Räumliche Energieplanung
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- Johannes Fiedler
- vor 6 Jahren
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1 Information für kommunale Behörden und Fachpersonen Räumliche Energieplanung Werkzeuge für eine zukunftstaugliche Wärme- und Kälteversorgung Dezember 2017 Modul 1: Zweck und Bedeutung Modul 6 in Kürze Modul 4: Energiepotenziale Die räumliche Energieplanung ist eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung von thermischen Netzen (wie Wärmeverbunde oder Anergienetze). Diese eignen sich für die Versorgung von Siedlungsgebieten mit Wärme im Hoch- und im Niedertemperaturbereich bzw. mit Kälte aus Abwärme und ortsgebundenen erneuerbaren Energien. Modul 5: Wärmeerzeugung Wirtschaftlicher Betrieb Modul 2: Vorgehen Modul 3: Energienachfrage Modul 6: Thermische Netze Eignung und Realisierung Modul 7: Umsetzung, Energievorschriften Modul 8: Erfolgskontrolle Modul 9: Konzession EDL Um den wirtschaftlichen Betrieb eines thermischen Netzes zu prüfen, sind Abklärungen zu den Gestehungskosten bei der Energieerzeugung, zur Wärme- und Kältebedarfsdichte, zu den Anforderungen des Gebäudebestandes sowie den Kosten für die Energieverteilung im Versorgungsgebiet erforderlich. Zwingend ist auch die Koordination mit einer allfällig bestehenden Erdgasversorgung. Contracting Der Aufbau eines Energieverbundes kann an einen Contractor (Energiedienstleister EDL) vergeben werden. Damit können Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb und Wartung ausgelagert werden. Weiterführende Informationen und Links Contracting, Konzessionen EDL, Modul 9 Separates Beiblatt zu den Modulen 1 bis 9
2 Eignung und Abklärungsbedarf für thermische Netze Wo ist der Aufbau von thermischen Netzen zweckmässig? Welche Faktorenbeeinflussen die Eignung für eine thermische Vernetzung? Neben den technischen und räumlichen Voraussetzungen sind dafür auch die Wirtschaftlichkeit und die Koordination mit bereits bestehenden Versorgungsnetzen zu beachten. WAS VERSTEHEN WIR UNTER EINER THERMISCHEN VERNETZUNG? Als thermische Vernetzung wird die leitungsgebundene Verteilung von Wärme und Kälte verstanden. Folgende Begriffe werden in diesem Modul verwendet: F ernwärmeverbund: Transport von thermischer Energie über grössere Distanzen durch öffentlichen Grund zur Versorgung von Gebäuden mit Komfortwärme (Heizung und Brauchwarmwasser) mit > 5 GWh / a. Nahwärmeverbund: Im Gegensatz zum Fernwärmeverbund sind die Wärmequelle und die Verbraucher räumlich nahe beieinander gelegen und die Jahresleistung beträgt < 5 GWh / a. Thermisches Netz: Leitungsgebundene Versorgung von Gebäuden mit thermischer Energie zu Heiz- und Kühlzwecken aus einer gemeinsamen Energiequelle. Anergienetz: Netz zur Nutzung von Abwärme und / oder Umweltwärme auf einem Temperaturniveau nahe der Umgebungstemperatur mit dezentralem Temperaturhub zur Versorgung der Verbraucher mit Wärme und Kälte. WÄRME- UND KÄLTEVERSORGUNG Thermische Netze ermöglichen, die Wärme- und Kälteversorgung übergeordnet zu organisieren. Die Planung der thermischen Netze hat jedoch umsichtig zu erfolgen, weil der Aufbau und Betrieb durch hohe Investitionen und lange Nutzungs- und Amortisationszeiten bestimmt sind. Thermische Netze werden mit folgenden Zwecken erstellt: N utzung standortgebundener Abwärme aus KVA, Industrie, ARA, WKK-Anlagen Nutzung von ortsgebundenen, erneuerbaren Wärme- und Kältequellen Versorgung mit Wärme und gleichzeitige Nutzung der Abwärme aus Kälteanlagen Betrieb von (kombinierten) Energieerzeugungstechnologien wie Holzschnitzelfeuerungen, Geothermie und WKK-Anlagen (z. B. mit nicht aufbereitetem Biogas oder Altholzfeuerungen) 2 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze EIGNUNGSBEURTEILUNG Zur Bestimmung einer zweckmässigen Energieversorgung sind diverse planerische Aspekte zu berücksichtigen (Abb. 1). Damit ein Gebiet sich für die thermische Vernetzung eignet, muss es mindestens einen auch zukünftig hohen Wärmebedarf, einen erheblichen Kältebedarf oder günstige bauliche Voraussetzungen aufweisen. Ist dies nicht der Fall, ist eine dezentrale Nutzung von Abwärme und erneuerbaren Energien anzustreben. Wenn sich ein Gebiet für die thermische Vernetzung eignet, ist im Weiteren abzuklären, ob und welche Abwärmequellen vorhanden sind. Beim Vorhandensein von hochwertiger Abwärme (z. B. Abwärme KVA) mit einem direkt nutzbaren Temperaturniveau, kann ein Verbund mit hoher Vorlauftemperatur angestrebt werden. Bei niederwertiger Ab- oder Umweltwärme, welche nicht direkt nutzbar ist, kann ein Verbund mit niedriger Vorlauftemperatur als Versorgungsart anvisiert werden.
3 KÜNFTIGER WÄRME- UND KÄLTEBEDARF Das wichtigste Kriterium für ein thermisches Netz ist der künftige Wärme- und Kältebedarf im Versorgungsgebiet. Nur bei entsprechender Wärme- und Kältebedarfsdichte ist die Voraussetzung für eine Versorgung durch thermische Netze gegeben. Folgende weitere Voraussetzungen begünstigen den Aufbau eines thermischen Netzes: G rossverbraucher mit ganzjährigem Wärmebedarf (Schlüsselkunden wie z. B. Spitäler, Altersheime, Wäschereien) Wohngebiete: Eine hohe Wärmebedarfsdichte weisen ältere, dicht bebaute Wohngebiete auf; Transformations- und Neubaugebiete mit geringerer Wärmedichte lassen sich oft auch mit hohe Wärmebedarfsdichte? NEIN JA erheblicher Kältebedarf? NEIN Niedertemperaturnetzen versorgen, bei denen die Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen dezentral in den Gebäuden erfolgt. Betriebsdauer: Bei der Eignungsabklärung von Gebieten ist auf den künftigen Wärmebedarf (unter Beachtung von Gebäudesanierungen, Ersatzbauten) sowie die zeitliche Verfügbarkeit der Energiequellen zu achten. Zonen mit einem hohen Anteil an Gewerbe und Dienstleistungen: Die Erschliessung von Industriegebieten mit Wärme- oder kombinierten Kältenetzen ist detailliert und im Einzelfall zu prüfen. günstige bauliche Voraussetzungen? JA JA keine Eignung für thermische Vernetzung Eignung für thermische Vernetzung hochwertige Abwärme 1 vorhanden? NEIN niederwertige Ab- und Umweltwärme 2 vorhanden? NEIN JA JA Fernwärme mit hoher Vorlauftemperatur Wärmeverbund mit niedriger Vorlauftemperatur oder Energieverbund (Wärme/Kälte) direkt nutzbares Temperaturniveau, i. d. R. > 50 C zur Nutzung dieser Abwärme oder (ortsgebundenen) Umweltwärme muss das Temperaturniveau mit einer Wärmepumpe erhöht werden 1 2 Abbildung 1: Entscheidungsschema Versorgungsart in Abhängigkeit von Energienachfrage und Energieangebot (PLANAR 2017) 3 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze NEIN dezentrale Nutzung von Abwärme und erneubare Energie in Einzelanlagen
4 BESONDERE BEDEUTUNG KÄLTEBEDARF Die Nachfrage nach Kälte zur Klimatisierung von Dienstleistungsgebäuden, Serveranlagen und Rechenzentren nimmt deutlich zu (Klimaerwärmung, Hitzeinseln in Innen städten, Abwärme EDV sowie steigende Komfortansprüche). Die konventionelle Kälteproduktion mit Strom angetrie bene Kältemaschinen verursacht Abwärme, die in Hitze perioden das Mikroklima in Innenstädten zusätzlich aufheizt. Die Versorgung mit Wärme und Kälte kann in thermischen Netzen sinnvoll kombiniert werden: D irekte Rückkühlung in Niedertemperaturnetzen (hohe Energieeffizienz) Thermische Netze mit gleichzeitigem Angebot an Wärme und Kälte; mit einer zentralen Kältemaschine werden gleichzeitig Wärme und Kälte erzeugt, welche in je einem separaten Netz zur Verfügung gestellt werden können. Bei einem Fernwärmeverbund mit hohen Vorlauftemperaturen (z. B. mit KVA-Abwärme) kann Kälte mit Absorptionskältemaschinen vor Ort erzeugt werden (oft relativ geringe Energieeffizienz) Koordination mit der Gasversorgung Die Koordination der Gasversorgung mit bestehenden und geplanten thermischen Netzen ist eine wesentliche Aufgabe der räumlichen Energieplanung. Entsprechende Erwägungen, Planungsgrundsätze und Massnahmen werden in Modul 10 «Gasstrategie» (Herausgabe geplant) beschrieben. In Gebieten mit bestehenden oder geplanten thermischen Netzen in bereits mit Erdgas versorgten Gebieten ist für die beteiligten Werkträger das Vorgehen bei Interessenkonflikten festzulegen. Sind keine thermischen Netze vorhanden, können die für das jeweilige Gebiet am besten en Energieträger festgelegt werden (erneuerbare Wärmequellen und Erdgas / Biogas). 4 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze
5 Wirtschaftlichkeit thermischer Netze Die Wärmegestehungskosten und die Verteilkosten bestimmen, ob eine thermische Vernetzung gegenüber den individuellen Heizungslösungen konkurrenzfähig ist. Die Wirtschaftlichkeit eines Verbundes ist auf jeden Fall zu prüfen. Um die Eignung von Gebieten für eine thermische Vernetzung zu beurteilen, ist die Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Die Versorgung in thermischen Netzen erfolgt wirtschaftlich, wenn über den ganzen Lebenszyklus die Aufwendungen inkl. externer Kosten nicht höher sind als eine dezentrale Versorgung mit Wärme und Kälte (SIA 480). Bei der Beur teilung der Wirtschaftlichkeit sind dabei zu beachten: Ein Variantenvergleich ist mit gleichen Voraus setzungen zu rechnen: z. B. Anteil erneuerbarer Energieträger, Anforderungen an Wärme dämmung, Vollkostenrechnung für Wärme- und Kälteversorgung (Erstellung und Betrieb, monetäre Berücksichtigung der Umweltbelastung), Risiken bezüglich Preisentwicklung. Gestehungs-kosten für Wärme und Kälte Verteilkosten für Wärme und Kälte Risiken bezüglich Veränderungen beim Wärme- und Kältebedarf sowie der Kosten für die Endenergie Wirtschaftlichkeit von Realisierungsetappen Wärmedichte in Neubaugebieten: In Neubaugebieten ist aufgrund erhöhter Wärmedämmungsanforderungen mit einem geringeren Heizwärmebedarf zu rechnen; der Wärmebedarf für Brauchwarmwasser bleibt etwa konstant. Die Gebäude können auf niedrigem Temperaturniveau bei rund 30 C beheizt werden. Dies begünstigt die dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energiequellen (z. B. Erdwärme und Solarthermie). Somit beschränkt sich die Eignung für thermische Netze auf Neubaugebiete mit sehr hoher baulicher Dichte, mit verfügbarer lokaler Abwärme, mit erheblichem Bedarf an Kühlung oder mit besonderen baulichen Voraussetzungen. Insbesondere zur Deckung eines kombinierten Bedarfes von Wärme und Kälte können Anergienetze eine interessante Option darstellen. Bestehende Bauten Neubauten Ausnützungsziffer HT-Netze (> = 60 C) NT-Netze (< 60 C) HT-Netze (> 60 C, fossil max. 20 %) NT-Netze (Abwärme oder erneuerbar) wenig wenig wenig wenig < 0,5 bedingt bedingt wenig bedingt < 0,5 bis 0,80 bedingt bedingt 0,80 bis 1,10 > 1,10 Tabelle 1: Nutzerseitige Eignung von Wohngebieten bzw. Zonen mit mehrheitlich Wohnbauten für Hoch- und Niedertemperatur-Netze. Annahmen: Anschlussdichte ca. 0,8 kw / Tm (ca. 1,6 MWh / a Tm). Verteilkosten bei Neubauten: 800 Fr. / Tm; bestehende Gebäude: 1200 Fr. / Tm; Wirtschaftlichkeitsgrenze bei Verteilkosten von 40 Fr. / MWh) 5 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze
6 BESONDERE BEDEUTUNG KÄLTEBEDARF Grundsätzlich gilt: Je geringer die Wärmegestehungskosten ausfallen, umso mehr Aufwand darf für die Verteilung im Verbund eingesetzt werden. Wird die Wärme mit Wärmepumpen oder Holzschnitzelfeuerung erzeugt, sollten die Verteilkosten nicht mehr als 40 Fr. / MWh betragen. Die Verteilkosten werden entscheidend von der Wärmeabgabe (MWh / a) pro Trassemeter (Tm) beeinflusst (Tabelle 1). Als Faustregel gilt: Die Anschlussdichte bei thermischen Netzen übersteigt bei Ganzjahresbetrieb 1 kw / Tm (ca. 2 MWh / a Tm) Wärmenetz; bei Betrieb nur während der Heizperiode übersteigt sie 0,6 kw / Tm (ca.1,3 MWh / a Tm) Wärmenetz. Bei Inbetriebnahme des Netzes sollten 70 % des Wärmeabsatzes im Endausbau gesichert sein. LEITUNGSKOSTEN Die Leitungskosten in einem thermischen Netz betragen zwischen 600 und 1500 Fr. / Tm. Nachfolgend einige Variablen zur Abschätzung der Leitungskosten: Temperaturniveau, Wärmemedium (Dampf, Warmwasser) und Druck der Wärmeverteilung; Rohrtyp und Leitungsdurchmesser Verlegungsort und Wiederinstandstellung: Leitungsbau durch Wiesen und Vorgärten ist günstiger (600 Fr. / Tm) als bei Strassen und Trottoirs (900 bis 1200 Fr. / Tm) oder bei Kopfsteinpflaster (mehr als 1500 Fr. / Tm). Erfolgt die Erschliessung eines Neubaugebietes gleichzeitig mit den übrigen Werkleitungen und Strassen, kann mit tieferen Kosten gerechnet werden (weitere Informationen im Planungshandbuch QM Holzheizwerke). Höhendifferenz: Höhenunterschiede von über 30 bis 50 Meter führen zu erhöhtem Druck und Mehrkosten. NT-Netze ohne Isolation sind oft günstiger als HT-Netze. Leitungsbedarf für Erschliessung: ca. 200 bis 300 Tm Wärmenetz pro Hektare Siedlungsfläche. Wärmedichte: Geeignete Gebiete weisen einen Wärmebedarf von mindestens 350 bis 400 MWh / (a ha) auf. (Energiekennzahlen nach Alterskategorie siehe Modul 3 «Energienachfrage», Abb. 2) Amortisationsdauer: Für ein thermisches Netz wird mit Amortisationszeiten von rund 40 Jahren gerechnet, für die Wärmeerzeugung mit 15 bis 20 Jahren. Glossar Ausbaugrad: Verhältnis gebauter zur im Zonenplan erlaubten Gebäudesubstanz (Tab. 1: Annahme 100 %). Anschlussgrad: Verhältnis angeschlossener zu potenziell bezogener Wärmemenge (Tab. 1: Annahme 75 %). Ausnützungsziffer: Verhältnis zwischen der anrechenbaren Brutto geschossfläche der Gebäude und der anrechenbaren Landfläche 6 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze
7 AUSNÜTZUNGSZIFFER UND ANSCHLUSSGRAD Abbildung 2 eignet sich zur Grobabschätzung der Wirtschaftlichkeit eines thermischen Netzes bezogen auf Zonen mit unterschiedlicher Bebauungsdichte. Graue Pfeile (Grafik links und rechts): Ausgehend von der Ausnützungsziffer lassen sich die Verteilkosten bestimmen. Bei korrigierter Ausnützungsziffer von 1,1 was einer Ausnützungsziffer von etwa 1,6 bei einem Anschlussgrad von 70 % und dem Ausbaugrad von 1 entspricht resultiert eine spezifische Anschlussleistung von 0,8 kw / Tm (ca. 1,6 MWh / (a Tm) bei Minergie-Neubauten. Daraus resultieren Wärmeverteilkosten von rund 60 Fr. / MWh bei Leitungskosten von 1200 Fr. / Tm. Schwarze Pfeile (Grafik links und rechts): Aus gehend von den für einen wirtschaftlichen Betrieb zulässigen durchschnittlichen Verteil kosten lässt sich die minimale Wärmedichte des zu versorgenden Gebietes bestimmen. Bei zulässigen Verteilkosten von 40 Fr. / MWh und Leitungskosten von 1200 Fr. / Tm ergibt sich eine minimale spezifische Anschlussdichte von 1,2 kw / Tm (ca. 2,4 MWh / (a Tm). Daraus folgt eine minimale korrigierte Ausnützungsziffer von rund 0,55 bei vollständig sanierten Gebäuden. Bei einem Anschlussgrad von 70 % und einem Ausbaugrad von 1 entspricht dies einem überbauten Siedlungsgebiet mit minimaler Ausnützungsziffer von knapp 0,8. Mit Wärmenetzen versorgbare Zonentypen Spezifiesche Anschlussleistung pro Trasseemeter und Verteilkosten 3,0 3,0 2,8 2,8 2,6 2,6 Spez. Anschlussleistung in kw/tm Spez. Anschlussleistung in kw/tm Unterschiedlich bebaute Zonen und die Wirtschaftlichkeit eines thermisches Netzes 2,4 2,2 2,0 1,8 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Minimal nötige korrigierte Ausnützungsziffer (Ausnützungsziffer x Ausbaugrad x Anschlussgrad) Neubauten Minergie Neubauten MuKEn Vollständig sanierte Bauten Teilsanierte Bauten Unsanierte Bauten Abbildung 2: Wirtschaftlichkeit von thermischen Netzen (econcept) 7 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze 2,4 2,2 2,0 1,8 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0, Verteilkosten in Fr./MWh 600 Fr./Tm 1200 Fr./Tm 9000 Fr./Tm 1500 Fr./Tm
8 Realisierung thermischer Netze Wie soll ein neues thermisches Netz realisiert werden? Vor der Realisierung eines Energieverbundes hat die Gemeinde das Angebot und die Nachfrage von Wärme und Kälte zu analysieren sowie Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit thermischer Netze grob abzuschätzen. Die Festlegung entsprechender Verbundgebiete in der Energieplanung ist Basis für deren Realisierung. Um die Voraussetzungen für die Realisierung thermischer Netze beurteilen zu können, sind die Potenziale sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite zu analysieren sowie Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit abzuklären (siehe Seiten 2 bis 5). Der zweite Schritt zur Realisierung eines thermischen Netzes umfasst die planerische Sicherung mit folgenden Mitteln: Prioritätsgebiete für thermische Netze und erneuerbare Energieträger in der Energieplanung festlegen Entsprechende Vorgaben in der Nutzungs- und Sondernutzungsplanung (Anteile erneuerbare Energien, Anschlussverpflichtung); vgl. Modul 7 Als dritter Schritt ist die Trägerschaft der vorgesehenen thermischen Netze zu bestimmen. OPTIONEN FÜR DIE REALISIERUNG Für die Trägerschaft vorgesehener Energieverbunde bestehen verschiedene Möglichkeiten: Die Gemeinde (oder ein gemeindeeigenes Werk) wird Eigentümerin und Betreiberin des Energieverbundes. Planung, Bau und Finanzierung sowie Betrieb des Energieverbundes werden einem Energiedienstleister als Contractor übertragen. Dazwischen bestehen verschiedene Kombinationsmöglichkeiten: z. B. Planung und Erstellung der Energiezentrale und der Vernetzung durch Energiedienstleister; Finanzierung, Betrieb und Kundenkontakte durch Gemeinde (oder Gemeindewerk). 8 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze ZUSAMMENARBEIT MIT CONTRACTOR Will eine Gemeinde oder öffentliche Trägerschaft den Energieverbund nicht selber betreiben, ist die Zusammenarbeit mit einem professionellen Contractor möglich. Ein solches Energiecontracting umfasst das Auslagern von Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb und Wartung der Energieversorgungsanlage an eine Firma, den Contractor. Als Contractor sind häufig lokale oder regionale Energieversorger tätig. AUSWAHL ENERGIEDIENSTLEISTER Der Handlungsspielraum einer Gemeinde unterscheidet sich je nach Ausgangslage: Die Gemeinde ist selbst Wärmebezügerin und prüft, ob weitere Bezüger in das Projekt einge bunden werden können. Gemäss den Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens kann sie ein Projekt ausschreiben und einen Wärme bezugsvertrag mit dem Contractor abschliessen. Die Gemeinde ist Initiantin eines Energiecontracting-Projektes, wird aber selber keine oder nur einen untergeordneten Anteil Wärme beziehen. Sie kann das Projekt unterstützen und zur Realisierung beitragen. Die Vergabe einer gebietsspezifischen Konzession wird empfohlen. Die Regelung der Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinde und dem Energiedienstleister wird im Modul 9 detailliert behandelt.
9 Gemeindeeigener Energieverbund Das empfohlene Vorgehen beim Aufbau eines gemein deeigenen Energieverbundes (bzw. bei namhafter öffentlicher finanzieller Beteiligung) umfasst folgenden Ablauf: Vorprojekt inkl. technischen Lösungsvarianten, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Tarifmodelle, Indexierung (u. a. Anpassung an Ölpreis) Sicherung von Schlüsselkunden; Prüfen einer Anschlussverpflichtung Investitionsentscheid Detailprojekt und Ausführung Zweck/Tätigkeit der Gemeinde Auswahl des EDLs durch: Anteil Wärmeversorgung von öffentlichen Gebäuden > 50 % der Wärmeleistung Umsetzung der kommunalen Energieplanung Anteil öffentliche Gebäude < 50 % der Wärmeleistung Blosse Erteilung von Durchleitungsrechten auf öffentlichem Grund; Gewährleistung der Übereinstimmung mit kommunaler Energiepolitik öffentliches Beschaffungswesen Transparentes, diskriminierungsfreies Verfahren. Begründete Wahl EDL mit anfechtbarem Entscheid Kein Auswahlverfahren notwendig Abbildung 3: Unverbindliche Entscheidungshilfe zur Gestaltung des Auswahlverfahrens beim Aufbau eines thermischen Netzes (PLANAR 2016) 9 Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze
10 Vergabe eines Energiecontracting-Projekts Die Durchführung eines Auswahlverfahrens wird auch ohne eigene Wärmeabnahme empfohlen, damit das Projekt ein möglichst gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis ausweist. Die Auswahl des Contractors kann erfolgen nach den Kriterien: wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit, Preise und qualitative Vorgaben (siehe Tabelle 2). Contracting: die einzelnen Variante 1: Gemeinde Realisierungsschritte als Wärmeabnehmerin Variante 2: Gemeinde als Initiantin, ohne eigenen Wärmebezug 1. Idee und Vorstudie Konkreter Bedarf für Versorgung eines Gebäudes Räumliche Energieplanung Projektidee aus räumlicher Energieplanung 2. Rechtliche Grundlagen (vgl. Abb. 3) Submissionsrichtlinien beachten Transparentes, diskriminierungsfreies Verfahren 3. Fachliche Grundlagen Vorstudie durch Gemeinde ausarbeiten lassen Wichtigste Eckdaten beschaffen (Wärme- und Kältebedarf) Interesse weiterer möglicher Schlüsselkunden abklären 4. Ausschreibungsunterlagen und -verfahren Einladungsverfahren oder öffentliche Ausschreibung, abhängig vom erwarteten Submissionsumfang 5. Informations veranstaltung Angeschriebene / interessierte Unternehmen werden zum Augenschein vor Ort eingeladen. Fragen werden beantwortet. Die Ausschreibungsunterlagen werden abgegeben und die Termine festgelegt 6. Rückmeldung Bestätigung der Teilnahme am Ausschreibeverfahren einholen, um bei Bedarf den Kreis der angeschriebenen Contractingunternehmen zu erweiteren 7. Eingabe und Beurteilung des Projekt vorschlages Kostenwettbewerb: Beurteilungskriterien sind qualitätsund kostenorientiert Ideenwettbewerb mit Kostenofferte: Beurteilungskriterien stärker nach konzeptionellen und qualitativen Aspekten definieren 8. Vergabe Wärmeabnahmevertrag Unterstützung des ausgewählten Contractors für die Realisierung des Projektes Gemeinde prüft die Vergabe einer Konzession für den Betrieb des Energieverbundes Empfehlung: Einladungsverfahren mit mindestens drei en Energiedienstleistern Die Gemeinde regelt Rechte und Pflichten mit dem Contractor (vgl. Modul 9) 9. Umsetzung Contractor realisiert und betreibt Energieverbund Tabelle 2: Vorgehen zur Realisierung eines Contracting-Projektes 10Räumliche Energieplanung Modul 6 Thermische Netze Gemeinde entwickelt zusammen mit dem ausgewählten Contractor das Projekt weiter Contractor holt Interessenbekundungen möglicher Kunden ein (Vorverträge) Contractor realisiert den Verbund und schliesst Verträge mit Kunden ab
11 Impressum Herausgeber: EnergieSchweiz für Gemeinden, c / o Nova Energie GmbH, 8370 Sirnach Erstdruck: Februar 2011; Revision Dezember 2017 Auftragnehmer: PLANAR AG für Raumentwicklung Begleitgruppe Revision: Brandes Energie AG, econcept AG, Hochschule Luzern HSLU Unterstützung: Kantone Aargau, Bern, Luzern, Schaffhausen, St.Gallen, Thurgau und Zürich, Amt für Raumentwicklung ARE, Bundesamt für Energie BFE
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