Charakteristik und Mechanismen häuslicher Gewalt neueste Forschungsergebnisse



Ähnliche Dokumente
Die Beeinträchtigung des Kindeswohls durch elterliche Partnerschaftsgewalt

Kindeswohlgefährdung durch elterliche Partnerschaftsgewalt und die kindschaftsrechtlichen Aspekte der FGG-Novelle

Sexueller Missbrauch an Mädchen und Jungen

1. Relevanz der Thematik

Methodische Vorbemerkungen

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

50 Fragen, um Dir das Rauchen abzugewöhnen 1/6

Gründe für fehlende Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheit

Machtmissbrauch. am Arbeitsplatz

Private Senioren- Unfallversicherung

Einstellung!der!österreichischen!Bevölkerung! zum!rechtssystem:!imas"umfrage!2013!

Die Liebe und der Verlust

Das Lebensgefühl junger Eltern

Sexuelle Gewalterfahrung in Kindheit und Jugend. Wichtige juristische Aspekte und Hintergrundinformationen für Psychotherapeutinnen und Beraterinnen

Berufsunfähigkeit? Da bin ich finanziell im Trockenen.

Die Bedeutung der Kinder für ihre alkoholabhängigen Mütter

Gewaltverbot in der Erziehung

Opferhilfe das Wichtigste in Kürze

Diplomlehrgang Sozial- und berufspädagogische/r TrainerIn. Teil 1: Sucht

28% der Schweizer sind Single das sind rund 1,5 Millionen Menschen zwischen Jahren

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Fachtagung Wittlich Sucht und Elternschaft Brigitte Münzel, Fortbildung Supervision Coaching

Darum geht es in diesem Heft

Themenbereich "Trauer"

Begleitung von Eltern in der Trauerverarbeitung

Wenn der Papa die Mama haut

Fruchtbarkeit ist messbar!

Kreativ visualisieren

Die große Wertestudie 2011

Ethik im Netz. Hate Speech. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM)

Gutes Leben was ist das?

Das Gewissen Sekundarstufe 1 2 Std.

SaarLB-Trendstudie Erneuerbare Energien

Statuten in leichter Sprache

Auslotung der Gefühle & Wünsche von Eltern und SchülerInnen zum Schuljahr 2011/2012

3. Erkennungsmerkmale für exzessives Computerspielverhalten

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Private Unfallversicherungen bei Selbstständigen - Ergebnisse einer repräsentativen Studie von Forsa - November 2009

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Kurzanleitung für eine erfüllte Partnerschaft

KAPITEL I HUNDEBISSE GROSSE GEFAHR ODER KULTURELL BEDINGTE PHOBIE?

Berliner Forum Gewaltprävention BFG Nr. 29. Psychische Gewalt in Paarbeziehungen: Ein Einblick in die Prävalenzforschung

Angst vor Krankheiten

Materialien für den Unterricht zum Film Crazy von Hans-Christian Schmid Deutschland 2000, 93 Minuten

Wohnort der Kinder (oder eines der Kinder)

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Benefiztheater Frau Holle einmal anders Rosenstraße 76 interaktive Ausstellung zum Thema Häusliche Gewalt überwinden

Test: Wie sehr wird Ihr Lebensalltag durch den Schmerz bestimmt?

AKZEPTANZ VON STUDIENGEBÜHREN

Wenn Eltern erkranken Belastungen von Kindern und Jugendlichen krebserkrankter Erwachsener

Sparen in Deutschland - mit Blick über die Ländergrenzen

Herzensrosen, die bedingungslose Liebe und die Schuld

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Herzlich Willkommen beim Webinar: Was verkaufen wir eigentlich?

Einstellungen der Deutschen gegenüber dem Beruf der Putzfrau

Welchen Weg nimmt Ihr Vermögen. Unsere Leistung zu Ihrer Privaten Vermögensplanung. Wir machen aus Zahlen Werte

Reizdarmsyndrom lindern

Das Frauenhaus ein guter Ort für Kinder! Schutz und Unterstützung für Mädchen und Jungen, die häusliche Gewalt erlebt haben.

DIE GEFÜHLSWELTEN VON MÄNNERN UND FRAUEN: FRAUEN WEINEN ÖFTER ALS MÄNNER ABER DAS LACHEN DOMINIERT!

Aufruf für die Mitarbeit im BETROFFENENRAT beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs

Was ich als Bürgermeister für Lübbecke tun möchte

Frauen und ihr Verständnis von Schönheit

Deine Meinung ist wichtig. Informationen für Kinder und Jugendliche zur Anhörung

Auswirkungen der Güterstände auf das Erbrecht eingetragener Lebenspartner

Private Familien-Unfallversicherung - Ergebnisse einer repräsentativen Studie von Forsa - Februar 2010

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Achten Sie auf Spaß: es handelt sich dabei um wissenschaftliche Daten

Zusammenfassung (1) Artikel SZ Zusammenfassung. 25. November Themenbereich

Palliativtherapie durch den Hausarzt

Kinder als Opfer häuslicher Gewalt

Das Leitbild vom Verein WIR

allensbacher berichte

Umfrageergebnisse zum Thema: Suchtprobleme in der Gastronomie

Die Online-Meetings bei den Anonymen Alkoholikern. zum Thema. Online - Meetings. Eine neue Form der Selbsthilfe?

1.015 Personen, die diesen Sommer schon Urlaub hatten Erhebungszeitraum: 12. bis 15. August 2014 statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

Volksschule Strullendorf Klasse 9b Klassleiter: Rudolf Fischer November 2006

Georg Kohaupt Osnabrück Der Kontakt zu den Eltern im Konflikt um das Kindeswohl. Fotos: Georg Kohaupt

Unterrichtsreihe: Liebe und Partnerschaft

Risiko Pflegebedürftigkeit Unwissenheit verhindert Vorsorge

150 Rechtschreib- 5. bis 10. Klasse. übungen Regeln und Texte zum Üben. 5. bis 10. Klasse

A l l e s G e n d e r? Lebenslagen von Mädchen und Jungen. Anfang des 21. Jahrhunderts. Fachtagung 2./

Alles was Recht ist. Justiz und Recht besser verstehen.

Anleitung. Empowerment-Fragebogen VrijBaan / AEIOU

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Transkript:

Beeinträchtigung des Kindeswohls durch elterliche Partnerschaftsgewalt" Charakteristik und Mechanismen häuslicher Gewalt neueste Forschungsergebnisse Marion Ernst, Dipl.-Soziologin Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales Deutsche Richterakademie, Herbstakademie 2006 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 1

Definition Häusliche Gewalt bezeichnet Gewalt(straf)taten zwischen erwachsenen Personen in einer partnerschaftlichen Beziehung, die derzeit besteht, sich in Auflösung befindet oder aufgelöst ist (unabhängig vom Tatort, auch ohne gemeinsamen Wohnsitz) oder die (mit gemeinsamem Wohnsitz) in einem Angehörigenverhältnis zueinander stehen, "Handlungsrichtlinie für die polizeiliche Arbeit in Fällen häuslicher Gewalt"; Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport / Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes (HG), Juni 2005 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 2

Gewaltformen Körperliche Gewalt von der Ohrfeige bis zur Tötung: Stoßen, Treten, Schlagen, Verbrennen, Würgen, Waffengebrauch... Sexuelle Gewalt Vergewaltigung, Einführen von Gegenständen, erzwungene Handlungen, Erzwungenes Anschauen von Pornografie Psychische Gewalt Drohungen, Systematische Beschimpfungen und Demütigungen, Verfolgung, Isolation und Kontrolle Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 3

Prävalenzen: Männliche Gewaltopfer Pilot-Studie BMFSFJ keine repräsentativen Aussagen möglich Hinweise auf: * Gewaltbelastung im Erwachsenenalter deutlich geringer als in Kindheit und Jugend * Großteil der Gewalt gegen Erwachsene in der Öffentlichkeit * Täter ganz überwiegend Männer, ohne Beziehung zum Opfer gesicherte Erkenntnis: in der Partnerschaft kann jede Form der Gewalt vorkommen, auch schwere Geschlechtsspezifische Verteilung von Partnerschaftsgewalt hinsichtlich Häufigkeit, Schwere u. Verletzungsfolgen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Gewalt gegen Männer in Deutschland. Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland. Pilotstudie 2004 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 4

Prävalenzen: Weibliche Gewaltopfer 25 % der in Deutschland lebenden Frauen zwischen 16 und 85 Jahren haben ein oder mehrmals körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch ihren aktuellen oder einen früheren Lebenspartner erfahren. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland, 2004 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 5

Gewaltprävalenzen Migrantinnen BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 60 50 40 30 20 10 auch frühere Partner aktueller Partner 0 Osteurop. alle Frauen Flüchtlinge Türkinnen Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 6

Häufigkeit individueller Gewalterfahrung Fallbasis: Gewaltbetroffene BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 mehr als 10 33% einmalig 31% 2-10 Situationen 36% Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 7

Häufigkeit individueller Gewalterfahrung II Fallbasis: Weibliche Gesamtbevölkerung BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 8% 9% 8% keine Gewalt mehr als 10 Situationen 2-10 Situationen 1 Situation 75% Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 8

Dauer der Gewalt BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 10% 15% 12% 63% bis zu 1 Jahr bis zu 3 Jahren bis zu 10 Jahren mehr als 10 Jahre Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 9

Schwere der Gewalt BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland, 2004 64 % der Betroffenen trugen Verletzungen davon Cluster-Analyse (keine bzw. eingeschränkte Repräsentativität) 1. 46 % geringe Häufigkeit und/oder Intensität 2. 17 % mäßige bis hohe Häufigkeit / Intensität 3. 37 % sehr hohe Häufigkeit / Intensität Cluster 3: Gewalt deutlich häufiger nach der Eheschließung u. im Kontext von Schwangerschaft u. Geburt, höchste Dauer und Steigerung Stärkere Bindung an den Partner durch Ehe, gemeinsamen Haushalt u. Kinder hält auch bei Gewalt -> längerer Verbleib, Zunahme von Häufigkeit und Intensität, kein Gewaltende in Beziehung (3 %) Faktoren der Cluster-Bildung: Schwere, Häufigkeit, Dauer, Modus der Beendigung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland, 2004 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 10

Gewalthandlungen Frühere Partner. Mehrfachnennungen BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 wütend weggeschubst 63 getreten, gestoßen 42 gedroht mich umzubringen verprügelt, zusammengeschlagen gewürgt 16 18 21 mit Waffe verletzt 3 Vergewaltigung, Nötigung 25 0 10 20 30 40 50 60 70 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 11

Körperverletzungen Mehrfachnennungen. Fallbasis: Gewaltbetroffene mit Verletzungsfolgen BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 Hämatome, Prellungen 90 Offene Wunden 20 Vaginale Verletzungen Knochenbrüche 4,5 10 Kopfverletzungen 18 Fehlgeburt innere Verletzungen 3,9 2,9 0 20 40 60 80 100 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 12

Gesundheitliche Auswirkungen im gynäkologischen Bereich Störungen der Menstruation Harnwegsinfektionen Schwangerschaftskomplikationen Verletzungen beim Fötus Früh- und Fehlgeburten niedriges Geburtsgewicht des Neugeborenen Hellbernd/Brzank: Wissenschaftliche Begleitung des S.I.G.N.A.L.Projektes; Hagemann-White: Expertise für den Landtag NRW; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen u. Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 13

Gesundheitliche Auswirkungen: psychosomatische Folgen Übelkeit, Brechreiz Schmerzzustände (o.b.) Schlafstörungen Magen-/ Darmbeschwerden Konzentrationsschwierigkeiten Suchtentwicklung (Nikotin, Medikamente, Alkohol) Essstörungen Erhöhte Krankheitsanfälligkeit Hellbernd/Brzank: Wissenschaftliche Begleitung des S.I.G.N.A.L.Projektes; Hagemann-White: Expertise für den Landtag NRW; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen u. Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 14

Gesundheitliche Auswirkungen: Psychische Folgewirkungen Angstzustände Scham- und Schuldgefühle Dauerndes Grübeln depressive Verstimmungen bis hin zu Suizidalität (Abgestumpftheit, innere Leere, Sinnlosigkeit, Antriebslosigkeit) Verlust von Selbstachtung und niedriger Selbstwert Reduktion der Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung (eigene Bedürfnisse, Gefühle, Interessen) Störungen des sexuellen Empfindens Angst vor Nähe und Intimität Hellbernd/Brzank: Wissenschaftliche Begleitung des S.I.G.N.A.L-Projektes; Hagemann-White: Expertise für den Landtag NRW; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen u. Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 15

Häusliche Gewalt: Vorurteile im Alltagswissen Männer, die ihre Frauen schlagen, sind psychisch krank Pack schlägt sich, Pack verträgt sich: Häusliche Gewalt ist ein Unterschicht-Problem Er schlägt nur, weil er getrunken hat Ein Bock stößt nie allein: Sie hat ihn wahrscheinlich provoziert Er war im Stress ihm ist halt mal die Hand ausgerutscht Sie könnte doch einfach gehen es wird nicht so schlimm sein BIG e.v: "Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich. Alte Ziele Neue Wege"; Polizeipräsidium Berlin / BIG e.v.: "Polizeiliches Handeln in Fällen häusl. Gewalt"; Godenzi, Albert: "Gewalt im sozialen Nahraum", Basel und FFM, 1994 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 16

Hindernisse für die Loslösung aus einer Gewaltbeziehung Eigendynamik von Gewaltbeziehungen Schwächung der Opfer aufgrund der psychischen Folgewirkungen der Gewalt Sanktionsvermeidende Maßnahmen der Täter Mangelnde oder unangemessene Unterstützung durch das Umfeld (privat und/oder öffentlich) Angst vor Eskalation der Gewalt bei Trennung Schuldgefühle, den Kindern den Vater zu nehmen Wirtschaftliche Existenzängste Angst vor Einsamkeit Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 17

Gewaltspirale Phase 1: Gewalttat Phase 2: ( Honeymoon ) * Reue des Täters Bitten um Verzeihung, Versprechen, Umwerben * Hoffnung, u.u. neue Verliebtheit * Schweigen über die Gewalt Phase 3: Spannungsaufbau * Schuldverschiebung * zunehmend (verbal) aggressiver * weiterhin Schweigen über die Gewalt Steigerung von Intensität u. Frequenz Lenore E. Walker: Warum schlägst du mich?", München 1994 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 18

Verhaltensweisen und Strategien der Gewaltausübenden 1. Einflussnahme auf das Opfer: Zurücknahme des Strafantrags Nichterscheinen bei Gericht Inanspruchnahme Zeugnisverweigerungsrecht Zustimmung Täter-Opfer-Ausgleich 2. Falsche Darstellung des Sachverhalts Leugnen Bagatellisieren Motiv-Fälschung 3. Rechtfertigung der Gewalt Opferbeschuldigung (victim-blaming) Kontrollverlust Belastungssituation Die Darstellung beruht in Teilen auf Seminarunterlagen der Informationsstelle gegen Gewalt, Wien Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 19

Prüfkriterien zur Gefährdungsanalyse 1. Art und Intensität der aktuellen Gewalt 2. Waffenbesitz, Kenntnis von Kampfsporttechniken 3. Gewaltgeschichte gg. der Partnerin 4. Gewalt gegen Dritte 5. Alkohol- und Drogenkonsum 6. Ausgeprägtes Besitzdenken 7. Todes-, auch Suiziddrohungen 8. Situative Risikofaktoren Dr Lesley Laing: Risk Assessment in Domestic Violence; Australian Domestic & Family Violence Clearinghouse, 2004 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 20

Situative Risikofaktoren Trennung und Scheidung Schwangerschaft Arbeitslosigkeit Kausale Korrelationen traditionelle Geschlechtsrollen und Abhängigkeiten Gewalterfahrung in der Kindheit Alkohol- oder Drogensucht Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland, Dr Lesley Laing: Risk Assessment in Domestic Violence; Australian Domestic & Family Violence Clearinghouse, 2004 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 21

Gewalthandlungen aktuelle Partner (rot), frühere (blau), Mehrfachnennungen BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 wütend weggeschubst getreten, gestoßen gedroht mich umzubringen verprügelt, zusammengeschlagen gewürgt mit Waffe verletzt Vergewaltigung, Nötigung 3,6 4,1 3,5 3 1,2 6,1 21 18 21 16 25 42 63 75 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 22

Probleme im Kontext des Umgangs Mehrfachnennungen. Fallbasis: Cluster 3, Umgangsprobleme angegeben BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 drohte, mir/den Kindern etwas anzutun drohte die Kinder zu entführen 26,9 28,8 entführte die Kinder 9 griff mich körperlich an 41 griff die Kinder körperlich an versuchte mich umzubringen 11,1 14,6 versuchte die Kinder umzubringen 2,6 sonst. Probl. mit Gewalt/Drohung 26,4 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 23

Beteiligung der Kinder am Gewaltgeschehen Mehrfachnennungen. Fallbasis: letzte gewaltbel.beziehung, Kinder im Haushalt BMFSFJ: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland 2004 Die Kinder haben die Situation angehört 57 % haben die Situation gesehen 50 % gerieten in die Auseinandersetzung mit hinein 21 % haben versucht, mich zu verteidigen oder zu schützen 25 % haben versucht, meinen Partner zu verteidigen 2 % wurden selber körperlich angegriffen 10 % haben nichts mitbekommen 23 % weiß nicht, ob Kinder etwas mitbekommen haben 11 % Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 24

. Vielen Dank! Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt, Miniterium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes 25