichbar der Angst vorm Abi, vor einem Referat, einer Präsentation. Mit der Folkwang-Hochschule in Essen habe ich ein Coaching-Curriculum entwickelt, so dass dieses Wissen weiter gegeben wird. Ein Team von Auftrittscoachs unterstützte dort Musiker, damit diese sich bei öffentlichen Auftritten, Probespielen oder Wettbewerben wohler fühlen und so ihre Performance verbessern. Wie ich dazu gekommen bin? Beim Auftrittscoaching für Orchestermusiker habe ich meine Leidenschaft für die Musik zum Arbeitsschwerpunkt gemacht und mit der Medizin kombiniert. Mit 19 habe ich wie ein Wahnsinniger Cello gelernt, ich wäre gerne Musiker geworden, habe aber zu spät angefangen, um wirklich erfolgreich werden zu können. Als ich vor 16 Jahren die Klopftechnik kennenlernte, hat die mich angefixt. Ich habe da ein Riesenpotential drin gesehen und wollte meine Praxiserfahrung nutzen und sie weiter entwickeln. Etwas zu unterrichten, was jemand anders entwickelt hat, finde ich langweilig, heute kann ich etwas Eigenes umsetzen, wenn ich fachlich fortbilde. Ich bin damit auch so eine Art Zweiter Bildungsweg: Ich arbeite mit praktizierenden Coachs, Ärzten, Therapeuten, mache also keine Erstausbildung. Und dann arbeite ich auch nur mit Erwachsenen. Ob mein Besuch des Hannover- Kollegs für meine Arbeit heute eine Rolle spielt? Na ja, dass Menschen unerkannte und verborgene Entwicklungspotenziale haben können, und welche zunächst unvorstellbaren Entwicklungsschritte diese Menschen dann entgegen allen Prognosen gehen können, habe ich auch am eigenen Leib erfahren. Ich hatte das Glück, nach der 8. Klasse mit 15 Jahren aus der Hauptschule ohne Hauptschulabschluss entlassen worden zu sein, nachdem ich zum Schluss als Klassenkasper und Legastheniker in einer Klasse für schwer erziehbare Kinder war, die von der Rektorin geleitet wurde. Diese Schule war nicht mein Konzept. Ich bin dann zur Volkshochschule gegangen und habe mich dort selber für einen Hauptschulkurs angemeldet. Meine Mutter meinte: Ich glaub an dich, aber mach das mal selber. Und nach sechs Monaten hatte ich den Abschluss früher als meine ehemaligen Schulkameraden, die noch mitten in der 9. Klasse waren. Ich hatte sie draußen 24

27 überholt; dieser Kick hat mein ganzes Leben beeinflusst, die Erfahrung, dass ich außerhalb von Regelinstitutionen schneller sein kann als in diesen Institutionen. Ich habe anschließend an der Volkshochschule noch den Realschulabschluss gemacht und parallel im Supermarkt und in einer Geschenkboutique gejobbt. Nachdem ich einen Schwesternhelferkurs absolviert hatte, konnte ich im Oststadtkrankenhaus Nachtwachen machen, das war gut bezahlt und ich hatte mit Medizin zu tun. An der VHS hatte ich super Lehrer: Das waren damals alles arbeitslose Lehrer, die uns keinen Stress mit Disziplin gemacht haben. Wenn man gut genug war, hat man sich zur Prüfung angemeldet, und wenn man wegen des Jobs wegblieb, waren sie nicht gekränkt. Die inhaltliche Vorbereitung war sehr gut; am Kolleg konnte ich später problemlos einen Mathe-Leistungskurs besuchen. - Aber erst mal habe ich eine Ausbildung zum medizinischen Bademeister absolviert. Die Arbeit als Masseur fand ich schnell zu anstrengend und meine intellektuelle Neugier blieb unbefriedigt, weswegen ich mich entschieden habe, das Abitur zu machen. Ich wusste, dass es die Immaturenprüfung gibt, das Abendgymnasium und das Kolleg - ich war Experte für den Zweiten Bildungsweg. Das Abendgymnasium erforderte sehr viel Disziplin und am Kolleg gab es Vormittagsunterricht, eltern unabhängiges Schüler-BaföG und ich konnte zusätzlich jobben. Wie ich das Kolleg erlebt habe? Ich empfand es als Luxus, wieder zur Schule zu gehen und viele Fächer zu haben. Die Option, das Abitur nachzumachen, sehe ich noch heute als eine Hochleistung unserer Gesellschaft, da so jeder die Chance hat, bei entsprechendem Engagement hochzukommen und Erfolg zu haben. Durch das Bafög und die Nachtwachen im Krankenhaus hatte ich keine finanziellen Probleme und die Schüler waren alle sehr motiviert, sie waren ja freiwillig da. Hürden gab es freilich auch, manche Lehrer polarisierten stark oder waren schlecht, so dass wir es von ihnen abhängig machten, ob man einen bestimmten Leistungskurs wählte oder nicht. Herrn Baucke mochten manche als Rektor nicht, da er klare Ansagen machte. Ich fand das völlig o.k. von ihm und als Musiklehrer war er hervorragend. Er hat einen unkonventionellen Unterricht gemacht und uns mit Neuer Musik konfrontiert. Er fand es klasse, dass ich Cello spielte, ist mit dem ganzen Musikkurs ins Konzert gegangen und ich bin auch mal mit ihm nach Bremen gefahren, um ein Konzert in Neuer Musik zu hören. Nach dem Konzert hat er uns immer wieder zu sich nach Hause eingeladen, dann saßen wir bei Baucke auf dem Sofa und es gab Schnittchen und Wein. Herr Glöckner war ein großartiger Mathematiklehrer. Ich war eigentlich überzeugt, dass Mathe etwas für Leute mit karierten Hemden ist, aber wegen Glöckner hat mir das Fach Spaß gemacht, es wurde sogar mein Lieblingsfach. Glöckner hat es nie aufgegeben, uns alles zu erklären und wenn wir es auf die eine Art nicht begriffen haben, hat er es auf drei bis fünf andere Arten versucht. Wann sich meine Berufspläne konkretisierten? Bei der ersten Vorstellungsrunde im Kolleg habe ich Medizin als Vision genannt, psychosomatische Fragen haben mich fasziniert. Aber ob es gelingt, weiß man ja am Anfang nicht. Als ich am Kolleg merkte, dass es mit den Noten klappt, habe ich mich nach dem Abitur in einem Kombinationsverfahren aus Noten und Test an der Medizinischen Hochschule Hannover beworben und einen Studienplatz bekommen. Ob ich beim Studium vom Zweiten Bildungsweg profitiert habe? Ich war Stipendiat der Friedrich-Ebert- Stiftung, die davon beeindruckt waren, dass ich all meine Bildungsabschlüsse auf dem Zweiten Bildungsweg erworben hatte. Es gab zum einen eine ideelle Förderung: Die anderen Stipendiaten waren alle hochengagierte Studenten aus dem linken Spektrum; wir besuchten Workshops mit dem damaligen Bundestagsabgeordneten Michael Müller, mit Helmut Schmidt oder mit Ranga Yogeshwar. Zum anderen wurden wir finanziell gefördert, weswegen ich kein BaföG mehr beantragen musste; das Stipendium hatte den Vorteil, dass wir es nicht zurückbezahlen mussten. Außerdem finanziert die Stiftung Praktika im Inland und ich wurde ein Jahr lang für meine Doktorarbeit unterstützt. Heute engagiere ich mich als Mentor bei ArbeiterKind.de, einer gemeinnützigen Organisation, die Schülerinnen und Schülern hilft, die aus Familien ohne Hochschulerfahrung kommen und als erste in ihrer Familie studieren möchten. Was ich Kollegiatinnen und Kollegiaten heute mit auf den Weg geben würde? Folge deiner Leidenschaft, such diese und studiere in dem Bereich! Es ist wichtig herauszufinden, was mich in der Welt interessiert, wo es mich hinzieht, was mein seelisches Leitbild anspricht. Dazu kann man sich fragen: Was hat mich schon als Kind fasziniert? Habe ich eine Vision? Wovon bin ich beseelt? Es gibt Radiomoderatoren, die schon als Kind mit einem Kassettenrekorder losgezogen sind. Ich konnte beim Auftrittscoaching meine Leidenschaft für Musik und die Medizin kombinieren. Die Wahrscheinlichkeit, erfolgreich zu sein, ist tausend Mal größer, wenn man seiner Leidenschaft folgt. Dann kann man richtig gut werden. Es geht bei Schule und Selbstentwicklung auch darum, mentale Stärke zu entwickeln. Wir bräuchten ein neues Fach in der Schule, in dem die Schüler dabei unterstützt werden, ihre mentale Stärke und Erfolgsstrategien zu entwickeln. So könnte man die Startbedingungen ins Studium und Berufsleben optimieren. 25

28 Die wilden Jahre des Kollegs Joachim Haller porträtiert das engagierte Ehepaar Dr. Beate Bock (Abitur 1978) und Bernhard Bock (Abitur 1976), das mit Stolz auf das Erreichte zurückblickt und dankbar ist für die beruflichen Perspektiven, die der Besuch des Kollegs in den 70er Jahren den beiden eröffnet hat. Die Schönheit eines Vogels erkennst Du an seinem Gefieder. Die Schönheit eines Menschen an seinem Fleiß. Bernhard Bock besuchte neun Jahre lang die Volksschule. Der Besuch eines Gymnasiums kam für das Arbeiterkind gar nicht erst in Betracht. Mit dem Abschluss der zweijährigen staatlichen Handelsschule erwarb er die kaufmännische Mittlere Reife. Seine Berufsausbildung zum Industriekaufmann erfolgte bei der Continental in Hannover. Als Lehrling verliebte er sich 1972 in Beate, mit der er nun seit fast 45 Jahren zusammen ist. Der Tod eines Arbeiters bei der Conti, der aufgrund des Akkorddrucks eine defekte Maschine nicht anhalten wollte, war ein Schlüsselerlebnis für ihn. Auch sein gewerkschaftliches Engagement und Aufstiegsgedanken führten zu dem Entschluss, sich am Hannover-Kolleg zu bewerben. Nach den Sommerferien 1973 begann Bernhard Bock mit gerade einmal 21 Jahren im Vorkurs. Auch Beate Bock schloss ihre Schulzeit zunächst mit der mittlerweile zur Hauptschule umbenannten neunjährigen Volksschule ab. Den zwischenzeitlichen Besuch eines Gymnasiums musste sie aufgrund des Zusammenbruchs ihrer Familie aufgeben. Mit 16 Jahren begann sie 1971 eine Ausbildung zur Bauzeichnerin im Hochbauamt des Landkreises Hannover. Im Sommer 1973 absolvierte sie im Rahmen dieser Ausbildung ein dreimonatiges Maurerpraktikum. Sie lernte putzen, rappen, ein- und ausschalen, verklinkern, mauern und deftige Ausdrucksweisen. Ihr Freund Bernhard holte sie öfters ab, um ihre zotigen Kollegen ins Visier zu nehmen; stolz zeigte Beate ihm auch ihren ersten errichteten Schornstein. Nach ihrer Lehrzeit arbeitete Beate Bock noch ein Jahr im Hochbauamt. Während dieser Zeit zog sie mit Bernhard, der bereits Kollegiat war, zusammen. Sie lebten von ihrem erarbeiteten Geld. Ohne das Wissen ihres Freundes bewarb Beate sich ebenfalls am Kolleg. Sie bestand die Aufnahmeprüfung und hatte dabei das Glück, dass ihre fehlende Mittlere Reife übersehen wurde. In den Jahren am Kolleg waren beide sehr glücklich. Sie arbeiteten viel: Beate jobbte in den Ferien beim Landkreis Hannover, zudem gab sie Nachhilfe. Bernhard fuhr zwei Semester Taxi, arbeitete als Nachtwächter, in einer Getränkefabrik und auf der Messe. Damit Bernhard nicht zur Bundeswehr musste, heirateten die beiden 1976, ohne das Wissen von Freunden und Familie. Sie fuhren in einer großen Pause vom Kolleg zum Standesamt. Noch heute finde ich das den konsequentesten und ehrlichsten Schritt unserer Beziehung, erklärt Beate. Beide haben die sogenannten wilden Jahre des Kollegs erlebt und mitgestaltet. Als wild empfanden diese Zeit aber wohl eher die damalige Bezirksregierung und Teile der Lehrerschaft. Die Schülerperspektive ist eine deutlich andere. Es ging um die Entwicklung einer erwachsenengerechten Pädagogik. Fast alle der Wilden erreichten einen akademischen Abschluss und gestalteten in der Folge unsere Gesellschaft mit. Bernhard Bock engagierte sich in der damaligen paritätisch besetzten Gemeinsamen Vertretung des Kollegs, zusammen übrigens mit Bernd Strauch, dem späteren Bürgermeister Hannovers, mit dem er bis zu dessen Tod befreundet blieb. Das von Schülern und Lehrern zu gleichen Teilen besetzte Gremium war Mitte der 70er Jahre wohl der am weitesten gehende Schulversuch in Niedersachsen, wenn nicht gar in der ganzen Bundesrepublik. Demonstrationen, Zelten vor der Bezirksregierung, Verletzung der Bannmeile des Landtags und der Boykott des Unterrichts eines Lehrers blieben in Erinnerung. Aber auch viel Respekt vor den Lehrkräften, wie z. B. Jürgen Ellinghaus, der Klassenlehrer in ihren beiden Klassen war, und den beiden Mathematiklehrern, Herrn v. Morzé und Herrn Kötter, bei dem Beate Klassenbeste in Mathematik war. Bernhard Bock bestand die Abiturprüfungen 1976, Beate Bock zwei Jahre später. Bei Beate ging das allerdings nicht ganz komplikationslos ab, denn bei der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zu ihrer Abiturprüfung fiel die fehlende Mittlere Reife auf. Sie konnte nicht zugelassen werden. Aber so hart ist unsere Schulbürokratie denn doch nicht: Sie erhielt eine Ausnahmegenehmigung des Kultusministeriums und bestand die Reifeprüfungen als Jahrgangsbeste mit einem Einserzeugnis. Auch auf ihrem weiteren Lebensweg mussten beide so einige Hindernisse 26

29 überwinden. Bernhard Bock studierte an der Universität Hannover das Lehramt an Gymnasien mit den Fächern Deutsch, Sport und Pädagogik und wurde Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung. Bernhard, der ein sehr guter Leichtathlet war, war einer der ganz wenigen Kollegiaten, die, ohne Sportunterricht am Kolleg gehabt zu haben, dieses Fach studierten. Ein Jahr später beendete er mit Auszeichnung das Zusatzstudium zum Magister Artium in Pädagogik und Deutsche Sprachwissenschaft. Nach dem Referendariat war allerdings an eine Lehrerstelle an einer Schule zunächst nicht zu denken. So begann Bernhard eine andere berufliche Laufbahn: Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Berufspädagogik der Universität Hannover und nahm einen Lehrauftrag an der Gesamthochschule Kassel an bot sich dann endlich eine Stelle an einem Gymnasium an, nicht in Hannover, sondern am Gymnasium Lüchow im Wendland. Keine einfache Entscheidung für die Familie. Beate und Bernhard hatten einen Sohn und wenig später wurde die Tochter geboren. Das Pendeln zwischen Hannover und Lüchow dauerte drei Jahre, bis eine Versetzung an die Orientierungsstufe Hannover-Anderten möglich war. Von 1996 bis 2001 war Bernhard Bock am NLI (Landesinstitut für Lehrerfortbildung) in der Projektgruppe EXPO 2000 und Bildung für die EXPO- Gymnasien zuständig. Die Arbeit in diesem großen Schulentwicklungsprojekt gab ihm viele Impulse für seine spätere Arbeit in der Schule. Nach dieser eher planerischen Tätigkeit war für ein Jahr wieder Unterricht angesagt, diesmal an der Tellkampfschule Hannover. Schnell bot sich ihm die Möglichkeit, als schulfachlicher Mitarbeiter zur Bezirksregierung Hannover abgeordnet zu werden. Zu seinen Aufgaben gehörte u. a. die Mitwirkung bei der Einstellung von Lehrkräften und Vertretungslehrern. In dieser Zeit war er auch für seine alte Schule, das Hannover-Kolleg, zuständig. Das Jahr 2005 führte Bernhard schließlich zu seiner letzten beruflichen Station: Er ging als stellvertretender Schulleiter zurück zur Tellkampfschule. Die mittlerweile fast 12 Jahre an diesem Gymnasium und in dieser Funktion stellen schon eine ungewöhnliche berufliche Kontinuität für ihn dar. Wie ging es aber mit Beate Bock nach dem Abitur weiter? Ihr Lebenslauf gestaltete sich nicht weniger bunt, abwechslungsund erfolgreich. Sie arbeitete nach dem Abitur zunächst wieder in ihrem erlernten Beruf als Bauzeichnerin im Hochbauamt des Landkreis Hannover, um die Zeit bis zum Studium zu überbrücken. In diesen 10 Monaten übernahm sie die Aufgaben einer Vertrauensfrau für die Gewerkschaft ÖTV. Es lag nahe, dass sie ein Bauingenieursstudium aufnehmen wollte. Doch es kam anders. Sie entschied sich gänzlich neu und stürzte sich 1978 mit dem ihr eigenen Fleiß in das Medizinstudium an der Medizinischen Hochschule in Hannover. Die fehlenden naturwissenschaftlichen Kenntnisse musste sie sich mit Nachhilfeunterricht aneignen und das Physikum war eine echte Herausforderung. Beate hatte einen 16-stündigen Studientag, dazu kamen noch Nachtwachen im Agnes-Karll-Krankenhaus, die notwendig waren, da sie keinerlei finanzielle Unterstützung erhielt. Die materielle Lage entspannte sich erst zwei Jahre später, als auch sie Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung wurde und als Absolventin des Zweiten Bildungswegs eine elternunabhängige Studienförderung erhielt. Im achten Studiensemester wurde 1982 Sohn Malte geboren. Die Betreuung eines kleinen Kindes, die Vorbereitungen der Staatsexamen und die Pläne für die Dissertation mussten nun miteinander koordiniert werden. Natürlich war auch Bernhard mit gefordert. Vor Beates zweitem Staatsexamen im Sommer 1984 verreiste er mit dem Sohn vier Wochen, um ihr die Vorbereitungen zu ermöglichen. Praktisches Jahr im Krankenhaus Siloah und in der Kinderklinik Auf der Bult, drittes Staatsexamen und Rigorosum folgten. Dass Beates Noten gut und sehr gut waren, sei nur am Rande erwähnt. Am Agnes-Karll-Krankenhaus in Laatzen bildete sich Beate Bock zunächst in der Anästhesie und schließlich zur Fachärztin für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Kardiologie und Gastroentologie aus. Während dieser Ausbildung wurde ihr zweites Kind, eine Tochter, geboren ließ sie sich in ihrer jetzigen Praxis für Innere Medizin in Seelze nieder. Inwiefern hat das Kolleg den Werdegang der Bocks beeinflusst? Bernhard Bock verweist im Rückblick auf seine Zeit am Hannover-Kolleg auf die neuen beruflichen Perspektiven, die sich ihm eröffnet haben. Seine politische Tätigkeit wurde fundierter durch die Erarbeitung soziologischer Texte und durch die Auseinandersetzung z. B. mit der Frankfurter Schule. Für Beate Bock sind sozialverträgliches und verantwortliches Handeln wichtig. Sie erklärt: Das ist anstrengend, ich bin anstrengend. Ich will mich aufregen und einmischen, ich will verstehen und dabei nie das Leben, das Augenzwinkern, das Lachen vergessen, das Glück am Ende eines Tages genießen, wenn ich für mich sagen kann: Heute habe ich sozial verantwortlich gehandelt. 27

30 Die Zeichen erkennen: Mit 50 Jahren ans Kolleg Betrachtungen der ehemaligen Kollegiatin Claudia Rehmann (Abitur 2009) Grau war nicht nur der Tag, sondern auch mein Gemütszustand, als ich mich eines Tages mittags mit einer Freundin traf. Ich erzählte ihr von meiner Nachbarin, die, um dem Wechseljahreblues zu entkommen, ein Hochschulstudium begonnen hatte, und nun vor Lebensfreude nur so strotzte. Das sollte ich vielleicht auch machen, fügte ich hinzu, aber ich habe ja kein Abitur. Nun ja, dann sollte ich das wohl erstmal machen, resümierte ich. Am Abend desselben Tages war ich im Kino, um den Film What the Bleeb do we know? (deutsch Ich weiß, dass ich nichts weiß ) zu sehen. Die für mich zentrale Aussage dieses Films besteht darin, die Zeichen zu erkennen, die uns im täglichen Leben ständig begegnen. Im Anschluss an die Kinovorstellung ging ich die Treppe hinunter und stand plötzlich vor einem Plakat: Hannover Kolleg Abitur für Erwachsene. Da war es, das Zeichen! Am nächsten Tag habe ich mich angemeldet. Fünfzig Jahre alt war ich, als ich die Entscheidung traf, die mein Leben verändert hat und die ich nie bereut habe. Ein wenig nervös war ich schon, als ich deutlich älter als der Klassendurchschnitt in die E-Phase eintrat. Ich hatte kurz zuvor von meiner Krebserkrankung erfahren und musste sehr bald eine Chemotherapie über mich ergehen lassen. Die damit einhergehende Kahlköpfigkeit erschwerte zwar zunächst mein Problem mit dem Altersunterschied, aber schnell fühlte ich mich heimisch und als Teil einer super Klassengemeinschaft. Auch der Lehrkörper war toll. Einer dieser Körper ließ mich sogar einmal eine Klausur vorschreiben, weil ich hinterher zur Chemotherapie musste. Ich habe mich aber auch anschließend wirklich schnell verdrückt und nix verraten Ehrenwort! Abitur! Wow, ich habe es tatsächlich geschafft! Im Anschluss brauchte ich ein Jahr Pause; nicht nur, um mich zu erholen, sondern auch, um zu erkennen: Das kann noch nicht alles gewesen sein! Ich habe Deutsch und Philosophie an der Leibniz Universität studiert und wollte nach dem Bachelor eigentlich aufhören, denn ich hatte auf Lehramt studiert und mein Plan sah nicht vor, mit sechzig ins Referendariat zu gehen. Aber wie es der Zufall so wollte, stieß ich auf ein weiteres Plakat, mit dem der Masterstudiengang der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft beworben wurde. Das hörte sich super an und so habe ich meinen Master in NDL gemacht. Mein Leben, mein Blick auf das Leben und meine Einstellung dazu haben sich durch die erworbene Bildung komplett verändert und ich bedaure zutiefst, dass ich dies nicht früher erkannt habe. Auch beruflich hat sich durch Abitur und Studium ein neues Fenster geöffnet. Da ich im Bachelorstudium unter anderem an dem Modul Deutsch als Fremd- und Zweitsprache teilgenommen hatte, wurde mir vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zulassung als Lehrerin für Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache erteilt. Ich arbeite seither mit unterschiedlicher Klientel: An Berufsschulen unterrichte ich in Sprachlernklassen männliche Jugendliche und in Stadtteil- Sprachkursen arbeite ich mit jungen Müttern. Das ist nicht nur spannend, sondern auch beglückend, weil die Menschen sich gesehen fühlen und ganz viel zurückgeben. Mein Horizont wird dadurch immer weiter. Seit einiger Zeit lerne ich arabisch, um auf Augenhöhe zu erleben, wie es ist, wenn man sich in einem völlig anderen Kulturkreis bewegt. 28

31 Steuerfachangestellte und Expertin für Gebärdensprache Anja Depping hat Nadine Fricke (Abitur 2009) getroffen, der es gelungen ist, ihre Leidenschaft für Gebärdensprache zum Beruf zu machen. Mit 15 wusste ich überhaupt noch nicht, was ich machen wollte. Meine Eltern waren befreundet mit einem Steuerberater, so bin ich zu einer Ausbildung als Steuerfachangestellte gekommen. Ich habe mehrere Jahre in verschiedenen Büros in meinem Beruf gearbeitet, aber im Grunde war es nicht das Wahre. Die Wendung kam, als ich die Gebärdensprache für mich entdeckt habe. Ich habe Kurse in der Volkshochschule besucht und wollte gern immer noch mehr lernen, doch dafür war ein Abitur nötig. So habe ich mich am Hannover Kolleg beworben und nach der Zusage meine feste Stelle gekündigt. Meine Klassengemeinschaft am Kolleg war toll. Wir hatten viel Spaß miteinander, und die meisten hatten ja, wie ich, ein konkretes Ziel vor Augen. Die Arbeit der Lehrer habe ich so empfunden, dass es im Vergleich zum ersten Bildungsweg mehr ein Miteinander gab, man begegnete sich auf Augenhöhe. Ich habe den sprachlichen Schwerpunkt gewählt, weil ich ja auch ein sprachliches Studienfach vor Augen hatte. Mathe und Bio haben mir aber auch viel Spaß gemacht, vielleicht würde ich, wenn ich Am Kolleg zu Freundinnen geworden: Claudia Rehmann und Nadine Fricke heute noch einmal die Wahl hätte, den naturwissenschaftlichen Schwerpunkt wählen. Wichtig finde ich, dass man offen für Neues ist. Wenn man neu ans Kolleg kommt, sollte man es sich nicht so vorstellen wie früher in der Schule, es ist viel mehr Eigeninitiative gefragt. Gelernt habe ich vor allem, mich selbst zu organisieren und mir etwas zuzutrauen, also: ich mach das, ich schaff das. Schwierig waren für mich allerdings die Referate - ich bin niemand, der gern vor Leuten steht. Aber auch das habe ich geschafft. Die Abiturprüfungen hatte ich mir vorher sogar schwerer vorgestellt. Man denkt ja zuerst: Sechs Stunden Klausur, wow! Aber ich kann ganz gut schriftlich arbeiten, und das hat zum Glück auch im Abi geklappt. Für mein Wunsch-Studium Deaf- Studies (Gehörlosenkultur) habe ich in Berlin einen Studienplatz bekommen. Das Studium habe ich sehr genossen, Gebärdensprache ist für mich immer noch etwas ganz Tolles, sehr intensiv und emotional. Nach dem Studium habe ich eine Zeit lang in der ambulanten Einzelfallhilfe gearbeitet. Heute bin ich in einer Wohnstätte für hörgeschädigte und mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche. Wir sind ein ganz neues Team und müssen erstmal zusammenwachsen. Vielleicht mache ich auch noch mal eine größere Weiterbildung? Mal sehen. 29

32 Ich habe verstanden, was Bildung ist Frederik Buchholz (Abitur 2015) beschreibt Anja Depping, wie er vom Mechatroniker zum Weltenbummler und dann zum Studenten im International Forest System Management wurde. Ich studiere International Forest System Management in Eberswalde, das ist in der Nähe von Berlin. Dabei geht es um Forstwirtschaft, Ökologie und nachhaltige Entwicklung. Das Studium macht Spaß, aber ich hätte mir auch etwas ganz anderes vorstellen können, z.b. Fotojournalismus. Mich mit ökologischen Problemen zu beschäftigen und mit länderübergreifender Zusammenarbeit, z.b. in der internationalen Klimaarbeit, das ist für mich ein lohnendes Ziel des Studiums. Nach dem erweiterten Realschulabschluss habe ich damals eine Ausbildung zum Mechatroniker gemacht. Warum ich nicht gleich die Oberstufe besucht habe? Das stand gar nicht zur Debatte, vom familiären Kontext her lag eine Ausbildung einfach näher. Außerdem hatte ich damals kein Verständnis von Bildung, ich habe Schule nur noch als Last empfunden. In der Ausbildung wusste ich schnell, dass der Beruf im Grunde nicht das Richtige für mich ist, deshalb habe ich das Angebot der Berufsschule wahrgenommen, im Abendkurs parallel die Fachhochschulreife Technik zu erwerben. Nach der Ausbildung bin ich ein Jahr lang durch die Welt gereist ich hatte u.a. eine tolle Zeit in Neuseeland. Als ich wieder nach Deutschland kam, dachte ich zuerst: Jetzt steht dir alles offen, jetzt kannst du alles machen. Als mir klar wurde, dass ich vieles ohne eine allgemeine Hochschulreife doch nicht machen kann, habe ich mich informiert und bin im Internet auf das Hannover-Kolleg gestoßen. Weil ich schon die Fachhochschulreife hatte, bin ich als sogenannter Quereinsteiger direkt in die Qualifikationsphase eingetreten, also in Jahrgang 12. Ich bin eigentlich kein schüchterner Mensch, aber ich erinnere mich, dass ich in den ersten Unterrichtsstunden regelrecht Angst hatte, mich zu beteiligen. Ich machte mir viele Gedanken darüber, was die anderen von mir denken völlig absurd. Das hat sich zum Glück schnell aufgelöst. Sehr frustriert war ich, nachdem meine erste Klausur in Erdkunde schlecht ausgefallen war. Das Thema war der demographische Wandel und ich dachte, das wäre leicht, denn das Thema hatte ich ja gut verstanden. Aber ich hatte keine Idee davon, wie wichtig Definitionen und präzises Arbeiten sind. Diese Anforderungen waren mir einfach noch fremd, vermutlich hätte ich diese Anfangsschwierigkeiten nicht gehabt, wenn ich schon die E-Phase am Kolleg besucht hätte. Die schlechte Note konnte ich aber gut nachvollziehen und ab der nächsten Klausur hat es dann auch gut geklappt. Den Umgang untereinander und mit den Lehrkräften habe ich am Kolleg als unglaublich respektvoll empfunden. Hier habe ich Schule zum ersten Mal als angenehm empfunden. Meine Erfahrung ist, dass man sich mit über 20 viel besser auf die Dinge konzentrieren kann, dass man viel weniger abgelenkt ist als im ersten Bildungsweg, gerade während der Pubertät. Am Kolleg habe ich zum ersten Mal verstanden, was Bildung ist. Ich habe auch viel Input für mein außerschulisches Leben bekommen: In Geschichte habe ich z.b. gelernt, nicht zu emotional an ein Sachthema heranzugehen, und in Deutsch hat mir die Arbeit mit literarischen Texten, gerade auch mit den Gedichten, viel gebracht in Hinblick auf mein Hobby Schreiben. Insgesamt kann ich sagen, dass ich eine gewisse Reflexionsebene dazugewonnen habe, die ich vorher so nicht kannte. Das Kolleg war eine große Chance für mich und sehr bereichernd. Ich habe Lust auf Wissen bekommen und ich bin strukturierter geworden. Eine positive Entscheidung war für mich, dass ich mich noch während der Schulzeit auf ein Studienstipendium beworben habe. Als Stipendiat der Heinrich-Böll- Stiftung habe ich jetzt den großen Vorteil, dass ich mir über meine Finanzierung keine Sorgen machen muss. Ich muss nicht jobben das weiß ich zu schätzen, nachdem ich während der Kolleg-Zeit noch viel gekellnert habe. Durch das Stipendium habe ich mehr Freiraum und Zeit für Projekte, zu denen ich Lust habe. Außerdem bietet die Stiftung ein tolles Veranstaltungsprogramm mit interdisziplinären Themen. Und über die örtliche Stipendiatengruppe habe ich in Eberswalde interessante Leute kennen gelernt. Was ich anders machen würde, wenn ich noch einmal am Kolleg starten würde? Mir vernünftige Schuhe anziehen! Am ersten Schultag hatte ich Wandersandalen an und eine schlabbrige alte Hose. Mehrmals habe ich mir später von Mitschülern anhören müssen, dass ich so komisch ausgesehen hätte am ersten Tag... 30

33 Hilfe zur Selbstfindung Claudia Rehmann interviewt ihre ehemalige Mitkollegiatin Ira Bach (Abitur 2009), die auf eine turbulente Jugendzeit und eine ungewöhnliche Bildungskarriere zurückblickt. Heute weiß Ira Bach, dass sie als Sozialarbeiterin beruflich genau am richtigen Platz angekommen ist. Ira, was hat dich seinerzeit ans Kolleg verschlagen? Ich hatte 2006 meinen Realschulabschluss in Göttingen auf der VHS mit einem Durchschnitt von 1,0 nachgeholt und wollte eigentlich Übersetzerin werden. Bei meiner mündlichen Abschlussprüfung in Geschichte empfahl mir jedoch die Prüferin, ich solle in jedem Fall mein Abitur nachholen sie hatte mir während meiner Prüfung Fragen auf Abi- Niveau gestellt. Nach dem Abschluss bin ich nach Hannover gezogen, habe mit einer Jugendfreundin eine WG gegründet, und mich schließlich am Hannover- Kolleg beworben, um wie geraten mein Abitur nachzuholen Möglicherweise könnte ich ja dann auch studieren Warum hast du deine Schulabschlüsse überhaupt nachholen müssen? Bis zum 14. Lebensjahr lebte ich bei meiner alleinerziehenden Mutter in Bayern und besuchte in Ingolstadt ein Klostergymnasium mit dem Schwerpunkt Kunst und Musik. Anfang der 8. Klasse gab es zuhause Probleme, woraufhin ich gemeinsam mit einer Freundin nach Hamburg abgehauen bin. Wir lebten erst einige Zeit auf der Straße und später im betreuten Wohnen. Mit 18 habe ich den Hauptschulabschluss extern nachgeholt. Danach zog ich noch ein bisschen durch die Städte, hatte die verschiedensten Jobs und Praktika und lernte viele Menschen in allen Lebenslagen kennen. Rückblickend hat sich gezeigt, dass ein gutes soziales Netzwerk besonders im Sinne der staatlichen Institutionen sich als ein wichtiger und vor allem Halt gebender Indikator für einen guten Weg erweist. Was für eine Rolle spielt das Hannover- Kolleg für dich und deinen Werdegang? Nachdem ich Glück hatte und das Kolleg sich als so tolerant erwies mich aufzunehmen, habe ich auch hier gute Pädagogen getroffen, die Menschen mit einem klaren Ziel in ihrer Weiterbildung unterstützt haben aber sie haben auch jene, denen dieser Fokus noch fehlte, nicht fallengelassen. Sie haben durch pädagogische Intervention Hilfe zur Selbstfindung geleistet haben, indem sie Handlungsmöglichkeiten sowie auch Handlungskompetenzen aufgezeigt haben. Deshalb hast du dich als fleißige und strebsame Schülerin erwiesen? Nein, das nun auch nicht. Ich habe meine Schulzeit genossen und nicht so ernst genommen. Allerdings ist mir klargeworden, dass ich meinen ursprünglichen Plan des Psychologiestudiums doch nicht in die Tat umsetzen wollte. Immerhin wusste ich jetzt, was ich nicht wollte. Nach einem Umweg über Sozialwissenschaften hat es mich, nicht zuletzt durch die guten Kontakte zum Kolleg, zum Studium der sozialen Arbeit geführt, das ich dann auch abgeschlossen habe. Dann bist du also prädestiniert für deine heutige Arbeit? Ja, ich habe unbewusst meinen Weg gefunden, befinde mich nun an der richtigen Stelle und bedanke mich, stellvertretend für alle anderen Lehrkräfte, ganz besonders bei Frau Posselt, Frau Dr. Horgby und den Herren Köhling und Prötel. Ich möchte abschließend noch sagen, dass ich dankbar bin, durch die schulischen Institutionen des zweiten Bildungsweges immer unterstützt und gefördert worden zu sein. Aber ich finde es genauso wichtig und notwendig, dass das Schulsystem für die Zielgruppe meiner heutigen Arbeit, also die Kinder psychisch erkrankter Eltern, genauso gut und unterstützend funktioniert, wie es bei mir der Fall war. Das wünsche ich mir. Trampolino Ira Bach hat das Projekt Trampolino entwickelt, eine präventive Maßnahme für Kinder psychisch kranker Eltern, die vom Diakonischen Werk Hannover gefördert wird. Hier sollen Kinder durch bewusstes Erleben eigener Fähigkeiten und Stärken Erfolgserlebnisse erzielen und sich auf aktive und kreative Weise neu erfahren. In der Gruppe wird ihnen ein sicherer Ort gewährt, an dem sie frei von Angst und Scham über ihre Lebenssituation sprechen können und erfahren, dass sie nicht allein sind. Begleitend wird sensible und individuelle Elternarbeit und Einzelfallarbeit in Krisen geleistet. 31

34 Sich selbst kennenlernen Das Kolleg als Hobby Die Abiturientin Lena Neumann betrachtet ihren Schulbesuch auf eine besondere Weise: Sie nimmt ihre ganz persönliche Entwicklung in den Fokus und versucht, ihr Schülerleben weitgehend als Hobby aufzufassen. Wie ist das so am Kolleg? Als Kollegiatin im 13. Jahrgang darf man da leider noch nicht zurückspulen, man muss die Erkenntnismöglichkeiten des Standbilds ausschlachten. Was da ins Auge fällt, ändert sich natürlich je nach Erkenntnisinteresse. Für mich hängt die Bedeutung der einzelnen Aspekte ganz entscheidend davon ab, inwieweit ich gerade bereit bin, mein Schülerleben als ein Hobby aufzufassen. Mit dieser Devise vom Hobby habe ich 2014 als 31-jährige Frührentnerin, nach einer eben abgeschlossenen Buchhandelsausbildung wohl auch mit erheblicher Lebensverspätung, den Vorkurs angefangen. Ich bin also keine typische Kollegiatin; allerdings hält sich niemand unter den Mitschülern und Mitschülerinnen, mit denen ich die Figur des typischen Kollegiaten in den letzten Jahren durchdiskutiert habe, für einen. Klar: Niemand möchte schematisch wahrgenommen werden. Das Wort Hobby jedenfalls erlaubt es mir, den Verlauf und das Immerwieder des Kollegalltags in den Vordergrund zu rücken und das Ergebnis etwas zurückzustellen. Nach meiner ziemlich zerspanten regulären Schullaufbahn war und ist der Kollegbesuch auf jeden Fall eine Möglichkeit, mich besser kennen zu lernen. Erstmal vielleicht in Bezug auf die Interessen. Manche Dinge bestätigen sich da. Literatur ist immer noch ein Lebensthema für mich, obwohl ich, was das angeht, den schönen Dreiklang begabt, fleißig, interessiert gerne als Klimax im Sinne des Deutschunterrichts auffassen möchte. Dafür wiederum, dass Mathematik nichts mit sprachlicher Realität zu tun hat, habe ich schließlich einen mathematischen Beweis gefunden: Rechnet man das Wort Doppelhaushälfte aus, kommt man auf ein ganzes Haus, statt auf das doch wohl gemeinte halbe. Blitz! Widerspruch! Oder? Meine Freundin im Mathe-Niveaufach lässt den Beweis nicht gelten: Das passt ins Bild. Aber das Fächerangebot am Kolleg bietet zum Glück mehr Möglichkeiten, als ein zementiertes Selbstbild drei Jahre lang aushärten zu lassen. Aus meinem schüchternen Interesse für Philosophie konnte hier erstmals ein schüchterner Studienwunsch werden. Viele meiner Mitschüler verstehen den Unterricht auch als Berufsfindung. Dazu, sich kennen zu lernen, gehört für mich auch, zu einer Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit zu kommen und diese so zu akzeptieren, wie sie ist. Das ist für mich immer wieder schwierig. Einerseits sind viele Anforderungen des Kollegs an einen Kollegiaten erleichternd realistisch. Dass in manchen meiner Träume Klausuren voller Halbwissen und verwachsener Logik im Weidenkörbchen neben meinem Bett Mama! gebrüllt haben, hat meistens nicht verhindert, dass ich schließlich doch eine gute Note hatte. Andererseits ist ein sperriger Perfektionismus durch den ziemlich eng getakteten Kollegalltag nicht bis zum Ende durchzubringen. Schwierig finde ich in dieser Hinsicht die bestimmt notwendige Vereinheitlichung von Leistungen durch Notenpunkte, zu denen jeder doch auf ganz anderem Wege, vermittels anderer Stärken und behindert durch unterschiedliche Schwächen kommt. Mir scheint es immer wieder sehr wünschenswert, mich von der ganzen Vergleichbarkeit etwas zurückzuziehen und mehr Wert auf das Lernen selbst zu legen. Mir schwebt vor, dass das Dazulernen von Inhalten und Methoden ja sowas wie ein sich selbst belohnender Vorgang sein könnte. Im Stress vor dem Abi ist das aber weit weg. Da kommt dann der Aspekt persönlicher Entwicklung dazu. Ich versuche zumindest, die sonderbaren Verrenkungen, um die optimale Selbstwertbilanz zu erreichen, durch Reflexion und gegebenenfalls Selbstberichtigung zu ersetzen. Da bietet das Kolleg ja auch Möglichkeiten an, z.b. das Schülercoaching. Aber auch aus der Sache selbst ergeben sich Anstoß und Notwendigkeit sich zu entwickeln: Man muss mit anderen umgehen, man muss eventuell Niederlagen integrieren, man muss durchhalten. Das Schöne ist, dass man so andere Denkweisen und Weltbilder kennen lernen kann, lernen kann, selbst mehr zu sagen oder sich mehr sagen zu lassen. Man kann Rückmeldungen erfragen. Man kann lernen, sich unabhängig von seinen Leistungen zu mögen, man kann lernen, Dinge herunterzubrechen oder Beständigkeit als Stärke zu nutzen. Man wird am Ende einen nützlichen Lebensabschnitt absolviert haben...das klingt nun fast mehr nach Schule als nach einem Hobby, oder? Aber zuletzt wäre es wohl auch ganz schön, das Abi zu schaffen... 32

35 Faszination für Tunnel Von der Einzelhandelskauffrau zur Bauingenieurin Anja Depping hat sich mit Maria Müller (Abitur 2013) darüber unterhalten, welche Erfahrungen eine gut verdienende Berufstätige macht, wenn sie wieder in die Rolle einer Schülerin schlüpft. Ich bin damals nach der elften Klasse von der Schule abgegangen. Meine Noten waren ganz gut, aber laut Zeugnis hatte ich 67% Fehlzeiten! Dementsprechend wurde mir das Schuljahr nicht anerkannt. Ich wollte auf keinen Fall wiederholen und habe, gegen den Wunsch meiner Eltern, die Schule verlassen. In meiner Familie war ich damit die erste ohne einen höheren Abschluss. Ich wollte unbedingt Geld verdienen und von zu Hause ausziehen. Nach einer Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel, spezialisiert auf Mobilfunk und Telekommunikation, habe ich wahnsinnig viel gearbeitet und gutes Geld verdient. Obwohl ich kurz nach der Ausbildung eine Tochter bekommen hatte, war mir nach ein paar Jahren klar, dass ich doch noch das Fachabi machen wollte. Durch eine Freundin habe ich vom Hannover-Kolleg erfahren und war froh, kurzfristig noch einen Platz zu bekommen. Für mich war das neue Leben als Schülerin Luxus: Nachdem ich vorher enorm viel gearbeitet hatte, konnte ich erstmal etwas runterfahren. Obwohl es natürlich eine ganz schöne Umstellung ist, wenn man zuerst gearbeitet hat, auch in leitender Position, und dann auf einmal wieder Schüler ist und sich gewissermaßen unterordnen muss. Unsere Klassengemeinschaft war super. Ich habe eine Freundin gefunden, mit der ich in der Qualiphase fast jeden Kurs gemeinsam besucht habe. Mit meinen Lehrern habe ich ziemlich Glück gehabt, die waren eigentlich ganz entspannt und haben eine große Anteilnahme gezeigt. Als ich einmal großen privaten Stress hatte und kurzfristig eine Wohnung gesucht habe, hat mir eine Lehrerin sogar eine Wohnungsbesichtigung vermittelt. Wenn ich heute noch einmal am Anfang der Oberstufe stünde, würde ich sicherlich noch mehr lernen. Ich würde möglichst auch Französisch weiter belegen, was ich leider nach der Einführungsphase abgewählt habe. Und auf die Abiturprüfungen würde ich mich intensiver vorbereiten. Wir haben uns damals immer im Biergarten zum Lernen getroffen, das war allerdings nur mäßig erfolgreich. Das Wetter war in der Prüfungsphase einfach zu gut! Als Paten gesucht wurden, die die neuen Klassen der Einführungsphase begleiten sollten, habe ich mitgemacht, denn die Neuen sozusagen an die Hand zu nehmen ist eine sehr sinnvolle Sache. Vielleicht war das eine ganz nützliche Vorbereitung: Heute studiere ich im siebten Semester Bauingenieurwesen und arbeite unter anderem als Tutorin für Erstsemester an der Uni. Ein damaliger Mitkollegiat hat übrigens mit mir das Studium zusammen angefangen und wir sind bis heute gut befreundet. Das Studium ist allerdings wirklich hart. Zusammen mit meinen Jobs als studentische Hilfskraft arbeite ich jeden Tag zehn bis zwölf Stunden für die Uni. Irgendwann möchte ich mal wieder einen Job haben, bei dem ich abends nach Hause komme und einfach Feierabend habe. Ob mich die Schule gut vorbereitet hat auf das Studium? Ja und nein. Gut ist, dass wir gelernt haben, zu lernen. Im Nachhinein weiß ich, dass es am meisten gebracht hat, wenn wir zu zweit oder in Gruppen selbständig etwas erarbeiten mussten. Entscheidend ist es, selber Sachen auszuarbeiten, und nicht: Beantworten Sie Frage 1a und b. Auch in Gruppen zu arbeiten war eine wichtige Vorbereitung an der Uni überlebt man nicht als Einzelkämpfer. Und gut finde ich auch, was ich an Allgemeinbildung mitgenommen habe, gerade in Deutsch und Geschichte. Ein großes Problem vor allem am Anfang des Studiums war allerdings nicht nur für mich das Fach Mathematik. Was wir in der Schule gelernt haben, selbst im Niveaufach, hat uns für die Uni überhaupt nichts gebracht. Das Kerncurriculum bereitet auf ein ingenieurwissenschaftliches Studium leider sehr schlecht vor. Nach meinem Studium will ich als Bauingenieurin arbeiten. Obwohl: Eigentlich wünsche ich mir, erstmal ein Jahr lang nur zu schlafen! Nein, im Ernst: Ich habe eine Faszination für Tunnel, vielleicht wird das mein Bereich. Meine Professorin hat übrigens einmal zu mir gesagt: Sie haben auf dem zweiten Bildungsweg Ihr Abitur nachgeholt? Seien Sie doch stolz darauf! 33

36 Engagement beim Sport und in der Freizeit 34

37 Das Kolleg als zweite und letzte Chance Armin Parsakhou (Abitur 2014) erzählt Anja Depping, wie er am Hannover-Kolleg den Unterricht, die Unterstützung der Lehrkräfte und Angebote wie AGs oder Fahrten für einen persönlichen Neuanfang genutzt hat. In der Mittelstufe damals habe ich die Schule sehr locker genommen, ich war wohl noch nicht bereit, das Spiel mitzumachen. Es gab ständig Konflikte wegen meiner Haltung, und die Noten waren dementsprechend. Trotzdem bereue ich nichts: Wenn ich mein Abi auf dem ersten Bildungsweg gemacht hätte, wäre es mit Sicherheit weniger gut geworden. Ich hätte vermutlich auch ein anderes Fach studiert, als ich es jetzt tue. Durch meinen Zivildienst im Rettungsdienst entstand die Idee zu einer Ausbildung im medizinischen Bereich. So bin ich MTRA geworden, d.h. Radiologischmedizinisch-technischer Assistent. Eine Oberärztin in dem Krankenhaus, in dem ich ausgebildet wurde, sagte mir einmal, ich sei doch eigentlich unterfordert in meinem Beruf, ich solle doch besser Medizin studieren. Der Gedanke ließ mich nicht mehr los, und ich habe im Internet nach einer Möglichkeit gesucht, das Abitur nachzuholen, so bin ich auf das Hannover-Kolleg gekommen. In der Einführungsphase war ich überrascht, dass so viele meiner Mitkollegiaten noch gar nicht wussten, was sie mit dem Abitur anfangen wollten. Auch dass nicht alle die Schule hundertprozentig ernst genommen haben, fand ich erstaunlich, schließlich war das Kolleg für uns ja die zweite und vermutlich auch letzte Chance für einen höheren Bildungsabschluss. Mit den Lehrern lief es gleich viel besser als früher. Wir hatten einen anderen Umgang miteinander, als ich es von meiner früheren Schule kannte. Ich fand es richtig, dass die meisten Lehrer z.b. die Auffassung vertreten haben, dass Hausaufgaben nicht für den Lehrer sind, sondern für uns, also ein Angebot, etwas zu lernen und sich auf die nächste Klausur vorzubereiten. Sie haben uns damit als Erwachsene ernst genommen, die selbst für sich entscheiden. Die Lehrkräfte kann ich nur darin bestärken, das persönliche Gespräch zu suchen mit dem einzelnen Kollegiaten. Für einen Schüler macht es viel aus, zu merken, dass der Lehrer an seinem persönlichen Schicksal interessiert ist. Beim Eintritt in die Qualifikationsphase habe ich mir alles durchgerechnet: Ich wusste, wie viele Punkte ich in welchen Fächern und Prüfungen brauche, um den NC zu schaffen, und das hat schließlich auch geklappt. Fachlich bin ich auf mein Medizinstudium gut vorbereitet worden: Das naturwissenschaftliche Profil, das ich gewählt hatte, hilft ungemein. Meinem Physiklehrer ist es gelungen, mich für das Fach Physik regelrecht zu begeistern. Im Nachhinein und im Vergleich mit dem Studium würde ich allerdings sagen: Der Schulstoff ist wirklich nicht schwer auch wenn mir die eine oder andere Aufgabe durchaus mal eine Qual war. Zum Beispiel Charakterisierungen zu schreiben, das war nichts für mich. Nicht nur in Hinblick auf die Studienvorbereitung habe ich von der Schulzeit profitiert. Mir war es auch wichtig, meinen Fundus an Allgemeinwissen aufzufüllen, von Literatur und Fremdsprachen bis Mathematik. Deshalb habe ich nicht nur in der Fußball-AG mitgekickt, sondern auch das Angebot der begleiteten Opernbesuche wahrgenommen. Und ich habe an allen Schulfahrten teilgenommen, die angeboten wurden: An Lyon, London und die Skifreizeit in St. Anton habe ich beste Erinnerungen. Wenn ich jemandem, der neu ans Hannover-Kolleg geht, einen Rat geben sollte, würde ich sagen: Du musst alles, was bisher in deinem Leben passiert ist, streichen - und die Chance nutzen, um dein Leben in eine komplett andere Richtung zu bringen. Der Schulabschluss gibt dir wirklich die Möglichkeit, noch einmal ganz neu anzufangen. 35

38 Horizonte erweitern 36

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40 Mathematisches Denken kann man lernen Klaus Kötter, ehemaliger Lehrer für Mathematik, Erdkunde und Informatik, beschreibt den Mathematikunterricht am Kolleg in den zwanzig Jahren vor der Jahrtausendwende (1980 bis 2000). MACHT stand in großen Buchstaben an der rückwärtigen Wand eines Klassen- MATHE raums, als ich diesen in der Anfangszeit meiner Unterrichtstätigkeit am Hannover- Kolleg betrat. Diese beiden Worte haben mich nachdenklich gemacht, ich fühlte mich angesprochen: Fühlen sich die Kollegiatinnen und Kollegiaten dem Fach ausgeliefert, weil es für sie nicht begreifbar ist? War und ist für sie Mathematik das Fach des unverstandenen Lernens schlechthin? Warum fühlen sie sich gerade in diesem Fach wie in keinem anderen hilflos und machtlos? Mathematik ist eine gedankliche Erfindung Mathematik unterscheidet sich im Wesen ganz eindeutig von allen anderen Wissenschaften, da sie eine gedankliche Erfindung ist. Sie ist geprägt von dem Bemühen um Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit. Albert Einstein schrieb: Wie ist es möglich, dass die Mathematik, letztlich doch ein Produkt menschlichen Denkens unabhängig von den Erfahrungen, den Gegebenheiten so wunderbar entspricht? Mathematik ist kompromisslos. Im Gegensatz zu den Geisteswissenschaften gibt es in der Mathematik keine Grauzonen. Antworten wie Es kommt darauf an... oder Das kann man so oder so sehen sind in der Mathematik nicht zu finden. Antworten auf Fragen sind entweder richtig, falsch oder existieren (noch) nicht. Die Schärfe der Begriffsbildung, die Sorgfalt im Umgang mit Definitionen, die Strenge der Beweise, die abstrakte Natur der mathematischen Objekte, dies alles führt möglicherweise dazu, dass für viele Mathematik ein schwieriges Fach ist. Das mathematische Denken muss zunächst erlernt werden. Einige Mängel des herkömmlichen Mathematikunterrichts wie er in der Regel von Erwachsenen erlebt wurde lauten: Er ist zu sehr an Regeln, Kalkülen und Routinen orientiert, die oft ohne Einsicht angewendet werden, die Leistungsanforderungen sind zu sehr auf reproduktives Wissen ausgerichtet. Ein Problem ist auch der zu geringe Bezug der mathematischen Aufgaben zur Alltagswelt. Mathematik braucht Anwendungszusammenhänge Es ergeben sich jedoch durchaus Anwendungszusammenhänge. Zwei einfache Beispiele seien genannt: a) Bestimmen Sie die Maße einer 750 ml Konservendose bei minimalem Blechverbrauch. b) Ermitteln Sie die Gewinnwahrscheinlichkeit von Glücksspielen (Lotto, Roulette). Aber bei weitem nicht alle Aufgabenstellungen orientieren sich an Anwendungen, viele dienen vor allem der Vermittlung der Struktur der Mathematik, also dem Aufbau, der inneren Gliederung, den Beziehungen zueinander. Kollegiatinnen und Kollegiaten haben mir wiederholt berichtet, dass sie in ihrer früheren Schulzeit im Mathematikunterricht kaum etwas verstanden haben. Gerade zu Beginn der Einführungsphase musste ich deshalb Vorurteile gegenüber dem Fach abbauen. Beim Lösen von Aufgaben ist mathematisches Verständnis gefragt. Es kommt darauf an, sich einen Überblick zu verschaffen, Zusammenhänge zu erkennen und Aussagen zu begründen. Verständnis statt schematisches Abarbeiten Ein Beispiel aus dem Analysis-Unterricht: Bei der Funktionsuntersuchung geht es nicht um ein schematisches Abarbeiten von vorgegebenen Punkten, oder um Formeln, in die man bestimmte Terme einsetzen muss. Es geht einzig und allein um das Verständnis, d.h. um eigenständiges konstruktives Lösungsverhalten. Die Überbewertung von Rechentechniken und Rechenverfahren ist zu vermeiden. Bei jeder Funktionsuntersuchung habe ich deshalb stets versucht, die Kollegiatinnen und Kollegiaten dahin zu führen, dass sie sich zunächst mit einigen qualitativen Betrachtungen einen Überblick über den Graph verschaffen. Welche Informationen kann man einer vorgegebenen Funktion entnehmen, um den Graph skizzieren zu können? Kann man Achsen oder Punktsymmetrie erkennen? Ist der Schnittpunkt mit der y-achse ablesbar, ist der Definitionsbereich erkennbar, wie verhalten sich die Funktionswerte in der Umgebung der nichtdefinierten Stellen, wie verhalten sie sich für x gegen plus/ minus Unendlich bzw. an den Grenzen des Definitionsbereichs, sind die Nullstellen zu erkennen oder leicht zu berechnen? Diese qualitativen Betrachtungen ermöglichen es den Kollegiatinnen und Kollegiaten sehr schnell, sich einen Überblick über den Graph zu verschaffen. Die Selbsttätigkeit wird ebenso gefördert wie eine bessere Begründung der Inhalte. Wenn die oben genannten Informationen vorliegen, kann man im Prinzip den Graph jeder Funktion skizzieren. Dies zeigt eigenständiges konstruktives Problemlösungsverhalten. Die weiteren Rech- 38

41 nungen Bestimmung der Extrem- und Wendepunkte dienen letztendlich nur dazu, die Skizze zu bestätigen. Durch Rechenfehler bei der Bestimmung der Ableitungsfunktion und deren Nullstellen treten zuweilen Widersprüche zu der Skizze auf. Gerade diese Widersprüche zu erkennen, ist eine Lerngelegenheit. Dies fördert entscheidend das Verständnis in der Mathematik und kann tiefere Einsicht in die Zusammenhänge vermitteln. Es muss klar und einsichtig werden, dass es nur eine einzige Darstellung geben kann, die eindeutig und widerspruchsfrei ist. Schon am Ende der Einführungsphase und später dann im Kurssystem waren immer wieder Sätze zu hören wie Am Kolleg habe ich gemerkt, dass ich Mathe verstehen kann und es interessant finde oder Ich hätte es nicht gedacht, aber Mathe kann auch verständlich unterrichtet werden. Mit der Einführung des Kurssystems im Jahr 1980 wurde der Schulbesuch von 2 ½ Jahren auf 3 Jahre verlängert 1 Jahr Einführungsphase, 2 Jahre Kursphase mit 2 Leistungs- und weiteren Grundkursen entsprechend der Oberstufe des Gymnasiums. Die Einführung von Leistungskursen war sowohl für die interessierten und motivierten Kollegiatinnen und Kollegiaten, die nunmehr im Fach Mathematik ihren Schwerpunkt setzen konnten, als auch für die Lehrkräfte ein Gewinn. Anspruchsvolle Rahmenrichtlinien Werkzeug im Mathematikunterricht entwickelten sich ab etwa 1980 die wissenschaftlichen, noch nicht grafikfähigen Taschenrechner (WTR). Unter einem WTR versteht man einen Taschenrechner, der über die Grundrechenarten hinaus weitere Funktionen enthält, die in Naturwissenschaft, Technik und Mathematik benötigt werden. Dazu gehören die trigonometrischen Funktionswerte, Exponential- und Logarithmusfunktionswerte, das Potenzieren und das Radizieren. Seit 1990 folgten dann Verbesserungen, die für den Einsatz in der Schule von großem Nutzen waren. Die Taschenrechner waren nunmehr in der Lage mit Brüchen zu rechnen, auch die Eingabelogik wurde verbessert, so dass die mathematischen Ausdrücke nun so eingegeben werden konnten, wie sie im Mathematikbuch stehen. Die Lehrbücher, die Anfang der 80er Jahre im Schroedel-Verlag für die Analysis (Leistungskurs, Grundkurs) erschienen, haben wir für die Ausleihe angeschafft; allerdings fanden sie in der Kollegiatenschaft keinen großen Anklang. Auf Nachfrage wurde mir fast immer erklärt, dass die mathematischen Inhalte zu kompakt dargestellt seien, es sei zu schwierig sie zu verstehen, die Zwischenschritte fehlten oft. Das ist einleuchtend, denn z.b. musste der Begriff der Differenzierbarkeit, der auf wenigen Seiten im Mathematikbuch dargestellt ist, im Unterricht in mehreren Unterrichtsstunden an Beispielen und vor allem auch an Gegenbeispielen erarbeitet werden. Die Fachlehrer haben daher die wesentlichen Inhalte auch Musteraufgaben mit allen Zwischenschritten zusammengestellt und den Kollegiatinnen und Kollegiaten als Kopien zur Verfügung gestellt. Das zweite Stoffgebiet, Stochastik, wurde fast ausschließlich ohne Lehrbuch unterrichtet. Die Mathematische Tafeln mit Formelsammlung von H. Sieber aus dem Klett-Verlag verwendeten wir für beide Stoffgebiete. Das schriftliche Abitur wurde in drei Fächern abgelegt in zwei Leistungskursfächern und einem Grundkursfach. Hinzu kam ein weiteres Grundkursfach in der mündlichen Prüfung. Solange das Abitur dezentral erfolgte, erstellte jeder Fachlehrer die Abituraufgaben für seine Nunmehr galten die Rahmenrichtlinien der Gymnasien für die Kollegs. Die in den Rahmenrichtlinien vorgegebenen Inhalte konnten wir Fachlehrer allerdings nicht in vollem Umfang behandeln, da in der Einführungsphase viele Inhalte der Mittelstufe aufgearbeitet werden mussten. Inhalte der 11. Klasse (Vorstufe) des Gymnasiums mussten wir teilweise in die Kursstufe verlagern. Auf dieses Problem haben wir zwar immer wieder hingewiesen, aber nur marginale Änderungen erreicht. Schließlich wurde den Kollegs zugestanden, z.b. im Stoffgebiet Analysis eine Funktionsklasse weniger zu behandeln, in der Stochastik (Wahrscheinlichkeitsrechnung) eine Verteilung wegzulassen. Die Tafel war in dieser Zeit das wichtigste Demonstrationsmedium. Man musste darauf achten, dass gerade komplexe Aufgaben übersichtlich dargestellt wurden. Farbige Kreide leistete dabei hervorragende Dienste. Zum normalen Werkzeuge im Mathematikunterricht Fachlehrer wichtiger als Lehrbücher Kurse; in den letzten Jahren reichten wir zwei Vorschläge mit jeweils zwei Aufgaben eine Aufgabe aus dem Gebiet der Analysis und eine aus dem Gebiet der Stochastik beim Dezernenten ein, der einen dieser beiden Vorschläge auswählte, der dann in der Abiturprüfung gelöst werden musste. Der zweite Vorschlag konnte wenn nötig für einen Nachschreibtermin verwendet werden. Es war ein wissenschaftlicher Taschenrechner nicht grafikfähig zulässig. Und nun noch einmal zurück zu MATHE MACHT. Als ich an jenem Tag nach Hause kam, sprach ich mit meiner Frau darüber. Ganz spontan sagte sie: Schreibt doch einfach das Wort SPAß dahinter. 39

42 Digitale Werkzeuge im Mathematikunterricht Claudia Posselt, bis 2015 Lehrerin für Mathematik, Physik und Informatik am Hannover Kolleg, skizziert, wie sich der Mathematikunterricht seit Beginn des 21. Jahrhunderts gewandelt hat. Digitale Medien und Werkzeuge sind aus unserem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie gehören somit selbstverständlich auch zu einem modernen Schulunterricht und insbesondere zu einem zeitgemäßen Mathematikunterricht. Die Zielsetzungen für den Einsatz digitaler Werkzeuge werden in den länderübergreifenden Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (KMK 2012) benannt. Dabei soll die Entwicklung mathematischer Kompetenzen durch den sinnvollen Einsatz digitaler Mathematikwerkzeuge unterstützt werden. Ihr Einsatz im Unterricht und in Prüfungen ist verpflichtend. Vielfältige Computerwerkzeuge für den Mathematik-Unterricht Die zur Verfügung stehenden Computerwerkzeuge (Software) für den Mathematikunterricht haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und die dafür notwendige Hardware ist immer besser und handlicher geworden. So lassen sich digitale Mathematikwerkzeuge auf Computern, Tablets und Smartphones oder auf eigens entwickelten Handhelds wie CAS- oder GTR-Taschenrechnern implementieren und sind damit ständig und überall verfügbar. Über das Internet sind Informationen zudem jederzeit zugänglich und abrufbar. In der Unterrichtspraxis wird mathematische Software häufig in Verbindung mit interaktiven Tafelsystemen (Smartboards) genutzt, sodass Daten, Funktionen und Graphen in unterschiedlichen, schnell zu wechselnden Darstellungsformen präsentiert und verändert werden können. Im Mathematikunterricht des Hannover- Kollegs kommen Softwarevarianten auf GTR-Handhelds (graphikfähigen Taschenrechnern), Computern und Tablets in Verbindung mit interaktiven Tafeln zum Einsatz. Ein bestimmtes Modell eines GTR-Taschenrechners, der TI84 Plus, ist für alle Schülerinnen und Schüler ver- Die wichtigsten digitalen Mathematikwerkzeuge sind: Funktionsplotter: Hiermit lassen sich funktionale Zusammenhänge bis hin zur Bestimmung von Nullstellen, Ableitungen und Integralen visualisieren. Dynamische Geometrie-Software (DGS z. B. GeoGebra): Die Software ist mehr als ein dynamisches Geometriepaket. Es können Konstruktionen mit Punkten, Vektoren, Strecken, Geraden, Kegelschnitten sowie Funktionen erstellt und danach dynamisch verändert werden. Andererseits ist auch die direkte Eingabe von Gleichungen und Koordinaten möglich. Die Software erlaubt das Rechnen mit Zahlen, Vektoren und Punktkoordinaten, liefert Ableitungen und Integrale von Funktionen, sie beinhaltet also ein vollständiges CAS. Mit Hilfe von beliebig platzierbaren Schiebereglern können im so genannten Zugmodus die Größe von Parametern einfach variiert und die dadurch ausgelösten Veränderungen dynamisch betrachtet werden. Seit der neuesten Version beherrscht GeoGebra auch dreidimensionale Geometrie. Tabellenkalkulationen (z.b. MS Excel, OpenOffice Calc): Große Datenmengen können in Boxplots, Diagrammen und Funktionsgraphen visualisiert und funktionale Zusammenhänge erkundet werden. Computeralgebrasysteme (CAS): Hierbei handelt es sich um eine mathematische Software, die das Rechnen auf Symbolebene ermöglicht. So werden z.b. Termumformungen, das Bestimmen von Stammfunktionen und Ableitungen an das CAS übergeben. 40

43 Von der Sekante zur Tangente, dargestellt mit der DGS GeoGebra bindlich im Unterricht, in den Klausuren und im Abitur vorgeschrieben. Als DGS wird GeoGebra verwendet. Digitale Werkzeuge schaffen Anschaulichkeit Am wichtigsten für die Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler ist es, dass man mit digitalen Werkzeugen systematisch variieren und visualisieren kann. Dies zeigt sich z.b. besonders eindrucksvoll, wenn man den für die Mathematik fundamentalen Begriff der Differenzierbarkeit einer Funktion an einer ausgewählten Stelle betrachtet. Durch die Möglichkeit, einen bestimmen Abschnitt eines Funktionsgraphen zu zoomen, kann im Unterricht ständig zwischen globaler und lokaler Betrachtung des funktionalen Zusammenhangs gewechselt werden. Wird der Zoomfaktor groß genug gewählt, erscheint der Graph der Funktion an differenzierbaren Stellen als Gerade. Die Ableitung wird somit als lineare Approximation visuell erfahrbar. Übergänge von der mittleren zur lokalen Änderungsrate können zudem mit Hilfe des Zugmodus in der DGS unmittelbar nachvollzogen werden. Mehr Mathekompetenz dank neuer Technologien? Durch den Einsatz digitaler Mathematikwerkzeuge hat sich eine neue Aufgabenkultur entwickelt. Aufgaben sollen nicht vorrangig der Routinebildung dienen, sondern eingebettet in einen Anwendungsbezug zum eigenständigen Problemlösen anleiten. Die Annahme allerdings, dass sich allein durch die Einführung neuer Technologien wie GTRoder CAS-Rechner der Mathematikunterricht und die mathematische Kompetenz Graph einer Funktion f, der Ableitungsfunktion f sowie der Tangente an der Stelle x=2, dargestellt auf einem TI-84 Plus CE der Schülerinnen und Schüler zwangsläufig verbessert, ist sicherlich falsch. Die Inhalte des Unterrichts dürfen sich nicht an den digitalen Werkzeugen ausrichten; GTR & Co sollten vielmehr Hilfsmittel in aus mathematischer Sicht sinnvollen Unterrichtssituationen sein. Dann bieten sie die Chance, sich mehr auf die Mathematik zu konzentrieren, Zeit zu sparen, realitätsnäher zu unterrichten und auch einen anderen Zugang zu zentralen Begriffen der Mathematik zu bekommen. Immer wieder aufs Neue gilt es daher folgende Fragen zu stellen: Wie sollte zeitgemäße Unterrichtspraxis tatsächlich aussehen, damit die Möglichkeiten der neuen Technologien einen realen Fortschritt darstellen und einen echten pädagogischen Mehrwert liefern, damit mehr Schülerinnen und Schüler für die Mathematik motiviert werden und damit sie Dinge lernen, die in der heutigen Gesellschaft wichtig sind? Wie kann konkret die Schnittstelle zwischen Schule und Universität für unsere Schülerinnen und Schüler mit Blick auf die Nutzung von GTR- und CAS-Systemen glatter und knickfreier gestaltet werden? Diese Fragen sind insbesondere vor dem Hintergrund der immer noch weit über dem Durchschnitt liegenden Studienabbruchquoten in den MINT-Fächern von großer Bedeutung. Ich wünsche mir, dass die Diskussion hierüber in den verschiedenen Gremien zum Vorteil unserer Schülerinnen und Schüler weiter anhält. 41

44 Von Bach und Bartók bis zum Fluch der Karibik Musikunterricht im Wandel Als der junge Musiklehrer Robert Kreft 2015 ans Hannover Kolleg kam, freute er sich über einen umfangreichen Fundus an Prüfungs- und Klausuraufgaben, den seine Vorgänger ihm überlassen hatten. Kreft stellt einige beispielhaft ausgewählte Klausuraufgaben aus verschiedenen Jahrzehnten vor, die einen Eindruck geben von der Vielfalt und von der Entwicklung des Fachs Musik. Es gibt viele verschiedene Wege, den Veränderungen eines Schulfachs im Laufe der Jahre nachzugehen. Man kann Lehrpläne sichten oder Schulbücher studieren. Oder man vergleicht Klausuren, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden sind. Neben interessanten Aufschlüssen über die Entwicklung des Fachs hat diese Herangehensweise auch den unbestreitbaren Vorteil, dass Sie als Leser dazu eingeladen werden, Ihren musikalischen Wissensstand zu überprüfen. (Notenbeispiele sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht abgedruckt). Klausur aus dem Jahr 1992 zu Béla Bartók Aufgabe 1 Formulieren Sie Ihren ersten Höreindruck vom Anfang des Finales aus Béla Bartóks Divertimento für Streichorchester und belegen Sie diesen anschließend durch eine Untersuchung der kompositorischen Strukturen. Aufgabe 2 Erörtern Sie die These, daß Bartók unter seinen Zeitgenossen der einzige Komponist gewesen sei, dessen Musik man mit Beethoven in Verbindung bringen könne. Hilfsmittel: Kassette mit dem Musikbeispiel; Partitur des Musikbeispiels Klausur aus dem Jahr 2009 zu Barockmusik/Musiktheorie Aufgabe 1 Quintenzirkel (30%) Was bedeuten die Begriffe Tonika, Subdominante und Dominante und wie werden sie gebildet; was ist das Besondere an ihnen? a) Gesetzt sei F-Dur als Tonika, wie heißt die Dominante? Gesetzt sei F-Dur als Subdominante, wie heißt die Tonika? Gesetzt sei F-Dur als Dominante, wie heißt die Subdominante? b) A-Dur kann sein z. B. die Tonika von, die Subdominante von oder die Dominante von. c) F-Dur, A-Dur, D-Dur, C-Dur, Es-Dur, G-Dur, As-Dur Welche dieser Akkorde können als T, S und D zusammengehören (2 Lösungen, doppelte Nennungen möglich)? Womit müssen die restlichen Akkorde ergänzt werden, um auch noch eine solche Dreiergruppe zu ergeben? (Bitte Kreuze und Bs nicht mischen!) Aufgabe 2 Fuge, allgemein (20%) Erklären Sie diese Begriffe: Exposition, Zwischenspiel, Durchführung, Dux, Comes, Engführung. Aufgabe 3 Bach-Fuge aus dem Weihnachtsoratorium Kantate 6 (50%) Zeichnen Sie die Themeneinsätze ein und benennen Sie bitte die Teile. Merken Sie an, ob Besonderheiten vorliegen. In welcher Tonart steht dieses Stück? Hilfsmittel: Noten (Klavierauszug, Takte 48-82) des Stücks Nr. 54 aus der Kantate Nummer 6 aus dem Weihnachtsoratorium von J. S. Bach; CD mit Musikbeispiel 42

45 Klausur aus dem Jahr 2016 zu Filmmusik Aufgabe 1 (35%) Beschreiben Sie die Geschichte der Filmmusik von der Stummfilmära bis zur Hollywood-Sinfonik. Aufgabe 2 (35%) Sie sehen eine Fechtszene aus dem Film Fluch der Karibik. Erläutern Sie die Funktion der Filmmusik in dieser Szene und erklären Sie die verwendeten Filmmusiktechniken. Beim Lesen dürften Ihnen viele Unterschiede aufgefallen sein, zum Beispiel die Veränderungen im Bereich der Medien (von der Kassette über die CD bis hin zur DVD). Inhaltlich zeichnet sich ein Wandel von einer analytischen zu einer stärker kulturgeschichtlich orientierten Ausrichtung des Faches ab. Gemeinsam allerdings ist das in allen Klausuren deutlich werdende Bemühen um eines der größten Wunder der Welt: Musik. Aufgabe 3 (30%) Das Auenland -Thema stammt aus der Filmmusik zu Herr der Ringe und wird zur Charakterisierung einer grünen und friedvollen Landschaft eingesetzt. Untersuchen Sie, welche musikalischen Mittel der Komponist einsetzt, um der oben beschriebenen Funktion gerecht zu werden. Hilfsmittel: DVD mit Szene aus Fluch der Karibik ; CD mit Auenland -Thema; Notenausschnitt Voll krass, und dazu tanzt man einfach so Videoanalyse im Französisch-Grundkurs Die Französischlehrerin Anja Depping besucht ihre Kollegin Ute Schröder im Unterricht und beobachtet eine Stunde. Videoclip fördert das Verständnis Mit einem freundlichen Bonjour, messieurs-dames! begrüßt Ute Schröder ihren Französisch- Kurs. Routiniert fährt sie den PC hoch, öffnet den Internet-Browser und schaltet den Beamer an. Sobald die Kollegiatinnen und Kollegiaten wissen, dass sie heute mit dem Videoclip zu Papaoutai von Stromae arbeiten sollen, schauen sie gespannt an die Projektionswand. Das Lied des belgischen Sängers, das 2013 ein Hit auf den europäischen Tanzflächen war, kennen fast alle. Schröder zeigt zunächst nur den Anfang des Videos ohne Ton und bittet darum, zu beschreiben, was zu sehen ist. Doch das ist gar nicht so leicht in der (zweiten) Fremdsprache. Mit etwas Mühe schaffen es die Schülerinnen und Schüler, zu schildern, was der Junge und sein Vater im Video tun und welchen Gesichtsausdruck sie dabei haben. Dann sollen sie Hypothesen aufstellen, um welche Familiensituation es sich hier handeln könnte. Der Vater ist vielleicht krank, Er ist alleinerziehend, Vielleicht ist die Mutter gestorben, spekulieren die Kollegiatinnen und Kollegiaten nun immer munterer auf Französisch. Schließlich wird der Videoclip noch einmal gezeigt, diesmal vollständig und mit Musik. Arbeitsteilig und in Partnerarbeit soll der Kurs anschließend das Verhalten der einzelnen Personen analysieren und versuchen, deren Rollen zu deuten. Erwerb von Wortschatz und interkulturellen Kompetenzen In dem vierstündigen Grundkurs im Jahrgang 12 steht derzeit das Thema Familie auf dem Programm. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Schüler den themenbezogenen Wortschatz erlernen, von le cousin bis la belle-mère. Sie setzen sich 43

46 vielmehr auch mit aktuellen gesellschaftlichen Tendenzen auseinander und entwickeln ihre interkulturellen Kompetenzen. Ute Schröder erläutert: Das Lernen einer Fremdsprache lenkt den Blick auf andere Kulturen, man entdeckt neue Perspektiven. Wenn man z.b. erfährt, dass Alleinerziehende in Frankreich nicht als allein erziehend, sondern als eine famille monoparentale, also Ein-Eltern-Familie, bezeichnet werden, dann kann das ein Impuls sein, unsere eigenen, deutschen Sichtweisen zu hinterfragen. Was bedeutet Papaoutai? ( Was heißt denn bloß Wachspuppe? ) werden die Kollegiaten aufgefordert, nach fehlendem Wortschatz auf Französisch zu fragen und mit Hilfe von internationalen Wörtern oder aus dem Englischen auch ruhig einmal zu raten. Und dennoch: Es ist eine große Herausforderung, die Brücke zwischen dem vorhandenen Wortschatz und den inhaltlichen Ansprüchen zu bauen, erklärt Ute Schröder. Die Schülerinnen und Schüler wollen etwas diskutieren oder einen Text analysieren, sie haben aber noch nicht das Ausdrucksvermögen und die sprachliche Sicherheit wie im Deutschen oder Englischen. Mit Blick auf diese Herausforderung, die das Unterrichten der zweiten Fremdsprache am Gymnasium für Erwachsene mit sich bringt, müssen das Unterrichtsmaterial und das didaktisch-methodische Vorgehen besonders sorgfältig ausgewählt werden. Ganz bewusst habe ich heute nur mit dem Video gearbeitet und den Liedtext, der sprachlich relativ anspruchsvoll ist, zunächst zurückgestellt, begründet Ute Schröder ihre Vorgehensweise. In der vergangenen Woche habe der Kurs sich, erzählt die Lehrerin, mit einem bemerkenswerten Kurzfilm beschäftigt. Darin gehe es um eine junge Mutter, die ihr eigenes Baby in einer Kinderkrippe im Vorort abgibt, um als Tagesmutter das Kind einer wohlhabenden Familie im reichen 16. Arrondissement zu versorgen. Diese Geschichte, die fast ohne Worte auskommt, geht dem Zuschauer an die Nieren. Aber meine Schüler sind ganz toll damit umgegangen: Ich war beeindruckt, wie es ihnen gelungen ist, sinnvolle Lösungsvorschläge für die Situation der Filmfigur zu entwickeln - und zwar in der Fremdsprache. Am Ende der Doppelstunde zum Stromae-Video stehen ein strukturiertes Stundenergebnis in der Mitte und etwa 20 neue Vokabeln an der Seitentafel des Whiteboard. Und eine Hausaufgabe: Die Kollegiaten sollen sich im Internet über Als die Partnerarbeit zum Ende kommt und deren Ergebnisse an der Tafel zusammengetragen werden, zeigt sich nach und nach, dass es in dem Videoclip um ein gestörtes Vater-Kind-Verhältnis geht. Ute Schröder lenkt die Aufmerksamkeit des Kurses auf den Titel des Lieds, und nun erschließt sich auch der Refrain Papaoutai ( Papa, wo bist du? ) als Anklage des Jungen an den abwesenden Vater. Abschließend sollen die Kursteilnehmer die message, also die Botschaft, die das Video ihrer Meinung nach hat, schriftlich ausformulieren. Manch einer nutzt jetzt eines der elektronischen Wörterbücher, die die Lehrerin in einem Alukoffer mitgebracht hat. Wie sag ich s auf Französisch? Wenngleich die meisten Kursteilnehmer die zweite Fremdsprache erst seit eineinhalb Jahren erlernen, funktioniert die Verständigung im Unterricht schon recht gut. Wo Wortschatzlücken auftauchen den Sänger Stromae informieren und den Liedtext auf biographische Spuren hin untersuchen. Ein Schüler nutzt sein Smartphone umgehend für eine erste Recherche. Er findet heraus, dass der Sänger mit dem Lied den Verlust seines Vaters verarbeitet, der dem Völkermord in Ruanda zum Opfer gefallen war. Voll krass, und dazu tanzt man einfach so!, entfährt es ihm spontan. 44

47 De bonnes raisons d apprendre le français Gute Gründe zum Französischlernen Anja Depping, Lehrerin für Französisch und Deutsch, hat sich umgehört und Zitate von Schülerinnen und Lehrkräften zum Französisch-Unterricht am Kolleg zusammengestellt. Herausforderungen... Die größte Herausforderung sind die verschiedenen Vorkenntnisse, die die Kollegiaten mitbringen. Ich habe das Gefühl, dass dabei oft Schüler auf der Strecke bleiben, weil es entweder zu schnell oder aber zu langsam vorangeht. Wiebke Costa dos Santos, Lehrerin Wenn etwas öfter erklärt werden muss, das ich schon weiß, muss ich mich überwinden nicht abzuschalten. Taissir Niehuis, Abiturientin Im Unterricht des ersten Bildungsweges ist der Unterrichtsstoff auf einige Jahre mehr verteilt, während wir in ziemlich kurzer Zeit ein gewisses sprachliches Niveau erreichen müssen. Deshalb ist der Druck am Kolleg bereits am Anfang sehr hoch. Nele Wendt, Abiturientin Warum überhaupt eine zweite Fremdsprache... Da Englisch als lingua franca und als Sprache der Globalisierung zu sehen ist, kann nur eine zweite Fremdsprache die Augen für eine andere Kultur öffnen und Impulse dafür in den Mittelpunkt stellen. Insofern erfüllt Französisch einen anderen Zweck als Englisch. Uwe Klingebiel, Französischlehrer Eigentlich ist es immer schön, wenn man über weitere Fremdsprachen verfügt. Die Vorgabe, dass man eine zweite Fremdsprache belegen muss, legt aber vielleicht auch einigen Schülern Steine in den Weg, weil sie mit Fremdsprachen einfach nichts anfangen können und so ihre Abiturnote schlechter wird. Nele Wendt, Abiturientin Was am Französisch-Unterricht stört... Demotivierte Schüler, die keine Hausaufgaben machen und keine Vokabeln lernen. Schüler mit hohen Fehlzeiten. Und Schüler, die nicht bis zur Pause warten können, um auf die Toilette zu gehen. Wiebke Costa dos Santos, Lehrerin Ich finde es sehr schade, dass Französisch nur als P5-Fach, also als mündliche Abiturprüfung, gewählt werden kann. Es wäre schön, wenn man die Möglichkeit hätte, auch eine schriftliche Prüfung in Französisch abzulegen. Taissir Niehuis, Abiturientin Der Französisch-Unterricht war am Anfang ein Schubser ins kalte Wasser. Es wurde sehr schnell erwartet, dass wir Schüler alles verstehen, was der Lehrer sagt, wenn auf Französisch mit uns gesprochen wird. Doch dies war am Anfang nicht der Fall. Nele Wendt, Abiturientin Wie Französisch-Unterricht sein sollte... Motivierend, gut strukturiert, mit klaren Anforderungen. Fehler sollten zugelassen und nicht bestraft werden. Wiebke Costa dos Santos, Lehrerin Wichtig ist, dass alle begreifen, dass ihnen die Fremdsprache nicht irgendwie zufliegen wird, sondern dass sie Zeit und Arbeit in Wortschatz und Grammatik investieren müssen. Das geht nicht ohne Disziplin. Ute Schröder, Französischlehrerin Das Thema Arbeitswelt ist im Französisch-Unterricht meiner Erfahrung nach motivierend, weil dies ja die Lebenswirklichkeit unserer Schülerinnen und Schüler bestimmt - bzw. bestimmt hat und bald wieder bestimmen wird. Uwe Klingebiel, Französischlehrer Mir gefallen im Unterricht die kreativen Lernformen am besten. Wenn die Aufgabe beispielsweise darin besteht, einen eigenen Dialog oder eine Szene zu verfassen, ohne strikte Vorgaben, dann macht das Lernen neuer Wörter mehr Spaß, da man sich selbst für diese entschieden hat und sie einem nicht aufgezwungen werden. Nele Wendt, Abiturientin Ich finde es sehr gut, dass regelmäßige Übungen zur mündlichen Prüfung stattfinden, in denen wir nicht nur lernen, unsere Nervosität zu kontrollieren, sondern auch unseren Wortschatz aufbessern können. Der Unterricht sollte allerdings individueller sein als derzeit. Die Schüler könnten meiner Meinung nach effektiver lernen, wenn es unterschiedliche Niveau- Stufen gäbe. Also Klassen, in denen der Französisch-Unterricht auf höherem und welche, in dem er auf niedrigerem Niveau unterrichtet wird. Taissir Niehuis, Abiturientin 45

48 Neustart in der E-Phase: BegrüSSungsfeier mit Paten 46

49 Hannover ist Römerland Latein ganz zeitgemäß Delirantne revera?** Im Hannover Kolleg wird neben Französisch Latein als neu beginnende Fremdsprache ab Klasse 11 angeboten. Lateinlehrer Elmar Langer erklärt, wie das Fach am Gymnasium für Erwachsene unterrichtet wird und warum das Erlernen der vermeintlich toten Sprache für Aha-Erlebnisse sorgen kann. Spätestens seit 2015 in Wilkenburg, keine fünf Kilometer vom Hannover-Kolleg entfernt, ein römisches Marschlager entdeckt wurde, steht fest, dass römische Legionen auch durch die Region Hannover marschiert sind, vielleicht ja sogar direkt über unseren Schulhof! Mussten wir bisher immer mindestens bis nach Kalkriese bei Osnabrück (Varusschlacht) fahren, um authentische Zeugnisse von Römern zu sehen, haben wir sie jetzt auch vor unserer Haustür. Dies ist natürlich ein zusätzlicher Ansporn, die Sprache und Kultur des alten Roms kennenzulernen. Mit einem erwachsenengerechten Lehrbuch eignen wir uns zunächst die Grundlagen der lateinischen Sprache an. In Klasse 12 gehen wir dann zu einfacheren lateinischen Originaltexten über und beschäftigen uns dabei mit verschiedenen Themen der römischen Literatur wie etwa Mythologie, Rhetorik oder Alltagsleben. Immer wieder stellen sich dabei Aha- Erlebnisse ein, wenn sich etwa die Bedeutung von Fremdwörtern durch das lateinische Ursprungswort unmittelbar erschließt oder klar wird, wie viele englische und sogar deutsche Wörter bei Mutter Latein ihren Ursprung haben (z.b. cella: engl. cellar, deutsch Keller; caseus: engl. cheese, deutsch Käse; vinum: engl. vine, deutsch Wein). Darüber hinaus schärft Latein den Blick für logische Zusammenhänge, denn um sie zu verstehen, muss man lateinische Sätze genau analysieren. Und dabei kann auch das Verständnis der eigenen Muttersprache nur gewinnen. Sind die Inhalte unseres Unterrichts also vielleicht nicht immer brandaktuell, so nutzen wir aber zu ihrer Vermittlung auf alle Fälle die Methoden und die Technik unserer Tage. * Die spinnen, die Germanen! ** Spinnen sie wirklich? 47

50 Vincent van Gogh, das verlorene Ohr und der Kunstunterricht Der pensionierte Lehrer Michael Fox blickt auf die Entwicklung des Fachs Kunst am Hannover Kolleg zurück und erklärt dabei, was es mit der Geschichte von van Gogh und dessen berühmtem verlorenen Ohr tatsächlich auf sich hat. der Maler das Ohr verlor, so betitelte die Hannoversche Wie Allgemeine Zeitung kürzlich einen Artikel über Vincent van Gogh. Ich musste unweigerlich an meine Schüler und Schülerinnen am Hannover-Kolleg denken, denn wenn ich früher mit ihnen zum Abschluss eines Schuljahres das im Kunstunterricht Gelernte Revue passieren ließ, so gehörten, wenn van Gogh und dessen Kunst und Zeit Unterrichtsgegenstand gewesen waren, auch Aussagen wie Vincent van Gogh hat sehr wohl mehr als ein Bild verkauft zu den Erinnerungen der Schüler, die hängen geblieben waren. Alle aber wussten, dass sich Vincent van Gogh nicht ein Ohr abgeschnitten hatte ganz gleich, wie oft dieser Unsinn noch verbreitet wird. So ärgerte mich auch der Artikel ein wenig, der diesen Unsinn mit dem abgeschnittenen Ohr jetzt hieß es nur das verlorene Ohr wieder weiter verbreitete. In den 60er Jahren war es der Hollywood-Film von Vincente Minnelli Vincent van Gogh Ein Leben in Leidenschaft, der zur Mythenbildung beitrug und das Bild eines verrückten Malers erzeugte, der ganz in seiner Malerei aufging, ohne Frauen lebte, nie ein Bild verkaufte und mit Kerzen auf dem Hut nachts an der Rhône saß, um die Sternennacht auf die Leinwand zu bannen. Allesamt Sachverhalte, die vom Regisseur erfunden wurden. Dennoch trugen sie zum Bild des armen, durchgedrehten und kranken Genies bei, das wir bis heute von Vincent van Gogh haben und welches so schön mit unserer Kli- scheevorstellung vom armen Künstler harmoniert, der nur für seine Kunst lebt und sein Leben selbiger unterordnet. Da passt die Geschichte vom verlorenen Ohr sehr gut hinein, auch wenn sie nach Meinung von Medizinern kaum haltbar ist. Der äußere Teil des menschlichen Ohres ( ) [wird] durch insgesamt sieben Arterien versorgt. Hätte van Gogh sich ein Ohr völlig vom Kopf abgeschnitten, wäre er innerhalb kürzester Zeit daran verblutet, schreibt Stefan Koldehoff in seinem 2003 erschienenen Buch Van Gogh Mythos und Wirklichkeit. Und auch mit einem anderen, oft missgedeuteten Zusammenhang räumt Koldehoff, Kunstwissenschaftler und stellvertretender Chefredakteur des Kunstmagazins ART, auf, indem er feststellt: ( ) die physische Erkrankung im Zusammenspiel mit dem psychischen Stress der Existenzangst und das Gefühl, beruflich wie privat noch nicht die gesteckten Ziele erreicht zu haben, (...) waren offenbar der Auslöser für van Goghs Kurzschlussreaktion, sich mit einem Revolver in den Bauch zu schießen. So gesehen war die in dem Artikel etwas reißerisch verbreitete Ansicht über van Goghs Selbstverstümmelung sicherlich nicht neu, zumal sie dort auf nur einen Aspekt simple Existenzangst reduziert wurde [Nebenbei - kann Existenzangst jemals simpel sein?]. Für die Schüler bedeutet das, nicht nur oberflächlich und schnell eine Meinung oder ein Gefühl zum Kunstwerk oder zum Künstler zu entwickeln, sondern fundiert ein Urteil zu erstellen, das dem Werk und dem Betrachter gerecht wird. Was hat nun dieser schlecht recherchierte Artikel auf der Titelseite der HAZ mit dem Kunstunterricht des Hannover-Kollegs zu tun? Vincent van Goghs Leben und Werk ist Thema des Kunstunterrichts am Hannover-Kolleg und die Schüler lernen eine Künstlerpersönlichkeit und ihr Leben und Werk etwas umfangreicher kennen. Gerade an Vincent van Gogh, der auch für den modernen Künstler heutiger Prägung stehen kann, kann in der Einführungsphase das notwendige künstlerische Handwerkszeug verdeutlicht werden. In dem oben angeführten Spielfilm lässt der Regisseur den niederländischen Landschaftsmaler Anton Mauve sagen: ( ) aber bevor du dich mit den Menschen befasst, musst du doch erstmal dein Handwerk beherrschen. Es gilt also, Können und Herz als Künstler zusammenzubringen, um erfolgreich sein zu können. Für die Schüler bedeutet das, nicht nur oberflächlich und schnell eine Meinung oder ein Gefühl zum Kunstwerk oder zum Künstler zu entwickeln, sondern fundiert ein Urteil zu erstellen, das dem Werk und dem Betrachter gerecht 48

51 Porträts des ehemaligen Schulleiters Ludolf Baucke, frei nach Christo, Andy Warhol, Vincent van Gogh wird. Sicherlich ein hoher Anspruch, doch gerade in heutigen postfaktischen Zeiten wird er umso wichtiger, je schneller, unbelegter und lauter Meinungen und Eindrücke verbreitet werden. Als ich 1998 an das Hannover-Kolleg kam, fristete der Kunstunterricht dort ein Schattendasein, das sich nicht nur in völlig überholter und unzureichender Ausstattung spiegelte, sondern auch in einem Lehrplan, in dem das Fach nur am Rande auftauchte. Positiv war lediglich der Ateliercharakter der Räumlichkeiten, in denen vor allen Dingen praktisch gearbeitet wurde, wenn auch nur mit sehr bescheidenen Mitteln. Mit dem Umzug von der Spitta- in die Thurnithistraße veränderte sich erstmals etwas an den Räumlichkeiten: Wir hatten endlich einen schönen, lichtdurchfluteten Kunstraum und die Ausstattung verbesserte sich zusehends. Damit blieb allerdings das Atelierhafte auf der Strecke, denn der Raum wurde zum Teil auch von anderen Fächern genutzt, auch durch das ins neue Gebäude mit eingezogene Abendgymnasium. So wie sich die räumlichen Gegebenheiten veränderten, veränderte sich in dieser Zeit auch der Stellenwert des Faches im Gesamtkanon der gymnasialen Unterrichtsfächer, was dann in Leistungskursen in Kunst und in entsprechenden Abiturprüfungen gipfelte. Mit der Einführung der neugeordneten gymnasialen Oberstufe und dem folgenden Zentralabitur wurde das Fach abermals aufgewertet, denn nun war der Schwerpunktbereich musisch-künstlerischer Fächer Teil des Aufgabenfelds A mit Deutsch, den Fremdsprachen sowie Musik und Darstellendem Spiel. Seitdem gibt es auch in Kunst das Zentralabitur, so dass Vorgaben zu Themen und Inhalten des Unterrichts durch die vorgesetzte Behörde zentral bestimmt werden. Folge ist, dass heute weniger auf die sehr unterschiedlichen Lebensläufe und auf die damit verbundenen ungleichen Kenntnisse und Entwicklungsstände der Schüler und Schülerinnen Rücksicht genommen werden kann, indem z.b. Defizite aufgearbeitet werden. So erfuhren einige Schüler eben erstmals etwas Genaueres über das verlorene Ohr van Goghs oder über seine radikale Modernität, die das zeitgenössische Publikum so sehr verstörte, während wir seine Bilder heute als normal betrachten und uns schwer tun, in ihnen Zeichen von Wahnsinn und Verzweiflung zu entdecken. Sie erfuhren aber auch etwas über die Zeit, in der im Allgemeinen naturalistisch gepinselt wurde und das naturgetreue Abbild im Vordergrund stand. Da musste ein Maler, der ganz anders mit der Farbe und den Formen umging und ungeheuer weit vorausschauend arbeitete, aus dem Raster der gesellschaftlichen Anerkennung fallen. Der Kunstunterricht beschränkt sich natürlich nicht nur auf die Malerei oder Vin- So wie sich die räumlichen Gegebenheiten veränderten, veränderte sich in dieser Zeit auch der Stellenwert des Faches im Gesamtkanon der gymnasialen Unterrichtsfächer cent van Gogh. Häufig stellt er den Menschen und seinen Umgang mit der Welt, der Technik oder dem Einzelnen in den Mittelpunkt. Dazu beschränkt man sich nicht nur auf die klassischen künstlerischen Techniken wie Malerei, Zeichnung oder Plastik, sondern bezieht auch Zeitgenössisches wie Foto, Film und Video mit ein. Wie die zunehmende Stärke der Kunstkurse mit den Jahren zeigt, gewinnt das Fach mehr und mehr an Interesse und Aufmerksamkeit. Es bietet den Schülerinnen und Schülern eine weitere Möglichkeit, die allgemeine Hochschulreife zu erreichen auch wenn bei der Auswahl des Prüfungsfachs Kunst häufig nicht bedacht wird, wie viel neben der praktischen Arbeit auch verschriftlicht werden muss und dass damit Kunst-Kurse auch immer so etwas wie kleine Deutsch-Kurse sind. Vielleicht kann auch die ständig wachsende Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten, die Kunst als Abiturfach wählen, darauf hinweisen, dass hier, im besten Sinne Vincent van Goghs, der doch die Menschen bewegen wollte, eine Entwicklung eingetreten ist, die vielleicht, und jetzt schwärme ich einmal, den durch gesellschaftliche Veränderungen verunsicherten Menschen durch die Kraft der Kunst wieder mit der Umwelt versöhnen kann. 49

52 Das Kollegium 50

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54 Wir müssen den Kollegiaten Verantwortung geben Anja Depping interviewt Veronika Bonk über ihre Erfahrungen, die sie als Biologie- und Chemielehrerin in fast 35 Jahren am Hannover-Kolleg gesammelt hat. Frau Bonk, wie reagieren Außenstehende, wenn Sie erzählen, dass Sie an einem Gymnasium des Zweiten Bildungswegs arbeiten? Das Hannover-Kolleg kennen die meisten leider nicht, aber viele sagen spontan: Das ist doch eine tolle Sache, da arbeitet man mit Leuten, die auch lernen wollen! Und ist das so? Die Motivation der Kollegiaten ist natürlich groß, zumindest am Anfang aber die Vorkenntnisse oftmals nicht. Manche sind nie gefördert worden und es ist toll zu sehen, wie einige sich während der Zeit auf unserer Schule entwickeln. Manche Schüler kommen aber auch mit großen Rosinen im Kopf: Sie wollen ein besonders gutes Abitur machen oder unbedingt Medizin studieren, zum Beispiel. Wenn sie nach einiger Zeit merken, dass das nichts wird, kommen entweder Vorwürfe an die Lehrer oder sie verzweifeln an sich selbst. Damit müssen wir umgehen. Sie arbeiten, mit einer kleinen Unterbrechung, bereits seit 1982 am Hannover Kolleg. Wie sind Sie auf die Schule gekommen? Ich war damals an einem Gymnasium in Oldenburg und habe bei einer Fortbildung ein paar Kollegen vom Hannover-Kolleg kennengelernt. Ich habe im Gespräch fallen lassen, dass ich ursprünglich aus Hannover komme und vielleicht irgendwann wieder dorthin zurückgehen möchte. Von da an hatte ich jedes Wochenende einen Anruf der Kollegen! Sie haben mich bearbeitet, ich solle doch einen Versetzungsantrag stellen. Das habe ich schließlich gemacht, und es hat zum Glück geklappt. Was macht Ihnen Spaß an Ihrer Arbeit? Ich schätze es sehr, dass ich am Kolleg einen ganz normalen Umgang mit den Schülern habe ohne Disziplinprobleme. Ich habe zwischendurch ein paar Jahre lang in einem normalen Gymnasium unterrichtet, deshalb weiß ich das zu schätzen. Es gibt allerdings auch Dinge, die mir am Kolleg fehlen, z.b. die spontane Begeisterung der Schüler im Chemieunterricht: Wenn es pufft und 52

55 knallt, gehen Kinder doch ganz anders mit als unsere Erwachsenen. Am meisten gelernt habe ich über die Jahre im zwischenmenschlichen Bereich. Junge Erwachsene brauchen viel Unterstützung durch Zuhören und Wegweisen, denn diese Rolle haben die Eltern bei den meisten nicht mehr. Erwachsene haben wohl, ganz generell, mehr Probleme als Kinder. Sie sind seit vielen Jahren auch als Vertrauenslehrerin tätig. Mit welchen Problemen wenden sich die Kollegiaten an Sie? Das geht von gesundheitlichen Problemen über Familiäres, z.b. Krankheit der Eltern oder Trennung, bis hin zu schulischen Schwierigkeiten und Konflikten mit Lehrern und Mitschülern. Das Schlimmste ist für einen Schüler, wenn er sich eingestehen muss, dass das Ziel Abitur aus dem einen oder anderen Grund nicht zu erreichen sein wird. Andere Wege aufzuzeigen und niemanden in der Verzweiflung zurückzulassen, das ist dann meine Aufgabe. Was hat sich in der Kollegiatenschaft verändert über die Jahre? Tendenziell kommt es mir so vor, als ob unsere Kollegiaten weniger selbstständig, weniger erwachsen sind als die der früheren Jahrgänge. Ich frage mich, ob die stärkere Reglementierung, die in der Schule erfolgt, eine der Ursachen sein kann. Ich denke da z. B. an den Pausengong, den es am Kolleg bis etwa 2000 gar nicht gab. Außerdem kam in meinen ersten Jahren am Hannover-Kolleg kaum ein Schüler ohne einen gelernten Beruf an die Schule, während heute der Anteil derjenigen, die zwar gearbeitet, aber keine reguläre Ausbildung haben, immer größer wird. Was möchten Sie Ihren Schülern mitgeben, über die fachlichen Inhalte hinaus? Ich sage meinen Kollegiaten: Tun Sie alles, was Sie tun, bewusst. Hinterfragen Sie Informationen, z.b. aus dem Fernsehen oder Internet, immer kritisch, und beziehen Sie Ihr Wissen aus verschiedenen Quellen. Wie erleben Sie das Kollegium am Hannover-Kolleg? Das Kollegium hat sich sehr verändert. Zum Positiven! Es ist jung, aufgeschlossen und engagiert, und es gibt die tiefen Konflikte nicht mehr, die früher sehr präsent waren. Wir haben viele Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind, anzupacken. Ich gehe gern ins Lehrerzimmer. Mit welchen Anteilen Ihrer Arbeit haben Sie Schwierigkeiten, was nervt? Ich bin Sicherheitsbeauftragte für das Fach Chemie, das macht viel Arbeit. Und die Verwaltungstätigkeiten, die Listen und Eintragungen, können nerven. Manchmal sind unsere Dienstwege auch zu lang, finde ich. Ganz besonders belastend aber ist die Zeit des Abiturs. Es ist jedes Jahr von Neuem ein solcher Berg von Arbeit, vor dem man steht und der in sehr knapp begrenzter Zeit abgearbeitet werden muss. Ich schaffe es nicht, denke ich dann, aber am Ende schafft man es doch wieder. Haben Sie einen Rat für eine junge Lehrerin oder einen jungen Lehrer, die neu ans Hannover-Kolleg kommen? Ich finde es wichtig, den Schülern auf Augenhöhe zu begegnen, deshalb würde ich dazu raten, die Kollegiaten mit dem Nachnamen anzusprechen. Lehrer am Kolleg sollten keine sturen Vorgaben machen, sondern die Folgen des Handelns oder Nicht-Handelns aufzeigen und den Kollegiaten Verantwortung geben, z.b. beim Thema Hausaufgaben. Und noch etwas habe ich heute verstanden: Bei unserem Versuch, möglichst alle gleich zu behandeln, sind wir häufig ungerecht und merken es noch nicht mal. Wir sollten mehr Mut haben, individuelle Lösungen zu finden, wenn Probleme auftauchen. Wenn Sie noch einmal 20 wären: Würden Sie sich wieder für diesen Beruf entscheiden? Sofort! Ja! Für mich hätte es gar keinen anderen Beruf gegeben. Eine letzte Frage: Wird es das Hannover- Kolleg in 50 Jahren noch geben? Auch wenn immer mehr junge Leute auf dem ersten Bildungsweg das Abitur erreichen, was natürlich schön ist, wird es immer einige geben, die ihr Potenzial erst später entfalten können. Den Zweiten Bildungsweg braucht es deshalb auch in Zukunft noch, davon bin ich überzeugt. 53

56 Vermittlerin von Inhalten und Werten oder Dienstleisterin? In einem Interview mit Anja Depping resümiert Maria Ekwuazi, seit 2016 Lehrerin für Deutsch und Erdkunde am Hannover-Kolleg, ihre Erfahrungen mit erwachsenen Schülerinnen und Schüler. Frau Ekwuazi, Sie unterrichten Deutsch und Erdkunde am Hannover-Kolleg. Wie gefällt es Ihnen hier? Sehr gut! Ich finde, an dieser Schule gibt es ein äußerst angenehmes Klima. Die allermeisten Kollegiatinnen und Kollegiaten sind sehr nett. Man muss im Unterricht nicht kindgerecht sprechen, sondern redet auf Augenhöhe mit Erwachsenen, kann z.b. auch mal eine ironische Bemerkung machen. Trotzdem ist die Rollenverteilung zwischen Lehrern und Schülern ganz klar. Sie sind 2016 als Lehrerin ans Hannover- Kolleg gekommen. Was hat Sie ausgerechnet hierher, ans Gymnasium für Erwachsene, gezogen? Ich habe schon immer am liebsten in der Oberstufe unterrichtet. Ich habe zuletzt zwei Jahre in einem Verlag gearbeitet, wo ich eine neue Schulbuchreihe betreut habe. Das war interessant, aber schließlich hat es mich doch wieder in die Schule gezogen. Ich habe mich an mehreren Schulen in Niedersachsen beworben und am Ende ist es glücklicherweise das Kolleg geworden. Was gefällt Ihnen an der Arbeit als Lehrerin? Ich mag es, Leuten etwas beizubringen. Wenn ich sehe, dass die Inhalte ankommen, dann ist das befriedigend. Neben den fachlichen Inhalten ist es mir wichtig, meinen Schülerinnen und Schülern etwas mitzugeben für das Leben in einer Gemeinschaft. Höflichkeit, Rücksichtnahme das sind Werte, die auch bei Erwachsenen immer wieder in den Mittelpunkt gestellt werden müssen. Wo sehen Sie die größten Unterschiede zur Arbeit an einem Gymnasium des ersten Bildungswegs, d.h. zur Arbeit mit jüngeren Schülern? Da ist vor allem die Lautstärke! Es ist viel leiser hier im Kolleg, schon auf den Fluren, das ist natürlich angenehm. Abgesehen davon muss ich sagen, dass die Kollegiaten nicht alle so erwachsen sind, wie ich mir das anfangs vorgestellt hatte. Deren Umgang untereinander ist im Grunde oft genauso wie in einer normalen Oberstufe. Viele der Kollegiaten fallen doch schnell wieder in eine Schülerrolle zurück, die sie vielleicht aus ihrem früheren Schulalltag noch kennen. Gibt es besondere Herausforderungen für Sie als Lehrerin hier? Was ich mir vorher nicht hätte vorstellen können, ist die Fülle von Problemen, die unsere Kollegiaten haben. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, und bei manchen sind es auch zwei oder drei. Oft wird dann erwartet, dass die Lehrkraft Rücksicht nimmt auf diese ganzen Probleme und tolerant ist gegenüber nicht erbrachten Leistungen oder Fehlstunden. Aber das ist schwierig: Es gibt Regelungen, wie wir mit Fehlzeiten umzugehen haben, und auch von den Mitschülern wird dabei ein transparentes und gerechtes Vorgehen eingefordert, zu Recht. Das Thema Fehlzeiten empfinde ich als den größten Stör- und Stressfaktor. Der Umgang mit Fehlstunden und deren Berücksichtigung bei der Benotung ist auch im Kollegium ein Dauerbrenner. Ich persönlich wünsche mir hier noch klarere, verbindliche Regeln. Wunsch und Wirklichkeit - wenn Sie nach einem Jahr als Lehrerin am Kolleg zurückblicken: Welche Erwartungen müssen Sie korrigieren? Naja, vieles läuft wie gesagt super hier. Aber etwas stört mich in der Tat, nämlich dass ich in den Lerngruppen öfter eine gewisse Form des Konsumverhaltens erlebe. Ich als Lehrerin werde als Dienstleister angesehen und es wird erwartet, dass ich das abiturrelevante Wissen genau aufbereite. Die Schülerinnen und Schüler dagegen halten sich in manchen Kursen sehr zurück, was die Beteiligung im Unterricht betrifft, das Mitschreiben oder auch die Hausaufgaben. Aber sie sind doch freiwillig hier! Da erwarte ich eigentlich mehr Eigeninitiative. Wünschen Sie sich manchmal, wieder an einem Gymnasium mit den Klassen 5 bis 13 zu arbeiten? Nein, das kann ich mir gerade gar nicht mehr vorstellen! Der Korrekturaufwand ist in meinen Fächern, wenn man ausschließlich in der Oberstufe unterrichtet, zwar enorm hoch. Aber auf der anderen Seite gibt es auch Entlastung: Wir müssen nicht so häufig wie an anderen Schulen Vertretungsunterricht leisten. Und es gibt keine Elternabende! 54

57 Der Schulchor 55

58 Vom Abend an den Morgen Perspektivwechsel im Zweiten Bildungsweg Madeleine Höfinghoff interviewt ihren Kollegen Heiko Läufer, der nach vielen Jahren als Lehrer am Abendgymnasium seit 2016 als stellvertretender Schulleiter am Hannover-Kolleg arbeitet. Dein Lehrerdasein im Zweiten Bildungsweg begann für dich zunächst am Abendgymnasium Hannover. Wann und wie hat dich dein Weg dorthin geführt? Mein Leben vor dem Zweiten Bildungsweg begann in Bremen, studiert habe ich in Oldenburg kam ich dann nach Hannover, um an der Bismarckschule mein Referendariat zu absolvieren. Nach dem zweiten Staatsexamen war ich zunächst auf ganz anderen Pfaden unterwegs. Ich wollte nicht unbedingt an eine Schule und interessierte mich für die Verlagsarbeit. Ich hatte eine Zusage von Klett in Leipzig, die ich dann aber aus familiären Gründen ablehnte. Schließlich landete ich beim Friedrichverlag in Velber. Da habe ich als Online-Redakteur gearbeitet, den Internetauftritt des Verlages mit aufgebaut und Redakteuren anderer Verlage Schulungen für das von uns verwendete Content-Management-System gegeben. Mein Vertrag lief 2002 aus und nach meinen Erfahrungen im Verlag hatte ich eigentlich vor, weiter in diesem Bereich zu arbeiten. Aber Stellen für Online-Redakteure waren damals rar und ich hatte mittlerweile auch eine Familie zu ernähren. Auch an hannoverschen Schulen waren nur wenige Stellen ausgeschrieben und der erste Bewerbungsdurchgang verlief für mich erfolglos. An einem späten Freitagnachmittag hatte ich allerdings den spontanen Einfall, nochmals bei der Landesschulbehörde anzurufen... und erstaunlicherweise ging nach 16 Uhr noch jemand ans Telefon und fragte mich, ob ich mir auch vorstellen könnte, Erwachsene zu unterrichten, und zwar zu später Stunde an einem Abendgymnasium das hörte sich interessant an. Montags darauf schaute ich mir die Schule an, am Dienstag hatte ich das Bewerbungsgespräch in der Landesschulbehörde, Mittwoch kam die Zusage. Nach 14 Jahren unterschiedlicher Aufgabenbereiche am Abendgymnasium hast du dich im letzten Jahr entschieden, an den Vormittag, also ans Hannover-Kolleg zu wechseln. Wieso? Ich hatte Lust auf einen Perspektivwechsel, ohne aber die Schulform (Zweiter Bildungsweg) zu verlassen, in der ich mittlerweile so tief verwurzelt bin. Für mich ist es nach wie vor etwas ganz Besonderes, mit Erwachsenen zu arbeiten, mit ihren unterschiedlichen Lebenserfahrungen und bereits mitgebrachten Lernbiographien. Es ist schön, Menschen vor mir zu haben, die ich nicht wie Mittelstufenschüler belehrend aus einem quasi Eltern-Ich heraus unterrichte, sondern mit denen ich von Erwachsenen-Ich zu Erwachsenen-Ich umgehen kann. Das prägt die Atmosphäre an unserer Schule. Weiterhin schätze ich die Überschaubarkeit und persönliche Nähe unseres Systems, in dem sich alle schnell mit Namen kennen lernen können. Ich fühle mich wohl in den kleinen Lerngruppen, in denen wir intensiv zusammenarbeiten können, und miteinander direkt ins Gespräch kommen ohne Umwege einer Elternschaft. Das Arbeiten am Kolleg, an dem ich vor 2016 noch nie unterrichtet hatte, ist eine interessante Neuerung für mich, die mir neue Erfahrungen bringt: Schülerinnen und Schüler des Kollegs bringen andere 56

59 Lebenssituationen und Erfahrungen mit als die Schüler am Abend. Dadurch ergibt sich an vielen Stellen ein anderer Umgang, eine andere Atmosphäre. Und einige Kolleginnen und Kollegen, die nur oder vorwiegend am Vormittag unterrichten, sehe ich nun auch außerhalb von Gesamtkonferenzen. Das ist schön! Und dann ist da noch das Schulleben des Kollegs: Eine Film-AG, vielfältige Exkursionen, DELF-AG und English Club, Zeitungs- AG, Fußball-AG, Theater und Chor. Das zeitlich weniger knappe Schulleben des Kollegs eröffnet für solche Aktivitäten, die Schule auch als Lebensraum gestalten, mehr Spielräume, als ich dies vom Abend gewohnt bin. Das empfinde ich deutlich als Bereicherung. Deine Aufgaben am Abendgymnasium waren sehr vielfältig. Bitte gib einen kurzen Einblick in dein bisheriges Wirken. Als ich 2002 meine Stelle am Abendgymnasium antrat, war das zunächst ein harter Einstieg: Als Neuling war ich gleich Klassenlehrer, Tutor, Leistungskurslehrer in Jahrgang 12 und Jahrgang 13, so dass ich in mehreren Funktionen in die Abiturprüfungen eingebunden war. Und damals mussten wir die Abiturklausuren noch selbst erstellen, was sehr aufwändig war. Bald darauf erweiterte sich meine reine Lehrtätigkeit: Ich wurde Fachobmann für Biologie und habe Projektgruppen begleitet oder geleitet: PEP für die E-Phase und PIZZZA für die Qualifikationsphase. In beiden Projekten ging es darum, die Bedingungen für das Lernen und auch für das soziale Miteinander für unsere Schüler zu verbessern. Die Steuergruppe habe ich vier Jahre geleitet. In dieser Runde haben wir uns z. B. um die Verbesserung der schulinternen Kommunikation und Zusammenarbeit gekümmert, eine Kommunikationsfortbildung für das Kollegium und einen Schulentwicklungswettbewerb auf den Weg gebracht und ein Worldcafé organisiert, in dem wir gemeinsam Ideen für unsere Schule gesammelt haben. Bis 2016 war ich außerdem Evaluationsbeauftragter. In dieser Funktion habe ich das Evaluationsinstrument SEIS eingeführt und umgesetzt und die Evaluation mit allen anderen niedersächsischen Abendgymnasien vernetzt. Schließlich betreue ich auch bereits seit Jahren die Internetpräsenz unserer Schule und bin seit 2003 die Bassstimme der Evening Harmonists, unseres abendlichen Schulchors. Besonders gerne habe ich mich im Ring der Abendgymnasien engagiert, einem Zusammenschluss aller niedersächsischen Abendgymnasien. Von Anfang an war ich dabei, zunächst als Mitglied, dann als Beisitzer im Vorstand und schließlich (bis 2016) als stellvertretender Sprecher des Rings. Wir haben uns hier mit den spezifischen bildungspolitischen Fragen unserer Schulform befasst und für unsere Interessen stark gemacht. In der Schulleitung arbeite ich seit 2010 mit, zunächst im erweiterten Kreis, ab 2013 dann als Mitglied ex officio. Was bereitet dir Freude an deiner Arbeit, welche Dinge findest du eher unangenehm? In erster Linie arbeite ich sehr gerne mit Menschen zusammen. Den direkten Schülerkontakt finde ich sehr bereichernd und möchte ihn nicht missen. Außerdem liebe ich es, mein Fach Biologie zu unterrichten und meine Schüler dafür zu begeistern. Und so komisch sich das vielleicht anhören mag: Ich erledige auch einen Großteil meiner Verwaltungsaufgaben wirklich gern. Es gibt eigentlich nur Weniges, auf das ich gern verzichten möchte. Und da geht es mir wohl wie fast jedem anderen Lehrer auch das Korrigieren. Sogar die Gewöhnung an das frühe Aufstehen fiel mir nicht sonderlich schwer. Ein Tageslichtwecker und ein programmierbarer Kaffeeautomat helfen da Wunder. In welchem Bereich hast du dich persönlich am meisten weiterentwickelt durch deine Arbeit am Kolleg? Grundsätzlich in vielen Bereichen und ich lerne immer noch. Besonders aber vielleicht im zwischenmenschlichen Bereich, denn ich hatte und habe mit ganz unterschiedlichen Charakteren zu tun. Da entsteht keine langweilige Routine. In puncto Ordnung auf dem Schreibtisch konnte ich etwas von meinen Gepflogenheiten am Arbeitsplatz mit nach Hause nehmen mein Schreibtisch zu Hause ist nun viel aufgeräumter als früher. Wie erlebst du das Kollegium? Eine Besonderheit unserer Schule ist es, dass man hier grundsätzlich auf engagierte Kollegen trifft. Das ist nicht selbstverständlich und auch an anderen Schulen nicht automatisch zu finden. Es gibt hier eine lebendige Politik des Mitgestaltens. Die Einstellung von neuen Kollegen bringt immer wieder frischen Wind in das Schulleben, neue Impulse entstehen. Das empfinde ich als äußerst bereichernd! Als Grundlage bedarf es dafür natürlich auch eines guten Klimas untereinander. Dazu möchte ich gern meinen Beitrag leisten, indem ich ansprechbar bin für meine Kollegen und sie in ihrem Enthusiasmus unterstütze und würdige, statt sie auszubremsen. Womit hast du allgemein Schwierigkeiten? Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, Unverbindlichkeit und mangelnder gegenseitiger Respekt sind Eigenschaften, mit denen ich Schwierigkeiten habe. Wie reagieren Außenstehende, wenn du davon erzählst, dass du im Zweiten Bildungsweg arbeitest? Zuerst denken die Menschen, dass ich an einer Volkshochschule tätig bin. Wenn ich Ihnen dann erkläre, dass ich, wie Lehrer an Regelschulen, auch verbeamtet bin und Sommerferien habe, sind sie immer irritiert. Besonders amüsant sind auch einige Reaktionen unserer Nachbarn. Ich glaube manchmal, dass die vor meinem Wechsel ans Kolleg den Eindruck hatten, dass ich nicht arbeiten würde, weil ich ja tagsüber zu Hause war. Hast du Wünsche, was an unserer Schule noch erfolgreicher laufen könnte? Ich möchte zunächst ausdrücken, dass vieles bereits gut läuft, aber selbstverständlich gibt es immer auch Optimierungspotenzial. Dieses sehe ich z.b. im Bereich des Förderns und Forderns. Schüler mit besonderen Begabungen und Schüler mit besonderem Förderbedarf brauchen individuell ausgerichtete Förderungsangebote. Leistungsspezifische Binnendifferenzierung und auch der Ausbau von sprachlichen Angeboten sind in dem Zusammenhang wichtig und nötig. Wird es das Kolleg in 50 Jahren noch geben? Ja natürlich! So lange es bildungswillige junge Menschen gibt, die Bildung als einen notwendigen Teil ihres Lebens begreifen, besteht daran kein Zweifel. Ich hoffe sehr, dass das Kolleg dann immer noch in diesem lauschigen Gebäude untergebracht ist, es auch weiterhin so engagierte Kollegen hier gibt und unsere Schule ihren Exotenstatus unter den Bildungseinrichtungen verloren hat und viel weiter in das öffentliche Bewusstsein gerückt ist. 57

60 Same same, but different Unterrichten im Zweiten Bildungsweg Ist das Unterrichten im Zweiten Bildungsweg einfacher als an einem klassischen Gymnasium? Maike Marggraf, Lehrerin für Deutsch und Politik-Wirtschaft, erklärt einem Kollegen bei einer Geburtstagsfeier, inwiefern sich die Arbeit mit Erwachsenen von der mit Jugendlichen unterscheidet. Freitagabends auf einer Geburtstagsfeier. Wenn Lehrer andere Lehrer treffen, wird früher oder später auch über Schule gesprochen. Als Kollegin, die ausschließlich erwachsene Schüler unterrichtet, ist man dabei ein begehrter Gesprächspartner mit Exotenstatus. Denn im Vergleich zu der großen Gruppe der Lehrer, vor denen jeden Morgen eine bunte Mischung prä-, akut- und postpubertärer Schützlinge von 11 bis 20 Jahren sitzt, gibt es verhältnismäßig wenige, die nur die Altersgruppe Ü20 unterrichten. Und da ich inzwischen einen Einblick in beide Bereiche gewonnen habe, lautet dementsprechend die erste Frage fast immer: Wie ist es denn nun so, im Vergleich, mit Erwachsenen zu arbeiten? Meistens gibt der Fragende mir dann, jedem Klischee über Lehrer gerecht werdend, die Antwort gleich selbst: Bestimmt viel einfacher, oder? Die wollen ja alle. Als gute Pädagogin lasse ich natürlich den verbalen Rotstift stecken, hole meinen Kollegen da ab, wo er steht und erkläre in aller Ruhe, warum diese Einschätzung der komplexen Unterrichtsrealität des Zweiten Bildungsweges nur teilweise gerecht wird. Ja, es gibt Bereiche, in denen das Lehrerleben an einem Kolleg viel einfacher ist, z.b. bei der Hofaufsicht. Es gibt keine Diskussionen über das unerlaubte Verlassen des Schulgeländes und keine weinenden Fünftklässler, die von den Siebtklässlern mit Gehfehlern oder Nackenklatschern gepeinigt werden. Rekordverdächtig große Mädchengruppen, die sich bei Regen gemeinsam in einer Klokabine verbarrikadieren und nicht auf den Hof wollen - das alles entfällt und entspannt die sonst unbeliebte Hofaufsicht ganz ungemein. Im Gegenzug liefert aber die Freiheit, das Schulgelände jederzeit verlassen zu dürfen, den erwachsenen Schülern eine verlässliche Quelle neuer Ausreden für das Zuspätkommen. O-Ton von Schülern der E-Phase während meiner ersten Dienstwoche am Kolleg: Tschuldigung, die Kassiererin war so langsam! Mein Gegenüber, das sich noch in seiner Einschätzung bestätigt glaubt, nickt enthusiastisch und ruft: Siehste, so entspannt ist es bei euch! Na gut, wo wir gerade schon das Thema Anwesenheit im Unterricht vorsichtig angeschnitten haben, bleiben wir doch dabei und kommen damit zu dem Bereich, den ich nicht als einfacher empfinde, ganz im Gegenteil! Schüler der Klassen 5 bis 12 beschäftigen sich hauptsächlich damit, zur Schule zu gehen. Vielleicht führt sie ihr Hobby noch zum Sportverein oder ins Orchester, sie räumen die Spülmaschine ein und bringen den Müll runter, aber damit endet der Katalog an Verpflichtungen zum Glück auch schon. Unterstützung und Entlastung gibt es dabei von den Eltern, die sich auch darum kümmern, dass ihre Kinder regelmäßig am Unterricht teilnehmen. Ausnahmen gibt es auch hier, aber in der Regel funktioniert der Alltag bis zum Ende der Schulzeit so. Erwachsene Schüler hingegen haben in der Regel keine Eltern mehr, die sie morgens wecken und dafür sorgen, dass der Nachwuchs regelmäßig in der Schule erscheint. Stattdessen sehen sie sich selbst in der Rolle desjenigen, der zusätzlich zum Schulbesuch mit zahlreichen weiteren Verantwortungen jongliert. Krankes Kind, Geburtstag des Partners, Wohnungsputz, Handwerkertermin, Auto in die Werkstatt, Kühlschrank auffüllen, Haustiere füttern, Freunde nicht vernachlässigen, arbeiten gehen - das ist viel und nicht jedem gelingt es, alle Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Immer wieder wird das Kunststück der Jonglage außerdem erschwert durch das persönliche Päckchen physischer und psychischer Belastungen, das viele unserer Kollegiaten geschultert haben. Wenn Schüler dann unter solchen Voraussetzungen anfangen, dem Unterricht fernzubleiben, ist es nicht unbedingt eine Frage des Nicht- Wollens, sondern des wirklichen Nicht (mehr)-könnens. Diese Situation fordert mich menschlich, weil ich mich sorge. Sie fordert mich pädagogisch, weil eine Hilfestellung meistens außerhalb meiner Fähigkeiten und meines Einflussbereichs liegt. Und sie fordert mich didaktisch, weil die Fluktuation im Unterricht durch fehlende Schüler häufig so groß ist, dass kaum kontinuierliche Arbeit möglich ist. Zum Glück kennt mich der fragende Kollege lange genug, sodass der Verdacht, ich könnte ein ewig verständnisvoller Powerpädagoge mit Schweigefuchs und Gesprächsstein sein, gar nicht erst aufkommt. Wir wissen beide, dass manche Schüler auch einfach nur keine Lust auf Unterricht haben, ihn verschlafen, At- 58

61 teste für Klausuren herbeihypochondern und ihnen kaum eine Ausrede ungeniert genug ist, um sie nicht vorzubringen. Aber darin unterscheiden sich die Gruppe U20 und Ü20 nur graduell: Während die Jungen etwas kreativer sind, sind die Älteren etwas gewiefter. Die Feier neigt sich dem Ende zu. Der Kollege nickt inzwischen nicht mehr so enthusiastisch das ist der richtige Zeitpunkt, um ihn beim Erreichen des Lernziels noch schnell mit einem komprimierten Lehrervortrag zu unterstützen. Ja, die Arbeit mit Erwachsenen ist leichter: Es gibt keine Eltern, also auch keine Elternabende und -sprechtage, keine elterlichen Ferndiagnosen zu Zensuren, keine Eingriffe in die pädagogischen und didaktischen Entscheidungen des Lehrers durch Eltern. Man muss Schüler weniger im Bereich wettergerechte Kleidung, Ernährung, Körperhygiene, Sozialverhalten und Mediennutzung erziehen. Man kann sich stärker auf die Vermittlung fachlicher und methodischer Kompetenzen konzentrieren. Bei Ausflügen, Exkursionen und Fahrten ist die Verantwortung geringer. Durch die Konzentration auf drei Jahrgänge können sich in der Unterrichtsvorbereitung Synergieeffekte ergeben. Oft bringen Schüler Vorwissen mit, das den eigenen Unterricht und den eigenen Horizont bereichert. Viele Schüler wollen bei ihrem zweiten Anlauf wirklich etwas erreichen und sind höchst motiviert. Nein, die Arbeit mit Erwachsenen ist nicht einfacher: Der Druck auf die Schüler ist deutlich höher, da dies mit dem zweiten im Normalfall auch der letzte Versuch ist, das Abitur zu erreichen. Dementsprechend verbissener werden Diskussionen um Noten geführt. Die Schüler bringen mehr Vorwissen mit, z.t. aus Bereichen, in die man als Lehrer selbst noch nie einen Einblick hatte, aber andererseits oft auch lückenhafte Vorkenntnisse in den Fächern. Außerdem hinterfragen sie Unterrichtsinhalte schneller, sodass man fachlich viel besser vorbereitet sein muss als z.b. in Jahrgang 5. Wenn man doch Erziehungsarbeit (mit einzelnen Schülern oder auch mit ganzen Lerngruppen) leisten muss, dann ist diese schwieriger und konfliktreicher, weil erwachsene Persönlichkeiten deutlich festgefahrener in ihrer Haltung sind. Hinzu kommt der Balanceakt, den Menschen gegenüber gleichzeitig wie einen Schüler, aber auch wie einen Erwachsenen zu behandeln. Und dann ist da noch die enorme Arbeitsbelastung, besonders im Frühjahr: Jeder Lehrer ist jedes Jahr mit mehreren Aufgaben und Prüfungsgruppen im Abitur eingesetzt. Entlastungen durch Mensaaufsichten, Lernzeiten oder Sozialstunden gibt es nicht. Auch gibt es kaum Fortbildungen oder Materialien, die sich mit der Vermittlung gymnasialer Unterrichtsinhalte für den Zweiten Bildungsweg befassen. Ich blicke den Kollegen fragend an, während ich das leere Glas Wein wegstelle. Seinem Ach, so ist das bei euch! nach zu urteilen, scheint er verstanden zu haben, was ich versucht habe, ihm nahe zu bringen. Egal, wieviele Be- und Entlastungen hinsichtlich der Arbeit mit Erwachsenen man noch finden kann und egal, wie man diese jeweils individuell gewichtet: Die Vorstellung der Erwachsenenbildung als schröder scher Hort für faule Säcke ist eine Utopie. Die Herausforderungen in Unterricht und pädagogischer Arbeit mit Erwachsenen mögen sich stellen- und phasenweise sehr klar von denen mit Jugendlichen und ihren Eltern unterscheiden, weniger fordernd sind sie deshalb aber noch lange nicht. Und somit erklärt sich am Ende auch das thailändische Sprichwort, das diesem Text seine Überschrift verliehen hat: ganz gleich und doch anders. Als gleich und doch anders sieht Maike Markgraf den Unterricht am Kolleg. 59

62 Mardorf, Lyon, London: Studienfahrten und Exkursionen 60

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64 Die zweite Hälfte der Gymnasien für Erwachsene in Hannover: Gymnasium für Erwachsene in Hannover Das Online-Lernen zuhause erlaubt Schülerinnen und Schülern eine flexiblere Gestaltung ihres Alltags. Uwe Klingebiel, stellvertretender Schulleiter, stellt die Schwesterschule des Kollegs, das Abendgymnasium Hannover, vor. Mit Abitur online gibt es hier neuerdings ein besonders attraktives Bildungsangebot. Seit 2001 bilden das Abendgymnasium Hannover und das Hannover- Kolleg einen Verbund in einem gemeinsam genutzten Gebäude, mit einer gemeinsamen Schulleitung und einem gemeinsamen Kollegium. Wie das Hannover-Kolleg bietet das Abendgymnasium Hannover erwachsenen Menschen die Möglichkeit, das Abitur (oder die Fachhochschulreife) zu erwerben. Der Unterschied: Das Abendgymnasium ist eine Schule für Berufstätige. Daher ist die Zahl der Fächer und der Unterrichtsstunden geringer als am Hannover-Kolleg. Tradition und Innovation Schon seit 1928 können berufstätige Menschen am Abendgymnasium Hannover das Abitur nachholen, um verpasste Bildungschancen zu nutzen und eine bessere berufliche Position zu erreichen. Seit 2016 ist dies mit Abitur online auch in Teilzeit möglich: Gelernt wird an drei Abenden in der Schule und ansonsten zu Hause, wobei der Kontakt zu den Lehrkräften über eine internetgestützte Lernplattform stattfindet. Der Bildungsgang ist der gleiche wie im traditionellen Angebot, aber bei nur drei Abenden Anwesenheit in der Schule haben die Schülerinnen und Schüler deutlich mehr Flexibilität. Dies kann besonders für Berufstätige mit ungünstigen Arbeitszei- ten, für Familienmütter und -väter und für Menschen mit langen Anfahrtswegen eine spürbare Entlastung bringen. Die bisherigen Erfahrungen aus dem ersten Durchgang 2016/17 zeigen, dass das neue Konzept gut angenommen wird und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer damit ohne Probleme zurechtkommen. Natürlich muss bei Abitur online genauso viel gelernt werden wie im traditionellen Bildungsgang, denn die Anforderungen, die durch Lehrpläne und das Zentralabitur vorgegeben werden, sind die gleichen. Wer aber sein Lernen selbst organisieren kann und sich zutraut, auch umfangreiche Aufgaben selbstständig zu bearbeiten, ist durch Abitur online flexibler, um berufliche, schulische und private Anforderungen miteinander zu vereinbaren. 62

65 Der beste Belag für das Brötchen Das Cafeteria-Team Birgitt Kroll, Lehrerin für Englisch und Geschichte, und Abiturient Dennis Lyssy erklären, weshalb die Mitarbeit im Cafeteria-Team des Hannover-Kolleg nicht nur mit Mehrkorn zu tun hat, sondern auch Mehrwert bringt. Welche Schülerinnen und Schüler des 12. Jahrgangs wollen die Cafeteria vom Abiturjahrgang übernehmen? Diese Frage stellt sich in jedem Frühjahr aufs Neue. Nach anfänglichem Zögern kommt doch eine kleine, aber feine Gruppe als neues Cafeteria-Team zusammen, das in den Unterrichtspausen Kaffee und mehr zum Kauf anbietet und mit den Erträgen dieser Schülerfirma den Abiball des eigenen Jahrgangs bezuschusst. Beim Nachdenken über den besten Belag für das Brötchen (und überhaupt, Mehrkorn oder einfach nur normal?) oder beim Aufteilen der ungeliebten Aufgaben (wer wäscht die Geschirrtücher und die Lappen?) widmen sich die Cafeteria-Aktiven nicht nur den offensichtlichen Themen, sondern lernen auch, im Team das eine oder andere Problem zu lösen. Trotz gewisser Startschwierigkeiten haben sich bis jetzt immer wieder Schülerinnen und Schüler gefunden, die sich für die Cafeteria-Arbeit bereit erklären und diese zumindest sehen die Gesichter der jetzigen Kollegiatinnen so aus auch gern verrichten. Die Lehrerschaft des Hannover-Kollegs ist sich sicher, dass auch in Zukunft Bereitwillige aus den Reihen der Kollegiatinnen und Kollegiaten für Nachschub an Kaffee, Brötchen, sogar Waffeln, Brezeln und ganz schnöden Schokoriegeln sorgen werden. Dennis Lyssy aus dem Abiturjahrgang 2017 erklärt die Beweggründe für sein Engagement in der Cafeteria: Ich habe in der Cafeteria mitgearbeitet, weil ich so etwas für den Abschlussball beitragen konnte, denn durch die Cafeteria bringen wir einen Großteil der Finanzierung der Feier auf. Ich wollte, wenn ich schon nicht im Abiball-Komitee mitwirken konnte, auf diese Weise etwas beisteuern. Die Gelegenheit zu einem gebührenden Abschluss mit Abiball hat man schließlich nicht alle Tage. Es war schön, mit den Leuten von der Cafeteria zusammen zu arbeiten. Vom Brötchenholen am Morgen über das Schmieren und Belegen bis hin zum Verkaufen in den Pausen an all die hungrigen Kollegiaten und Kollegiatinnen ging alles schnell von der Hand. Pausen fielen für uns allerdings durch die Arbeit weg. Auch kamen wir morgens früher ins Kolleg, um alles für den Verkauf vorzubereiten, und blieben länger, um die Cafeteria für das Abendgymnasium sauber zu hinterlassen. Durch den guten Zulauf sahen wir uns untereinander als Team bestätigt. Er war uns ein Ansporn, unsere Cafeteria-Arbeit stets zu verbessern und Abläufe zu optimieren. Eine Geschirrspülmaschine wäre allerdings das Sahnehäubchen gewesen und hätte uns viel gemeinsame Abwascharbeit erspart. Für mich war der tägliche Kontakt mit den anderen aus dem Cafeteria-Team wirklich lustig. Er hat die Schul-Routine aufgelockert und war auch in stressigen Zeiten stets eine Abwechslung. Aber auch der Kontakt mit den Kollegiaten und Kollegiatinnen aus allen Stufen war sehr interessant. So kam man ins Gespräch mit Leuten, mit denen man als angehender Abiturient eigentlich nichts zu tun hat, wie etwa mit der E-Phase. Wir konnten auch immer mal wieder Teile des Lehrkörpers als Kunden begrüßen und bedienen. Das zeigt die breite Akzeptanz und auch Qualität, die wir aufzubieten hatten. Doch jedes Gute hat auch etwas Böses: So empfand ich das tägliche Brötchenholen als sehr zeitraubend, das hat einen schon mal aus dem Workflow geworfen! Auch das Abwaschen von Unmengen an Geschirr und Besteck war eine eher unbeliebte Aufgabe. Dem nächsten Cafeteria-Team wünsche ich viel Erfolg bei den Einnahmen für ihren Abiball! Eine Mitarbeit in der Cafeteria ist durchaus viel Arbeit, lohnt sich aber definitiv, wenn man weiß, wofür man letzten Endes gearbeitet und seine Freizeit geopfert hat. Die Cafeteria-Arbeit hatte für mich einen enormen Mehrwert: Ich lernte, welche große Rolle Kommunikation untereinander im Team spielt, dass Zeitmanagement nicht nur bloße Theorie ist und dass das Arbeiten mit dem richtigen Team auch Spaß machen kann. Denn letztendlich ist und bleibt es ein Ehrenamt. 63

66 Geschafft! Und immer wieder strahlen glückliche Abiturienten, wenn sie im Hochsommer ihre Zeugnisse entgegennehmen. Und immer wieder füllen stolze Freunde, Familienangehörige und Lehrer die Aula. Und immer wieder beeindrucken und amüsieren wohlgesetzte Reden und musikalische Intermezzi. Und immer wieder singen zum Abschluss alle gemeinsam nach wohlbekannten Melodien wie Mein kleiner grüner Kaktus oder Ein Männlein steht im Walde Juliane Hänischs musikalischen Glückwunsch zum bestandenen Abitur. Que sera, sera von Doris Day hat die ehemalige Musiklehrerin für den Abi-Jahrgang 2012 wie folgt umgedichtet: Kaum war die Schule grad vorbei, ging es hinaus ins Berufseinerlei. Ach ist das öde, ach, ist das blöd, da muss was Andres her. Refrain: Man kann lernen hier am Kolleg und da sind wir für 3 Jahre oder 4, bis zum Abitur, bis zum Abitur! 2015 Januar ließen wir gehen unseren Chef. Strampelnde Frösche in weißer Milch: Die Story kennen wir! Refrain: Dann wird Sahne draus, durch Butter kommt oben raus der Frosch - der hat es geschafft aus der eignen Kraft, aus der eignen Kraft. Mathematik, die lernt ich hier, dazu Französisch, Biologie; Deutsch und Geschichte, Kunst und Musik, Englisch und auch Physik. Refrain: Und Latein dazu, das lernte ich hier im Nu, Erdkunde und Politik, Sport-AG, Chemie und Philosophie. Wir gingen jede Pause zur Cafeteria oder zum Klo, zur Raucherecke und dann zum Chor, spielten Theater gern. Refrain: Auch zum Pennymarkt den Weg mancher Schüler wagt, zur Zeitung- und Film-AG und ins Opernhaus und in Kunstmuseen. Ja, diese schöne Zeit geht nun leider vorüber, das ist sehr schad! Fand viele Freunde, wurd gut belehrt, mit großem Lohn beschert. Refrain: Denn ich wollt ja nur erwerben das Abitur, das habe ich hier geschafft aus der eignen Kraft, aus der eignen Kraft. 64

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68 Ein Oldtimer mit Wertsteigerung Das Schulgebäude in der Thurnithistraße 6 Sylvia Schiffer hat Abdul-Rahman Paschman aus Afghanistan interviewt, der sich seit 15 Jahren als Hausmeister um die Pflege des Gebäudes von Hannover-Kolleg und Abendgymnasium verdient macht. Herr Paschman, Sie sind seit 15 Jahren Hausmeister in der Thurnithistraße. Wie sind Sie an diese Schule gekommen? Kurz gefasst: Ich habe mich 2002 bei der Region Hannover als Hausmeister beworben und wurde im Hannover-Kolleg eingestellt. Und ausführlich? Mein erster Beruf war Offizier in Kabul; dort hatte ich das Kommando über 3000 Soldaten. Ich hatte zunächst in Kabul drei Jahre die Militärakademie besucht. Dann studierte ich an der Fakultät für Wirtschaft, Politik und Philosophie. Ausgebildet wurde ich auch als Fallschirmspringer. Als die Mudschaheddin an die Macht kamen, musste ich aus Sicherheitsgründen das Land verlassen. Nachdem ich in Deutschland angekommen war, wollte ich arbeiten, ich kann nicht zuhause sitzen und nichts tun. Aber ich hatte keine Arbeitsgenehmigung; erst nach eineinhalb Jahren konnte mir ein Beamter vom Sozialamt helfen. Er fragte mich, ob ich für die Kreisvolkshochschule Wunstorf arbeiten will. Da waren wir im Wald eingesetzt, haben Büsche beschnitten oder giftige Pilze gesucht. Nach sechs Monaten fand ich das ein wenig langweilig und bat um eine Arbeit im Trockenbau. Das klappte, und nach vier Jahren konnte ich mauern, Fliesen legen, Elektrik verlegen und reparieren. Ein Bekannter hat mir dann geraten, dass ich mich an die Landesschulbehörde wenden soll. Dort gebe es zwar keine Jobs für hochrangige Offiziere, aber vielleicht eine Stelle als Hausmeister. So bin ich ans Kolleg gekommen. Sind Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden? Ja, ich bin zufrieden, weil ich es mit offenen und freundlichen Menschen zu tun habe und die Arbeit mir Spaß macht. Als Hausmeister sorge ich in erster Linie für Ordnung, Sicherheit und Reinigung. Ich repariere kleine bauliche Schäden und lasse bei größeren Problemen Techniker und Handwerker kommen. Mein Tag beginnt um sieben Uhr mit dem Aufschließen und der Kontrolle des ganzen Gebäudes von A bis Z. Um 16 Uhr endet meine Arbeit. In meinem ersten Jahr war ich von sieben bis siebzehn Uhr und von 21 bis 22 Uhr für das Gebäude zuständig, weil dann erst Schluss am Abendgymnasium ist. Aber die Region beschäftigt auch Hausmeisterehepaare und nach einem Jahr konnte meine Frau in Teilzeit anfangen, sie arbeitet seither abends hier. 66

69 Wie finden Sie es, an einer Schule mit erwachsenen Schülern zu arbeiten? Es ist sehr angenehm, man kann einfacher mit den Schülern reden. Es sind keine Kinder, sie schreien nicht laut rum. Am Anfang war das sehr wichtig. Nach 18 Jahren Krieg konnte ich Lärm nicht gut ertragen. Wie gefällt Ihnen das Gebäude? Das Gebäude ist nicht wie die BBS-Multimedia aus Stahl und Glas. Es ist was ganz Besonderes, ein 100 Jahre alter Oldtimer, eine Antiquität. Ich liebe das Gebäude! Am Anfang war es nicht so wertvoll, aber es hat sich in 16 Jahren viel verändert, jetzt hat es seinen Wert gesteigert. Ich finde es wunderschön. 2002, an meinem ersten Tag, hat mir der Schulleiter, damals Herr Haller, gesagt, dass es einen Hausmeistergarten gibt. Ich habe ihn nicht gefunden. Aber vor dem Haus zur Straße war eine Deponie: Hunderte PKW- Reifen, zwei selbst gebaute Garagen aus Holzplatten und Eisenstangen, alles war voll Müll. Auf dem Dachboden waren so viele alte Schultische, Klappstühle, alles verrostet, keiner wollte das haben. Ich habe über meinen Kontakt zur VHS in Wunstorf für einen Monat ein paar Leute bekommen und wir haben 10 Container zu 22m3 gefüllt und entsorgt. Jetzt haben wir einen sauberen Dachboden für das Archiv und einen schönen Garten vor dem Haus. Was hat sich sonst in den vergangenen 15 Jahren verändert? Eine Menge Wir haben keine Kreidetafeln mehr, Möbel für Erwachsene und überall neuen Fußboden. Es gab auch große Baumaßnahmen: Zum Beispiel wurden die Dächer komplett erneuert. Für den Fluchtschutz wurden die Türen ausgetauscht, wir haben die Außentreppe als Fluchtweg. Elektrik und Beleuchtung wurden erneuert. Der Pavillon mit den neuen Unterrichtsräumen wurde gebaut. Am besten ist der Aufzug: Behinderte Menschen können sich jetzt ohne Probleme im Gebäude bewegen, und die Lieferanten müssen die schweren Pakete nicht mehr hochschleppen. - Ich habe viele Wünsche gehabt, jetzt ist fast alles erledigt. Die Region ist uns in den vergangenen Jahren sehr entgegengekommen. Was würden Sie sich noch wünschen? Wenn es möglich ist, sollte man die undichten Fenster austauschen. Wir verbrauchen viel Energie und bezahlen viel für die Heizung. Und der Heizungskessel verliert manchmal zu viel Wasser, er ist über 30 Jahre alt und müsste ausgetauscht werden. Was glauben Sie, wie die Schule in 20 Jahren aussehen wird? Ich gehe zwar in wenigen Jahren in Rente, aber was in 20 Jahren sein wird, kann heute keiner sagen. Ich wünsche dem Kolleg, dass es bestehen bleibt und weiterhin auch Erwachsenen die Chance auf das Abitur bietet. Wie erleben Sie die jüngeren Debatten um Flüchtlinge? Das ist eine schwierige Frage, ich finde, es ist ein Geben und Nehmen. Die Flüchtlinge sollten ihre Chance nutzen, die deutsche Sprache lernen und Arbeit suchen, wenn sie in einem sicheren Land leben wollen. Aber ohne Integration läuft meiner Meinung nach nichts. Ich bin dankbar, ich habe seit 2001 die deutsche Staatsangehörigkeit; ich habe immer voll gearbeitet und spreche Deutsch. Der neue Fahrstuhl wird gern genutzt. Koordinatorenbüro und

70 Keiner soll allein gelassen werden Die Arbeit der Schülervertretung am Hannover-Kolleg Franziska Kordis (30) und Malte Haffner (32) sind seit zwei Jahren das Schulsprecherteam am Hannover-Kolleg. Im Interview mit Anja Depping erklären sie, womit sie sich in der Kollegiatenvertretung beschäftigen und was sie antreibt. Braucht es eine Kollegiatenvertretung (KV) am Gymnasium für Erwachsene? F.K: Auch wenn die Schüler erwachsen sind: Es ist wichtig, dass keiner allein gelassen wird. Wenn Schüler z.b. Probleme mit einem Lehrer haben, können wir uns als Mitschüler gut in die Lage hineinversetzen und versuchen zu helfen. M.H.: Ich finde es wichtig, dass Schule die demokratische Gesellschaft widerspiegelt. Es ist gut, dass alle Beteiligten eine Stimme haben. Und in welchen Bereichen kann eine KV etwas erreichen? F.K.: In allen Bereichen des Schullebens. Wir bemühen uns darum, Dinge an der Schule zu verbessern, die uns allen den Alltag erleichtern. Ein Beispiel: Wir haben uns stark gemacht für die Einführung des elektronischen Wörterbuchs, das vor kurzem tatsächlich angeschafft wurde und von dem die Kollegiaten nun im Fremdsprachenunterricht profitieren werden. M.H.: Außerdem geht es immer wieder um die Kontakte: untereinander, mit den Lehrern und mit der Schulleitung. An einer Schule für Erwachsene ist das Zusammenleben nicht weniger konfliktträchtig als an einer Schule des ersten Bildungswegs, denke ich, die Konflikte sind eben andere. Werden Sie häufig in Anspruch genommen zur Konfliktklärung? M.H.: Ja. Vielleicht hat das damit zu tun, dass unsere Schule von einer sehr heterogenen Schülerschaft geprägt ist. Viele Schülerinnen und Schüler haben unge- rade Biographien, nicht wenige haben psychische Erkrankungen oder familiäre Probleme. Und dann ist Schule nun einmal ein hierarchisches System, in dem Bewertungen eine große Rolle spielen. Da kann es zu einer gewissen Dynamik und manchmal auch zu Aggression kommen. In dem Zusammenhang finde ich es wichtig, immer wieder klar zu machen, dass Leistungsbewertung keine Be- 68

71 wertung des Menschen ist. F.K.: Vor einigen Monaten wurde auf der Gesamtkonferenz ein Papier verabschiedet, das ein geregeltes Verfahren im Falle von Konflikten vorsieht, also: nicht gleich zum Schulleiter laufen, sondern erstmal mit der beteiligten Person direkt versuchen die Sache zu klären, dann evtl. einen Mitschüler hinzuziehen, dann den Koordinator ansprechen usw. An diesem Konzept orientieren wir uns. Oft geht es darum, demjenigen, der das Problem hat, erstmal zuzuhören, ihn zu beruhigen und dann gemeinsam sachlich die Situation zu bewerten. Wir fragen, wenn jemand sich z.b. ungerecht behandelt fühlt von einer Lehrkraft, dann auch die anderen im Kurs, wie sie das sehen. Und sind Sie erfolgreich mit Ihrem Konfliktmanagement? F.K.: Häufig ja. Wir haben uns, denke ich, eine gewisse Anerkennung erarbeitet. Es sind auch schon Lehrer von sich aus auf uns zugekommen mit der Bitte, in einer Situation zu schlichten. M.H.: Das ist allerdings manchmal durchaus heikel, denn ich bin ja selber auch Schüler bei dem Lehrer, bei dem ich als Konfliktvermittler tätig bin. Aber zum Glück hat der Rollenwechsel bis jetzt immer funktioniert. Überhaupt muss ich mal sagen: Ich finde die Lehrerschaft hier am Kolleg sehr angenehm. Das soll jetzt bestimmt keine Schleimerei sein, aber ich erlebe hier die Interaktion auf Augenhöhe und ich fühle mich ernstgenommen. Es gibt viel Verständnis für unsere besondere Lage, aber ich kann auch verstehen, dass Leistung eingefordert wird. Es ist keinem geholfen, wenn man hier durchgewunken wird und an der Uni auf die Nase fällt. M.H.: Mindestens zwei Stunden pro Woche verbringen wir im Schnitt sicherlich mit der KV-Arbeit. Dazu gehören die Problem- oder Konfliktgespräche mit Mitschülern, aber auch die Gremienarbeit. Dass wir in Konferenzen und im Schulvorstand ein Mitspracherecht haben, ist gut. F.K.: Und wir haben sogar sehr große Mitsprachemöglichkeiten! Dadurch, dass es am Kolleg in den Gremien ja keine Elternvertreter gibt, sind wir Schüler zahlreich vertreten. M.H.: Ja, gerade der Schulvorstand, in den zu gleichen Teilen Lehrer- und Schülervertreter gewählt werden, bietet ein großes Potenzial, um unsere eigenen Bedürfnisse zu vertreten. Was macht Ihnen Spaß in diesem Ehrenamt? M.H.: Es ist eine schöne Aufgabe, Ausgleich zu suchen zwischen Gruppen, die tendenziell verschiedene Interessen haben. Ich denke, man kann dabei eine große Selbstwirksamkeit erfahren. Der eine oder andere Schüler mag sich profilieren wollen mit so einem Amt, aber längerfristig ist meines Erachtens ein ausgeprägter Idealismus erforderlich. F.K.: Angehört und ernst genommen zu werden ist uns wichtig. Und wenn man bei Problemen behilflich ist und dann ein positives Feedback bekommt von den Lehrern oder ein Danke von den Schülern hört, dann macht einen das auch manchmal stolz. Haben Sie beide schon im ersten Bildungsweg Erfahrungen in der Schülervertretung gemacht? M.H.: Ich habe schon als Jugendlicher angefangen, mich sozial und politisch zu engagieren, heute bin ich vor allem in der Flüchtlingsarbeit aktiv. Aber in der Schülervertretung hatte ich vorher noch keine Erfahrungen gemacht. F.K.: Ich schon: Ich war schon immer Klassensprecherin! Auch Schulsprecherin später, und während meiner Ausbildung war ich Jugend- und Auszubildendenvertreterin. Als ich ans Kolleg kam, waren gerade ausschließlich Männer in der KV aktiv, das wollte ich gern ändern. Mal ganz ehrlich: Zweifeln Sie auch manchmal am Sinn Ihrer Arbeit? M.H.: Vielen Mitschülern ist die KV erstmal egal jedenfalls solange, bis sie selber Probleme haben! Manche Schülerinnen und Schüler äußern auch Kritik an der KV, aber das ist meist wenig reflektiert. Zu kritisieren ist einfacher als selbst geradezustehen mit seinem Namen und seinem Gesicht für die Interessen der Schülerschaft. F.K.: Ich zweifle nicht an der Arbeit, aber es wird mir manchmal, muss ich sagen, einfach zu viel. Manchmal erhalte ich am Wochenende so viele Nachrichten aufs Handy von Schülern, die private Probleme haben, dass ich kaum abschalten kann und mir ständig Sorgen um diejenigen mache. Kommen wir noch einmal auf Ihre Arbeit als Konfliktmanager zurück: Ihre Schilderungen klingen nach einer aufwändigen Tätigkeit. Wieviel Zeit investieren Sie persönlich in die KV-Arbeit? F.K.: Wir sind seit zwei Jahren ein recht festes Team, es gibt viele, die sich einbringen und Arbeit übernehmen. Aber zur Zeit haben wir beide gerade wieder ziemlich viel zu tun. Wenn ich in der Raucherecke meine Pause verbringe, werde ich häufig angesprochen. Noch ohne Traversenbänke Pausensituation im Schulflur 69

72 Sind Sie eigentlich auch mit anderen Schülervertretungen in Kontakt? F.K.: Es gibt regelmäßig Absprachen mit der Schülervertretung des Abendgymnasiums, z.b. vor Gesamtkonferenzen und Schulvorstandssitzungen. Aber eine vertiefte Zusammenarbeit ist schwierig, denn die Abendgymnasiasten haben in der Regel eine höhere Arbeitsbelastung als wir und noch weniger Kapazitäten. M.H.: Außerdem haben wir zwei Vertreter in den Landesring der Kollegs entsendet, dort tauschen wir uns mit den Kollegiatenvertretungen der anderen niedersächsischen Kollegs aus. Insgesamt muss ich sagen, dass die Vernetzung durchaus ausbaufähig wäre. Oft sind wir sehr im Tagesgeschäft verhaftet. Die Zeit, z.b. bei einer KV-Sitzung, ist begrenzt, und da gehen dann aktuelle Konflikte oft vor. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit der Schulleitung? M.H.: Grundsätzlich liegen die Interessen von Schulleitung und Schülerschaft oft weit auseinander, das liegt wohl in der Natur der Sache. Man muss sich darüber im Klaren sein: Wir bewegen uns am Kolleg in einem institutionalisierten Rahmen und müssen uns orientieren am niedersächsischen Schulgesetz, an den Oberstufenverordnungen usw. Es ist eine Chance für beide Seiten, wenn Schülerinnen und Schüler Gehör finden bei Angelegenheiten, die sie betreffen. F.K.: Ich würde mir wünschen, dass die KV durch die Schulleitung noch mehr eingebunden wird, auch schon im Vorfeld von Entscheidungen oder Veränderungen, nicht erst kurz vor zwölf. Auf der persönlichen Ebene erfahren wir immer wieder durchaus Wertschätzung von Seiten der Schulleitung, aber es gibt auch Punkte, an denen wir nicht recht weiterkommen. Ein Beispiel: Wir fordern seit zwei Jahren ein, dass die Termine der Fachkonferenzen auf dem elektronischen Bildschirm DSB ausgewiesen werden, das würde unseren Fachkonferenzvertretern die Arbeit sehr erleichtern. Hier ist wohl eine große Hartnäckigkeit erforderlich, aber es heißt ja: steter Tropfen höhlt den Stein... Welche Ziele haben Sie sich als KV für dieses Schuljahr vorgenommen? M.H.: Unser Hauptvorhaben ist ein Projekt gegen Diskriminierung und Mobbing innerhalb der Schülerschaft. Dabei geht es um Toleranz und darum, uns alle zu sensibilisieren für verschiedene Lebensentwürfe. Da wir beide in Kürze Abitur machen, müssen wir außerdem dafür sorgen, dass unsere Nachfolger gut informiert und eingearbeitet werden. Ich denke, das spart eine Menge Lehrgeld, wenn die neuen Schülersprecher z.b. schon wissen, wer an der Schule der Ansprechpartner für bestimmte Dinge ist. F.K.: Und etwas ganz Praktisches wollen wir demnächst umsetzen: die Aufstellung eines Farbkopierers mit Drucker für die Schülerschaft. Und wie sollte sich das Kolleg auf lange Sicht verändern, sagen wir: über die nächsten 10 Jahre? F.K.: Da fällt mir zuerst das Außengelände ein: Mehr Sitzgelegenheiten draußen fände ich gut, und auch den Sportbereich könnte man sicher noch verbessern. Und die Traversenbänke zum Sitzen in den Fluren über die diskutieren wir ja schon länger wären schön. M.H.: Auch eine Mensa wäre eine tolle Sache, schließlich sind wir Ganztagsschule. Allerdings sehe ich da einen Konflikt mit der Cafeteria-AG, denn mit dem Geld der Cafeteria als Schülerfirma wird ja traditionell der Abiball finanziert. Beschäftigen Sie sich als KV eigentlich auch mit Politik? M.H.: Es ist nicht die Aufgabe der KV, sich eine bestimmte politische Richtung zu eigen zu machen. Aber es gibt in unserer KV einen Konsens, den man als politische Grundlage bezeichnen könnte: Wo es Ressentiments gegenüber bestimmten Gruppen in Bezug auf Herkunft, Religion, Lebenswandel usw. gibt, da sagen wir Stopp. F.K.: Wir sind nicht umsonst Schule ohne Rassismus wir sind ganz klar gegen rechts. Nehmen wir an, Sie lernen jemanden kennen, der Ihnen erzählt, dass er oder sie zum nächsten Schuljahr ans Hannover-Kolleg geht. Welchen Ratschlag würden Sie mit auf den Weg geben? F.K.: Ich würde raten, mit offenen Karten zu spielen, d.h. ehrlich zu sein zu sich selbst, in der Klasse und auch zu den Lehrern. M.H.: Mein Tipp wäre, sich realistische Ziele zu setzen und sich nicht an anderen zu messen, sondern an den eigenen Fähigkeiten. Statt die Konkurrenz in den Mittelpunkt zu stellen, kann man ruhig stolz sein auf das, was man schafft, und sich selber auf die Schulter klopfen. Wie sehen Ihre persönlichen Pläne aus nach dem Abitur? F.K.: Ich möchte auf jeden Fall etwas mit Kunst machen, wahrscheinlich studiere ich Sonderpädagogik mit dem Schwerpunkt Kunst. M.H.: Ich will Psychologie und Sexualwissenschaften studieren. Mal sehen, was noch kommt, aber die Zeit am Kolleg, das waren bis jetzt die drei besten Jahre meines Lebens. 70

73 Das Grüne Leben auf dem Schulgelände des Hannover-Kollegs Kalle Wömpner, der heute pensionierte Biologie-Lehrer mit dem grünen Daumen, betrachtet die Außenanlagen der drei im Laufe der Geschichte des Kollegs benutzten Schulgelände und erzählt von der Gartengestaltung und pflege durch die Öko-AG, die er lange Jahre engagiert betreut hat. Von dem, was in den langen Jahren in der Spittastraße an Garten, Grün und Öko auch schon vor meiner Zeit gestaltet wurde, ist nichts mehr verblieben. Die zu dem umgebenden Grün hin offen gestalteten Gebäude sind vor Jahren abgerissen worden, auf den mittlerweile ungepflegten Grünflächen ist nichts mehr zu erkennen von ehemals. In guter Erinnerung blieben mir die Turnhallensüdwand mit Weinstöcken und dem Genuss von leckeren Trauben im Herbst, die Nutzgartenbeete mit Radieschen und Tomaten, Sonnenblumen mit Samen für die Vögel im Herbst und Winter, ruhige lauschige Winkel zum Ausspannen, Lernen und Meditieren - und auch das in der Öko-AG produzierte Sechskantenvogelfutterhaus. Das Gelände des Gründerstandortes Am Lindenhofe in Döhren ist für eine Inaugenscheinnahme noch vorhanden. Der Umzug in die Thurnithistraße im Sommer 1999 brachte in allen Bereichen von Gebäude über Ausstattung bis hin zu Schulhof und Grünflächen diverse Herausforderungen mit sich, aber gerade auch wunderbare Gestaltungschancen. Heute sprechen viele von einem gelungenen großen Wurf. Vorhanden waren zwar viel Grün, alter vielfältiger Kleingehölz- und Baumbestand mit Eichen, Hainbuchen und Birken, ein nicht mehr intakter Teich im ungepflegten Obstgarten. Aber wir hatten auch einen großen geteerten sterilen Schulhof bis an das Gebäude heran und es gab undefinierbare Rabatten, Brombeer- und sonstigen Wildwuchs hier und da und eine Art Garagenkomplex aus Wellblechhütten unansehnlich zur Straße hin. Insgesamt fand sich anfangs wenig Buntes und ökologisch Differenziertes. Nach und nach wurden Hand und grüner Daumen angelegt, so dass zumindest teilweise vor Ort der Eindruck und das Gefühl von Idylle und Oase entstehen. Das geflügelte Wort lasst Blumen sprechen passt immer, hier möchte ich es ein wenig abwandeln in: Fotos sagen mehr als hundert Worte. An alledem waren unsere Kollegiaten in der Öko-AG oder in extra Projekten häufig genug sehr engagiert beteiligt, aber auch unser Hausmeister und viele Lehrer haben sich immer wieder mit Rat und Tat eingebracht. Dafür sei ihnen von Herzen gedankt. In aller Bescheidenheit möchte ich abschließend kundtun, oft genug Anerkennung und Wertschätzung erfahren zu haben, wobei mir eigentlich schon die Arbeit und dann der beschauliche Gang durch das vielfältige Grün Freude genug waren. Die Verbundenheit mit meiner letzten pädagogischen Wirkungsstätte lässt mich immer wieder gern bei Gelegenheiten wie Verabschiedungen oder Bühnenabenden vorbeischauen, um dann doch den starken Wunsch zu empfinden: Du musst im Schulgarten mal wieder ran. 71

74 Noch nie so gut beraten Wie die ProSa ans Kolleg kam Michael Stahl (Abitur 2014) blickt auf seine Schulzeit am Kolleg zurück, in der er nicht nur in fachlicher Hinsicht viel gelernt hat. Zwei Jahre nach dem Abitur kam Stahl, inzwischen angehender Sozialarbeiter, zurück an seine alte Schule, um im Rahmen eines Praxisprojekts den heutigen Kollegiaten mit Beratung und Unterstützung zur Seite zu stehen. einem guten Hauptschulabschluss und kaufmännischer beruflicher Erfahrung Mit landest Du nicht dort, wo Du eigentlich hinwillst, so meine Überlegung im Jahre Den Plan, einen Fernlehrgang zum Abitur zu absolvieren, verwarf ich recht schnell aus zwei Gründen: Finanziell wäre es nicht machbar gewesen und gewisse Zweifel an den Erfolgsaussichten waren auch nicht unbegründet. Eine Bekannte machte mich auf das Hannover-Kolleg aufmerksam, ich machte mich im Internet schlau und dann daran, meine Unterlagen (zurückreichend bis 1987 ) zu ordnen und mich zu bewerben. Am 2. Februar 2011 begann der Vorkurs, der allen, die schon länger aus dem Schultrott raus waren, einiges abverlangte. Zunächst einmal ging es darum, die Rolle des Schülers oder der Schülerin einzunehmen und das Lernen wieder zu lernen. Das gelang leidlich und die Versetzung in die E-Phase war geschafft. Endlich konnte ich mich auch einer zweiten Fremdsprache, nämlich Latein, widmen. Ich begann, meine Aversion gegen Mathematik zu entwickeln und zu vertiefen. Folgerichtig entschied ich mich in der Q-Phase für das gesellschaftswissenschaftliche Profil und wählte Mathe nur als Belegfach. Die Überlegung, das Kolleg vielleicht schon nach dem 12. Jahrgang mit dem Fachabitur zu verlassen, trieb mich um. So ging es einigen Kollegiaten und wie der größte Teil entschloss ich mich, nicht mit der Silbermedaille zufrieden zu sein, sondern Gold zu erringen. Auch dank einer Reihe ambitionierter Lehrkräfte summierten sich die Resultate unzähliger Klausuren mit den Ergebnissen der Abiturprüfungen zu einer erklecklichen Punktzahl und einem schönen Abiturzeugnis, das mir Herr Haller 2014 überreichte. Ein unbeschreiblich starkes Gefühl der Freude und der Dankbarkeit begleitete mich an diesem Tag und noch immer denke ich sehr gerne daran zurück. Viel zu kurz würde es allerdings greifen, die Zeit am Hannover-Kolleg auf den reinen Wissenserwerb zu reduzieren. Im Klassen- und Kursverband lernte ich eine Reihe sehr interessanter Menschen aus 72

75 drei Generationen kennen, alle mit unterschiedlichen Biographien und Plänen. Lehrkräfte mit all ihren Eigenheiten und Persönlichkeiten begleiteten den Weg nicht nur als Lehrende, sondern unterstützten auch bei Problemen, die nicht unmittelbar im Schulbesuch begründet waren. Als Klassensprecher, Sprecher des Schülerrates und Mitglied im Schulvorstand war ich für Lernende und Lehrende Ansprechpartner und erkannte auch recht bald, dass der Zweite Bildungsweg eine besondere Herausforderung ist. Dutzende vertraulicher Gespräche und das Anhören vieler Schicksale machten deutlich, dass das Hannover-Kolleg mehr ist als eine Lernanstalt. Bildungseinrichtung im besten Sinne trifft es. Die Persönlichkeitsbildung und -entwicklung ist wesentlicher Faktor während der dreijährigen Schulzeit. Diese Entwicklung habe ich auch an mir selbst bemerkt. Ich lernte, eigene Grenzen zu erkennen und anzuerkennen - nicht nur hinsichtlich des Unterrichtsstoffs, sondern auch in meiner innersten Person in Bezug auf Neigungen und Abneigungen. Auch diese Erfahrung teile ich mit vielen Absolventinnen und Absolventen. Mit dem Abitur begann für mich das Studium der Sozialarbeitswissenschaften an der Hochschule Hannover. Als Alumnus war der Beitritt zum Förderverein des Hannover-Kollegs Ehrensache, wie auch die innere Verbundenheit zu meiner Schule selbstverständlich ist. Das Studium bot im 4. Studiensemester 2016 die Möglichkeit, im Rahmen eines Projektes im Bereich der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik den Theorie-Praxis-Bezug herzustellen. Erworbene Methoden und Kenntnisse sollten unter Realbedingungen in etwa zwei Semestern in einem Praxisprojekt erprobt werden. Eingedenk der Erfahrungen und vieler Gespräche während der Schulzeit keimte der Gedanke, ein Pilotprojekt zu initiieren, das eine Kombination aus Schulund Betriebssozialarbeit darstellt und in der Bildungslandschaft Deutschlands ohne Beispiel wäre. Einrichtungen des Zweiten Bildungsweges verfügen nicht über Schulsozialarbeit; diese ist den Regelschulen vorbehalten. Der Bedarf sozialarbeiterischer Tätigkeit war bis 2016 weder erforscht noch anderweitig evaluiert worden. Seitens der Schule wurde jedoch Bedarf grundsätzlich angemeldet. Der Schulleitung und der Gesamtkonferenz wurde eine Konzeption vorgestellt, die Beratung, Unterstützung und Vermittlung auf Grundlage der Methoden der Profession Soziale Arbeit beinhaltet und mehrere Ziele verfolgt. In erster Linie soll Rat suchenden Schülerinnen und Schülern beigestanden werden in allen Belangen der Sozialen Arbeit. Zudem ist die laufende Evaluation der Methoden ebenso Bestandteil wie auch die Erstellung einer Bedarfsanalyse. Die Schule stattete einen ehemaligen Klassenraum mit neuem Mobiliar aus, was auch der angestrebten Verstetigung des Angebotes Rechnung trägt. Als implementäres Modul im Bereich Beratung stellt die Soziale Arbeit eine Erweiterung des bestehenden Angebotes aus Schülercoaching sowie Vertrauens- und Beratungslehrkräften dar und ist in den Schulbetrieb sehr gut integriert. Bis Ende Januar 2017 aktivierten eine Kommilitonin und ich das Projekt Soziale Arbeit (ProSa) in über 60 Gesprächen entsprechend der Konzeption. Das Projekt endete formal und wird seitdem durch mich ehrenamtlich fortgeführt. Eine Einstellung des Angebots kommt nicht in Betracht, da sich das Büro des ProSa für eine Reihe von Menschen als regelmäßige Anlauf- und Beratungsstelle etabliert hat. Die Anliegen sind so vielfältig wie die Menschen selbst und umfassen weite Bereiche der Sozialen Arbeit, angefangen von der Einkommenssicherung bis hin zu höchstpersönlichen komplexen Problemlagen. Meine Verschwiegenheit ist garantiert und mein Menschenbild orientiert sich an der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte sowie dem Code Of Ethics der International Federation Of Social Work (IFSW), von welchem sich die Berufsethik des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit (DBSH) ableitet. Die Arbeit erfüllt mich und wie jeder Mensch freue auch ich mich über ausgesprochenes Lob. Ich wurde noch nie so gut beraten, freute sich zum Beispiel eine Schülerin. Diese Anerkennung ist wohltuend und zeigt die Richtigkeit, Wichtigkeit und Notwendigkeit des Projektes Soziale Arbeit am Hannover-Kolleg und Abendgymnasium. Da Projekte zeitlich abgeschlossen sind, wird eine neue Namensgebung erforderlich werden, um die Beständigkeit des Angebotes zu verdeutlichen. Mittelfristig wird der Soziale Dienst am Hannover-Kolleg und Abendgymnasium aus der Taufe zu heben sein. Denn an dieser Schule mit Tradition sind neue Wege stets mitgedacht. 73

76 Geld für Tamiga Wie das Hannover-Kolleg dazu kam, Lehrer zu versteigern Katrin Piche, Lehrerin für Erdkunde und Biologie, berichtet über das Tamiga-Sommerfest am Hannover-Kolleg, das die Fachgruppe Erdkunde mehrere Jahre ausgerichtet hat. Das erste Sommerfest zugunsten des kleinen Dorfes Tamiga in Burkina Faso fand im September 2009 statt. Bei zumeist wunderbarem Wetter und viel Spaß auf dem Schulhof und im Gebäude des Hannover-Kollegs feierten Kollegiaten, Lehrer und Gäste auch in den Folgejahren immer wieder: mit einem obligatorischen Tamiga-Infostand, mit Workshops zu Afrika, afrikanischer Musik, Spezialitäten aus dem alten Rom und dem heutigen Hannover sowie attraktiven Tombolas - einmal kam die Gewinnerin des Hauptpreises sogar in den Genuss einer Übernachtung mit Frühstück im Courtyard Hotel am Maschsee. Die Lehrerversteigerungen waren immer Teil des Festes: Für diese boten sowohl Lehrer als auch Kollegiaten ihre Fertigkeiten oder Produkte feil. So garantierte das Abtauchen mit Frau Posselt jedes Mal einen hohen Versteigerungsbetrag, konnte der glückliche Gewinner doch endlich einmal tauchen gehen. Auch die Shoppingtouren inklusive stilsicherer Einkaufsberatung mit und von Frau Stöhr und Frau Kroll waren heiß begehrt. Frau Nies organisierte ein von allen Spielern unterschriebenes Trikot von Hannover 96, das für 74 Euro den Besitzer wechselte. Zudem waren Kammerkonzertabende, Geburtstagstorten oder Fahrten auf die Rathauskuppel mit anschließendem Eisessen im Angebot. Die Kollegiaten versteigerten ebenfalls tolle Angebote: Kochkurse, Nähprojekte freier Wahl, Haarschnitte, Bauch- und lateinamerikanische Tanzkurse oder auch Ponyreiten. Zu den skurrilen Angeboten zählte ein Haustierportrait nach Wunsch. In welchem Wohnzimmer nun ein Portrait von Hund Waldi oder Katze Mieze hängt ist allerdings nicht überliefert. Insgesamt konnten so im Lauf der Jahre mehr als 6000 Euro Spenden an das Gymnasium Bad Zwischenahn, welches das Dorf Tamiga seit 20 Jahren unterstützt, überreicht werden. Das Geld trug dazu bei, dass eine Schule errichtet wurde, in der knapp 200 Kinder unterrichtet werden. Zudem wurden Brunnen gebaut, auch eine Getreidebank wurde errichtet. Die Projektgruppe aus Bad Zwischenahn reist alle zwei Jahre für mehrere Wochen nach Tamiga. Den Kontakt nach Bad Zwischenahn hält die Fachgruppe Erdkunde aufrecht, die das Tamiga-Sommerfest am Kolleg regelmäßig organisierte. 74

77 Ein weit gespannter Bilderbogen Kalle Wömpner erinnert sich an unvergessliche Theateraufführungen am Hannover-Kolleg. Brunbury, Bunter Bühnenabend der Schönen Künste, Die Physiker, Endstation Sünde, Lysistrata, Top Dogs, Weltunter- Befristete, gang, so lauteten die Titel der Theateraufführungen der letzten Jahre. Welch ein weit gespannter Bilderbogen! Die Theater AG trägt dazu bei, musisch-künstlerische Talente zu entdecken, das Schulleben zu bereichern und sich auf anderes als nur das Lernen zu freuen. Die Theater AG macht Selbstverwirklichung möglich und sie führt zu intensiven Gruppenerlebnissen. Vor allem aber: Die Theater AG lässt uns Schüler in einem völlig anderen Licht kennenlernen. Den vielen Schauspielern und Helfern gebührt ob ihres Einsatzes neben dem täglichen schulischen Geschäft und der nicht immer einfachen und zeitaufwändigen Vorbereitung auf das Abitur alle Anerkennung und Achtung. Aber auch die Leiterinnen der Theater-AG schlüpfen in viele Rollen: Sie sind aktive Ideengeberinnen, Mutmacherinnen und kompetente Regisseurinnen. Manchmal sind sie auch als Mütter der Truppe gefragt, als Antreiber und Tröster, als helfende Hand und Sorgentelefon. Ein großes Dankeschön an unsere hochgeschätzten pensionierten Kolleginnen Helga Jürgensmeier und Juliane Hänisch, die seit der Zeit in der Thurnithistraße der Theater AG ihren anerkannten und wertgeschätzten Platz gegeben haben. Und ein ebenso großes Dankeschön an Madeleine Höfinghoff, die diese Aufgabe mit großem Erfolg engagiert weiterführt. Und wenn dann der letzte Vorhang ein einjähriges Theaterprojekt endgültig abschließt und der Beifall des Publikums alles an Anerkennung ausgedrückt hat, was man sich auf und hinter der Bühne gewünscht hat, dann ist immer auch eine erlebnisreiche, emotionale Zeit abgeschlossen, die unvergessen bleibt. 75

78 Der Förderverein des Hannover-Kollegs Die Vorsitzende Madeleine Höfinghoff sinniert und informiert über eine wichtige Unterstützung für Kollegiatinnen und Kollegiaten. Das FORDERN fordern? Das FORDERN fördern? Das FÖRDERN fordern? Das FÖRDERN fördern? eine Frage der Betrachtungsweise for dern; ich fordere för dern; ich fördere För der preis (zur Förderung junger Künstler u.ä.); För der pro gramm; För der schacht; För der seil; För der stufe; För der turm For de rung För de rung; För de rungs maß nah me För der ver ein; der; Hannover-Kolleg e.v. (Abk.: FöVe) För der werk (Technik) Fö re, die; - <skand.> (Skisport Geführigkeit) Fo reign Of fice [ rin fis], das; - - (brit. Außenministerium) Fo rel le, die; -, -n (ein Fisch); Fo rel len teich; Fo rel len zucht Fo ren sik; die; -, -en (Gerichtsmedizin; gerichtsmed. Klinik); fo ren sisch <lat.> (gerichtlich) Kurzinfos Unser Verein blickt mittlerweile auf eine 24-jährige Tradition des Förderns und Unterstützens zurück und besteht aus etwa 95 Mitgliedern, denen ein dreiköpfiges aktives Lehrer- Schüler-Team vorsteht. Mit den jährlichen Mitgliedsbeiträgen (40 / 10 ermäßigt) finanzieren wir unkompliziert und nahezu unbürokratisch Zuschüsse für Exkursionen, Abitur- Orientierungstage, Theaterveranstaltungen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungsbesuche, besondere Anschaffungen für die Unterrichtsgestaltung etc. Wir sind ein sozialer Verein und springen an den Stellen ein, an denen es keine anderen Unterstützungsmöglichkeiten seitens der Schule oder des Landes Niedersachsen gibt. Und das tun wir im Sinne unserer Schülerschaft mit großer Freude! Warum lohnt sich eine Mitgliedschaft? Aus vielen verschiedenen Gründen! Gutes zu tun beflügelt die eigene Seele, vor allem wenn man es in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter tut. Man kann mit ehemaligen Kollegiaten und Lehrkräften in Kontakt treten und bleiben. Man kann der Bedeutung des Hannover-Kollegs, die diese Einrichtung für den eigenen Werdegang hat bzw. hatte, persönlich Ausdruck verleihen, indem man die Chancen, die eine solche Schule als Lehr- und Lernraum bietet, wertschätzt. Man kann den Zweiten Bildungsweg auf diese Weise bekannter und attraktiver machen. Man kann sich so mit seiner Schule am besten identifizieren. Wie kann man Mitglied werden? Man kann sich persönlich oder per an die Vorsitzende wenden: hoefinghoff@hannover-kolleg.de oder man lädt sich auf der Schulhomepage (Stichwort: Förderverein) direkt das Antragsformular herunter, füllt es aus, unterschreibt es und lässt es dann postalisch oder elektronisch dem FöVe zukommen. 76

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