Hartmann & Wiegler Consulting GmbH Sportplatzstraße 106 98617 Belrieth T + 49 (0) 3693 88 19 52 F + 49 (0) 3693 88 55 97 info@myhwc.de www.myhwc.de 17. August 2016 Netzbetreiberinfo: Novellierung ARegV Beschluss Strommarktgesetz Netzverlustpreis Strom 2017 volatile Kosten Zweite Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung Die Bundesregierung hat in der Kabinettsitzung am 03. August 2016 den Beschluss zur zweiten Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) endgültig verabschiedet. Dieser soll demnächst im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und somit in Kraft treten. Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI) ist der Beschluss bereits bekannt gegeben worden. Abweichend vom Entwurf zur Neuregelung der ARegV vom 19. April 2016 (siehe unsere Netzbetreiberinfo vom 25. April 2016) sind nun folgende Änderungen beschlossen worden: Dauer der Regulierungsperioden weiterhin je fünf Jahre Abbau Ineffizienzen weiter über gesamte Regulierungsperiode und nicht innerhalb von drei Jahren
2 Die aus unserer Sicht wichtigsten Änderungen zur bis dato gültigen ARegV sind nachfolgend kurz ausgeführt. Effizienzvorgaben und Effizienzvergleich Zukünftig ist ein zusätzlicher Effizienzbonus für besonders effiziente Netzbetreiber vorgesehen ( 12a ARegV). Diesen erhalten Netzbetreiber, die nach der Best-of-Four-Regelung als effizient gelten. Der Bonus wird über eine separate Supereffizienzanalyse ermittelt, auf 5% gedeckelt und über die Dauer der Periode verteilt. Es werden zudem weitere mögliche Vergleichsparameter für den Effizienzvergleich in den 13 ARegV aufgenommen; es entfällt jedoch die verbindliche Vorgabe von Parametern. Die DEA (Daten- Einhüllende-Analyse) wird durch die Einführung konstanter Skalenerträge (an Stelle nicht-fallende Skalenerträge) insbesondere für kleinere Netzbetreiber verschärft (Anlage 3 Punkt 4 der ARegV). Der Abbau der Ineffizienzen in der Regulierungsformel wird nun weiterhin innerhalb der jeweilig laufenden Regulierungsperiode erfolgen. Kapitalkostenabgleich Zur zeitnahen Berücksichtigung von Investitionskosten wird der Kapitalkostenausgleich (Kapitalkostenabzug 6 Abs. 3 ARegV und Kapitalkostenaufschlag 10a ARegV) an Stelle der bisherigen Instrumente Erweiterungsfaktor 10 ARegV und Investitionsmaßnahmen 23 Abs. 6 ARegV eingeführt. Der Kaptalkostenausgleich löst die bisherige Festschreibung der Kapitalkosten des Basisjahres für eine Regulierungsperiode (Sockeleffekt) mit Ausnahme der Investitionen der Jahre 2007 2016 ( 31 Abs. 5 ARegV) ab. Der Sockeleffekt für die Investitionen von 2007 2016 ist bislang auf die dritte Periode beschränkt. Künftige Investitionskosten werden innerhalb der Regulierungsperiode ohne Zeitverzug in den jeweiligen Erlösobergrenzen berücksichtigt. Mit der Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Erlösobergrenzen der dritten Periode wird zusätzlich der Kapitalkostenabzug für jedes Jahr der Regulierungsperiode ermittelt. Dabei handelt es sich um die Differenz der Kapitalkosten für betriebsnotwendige Anlagengüter des Basisjahres und der Fortschreibung dieser Kapitalkosten zum jeweiligen Erlösobergrenzenjahr. Die Kapitalkosten beinhalten kalkulatorische Abschreibungen, Eigenkapitalverzinsung und Gewerbesteuer sowie die Auflösung von BKZ und die Fremdkapitalzinsen. Zum 30. Juni eines jeden Jahres müssen Verteilnetzbetreiber den Kapitalkostenaufschlag für das folgende Erlösobergrenzenjahr beantragen. Der Aufschlag errechnet sich aus den Kapitalkosten für Investitionen nach dem Basisjahr bis einschließlich des Jahres, für das die Erlösobergrenze gelten soll. Für im Antrag enthaltene Investitionen noch nicht abgeschlossener Geschäftsjahre werden Planansätze herangezogen. Abweichungen zu den Istwerten werden über das Regulierungskonto ausgeglichen.
3 Regulierungskonto Das System des Regulierungskontos nach 5 ARegV, auf dem die abweichenden Erlöse der Netzbetreiber über die Dauer der Regulierungsperiode gesammelt werden, wird geändert. So wird die jährlich verzinste Differenz des Regulierungskontos annuitätisch über die kommenden drei Kalenderjahre durch Zu- und Abschläge auf die Erlösobergrenze verteilt. Die vollständige Auflösung im folgenden Kalenderjahr bei Mehr- oder Mindererlösen mit einem Anteil von mehr als 5% an der genehmigten Erlösobergrenze ( 5 Abs. 3 ARegV) wird aufgehoben. Das neue System soll alle noch offenen Jahre umfassen. Damit soll auch der Regulierungskontosaldo der zweiten Regulierungsperiode in einer Übergangslösung bis zum Ende der dritten Regulierungsperiode durch Zu- und Abschläge auf die Erlösobergrenze verteilt werden. Der Antrag auf Anpassung der Erlösobergrenzen kann somit zum 30. Juni 2017 (Gasverteilnetzbetreiber), bzw. am 30. Juni 2018 (Elektrizitätsverteilnetzbetreiber) gestellt werden. Wichtig dabei bleibt der neu hinzugekommene und auch zu beantragende Kapitalkostenaufschlag nach 10a. Vereinfachtes Verfahren Für Netzbetreiber, die einen Antrag auf vereinfachtes Verfahren stellen wollen, gilt künftig die Abgabefrist zum 31. März des vorletzten der Regulierungsperiode vorangegangenen Kalenderjahres. Für Gasverteilnetzbetreiber zur Verfahrenswahl für die dritte Regulierungsperiode wird eine Übergangsregelung gelten. Demnach können diese noch bis zu vier Wochen nach Inkrafttreten der zweiten Verordnung der ARegV einen Antrag auf vereinfachtes Verfahren stellen. Weiterhin wird die Kürzung des pauschalen Anteiles der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile in der Erlösobergrenzenberechnung von 45% auf 5% zzgl. vorgelagerte Netzkosten und vermiedene Netznutzung reduziert. Es werden die Anteile für vorgelagerte Netzkosten und vermiedene Netzentgelte nicht mehr wie bisher in der Ausgangsbasis bei der Ermittlung der Pauschale miteinbezogen (alt: genehmigte Gesamtkosten x 45% vs. neu: genehmigte Gesamtkosten nach Abzug vorgel. Netz / verm. Netznutzung x 5%). Netzübergänge Der Regulierungsbehörde erhält mittels 26 Abs. 3 ARegV die Befugnis zur Bestimmung des übergehenden Anteils der Erlösobergrenze von Amts wegen, sollten sich die Netzbetreiber bei einem Teilnetzübergang nicht innerhalb von 6 Monaten auf den übergehenden Anteil der Erlösobergrenze einigen können. Zudem ist der aufnehmende Netzbetreiber bis zur Festlegung des Anteils der übergehenden Erlösobergrenze berechtigt, vorübergehend angemessene Netzentgelte zu erheben.
4 Veröffentlichung netzbetreiberbezogener Daten Ab der dritten Regulierungsperiode sollen Daten der Netzbetreiber in erheblichem Umfang in nicht anonymisierter Form veröffentlicht werden. Dazu zählen unter anderem: Höhe der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen Zu- und Abschläge aus der Auflösung des Regulierungskontos Die Effizienzwerte, die herangezogenen Parameterwerte sowie den etwaigen Supereffizienzbonus Parameter sowie Anpassungsbeträge aus Erweiterungsfaktor (dieser entfällt künftig jedoch) Den jährlich ermittelten Kapitalkostenaufschlag Jährliche Höhe der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile inkl. des Anpassungsbetrages Höhe der tatsächlich entstandenen Kostenanteile für genehmigte Investitionsmaßnahmen nach 23, die Inanspruchnahme vorgelagerter Netzebenen sowie Kostenanteile für vermiedene Netzentgelte Höhe der jährlichen volatilen Kostenanteile und Kennzahlen zur Versorgungsqualität Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) Am 30. Juli 2016 trat das Strommarktgesetz in Kraft. Mehrere Gesetze wie EnWG und EEG als auch Verordnungen wie ARegV und StromNEV u. a. wurden geändert. Wesentliche Inhalte sind: Schaffung einer Netz-, Kapazitäts- und Braunkohlereserve Möglichkeit der Spitzenkappung bis zu 3% im Rahmen des Netzausbaues der Verteilnetzbetreiber bei Wind-Onshore und PV-Anlagen Stärkung der Elektromobilität o Ladepunkt = Letztverbrauch o Anspruch auf Netzanschluss eines Ladepunktes Neu: 19 Absatz 4 StromNEV individuelles Netzentgelt für Stromspeicher (Speicherverluste) Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage rückwirkend ab 01. Januar 2012 für die Regelungen des 19 Absatz 2 StromNEV Erweiterung der Veröffentlichungspflichten nach 27 StromNEV Öffnung der Regelleistungsmärkte für neue Anbieter Einrichtung einer nationalen Informationsplattform und eines Marktstammdatenregisters Die Ermittlung des individuellen Netzentgeltes für Stromspeicher lässt sich nur aus der Gesetzesbegründung ableiten. Nachfolgend ist eine Musterberechnung anhand unserer Interpretation dargestellt.
5 Messwerte aus Netz entnommene Menge in Netz rückgespeiste Menge Speicherverlust 100'000 kwh 90'000 kwh 10'000 kwh individueller Speicherwirkungsgrad 90% oder Herstellerangabe individueller Speicherverlustgrad 10% Preise Leistungpreis hohe Benutzungsdauer bn > 2.500 h individueller Leistungspreis 50.00 /kw*a lt. Preisblatt Netznutzung 5.00 /kw*a Leistungspreis * ind. Speicherverlustgrad Netzentgelt Speichernennleistung 40 kw individuelles Netzentgelt 200 /a ind. Leistungspreis * Nennleistung Zur Kontrolle des Rollouts von digitaler Messtechnik ab 2017 werden in die Veröffentlichungspflichten der Stromnetzbetreiber nach 27 StromNEV die Anzahl der Zählerstandsgangmessungen sowie Angabe des grundzuständige Messstellenbetreiber aufgenommen. Die Entfernung bzw. Teilberücksichtigung von vermiedenen Netzentgelten wurde gegenüber dem Entwurf aus dem Strommarktgesetz gestrichen. Hier soll im Herbst 2016 eine Neuregelung erfolgen. Netzverlustpreis Strom 2017 volatile Kosten Für das Jahr 2017 ist voraussichtlich mit einem Netzverlustpreis in Höhe von 2,815 Ct/kWh als volatile Kosten zu rechnen. Gegenüber dem Preis der freiwilligen Selbstverpflichtung bzw. dem Preis in Baden-Württemberg sinkt dieser in der zweiten Regulierungsperiode weiterhin stark ab. EEX-Future Preise erlauben einen Ausblick auf 2018.
6 Sollten Gasnetzbetreiber noch einen Antrag auf Teilnahme am vereinfachten Verfahren stellen wollen, so ist dies noch bis zum Ablauf von 4 Wochen nach Inkrafttreten der novellierten ARegV möglich. Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zum Thema Kostenprüfung und Anreizregulierung wie gewohnt zur Seite. Ihr Team von Hartmann & Wiegler Consulting GmbH In Kooperation mit Consulting Ulm & Schendel GmbH & Co. KG