Schnittker, 2009 Aktivitätsanalyse von Stöberhunden auf Bewegungsjagden mittels moderner GPS-Technik
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- Dörte Schmid
- vor 6 Jahren
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1 Boris Schnittker Das Projekt wurde vom Verein zur freilebenden Tierwelt und vom Hess. Ministerium für Umwelt, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unterstützt. Einleitung Mit der Abkehr der Kahlschlagswirtschaft hin zu dauerwaldartigen strukturreichen Bestandesformen in der Forstwirtschaft haben sich die Lebensraumbedingungen für das heimische Schalenwild stark verbessert. Die deutliche Vergrößerung der Einstandsflächen und die Erhöhung des Nahrungsangebotes seien hier als wesentliche Faktoren genannt. Entsprechend gestiegen sind die Schalenwildbestände, vor allem beim Schwarzwild. Die daraus resultierende Schadenssituation in der Forst- und Landwirtschaft, sowie Ansteckungen wertvoller Tierbestände durch von Wildtieren übertragende Seuchen, wie der Schweinepest (ESP) haben die Verantwortlichen unter Handlungsdruck gesetzt. Für die Waldbesitzer und Jäger stellt sich die Frage nach geeigneten Bejagungsstrategien unter den geänderten Umständen. Großräumige Bewegungsjagden mit solo jagenden, spurlauten Stöberhunden (Stöberjagden), auch in Kombination mit durchgehenden Hundeführern, haben sich seit Jahren in vielen Waldrevieren als ergänzende Form der Bejagung etabliert. Bild 1: Eine effiziente Bejagung von Schwarzwild in Revieren mit hohem Dickungsanteil ist ohne geeignete Hunde nicht umsetzbar Aussagen über Jagdaktivitäten der einzelnen Hunde waren in geschlossenen Waldgebieten bisher nur in kurzen Phasen durch direkte (Sichtbeobachtungen) bzw. durch indirekte Wahrnehmungen (hören des individuellen Lautes, Rückmeldungen) möglich. In dem nachfolgend vorgestellten Projekt wurde seit 2004 mit Hilfe speziell entwickelter GPS-Geräte Aktivitätsanalysen an Stöberhunden durchgeführt. Vorrangiges Ziel der Untersuchung ist es, Jagdleitern und Hundeführern Empfehlungen über einen optimalen (effizienten und gesetzeskonformen) Hundeeinsatz auf winterlichen Schalenwildjagden 1
2 geben zu können. Sowohl Chancen als auch Risiken (Überjagung, Tierschutzaspekt) des Hundeeinsatzes sollen verdeutlicht werden. Im Rahmen des Projektes wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren auf 129 Jagdtagen in mehreren Bundesländern über 400 Datensätze aufgezeichnet. In die Auswertung gelangten 247 Datensätze von Stöberhunden. Einige der Hunde wurden über mehrere Jagdsaisons beobachtet. Sämtliche Jagden fanden in freien Revieren (keinen Jagdgattern) statt und waren hauptsächlich auf die Wildart Schwarzwild ausgerichtet. Nachfolgend werden einige Hintergründe und Ergebnisse dieser Untersuchung vorgestellt. Stöberhunde Für die Studie wurden verschiedene Brackenrassen, Dt. Wachtelhunde, Dackel und Terrier verwand. Die Hunde wurden fast ausschließlich von Hundeführern rekrutiert, die sich auf die Jagdform Stöberjagd spezialisiert haben. Vorrangig wurden die Hunde einer Schützengruppe und somit eines Revierteils mit der Technik ausgestattet, um Interaktionen der Hunde, Überlappungen und Jagdlücken auf der Fläche zu analysieren. Das nachfolgende Anforderungsprofil wurde vom Verfasser erarbeitet und anhand eines Kriterienkatalogs (Prüfung, Einsatz, etc.) bei der Auswahl der Hunde angewendet. Von der Anlage und Ausbildung her muss der Hund alleine jagen können und auch so eingesetzt werden. Sollte sich kein Wild im unmittelbaren Nahbereich des Hundeführers aufhalten, muss der Hund die Fähigkeit (Nasenleistung, Fährtensicherheit) und den Willen (Fährtenwillen) besitzen, großräumig die Einstandsflächen abzusuchen (Stöbern). Trifft der Hund auf Schalenwild, soll er dieses hartnäckig und anhaltend bedrängen, im Idealfall ohne Unterstützung weiterer Hunde in Bewegung bringen, fährtenlaut verfolgen und anschließend zu seinem Führer zurückkehren. Dies setzt neben einem guten Orientierungssinn einen starken Führerbezug und die Bereitschaft zur Unterordnung (Führigkeit) voraus. Einflussgrößen auf das Jagdverhalten Im Rahmen des Projektes wurde eine Vielzahl an Faktoren geprüft, die als relevant im Hinblick auf die Aktivität der Hunde gewertet wurden. Dazu gehören äußere (externe) Faktoren, wie das Wetter und die Revierverhältnisse und innere (interne) Faktoren, wie die Erfahrung des einzelnen Hundes oder dessen favorisierte Wildart. Die externen Faktoren beinhalten die Rahmenbedingung des Jagdtages. Sie gelten in der Regel für alle Stöberhunde in einem ähnlichen Ausmaß. Abb. 5: Einflussfaktoren auf das Jagdverhalten von Stöberhunden. 2
3 Als interne Faktoren werden die Einflussgrößen bezeichnet, die zu ererbten oder etablierten Verhaltensweisen des einzelnen Hundes in jagdrelevanten Situationen führen. Dies basiert aufgrund seiner individuellen genetischen Begabung, seiner Erfahrungen und seiner physischen Leistungsfähigkeit. Zum Teil sind die Faktoren miteinander verknüpft. Eine exakte Abgrenzung der Faktoren untereinander ist nicht immer möglich. Im Gegensatz zu den internen Faktoren lassen sich die externen Faktoren messen oder einem Skalierungssystem zuordnen. Auf Grundlage dokumentierter Mehrjahresstudien einzelner Hunde wurde mit einer Varianzanalyse deren Einfluss auf die definierte Zielgröße maximale Entfernung des Hundes zum Stand (pmax) exemplarisch untersucht. Im Ergebnis konnten dabei den Faktoren Wilddichte und Jahreszeit (Termin der Jagd im Laufe der Jagdsaison) ein signifikanter Einfluss auf die Zielgröße zugeordnet werden. Dies ist wie folgt zu erklären: Zum Jagdverhalten und zur Aktivität von Stöberhunden Das Jagdverhalten der Hunde ist eine Reaktion auf die Feindvermeidung des Wildes. Folglich konnte in Revieren mit hoher Wilddichte eine hohe Aktivität der Stöberhunde beobachtet werden. Die Hunde werden häufig mit frischer Witterung, Sichtbeobachtung und akustischen Reizen (Schüsse, Bellen anderer Stöberhunde, Lock-, Klage- u. Laufgeräusche des Wildes etc.) konfrontiert, was sie zu zahlreichen Jagdaktionen reizt. Ermüdungserscheinungen werden verdrängt. Ein größeres Aktionsgebiet und der Verlust der Orientierung des Hundes sind wahrscheinlicher, als bei Jagden in wildarmen Revieren. Die individuelle Vorliebe und Abneigung auf bestimmte Wildarten spielt dabei für den einzelnen Hund eine große Rolle. Auch dem Zeitpunkt der Jagd im Laufe der Jagdsaison konnte ein großer Einfluss auf die Aktivität der Hunde zugeordnet werden. Dies wird auf folgende Gründe zurückgeführt: Die physische Fitness ist bei den meisten Hunden zum Start der Jagdsaison noch nicht aufgebaut. Ein nicht geringer Teil der Hunde ist übergewichtig. Erschwerend können sich in diesem Zusammenhang die höheren Temperaturen im Oktober, verbunden mit einem (durch Belaubung begründeten) erhöhten Dickungsanteil in Laubholzkulturen mit Begleitvegetation, im Vergleich zu den drei Folgemonaten, auswirken. Das Selbstbewusstsein des einzelnen Hundes ist zum Saisonstart noch begrenzt bzw. noch nicht entfaltet. Die Erfolgserlebnisse der Hunde bei Hetzen liegen, von einigen Nachsucheneinsätzen abgesehen, bereits neun bis zehn Monate zurück und entstammen der vorjährigen (Stöber-) Jagdsaison. Die Bindung des Hundes zum Hundeführer ist zum Saisonstart sehr hoch. In der jagdfreien Zeit werden die meisten Stöberhunde mit Aufgaben/Beschäftigungen einer Bezugsperson konfrontiert (Prüfungsvorbereitung, Prüfungen, Nachsuchen etc.), die sich positiv auf die Bindung zu dieser auswirken. Auf den Stöberjagden wird dagegen ein hohes Maß an Selbständigkeit verlangt und gefördert. Bei den Stöberjagden konnte beobachtet werden, dass Erfolgserlebnisse (in Form von erlegtem Wild, vor dem Hund gestelltes und erlegtes Wild, etc.) beim Hund sofort eine Verstärkung des Selbstbewusstseins bewirken und damit der Wille, ans Wild zu kommen, bereits mit der nächsten Jagdaktion zunimmt. Fazit: Mit Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit und des Selbstbewusstseins erhöht sich die Selbständigkeit, die Intensität der Jagdaktionen und die Bereitschaft des Hundes, sich vom Führer (in Länge und Dauer) zu lösen. 3
4 Bild 2: Schwarzwildbracke nach erfolgreicher Jagdaktion am gestreckten Überläufer. Enden Jagdaktionen mit einem Abschuss, wirkt sich dieser Erfolg positiv auf das Selbstbewusstsein des Hundes aus, Foto: Bondesson Zahlen, Entfernungen, Strecken Bei der Mehrzahl der Hunde begann die Jagd mit einer schnellen, weiten Aktion zum Anfang der Jagd (Ø 950 m), wobei es sich immer um die Jagdaktion eines Stückes aus dem Revier der Stöberjagd mit anschließendem Rückweg handelte. Beim Einsatz von Hundeführern an Gefahrstellen (Strassen, Schienen etc.), die wohlmöglich von Fernwechsel geschnitten werden, sollte diese Zahl Beachtung finden. Blendet man die weiteste (oft die erste) Aktion aus, verringerte sich die Entfernung durchschnittlich auf etwa 550 m um den Stand des Hundeführers. Dieser Wert begrenzte den eigentlichen Aktionsraum des Hundes. Die zurückgelegte Strecke der Stöberhunde betrug bei den meisten Hunden zwischen 12 und 25 km, (durchschnittlich etwa 17 km), wobei in Ausnahmefällen bis zu 50 km aufgezeichnet wurden. Ein hoher Wert kann auf eine hohe Intensität bei der Bejagung deuten. Im Umkehrschluss bedeutet dies nicht, dass ein niedriger Wert mit einer geringen Intensität einhergeht. Gerade in Revieren mit hohem Dickungsanteil konnte mehrstündige Jagdaktionen auf engstem Raum aufgezeichnet werden. Die zurückgelegte Strecke kann jedoch nicht allein als Indiz für hohe jagdliche Aktivität herangezogen werden. Dies verdeutlichten Auswertungen von Hunden, die unter vergleichbaren Verhältnissen über mehrere Tage auf Jagden eingesetzt wurden. Dabei konnte oft kein Rückgang der zurückgelegten Strecke festgestellt werden, jedoch nahm die Dynamik und Dauer der Jagdaktionen deutlich ab. Das Zentrum der Aktivität wurde in dieser Untersuchung auf die Fläche definiert, in der sich die Hunde mit einer 65%-igen Wahrscheinlichkeit aufhalten. Dieses Kerngebiet belief sich auf eine Flächengröße von 4 bis 7 ha. Aus dieser Zahl können Rückschlüsse auf die benötigte bzw. vertretbare Anzahl von Hunden je ha /Einstandsfläche gezogen werden. 4
5 Überjagen Es ist unstrittig, dass eine effiziente Bejagung von Schwarzwild in Revieren mit hohem Dickungsanteil ohne Hunde nicht durchführbar ist. Ebenso unstrittig ist die Notwendigkeit einer großflächigen Bejagung der Sauen, was bereits vielerorts mit revierübergreifenden Bewegungsjagden erfolgreich umgesetzt wird. Bei der Stöberjagd befinden sich die Hunde hauptsächlich außerhalb des unmittelbaren Einwirkungsbereiches des Hundeführers. Grenzen nachbarschaftlicher Jagdbezirke können dabei weder vom Wild noch von den Hunden beachtet werden. Kritiker dieser Jagdform verweisen auf die Problematik durch überjagende Hunde, was eine rechtswidrige Störung des fremden Jagdrechts darstellt und unter erschwerten Umständen einen Straftatbestandteil erfüllt. Der sich seit Jahren abzeichnende Interessenskonflikt zwischen Gegnern und Befürwortern dieser Jagdform fand im Jahr 2008 mit dem Abschuss eines überjagenden Stöberhundes in Illmenau/Thüringen einen weiteren Höhepunkt. Die Unsicherheit der Interessensverbände ist gestiegen und basiert im Wesentlichen auf fehlendem Wissen über die Aktivitäten der Stöberhunde während der Jagd. Folgende Fakten konnten zu dem Thema in dem Projekt ermittelt werden: Im Untersuchungszeitraum haben von standgeschnallten Hunden 20 Hunde die Jagdgrenze überschritten. Bei 10 Hunden konnte lediglich ein Verlaufen festgestellt werden, d.h. die Hunde haben sich auf Wegen aus der Jagd entfernt. Die übrigen 10 Hunde (entspricht ca. 5 %) haben überjagt. Abb. 2: GoogleEarth-Darstellung von Überjagungsaktionen eines Stöberhundes (rote Linie ist Jagdgrenze).. Von diesen 10 Hunden haben mindestens vier Hunde ein krankes Stück Wild gejagt und dabei die Jagdgrenze überschritten haben. Dies konnte anhand der Aufzeichnungen und erfolgter Nachsuchen eindeutig rekonstruiert werden. Lediglich sechs Hunde haben an voraussichtlich gesundem Wild überjagt. Bei zwei der sechs Hunde betrug die Entfernung des Standes zur Jagdgrenze weniger als 200 m, womit ein Überjagen in Kauf genommen werden musste. 1 Die Anzahl der Datensätze wurde aufgrund von unklarem Grenzverlauf auf 193 Hunde (anstatt 201), die vom Stand aus geschnallt wurden, begrenzt 5
6 Beobachtet wurde weiterhin, dass sich die Aktionsräume der Stöberhunde, auch der in den Randbereichen eingesetzten, in das Jagdrevier hinein orientierten. Aus den gewonnen Erkenntnissen können folgende Empfehlungen angeführt werden, die das Risiko des Überjagens von Stöberhunden verringern: - einen Termin in den ersten drei Oktoberwochen wählen - Anzahl der Stöberhunde an den Jagdtermin anpassen. Oktoberjagden verkraften mehr Hunde als Jagden ab November: Oktober: 1 Hund auf 4-6 ha Einstandsfläche ab November: 1 Hund auf 5-10 ha Einstandsfläche - Reviergröße nicht unter 400 ha im Oktober und nicht unter 600 ha ab November - Entfernung/Distanz zum Nachbarrevier einhalten (Fernwechsel, Einstände beachten) - wenn grenznahe Einstände bejagt werden, sollten dort nur (durchgehende) Hundeführer mit stark führerbezogen jagenden Hunden eingesetzt werden - die Hundeführer über die Problematik informieren und in die Planung einbeziehen. Bekannte Weitjager gezielt (z.b. zentrale Einstände im Jagdrevier) oder gar nicht einsetzen Orientierung und Rückweg Die Orientierung der Hunde erfolgt in fremden Revieren im Wesentlichen über die Hinfährte, d.h. der Hund läuft seinen Hinweg so lange zurück, bis er den Ausgangspunkt (Hundeführer oder Führerfährte), bzw. den Nahbereich des Hundeführers erreicht. Das schließt nicht aus, dass beispielsweise ein spitzer Winkel im Verlauf abgekürzt wird. Markante Revier- oder Geländebestandteile, wie breite Schneisen, Bachläufe o.ä. können von Hunden erkannt und für den sicheren Rückweg, ohne Arbeit der Hinfährte, genutzt werden. Häufig werden Schneisen, Wege und Strassen (!) für den Rückweg bis zum Schneiden der Hinfährte genutzt. Überschiesst der Hund seine Hinfährte kann es zu langen Suchaktionen auf den Wegen bzw. zum vollständigem Verlaufen des Hundes kommen. Die Tendenz zur Nutzung von Wegen ist hoch, steigt im Verlauf der Jagddauer an und konnte vorrangig bei älteren Hunden (ab Alter 4 Jahre) beobachtet werden. Bei durchgehenden Hundeführern ist die Führerfährte die rote Linie für den Hund. Bei weniger als 3 % der Hunde wurden Aktionen dokumentiert, bei denen Hunde nach einer (tlw. mehreren Kilometer) langen Jagdphase im fremden Revier nahezu geradewegs in den Nahbereich des Hundeführerstands laufen, wobei eine Orientierung über Hinfährte oder Wind ausschieden. Diese Art der Orientierung scheint nach einem internen Kompass zu funktionieren. In der Abbildung 3 ist eine solche Aktion eines Stöberhundes aufgezeichnet, die mit einer Jagdaktion über annähernd drei Kilometer an einer altkranken Sau beginnt und mit einem Abschuss endet (Punkt 3). Von mehreren Ständen (s. gelbe Sterne) konnte beobachtet werden, dass sich die Sau mehrfach dem Hund gestellt hat. Durch deren typisches Verteidigungsverhalten mit kurzen Angriffen und Drehungen kann die Richtung des Hundeführerstandes für den Hund ohne weiteres nicht mehr nachvollziehbar gewesen sein. Der Rückweg verläuft bei Westwind ca m westlich der Hetze. Der Hund nutzte größtenteils Wege, orientierte sich mehrfach ostwärts, bis schließlich 400 m vor den Stand die Hinfährte geschnitten wurde, wo der Hundeführer den Hund aufnahm. Generell konnte in großflächigen, strukturarmen Revieren im Flachland (z.b. Truppenübungsplätze) zwei wesentliche Aspekte beobachtet werden: - Die Hunde entfernten sich tendenziell weiter von den Hundeführern. - Es bereitete den Hunden größere Schwierigkeiten sich zu orientieren, als in Mittelgebirgsrevieren. Insgesamt fanden 13,3 % der Stöberhunde zum Jagdende nicht zum Hundeführer zurück und wurden abgeholt oder aufgelesen und zum Streckenplatz mitgenommen. 6
7 Windrichtung Abb. 3: GoogleEarth-Darstellung: 1 Stand, 2 Start Hetze altkranke Sau, 3 Abschuss, 4 Rückweg. 7
8 Tierschutz Wie bereits erwähnt wurden vorrangig die Hunde einer Schützengruppe und somit eines Revierteils mit der Technik ausgestattet. Ziel war die Analyse und Darstellung der Aktionsgebiete und Kerngebiete mehrerer Hunde eines Revierteils. Am Computer wurde das (zeit-) synchrone Starten sämtlicher aufgezeichneter Stöberhundeaktivitäten eines Jagdtages durchgespielt. Somit konnten Aussagen über die zeitgleiche Nutzung eines gemeinsamen Überlappungsraumes getroffen werden. Abb.4: GoogleEarth-Darstellung der Aktionsgebiete (MCP) von vier Stöberhunden einer Gruppe. Im Ergebnis wird festgestellt, dass das Aktivitätszentrum eines Stöberhundes eine Fläche zwischen 4 und 7 ha umfasst. Zieht man die kurzzeitigen weiten Aktionen (Exkursionen) der Hunde mit in den potentiellen Flächenbedarf eines Stöberhundes ein wird festgestellt, dass sich die Aktionsgebiete der Stöberhunde regelmäßig überschneiden. Ein gemeinsames Jagen von zwei oder mehr Hunden an gesundem Wild, dass länger als einige Minuten dauerte, war jedoch die Ausnahme. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass regelmäßig großflächige (>3 ha), gatterfreie Revierteile inkl. Einstandsflächen über die gesamte Jagddauer gar nicht von den Hunden belaufen wurden. Zusätzlich wurden die Aufzeichnungen der Hunde im Hinblick auf Geschwindigkeit analysiert. Jagdaktionen mit einer Geschwindigkeit über 25 km/h fanden regelmäßig statt, dauerten jedoch nur in Ausnahmefällen länger als 20 Sekunden. Diese Jagdaktionen konnten mehrfach Hunden zugeordnet werden, die kurzzeitig Wild auf Sicht gehetzt haben. Bild 3: Dt. Wachtel findet und stellt kranken Frischling während der Jagd. Ohne geeignete Stöberhunde ist eine tierschutzkonforme Bejagung Zusammenfassung nicht möglich, Bild: Verfasser Gesundes Wild kann sich den Hunden durch Flucht entziehen und findet innerhalb der Jagdfläche Rückzugsmöglichkeiten. Aufgrund der vorliegenden Auswertungen ist beim Einsatz von solo jagenden, spurlauten Stöberhunden in einer Dichte von einem Hund auf 4 bis 10 ha Einstandsfläche grundsätzlich davon auszugehen, dass die Jagdform Stöberjagd keine tierschutzrechtliche Relevanz besitzt. 8
9 Zusammenfassung In einem wissenschaftlichen Projekt wurde im Zeitraum auf 129 Bewegungsjagden die Aktivität von Stöberhunden mit speziellen GPS-Halsbändern dokumentiert und ausgewertet. Das Projekt sollte vorrangig Erkenntnisse zum Überjagen und zu Tierschutzaspekten auf Bewegungsjagden liefern. Während eines Großteils der Jagdzeit hielten sich die Hunde in einem mittleren Radius bis zu 500 m um den Hundeführerstand auf und legten während einer zweistündigen Bewegungsjagd durchschnittlich 17 km zurück. Typisch ist eine schnelle weite Jagdaktion in den ersten 15 Minuten. Der Rückweg erfolgt über die Hinfährte und einen internen Kompass. Im Verlauf der Jagdsaison konnte eine steigende Tendenz der Parameter festgestellt werden. Die zurückgelegte Strecke kann nicht allein als Indiz für hohe jagdliche Aktivität herangezogen werden. Bei Stöberhunden, die an mehreren aufeinander folgenden Tagen jagden wurden festgestellt, dass nicht zwangsläufig die zurückgelegte Strecke, jedoch die die Dynamik und Dauer der Jagdaktionen deutlich abnahm. Die Faktoren Wilddichte (wobei die individuelle Vorliebe und Abneigung auf bestimmte Wildarten für den einzelnen Hund eine große Rolle spielt) und Zeitpunkt der Jagd im Laufe der Jagdsaison konnte ein großer Einfluss auf die Aktivität der Hunde zugeordnet werden. Mit Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit und des Selbstbewusstseins erhöht sich die Selbständigkeit, die Intensität der Jagdaktionen und die Bereitschaft des Hundes, sich vom Führer (in Länge und Dauer) zu lösen. Eine effiziente und tierschutzkonforme Bejagung von Schwarzwild in Revieren mit hohem Dickungsanteil ist ohne Hunde nicht umsetzbar. Da jedoch weder Wild noch Hunde Jagdgrenzen beachten, sollten sensible Reviere an einem frühen Jagdtermin mit führerbezogenen Hunden bejagt werden. Wenn möglich sollten die Hundeführer in die Organisation miteinbezogen werden. Die Aktionen der Hunde, auch der in den Randbereich eingesetzten, fanden im Wesentlichen innerhalb des Jagdreviers statt. Dennoch sollte die Einhaltung von Mindestgrößen und abständen beim Einsatz von standgeschnallten Hunden Beachtung finden. In der Untersuchung war der Anteil von Stöberhunden (193 Datensätze), die überjagt hatten, mit ca. 5 % sehr gering. Gesundes Wild kann sich den Hunden durch Flucht entziehen und findet innerhalb der Jagdfläche Rückzugsmöglichkeiten. Insgesamt ist bei einem Einsatz von solo jagenden, spurlauten Stöberhunden in einer Dichte von einem Hund auf 4 bis 10 ha Einstandsfläche davon auszugehen, dass die Jagdform Stöberjagd keine tierschutzrechtliche Relevanz besitzt. Info zum Verfasser Boris Schnittker ist Jahrgang 1972 und mit Hunden aufgewachsen. Er ist Dipl-Forstwirt, arbeitet in einer privaten Forstverwaltung und ist passionierter Hundeführer. Seit 2004 ist er anerkannter/aktiver Schweißhundeführer in NRW und Mitglied im Verein Hirschmann. Neben Hann. Schweißhunden führt und züchtet er Schwarzwildbracken (Slovensky Kopov). Das Projekt Aktivitätsanalyse an Stöberhunden mittels moderner GPS-Technik auf Bewegungsjagden wurde durch ihn initiiert und im Rahmen einer externen Dissertation an der Georg-August-Universität Göttingen, Abteilung Forstzoologie und Waldschutz (einschl. Wildbiologie und Jagdkunde) durchgeführt. Kontakt: borisschnittker@hotmail.com 9
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