Roundtable dp media Immobilienanlagen Die besten Strategien Die Möglichkeiten und Angebote mit Fokus Immobilien sind vielfältig, Chancen und Risiken liegen aber oft nahe beieinander. Eine hochkarätige Expertenrunde zeigt auf, wo und wie aktuelle Investmentopportunitäten sinnvoll genutzt werden können. Daniel Manser und Martin Raab Die Kreditvergabe für Immobilien wurde jüngst erschwert. Die Preise scheinen vorerst aber weiter zuzulegen. Wie können Anleger jetzt am besten von steigenden Immobilienpreisen profitieren? Giuliana De Rinaldis Ich bin mir sicher, die Chancen bei Immobilien bleiben bis auf weiteres intakt. Zur angesprochenen Verschärfung der Kreditvergabe erwarten wir, als direkt im Immobilienmarkt tätiges Unternehmen, insbesondere Auswirkungen beim Wohneigentum. Es werden sich in Zukunft weniger Personen Eigentum leisten können, da die Eigenmittel nicht ausschliesslich durch PK-Gelder erbracht werden dürfen. Die Nachfrage, insbesondere nach grösseren Mietwohnungen, wird wieder anziehen. Solche Direktanlagen dürften interessant bleiben. Georg von Wattenwyl Neben dem Erwerb einer Liegenschaft sind aber auch Immobilienfonds oder Immobilienaktien nach wie vor attraktiv. Beide weisen eine hohe Ausschüttungsquote in Form von Dividenden aus. Möchte der Anleger seine Anlage diversifizieren, dürfte das Zertifikat eine gute Lösung sein. Hier kann man sich mit geringen Anlagebeträgen Zugang zu einer breiten Auswahl an Fonds oder Aktien verschaffen und bekommt je nach Ausgestaltung ebenfalls die Dividenden. Ulrich Braun Immobilienanlagen entfalten ihre Vorteile z.b. stabile Cashflows oder niedrige Korrelation mit anderen Anlagen vor allem über einen langen Zeithorizont. Von daher sollte nahezu jedes Anlageportfolio über einen gewissen Anteil an Immobilienanlagen verfügen. Ich sehe bei den Schweizer Immobilienfonds durchaus attraktive Anlagemöglichkeiten. Alex Hinder Hier ergänze ich gerne, dass für Investoren die passive Anlagen vorziehen und die 1:1 an der Kursentwicklung von Immobilienindizes partizipieren wollen ETFs die kostengünstigste und transparenteste Alternative sind. In der Schweiz gibt es ETFs auf die, von der SIX Swiss Exchange berechneten, Immobilienindizes SXI Real Estate und SXI Real Estate Funds. 9 /// ANLEGEN & VORSORGEN /// August 2012
Sie haben alle gerade schon sehr treffend das mögliche Produktspektrum angesprochen. Welche Variante ist nun konkret zu bevorzugen und weshalb? Georg von Wattenwyl Ich würde Immobilienaktien bevorzugen und dabei diversifiziert investieren. Meine bevorzugte Investitionsform: In ein Zertifikat auf einen Korb von Immobilienaktien mit jährlicher Ausschüttung investieren. Giuliana De Rinaldis Da stimme ich Herrn von Wattenwyl zu: Auch für private Anleger eignen sich indirekte Anlagen. Mit geringen Mitteln kann so eine gute Diversifikation erreicht werden. Im institutionellen Umfeld sind aber heute trotz der hohen Grundstückpreise, bei der Realisierung von Development-Projekten im Eigentumsbereich, nach wie vor gute Gewinne innert kurzer Zeit realisierbar. Ich glaube, dass die Schweiz als sichere und stabile Insel in Europa attraktiv bleibt. Ulrich Braun Für qualifizierte Privatinvestoren wäre ein konkretes Produktangebot derzeit ein steuerlich attraktiver Fonds, der diversifiziert in Schweizer Hospitality-Liegenschaften investiert, sowie ein globaler, direkt investierender Immobilienfonds. Alex Hinder Wer in den eigenen vier Wänden leben möchte, zieht natürlich direkte Immobilienanlagen den anderen Anlageformen vor dass macht ja auch Sinn. Im Finanzvermögen ist eine langfristige Allokation in indirekte Immobilienanlagen ebenfalls sinnvoll. Das einzige Manko ist allerdings, dass die Kurse von Schweizer Immobilienanlagen leider infolge der grossen Nachfrage aus dem Ausland und der Nullzinspolitik der Nationalbank aus meiner Sicht deutlich überbewertet sind. Gäbe es aus steuerlicher Sicht eine abweichende Perspektive? Alex Hinder Steuerlich können direkte Immobilienanlagen interessant werden, vorausgesetzt man schöpft das gesamte mögliche Steuersparpotenzial (optimale Finanzierung, Renovationen etc.) aus. Bei den indirekten Immobilienanlagen bevorzugen wir aus steuerlicher Sicht Immobilienaktien. Bei diesen fällt ein hoher Teil des Gesamtertrages als steuerfreier Kapitalgewinn an. Die im Vergleich zu den Immobilienaktien höheren Ausschüttungen bei den Immobilienfonds sind dagegen als Kapitalerträge zu versteuern. Ulrich Braun Hier muss man aber genau unterscheiden: Bei Immobilienfonds mit direktem Grundbesitz werden die Erträge und das Kapital aus direktem Grundbesitz auf Ebene des Immobilienfonds zu einem vorteilhaften Satz besteuert. Georg von Wattenwyl, Leiter Financial Products Advisory & Distribution bei der Bank Vontobel AG, ist verantwortlich für die globale Beratung und den Vertrieb von Finanzprodukten. Parallel ist der Derivatexperte Vizepräsident des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte (SVSP) und dessen Gründungsmitglied. Georg von Wattenwyl begann seine Karriere bei der Credit Suisse, wo er u. a. als Fixed-Income-Spezialist tätig war. Der zweifache Familienvater ist Dipl. Bankfachexperte und Absolvent des Executive Programms der Swiss Banking School sowie der Insead in Fontainbleau und Singapur. Hebelprodukte auf Zinssätze könnten zur Absicherung interessant sein. Georg von Wattenwyl 10 /// ANLEGEN & VORSORGEN /// August 2012
Roundtable Giuliana De Rinaldis, Stellvertretende CEO und Partner bei CSL Immobilien AG, ist Expertin für Wohn- und Anlageimmobilien. CSL erbringt im Wirtschaftsraum Zürich Dienstleistungen in den Bereichen Immobilienentwicklung, Bauherrenberatung, Bewertung und Verkauf sowie Erstvermietung und Bewirtschaftung. Die inzwischen eingebürgerte Schweizerin mit italienischen Wurzeln ist seit Oktober 2002 bei CSL. Zuvor war sie bei der UBS für die Vermarktung von Anlageobjekten zuständig. Sie starte ihre Karriere 1995 bei Mobimo bzw. der ehemaligen Interpool und ist Eidg. Dipl. Immobilien-Treuhänderin. Es werden sich in Zukunft weniger Personen Eigentum leisten können. Giuliana De Rinaldis Auf Ebene des in der Schweiz domizilierten Privatinvestors ist die Investition von der Einkommens- und Vermögenssteuer befreit und somit sehr interessant. Nullzinspolitik wurde vorher genannt. Sollten Anleger, die bereits eine Immobilie samt Hypothek besitzen oder bald erwerben, jetzt über eine Zinsabsicherung nachdenken? Giuliana De Rinaldis Ja bei einer Hypothekenaufnahme oder Krediterneuerung innerhalb der nächsten 12 Monaten lohnt es sich, eine Zinsabsicherung zu prüfen. Die historisch tiefen Konditionen für Festzinshypotheken und Zinsswaps sowie die flache Zinskurve und die günstigen Absicherungskosten sprechen dafür. Alex Hinder Für die nächsten Monate dürfte die aktuelle Tiefzinslandschaft aber sicher noch Bestand haben. Die Notenbanken werden sich mit Zinserhöhungen sehr viel Zeit lassen. Auf der anderen Seite glaube ich aber auch nicht, dass die Zinsen noch stark fallen werden. Georg von Wattenwyl Mir erscheint eine Absicherung auch sinnvoll. Für den Hypothekarschuldner gilt es jedoch, die Opportunitätskosten in Betracht zu ziehen. Konkret muss er sich beispielsweise die Frage stellen, wie viel günstiger er sich aktuell über den Libor finanzieren kann, wenn er sich nicht absichert. Welche Produkte sind zur Absicherung derzeit Ihrer Meinung nach sinnvoll? Georg von Wattenwyl Hebelprodukte auf Zinssätze könnten interessant sein. Diese Variante macht dann Sinn, wenn man sich das Zinssenkungspotenzial aufrechterhalten will oder wenn die Kosten der variablen Verzinsung summiert mit den Absicherungskosten tiefer sind als die der Festhypothek. Ansonsten ist die Festhypothek die bessere Variante, denn das Zinssenkungspotenzial ist bei einem Libor nahe Null bekanntlich ausgeschöpft. Alex Hinder Ich finde Finanzprodukte wie Mini-Future Long CHF LIBOR etc. eignen sich nicht für den durchschnittlichen Anleger. Das einfachste Produkt die Festhypothek ist meines Erachtens die beste Lösung. Ulrich Braun Generelle Aussagen sind nicht möglich. Wir setzen bei unseren Fonds möglichst einfache und transparente Finanzierungsinstrumente ein, d. h. Libor-Hypotheken für kurzfristige Finanzierungen und Festhypotheken für langfristige Finanzierungen. Welche Fallstricke auch hinsichtlich Gebühren und Transparenz gilt es bei Anlageprodukten mit dem Fokus auf Immobilien zu beachten? Alex Hinder Wie bereits erwähnt, beschränken wir uns in unserer Anlagetätigkeit auf transparente und liquide Indexanlagen, die an der Börse kotiert sind. Fonds und auch so manches Strukturierte Produkt haben aus meiner Sicht häufig ein 11 /// ANLEGEN & VORSORGEN /// August 2012
Ulrich Braun, Leiter Immobilienstrategie und -beratung bei der Credit Suisse AG, ist seit Mitte 2006 verantwortlich für die Strategie und den Vertrieb von Immobilienprodukten im Asset Management der CS. Er hat in diesem Zeitraum Erstemissionen und Kapitalerhöhungen von rund CHF 6.5 Mrd. begleitet. Sein Geschäftsbereich ist der grösste Anbieter von Immobilienanlageprodukten in der Schweiz, mit verwalteten Vermögen von CHF 29.8 Mrd. per 30. Juli 2012. Insgesamt werden 1 100 Liegenschaften verwaltet. Ulrich Braun hat sein Studium an der Uni Zürich in Volkswirtschaft und Politik absolviert und ist verheirateter Vater von zwei Kindern. Ich sehe bei Schweizer Immobilienfonds durchaus attraktive Anlagemöglichkeiten. Ulrich Braun Transparenzproblem. Wie die Finanzkrise ausserdem gezeigt hat, mussten einige bedeutende offene Immobilienfonds geschlossen werden und werden nun liquidiert. Giuliana De Rinaldis Vor einer Investition empfehlen wir stets eine detaillierte Analyse gemeinsam mit Experten, die sich Kosten und die angewendeten Renditebegriffe genau ansehen und nachprüfen. Das schützt vor bösen Überraschungen. Georg von Wattenwyl Anleger sollten sich stets bewusst sein, dass Immobilien grundsätzlich ein illiquides Investment sind. Wird eine Immobilie durch ein Anlageinstrument liquid gemacht, äussert sich dies häufig in Form einer Prämie gegenüber dem sogenannten Inventarwert. Aufgrund der grossen Nachfrage nach Immobilienanlagen liegt diese Prämie bei Immobilienfonds aktuell durchschnittlich bei 26%, bei Immobilienaktien bei rund 16%. Diese Prämie kann sich unabhängig von der Entwicklung der Immobilienpreise auch wieder reduzieren. Herr Braun, können Sie bei Fonds bitte kurz aktuelle Informationen zum Thema Agios geben? Ulrich Braun Gerne die Agios lagen sogar noch etwas höher als von Herrn von Wattenwyl gerade erwähnt. Per Ende Juli 2012 lag das durchschnittliche Agio der Schweizer Immobilienfonds bei 29%. Sprich: Um für 100 Franken Immobilien zu erwerben müssen an der Börse 129 Franken gezahlt werden. Das klingt ja verrückt teuer Ulrich Braun Moment, hier gilt es zu differenzieren. Hinter dem Durchschnittswert versteckt sich eine riesige Bandbreite bei den einzelnen Fonds: Das höchste Agio aller kotierten Immobilienfonds liegt bei über 40,5%, das tiefste Agio bei 0,1%. Das Agio ist nur ein Massstab zur Beurteilung eines Immobilienfonds unter vielen. Weitere Themen sind die Anlagerendite, die Ausschüttungsrendite oder der Anlagefokus. Zum Thema Anlagefokus: Im Ausland haben seit 2008 in diversen Märkten die Immobilienpreise massiv korrigiert. Gibt es dort Ziele mit Renditepotenzial für Investoren? Alex Hinder Nach einer rund sechsjährigen Rezession scheint mir speziell der US-Immobilienmarkt langsam Boden zu finden. Zumindest hat der Preisdruck stark nachgelassen. Die Bauaktivität und die Verkäufe haben in den letzten Monaten zugenommen und die Leerstände konnten reduziert werden. Allerdings wird die Erholung wie immer nach Immobilienkrisen nur schleppend erfolgen. Georg von Wattenwyl Unsere Ökonomen der Bank Vontobel sehen ebenfalls eine Stabilisierung des US-amerikanischen Häusermarktes und 12 /// ANLEGEN & VORSORGEN /// August 2012
Dr. Alexander Hinder, CEO von Hinder Asset Management AG, gilt als Instanz für passive Vermögensverwaltung. Der ehemalige Anlagechef der Bank Leu AG in Zürich hat sich 2007 selbstständig gemacht. Zuvor war Dr. Hinder Mitglied der Geschäftsleitung der Vontobel Asset Management AG. Er promovierte an der Hochschule St. Gallen zum Thema «Wechselkursprognosen» und ist Absolvent der Swiss Banking School. Der Kapitalmarktexperte ist u. a. auch Präsident der Anlagekommission der Bundespensionskasse (PUBLICA). ETFs sind auch bei Immobilienanlagen die kostengünstigste und transparenteste Alternative. Dr. Alexander Hinder beobachten erste Anzeichen einer Erholung. Die Preise sind mittlerweile wieder attraktiv. Zudem steigt das Interesse an Eigenheimbesitz bei US- Bürgern wieder deutlich an, wie jüngste Umfragen bestätigen. Giuliana De Rinaldis In Bezug auf den US- Häusermarkt teile ich die Meinung der Herren hier scheint die Talsohle langsam erreicht zu sein. Ich finde aber auch die Nordwesteuropäischen Wirtschaftszentren im EU-Raum attraktiv. Ein weiterer bei uns unentdeckter, stark wachsender Immobilienmarkt ist in den chinesischen Wirtschaftszentren zu finden. Doch ist die Steuer- und Währungsthematik immer vertieft zu durchleuchten. Ulrich Braun Im Ausland konzentrieren wir uns auf die führenden Wirtschafts- oder Politikzentren. Die hohe Ertragsstabilität wird schliesslich durch mittel- bis langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern und eine mehrheitliche Währungsabsicherung erreicht. Konkret bevorzugen wir momentan Grossstädte in Deutschland, Australien und auch in den USA. Zum Abschluss eine persönliche Frage: Wie lautet Ihre ganz persönliche Anlagestrategie beim Thema Immobilien? Georg von Wattenwyl Ich besitze direkte Immobilien und habe diese durch einen Mix an Festhypotheken finanziert. Daneben führe ich das Raiffeisenzertifikat «RZIMO» auf sieben Schweizer Immobilienaktien im Depot und profitiere neben einer guten Wertentwicklung jährlich von attraktiven Ausschüttungen. Giuliana De Rinaldis Die momentanen Marktbedingungen machen eine Investition in Immobilien, verbunden mit einem asymmetrischen Finanzierungskonzept mit Schwergewicht Fixhypothek, zu einer attraktiven Anlage. Es ist jedoch zu bedenken, dass beim Erwerb eines Eigenheims ja immer auch emotionale Gründe eine wichtige Rolle spielen und die ökonomischen Überlegungen teilweise in den Hintergrund treten. Alex Hinder Ich habe bereits in jungen Jahren ein Eigenheim erworben. Allerdings ist es sehr wichtig, dass man ein preislich vernünftiges Objekt kauft, das sich auch durch eine erstklassige Lage auszeichnet. So besteht Potenzial auf eine Wertsteigerung, die aber nicht Hauptmotivation für den Kauf sein sollte. Ich habe Anfang der neunziger Jahre erlebt, wie lange es dauern kann, bis sich die Preise nach dem Platzen einer Immobilienblase wieder erholen mit einem Jahrzehnt muss man mindestens rechnen! Ulrich Brauch Persönlich bin ich Eigentümer eines Einfamilienhauses die Finanzierung ist eine Mischung aus Libor- und Festhypotheken. Daneben habe ich rund 15% meines Anlagevermögens in einen Schweizer sowie einen global investierenden Immobilienfonds angelegt. Herzlichen Dank! 13 /// ANLEGEN & VORSORGEN /// August 2012