IGF-Vorhaben 17354 BR Untersuchungen zum Mechanismus des Spinning-Effektes bei der Herstellung nassgelegter Vliesstoffe Ziel des Forschungsvorhabens war es, die Ursachen und die Einflussgrößen, die zum Spinning-Effekt bei der Herstellung von Nassvliesstoffen führen, systematisch zu analysieren, die Fehlerbilder im Vlies zu charakterisieren und, unterteilt nach Faserfehlern und Vliesfehlern, zu katalogisieren. Das Ergebnis sollte in einem Leitfaden mit Empfehlungen und Verarbeitungsweisen für den Faser- und Vliesstoffhersteller zusammengestellt werden. Zu den bedeutenden Einflussgrößen für das Auftreten von Verspinnungen in der Faser / Wassersuspension zählen die Faserparameter Feinheit, Länge, Querschnitt, Steifheit und bei Synthesefasern das Faserfinish. Für die wichtigsten Faserstoffe im Nassverfahren - Viskosefasern als Basisfasermaterial, Polyesterfasern als Verstärkungsfasern und die Bindefasern Polypropylen und Polyester-Bikomponentenfasern, wurde deshalb in Abhängigkeit von den genannten Faserparametern die kritische Faserlänge bestimmt, bis zu der eine fehlerfreie Faserablage auf der Vliesanlage möglich ist. Die Beurteilung der Vliesqualität erfolgte nach einer erarbeiteten Notenskala von Note 1 (fehlerfrei) bis Note 5 (inhomogen mit hoher Anzahl an Stippen, Noppen und Verschlingungen). Die Ergebnisse wurden tabellarisch als Verarbeitungsleitlinien, unterteilt nach den verschiedenen Faserstoffen, zusammengefasst. Gemäß den Vorhabenzielen wurden die auftretenden Fehler im Vlies in einem Fehlerkatalog unterteilt nach Fehlerart, möglicher Fehlerursache, typischem Fehlerbild und Maßnahmen zur Fehlervermeidung zusammengestellt. Aus den Verarbeitungsleitlinien und dem Fehlerkatalog wurde ein Leitfaden für Faser- und Vlieshersteller erarbeitet. Der Leitfaden ist als Download auf der Internetseite des TITK verfügbar. Ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen zu den faserstoffspezifischen Verarbeitungseigenschaften ließ sich zeigen, dass sich die Vlieseigenschaften durch eine bewusste Faserstoffauswahl zielorientiert entwickeln lassen. So können durch den Einsatz von feineren Fasern die Zugfestigkeit der Vliese und dem Einsatz von längeren Fasern die Weiterreißkraft signifikant erhöht werden. Ersetzt man darüber hinaus die Viskosefaser durch eine hochmodulige Lyocellfaser, können sowohl die Zugfestigkeit als auch die Weiterreißkraft der Vliesstoffe weiter verbessert werden. Aufgrund des hohen Nassmoduls der Lyocellfasern zeigen diese Vliese sehr gute Nassfestigkeiten. Damit steht dem Vliesstoffhersteller ein Entscheidungsinstrument zur anwendungsspezifischen Steuerung funktioneller Vlies- und Produkteigenschaften zur Verfügung. Darüber hinaus liefern die FuE-Ergebnisse Kenntnisse zur wirtschaftlichen Produktoptimierung. Durch die gezielte Auswahl der Faserstoffe ist es möglich, äquivalente Vlieskennwerte mit 20-30% geringerem Flächengewicht zu generieren, was eine erhebliche Rohstoffeinsparung bedeutet. Das IGF-Vorhaben 17354 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.v., Reinhardtstraße 12-14, 10117 Berlin wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Kontakt: Frau Dipl. Chem. Carmen Knobelsdorf Telefon: 03672 / 379-314 Telefax: 03672 / 379 379 E-Mail: knobelsdorf@titk.de Download: Leitfaden: Verarbeitungshinweise für den Einsatz von Cellulose- und Synthesefasern im Nassvliesverfahren 2
LEITFADEN Verarbeitungshinweise für den Einsatz von Cellulose- und Synthesefasern im Nassvliesverfahren
Ziel des Leitfadens Der Leitfaden ist eine Handreichung zur Verarbeitung unterschiedlicher Faserstoffe im Nasslegeverfahren. Er zeigt auf, welche Vliesqualität in Abhängigkeit der Faserparameter (Fasereinheit, Faserquerschnitt, Faserlänge) beim Einsatz der ausgewählten Faserstoffe resultiert und gibt einen Überblick über typische Faser- und Vliesfehler, deren Ursachen und Maßnahmen zur Vermeidung. Die Vliesqualität der auf der Nassvliesanlage verarbeiteten Fasertypen wurde nach folgendem Notenspiegel bewertet: 4
Zusammenhang zwischen den Faserparametern Feinheit, Querschnitt und Schnittlänge und der resultierenden Vliesqualität in Noten für die Faserstoffe Polyester, Viskose, Lyocell, Polypropylen und Polyester-Bikomponentenfasern Faserstoff Lieferant Schnittlänge [mm] Feinheit [dtex] 3 6 9 12 15 18 24 Polyester 0,5 A 3 4 0,6 B 1 1,7 A 2,5 4 1,7 B 1 2 3,3 A 1 3 4 3,3 B 1 6,7 A 2 3 4 6,7 B 2 1,7 C 1 Viskose 0,9 rund 1 1 3 5 1,7 rund 1 1 2 4 3,3 rund 1 1 2 3 5 2,4 flach 1 1 2 4 3,3 trilobal 1 1 1 1 2 4 Lyocell 1,4 2 1,7 1 2 Polypropylen 2,8 A 2 2,8 B 1 3 PES/PE-Bico 1,3 1 2,2 1 3,3 1 1 5
Darstellung der Vliesqualitäten bei der Verarbeitung von Viskosefasern in Abhängigkeit von Faserlänge, Faserfeinheit und Faserquerschnitt 6
Darstellung der Vliesqualitäten bei der Verarbeitung von Polyesterfasern in Abhängigkeit von Faserlänge, Faserfeinheit und Lieferant 7
Zusammenhang zwischen dem aus der Faserfeinheit und der Faserlänge errechneten Schlankheitsgrad und der resultierenden Vliesqualität Faserstoff Schlankheitsgrad 0-100 100-200 200-300 300-400 400-500 500-600 600-700 700-800 800-900 900-1000 1000-1100 Viskose Querschnitt rund 1 1 1 1 1 1 2 3 4 5 5 Querschnitt flach 1 1 1 1 1 2 2 3 Querschnitt trilobal 1 1 1 1 1 1 1 2 2 3 4 Lyocell 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 Polyester Lieferant A 1 1 1 1 2 3 3 3 3 4 4 Lieferant B 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 PES/PE-Bico 1 1 1 1 1 1 1 1 Polypropylen Lieferant A 2 2 2 2 Lieferant B 1 1 1 2 2 3 3 8
Typische Faserfehler, deren Ursachen und Maßnahmen zur Vermeidung Fehlermerkmal Fehlerbilder Mögliche Fehlerursachen Maßnahmen zur Behebung Verschweißte Faserenden ( Pinsel ) - Stumpfe Schneidmesser, dadurch Quetschungen/ Verschweißungen an den Faserenden - Wechseln der Schneidmesser Überlängen - nicht durchgeschnittene Faserbündel durch fehlerhafte Messerklinge - Spannungsunterschiede im Faserkabel - gerissene Einzelfilamente - Wechseln der Schneidmesser - Spannung der Kabelzuführung zum Schneidmesser kontrollieren - Einsatz von Reinigungsaggregaten z. B. Cleaner Nicht oder teilweise aufgelöste Faserbündel (Stippen) - unscharfe Messer, beide Faserenden verschweißt - ungeeignete oder ungleichmäßig verteilte Faseravivage, dadurch hohe Faser/Faser-Haftung - Wechseln der Schneidmesser - Lösen der Faser/Faser- Haftung durch: > chemische Zusätze > höhere Scherkräfte und längere Verweilzeit im Pulper > Einsatz Entstipper 9
Fehlermerkmal Fehlerbilder Mögliche Fehlerursachen Maßnahmen zur Behebung Bildung von Noppen und Doppelnoppen ) - Wechseln der Schneidmesser - Haken und Umknicke an den Faserenden durch fehlerhaften Schnitt - Anteile überlanger Fasern - Einsatz von Reinigungsaggregaten z. B. Cleaner Verklebungen - Spinnfehler im Faserherstellungsprozess - Einsatz von Reinigungsaggregaten z. B. Cleaner Weitere Empfehlungen zur Fehlervermeidung: - Auswahl geeigneter Schneidwerkzeuge Guillotine oder Messerrad o Auswahlkriterien: Faserpolymer (harte oder weiche Fasern) Schnittlänge (kleiner 2 mm mit Guillotine, größer 3 mm Messerrad) 10
Typische Vliesfehler, deren Ursachen und Maßnahmen zur Vermeidung Fehlermerkmal Fehlerbilder Mögliche Fehlerursachen Maßnahmen zur Fehlerbehebung - Faserverschlingungen - nicht separierte Faserbündel - Ungeeignetes L/D-Verhältnis - Reduzieren der Faserlänge - Absenken der Stoffkonzentration Fasern bilden Zöpfe der 2 bis 8-fachen Schnittlänge, die sich als Schlingen ablegen ( Verzopfung ) - hohe Faser/Faser-Haftung - ungeeignete oder ungleichmäßig verteilte Faseravivage - Absenken der Stoffkonzentration - Einsatz von Reinigungsaggregaten z. B. Cleaner Nicht oder teilweise separierte Faserbündel - ungeeignete Stoffkonzentration - zu geringe Scherwirkung zum Lösen der Faser/Faser-Haftung - Stoffkonzentration anpassen - Intensivieren der Scherwirkung in der Stoffaufbereitung durch Erhöhung Pulperdrehzahl und Verweilzeit - Einsatz eines Entstippers 11
Fehlermerkmal Fehlerbilder Mögliche Fehlerursachen Maßnahmen zur Fehlerbehebung Inhomogenität - falsche Entwässerungscharakteristik - Entwässerung am Stoffauflauf durch Anpassung der Geschwindigkeiten von Volumenstrom und Siebbabd verändern Weitere Empfehlungen zur Fehlervermeidung: - Eingangskontrolle der Faserqualität durch Versuche auf dem Blattbildner oder einer Labornassvliesanlage. - Gutes Lieferantenmanagement, d. h. Auswahl von Faserlieferanten mit einer hohen Lieferantenperformance bezüglich der Faserqualität. - Insbesondere bei steifen Fasern wie z. B. Glas- oder Carbonfasern kann durch die Erhöhung der Stoffkonzentration und der damit einhergehenden verstärkten Scherwirkung bei der Zubereitung der Fasersuspension die Faservereinzelung verbessert werden. - Weiche Fasern hingegen wie z. B. Viskosefasern benötigen ehr eine geringe Stoffkonzentration für eine gute Faservereinzelung. - Der Einfluss der Wasserhärte auf die Verarbeitungseigenschaften der Fasern ist bekannt. Für eine gleichbleibende Suspensionsqualität sollte deshalb für eine konstante Wasserhärte gesorgt werden. Die Ergebnisse wurden im Rahmen des IGF-Vorhaben 17354 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.v., Reinhardtstraße 12-14, 10117 Berlin, gefördert über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, erarbeitet. 12