Schnelle Ultraschallprüfung von Rohren und Stangen mit der Phased-Array-Technik Udo Schlengermann, Stephan Falter, Reinhard Prause Agfa NDT GmbH, Hürth Einleitung Bei der Ultraschallprüfung von Stangen und nahtlosen Rohren wird der Nachweis von Längsfehlern, Querfehlern und von Schrägfehlern gefordert. Zusätzlich wird das Aufzeigen von Wandverformungen, bzw. Wandicken-Abweichungen gewünscht. Aus wirtschaftlichen Gründen soll diese Prüfung mit hoher Geschwindigkeit ablaufen. Die Prüfung soll auch in einem Durchgang erfolgen, wobei die Prüfköpfe in einer Weise angeordnet sein sollen, die möglichst kleine Enden ungeprüft läßt. Dieser Bericht stellt eine Prüfanlage für Stangen und nahtlose Rohre vor, bei der durch zeitgesteuerte Gruppenstrahler für alle Prüffunktionen, die Prüfung wesentlich beschleunigt werden kann, wobei zusätzlich zu einer Längs- und Querfehler- Bewertung eine Auswertung auf Schrägfehler mit Schräglagen zwischen ± 20 Grad erfolgt und auch eine Wanddickenmessung statt findet. Durch gleichzeitiges Senden aller Elemente der Prüfkopf-Arrays werden in einem Prüfzyklus (mit einem Sendeimpuls) große Bereiche des Prüfobjektes erfaßt ( Paint- Brush -Technik). Beim Empfangen der Echos können Gruppen von Elementen beliebig gesteuert werden. Dies erlaubt sowohl eine Erhöhung der Zuverlässigkeit der Prüfung durch Überlappung der Prüfzonen als auch eine genaue Auswertung auf Abmessungen und Schräglage der nachgewiesenen Inhomogenitäten. Prüfaufgabe Geprüft werden nahtlose Rohre und Stangen im Durchmesserbereich von 50 mm bis 400 mm, mit Wanddicken zwischen 5 mm und 30 mm. Ein Umbau der Anlage auf größere Abmessungen ist möglich. Alle Prüfungen finden in einem Tank statt, in dem das Prüfobjekt nur von unten benetzt wird (Pfützen-Technik). Nachzuweisen sind Längs- und Querfehler, Schrägfehler bis zu ± 20 Grad, außerdem Wanddicken-Abweichungen, Innenwand-Verformungen und Exzentrizität des Prüfobjektes. Der Transport erfolgt schraubenförmig mit einer Umfangsgeschwindigkeit bis zu 1,5 m/s und einem axialen Vorschub bis zu 90 mm/umdrehung. Dabei muß ein Abstand der Prüfimpulse auf der Oberfläche des Objektes zwischen 1 mm und 4 mm eingehalten werden. Abhängig von der zu prüfenden Wanddicke kann das ungeprüfte Ende bis auf etwa 30 mm reduziert werden. Ein besonderes Problem stellt die gewünschte hohe Prüfgeschwindigkeit von 1,5 m/s auf dem Umfang bei einem Prüfimpuls-Abstand von 1 mm dar. Dies erfordert eine Impulsfolge-Frequenz von mindestens 1,500 khz. 77
Mit der herkömmlichen Prüftechnik, die Einzel-Prüfköpfe und Wasservorlaufstrecken von etwa 40 mm einsetzt, läßt sich diese hohe Impulsfolge-Frequenz bei weitem nicht erreichen. Bild 1: Prüftank mit Array-Prüfköpfen Bild 2: Prüftank mit Antriebsrollen Paint-Brush -Prüftechnik Die gewünschte hohe Impulsfolge-Frequenz läßt sich aber erreichen, wenn beim Senden alle Elemente eines Gruppenstrahlers gleichzeitig angeregt werden ( Paint- Brush-Betrieb) und damit die Zeit für das Durchlaufen der Vorlaufstrecke nur einmal abgewartet werden muß und nicht mehrmals wie beim Betrieb von vielen Einzel- Prüfköpfen. Das Bild 1 zeigt die Prüfkopf-Arrays in einem Tank, in dem eine Wasserpfütze für die Ankopplung sorgt: Zwei lineare Prüfkopf-Arrays für den Nachweis von Längs- und Schrägfehlern, Ein lineares Array für den Nachweis von Querfehlern und für die Wanddickenmessung. Auch das zu prüfende Rohr, das schraubenförmig über diese Prüfköpfe transportiert wird, ist zu erkennen. Im Bild 2 sind die beiden Paare von Antriebsrollen zu erkennen. Deutlich wird, wie kompakt die fünf Array-Prüfköpfe im Tank untergebracht sind. Prüftechniken Das Bild 3 zeigt die Anordnung der Prüfköpfe für die verschiedenen Prüfaufgaben. LF/SF WD/QF LF/SF Echospiegel WD/QF Bild 3: Anordnung der Prüfköpfe 78
Die beiden Prüfkopf-Arrays für die Längs- und Schrägfehler-Prüfung prüfen in Schrägeinschallung mit 45 in Stahl in beiden Umfangsrichtungen. Dabei wird ein Teil des Schallbündels über Spiegel senkrecht auf die Oberfläche gelenkt, um ein stabiles Eintrittsecho für die Triggerung zu erzeugen. Die Elemente der Arrays für die Längs- und Schrägfehler-Prüfung arbeiten beim Senden und Empfangen gleichzeitig, d.h. im Paint-Brush -Betrieb. Das Prüfkopf-Array für die Querfehler-Prüfung und Wanddickenmessung arbeitet wechselweise für die Senkrecht-Einschallung (Wanddickenmessung) oder mit der Schrägeinschallung in beiden Richtungen (Querfehler-Prüfung). Hier werden Gruppen von Elementen in der klassischen Betriebsweise wie Einzel-Prüfköpfe betrieben (virtuelle Prüfköpfe). Um die Prüfgeschwindigkeit zu steigern, erlaubt der Array-Prüfkopf aber auch den Parallel-Betrieb von Elementgruppen, wenn sich die Echos nicht gegenseitig stören. 2 4 6 8 10 12 virtuelle Pk's 1 3 5 7 9 11 virtuelle Pk's 52 aktive Elemente 12 mm Überlappung 66 % 13 14 15 16 17 18 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 virtuelle Pk's 8 passive Elemente 8 passive Elemente Bild 4: Paint-Brush - Betrieb für den Nachweis von Längs- und Schrägfehlern 224 Elemente, 0,5 mm Elementabstand Bild 5: Betriebsweise für den Querfehler- Nachweis und die Wanddickenmessung 12 mm Schrägfehler-Bewertung Schräg zur Achse des Prüfobjektes liegende Reflektoren erzeugen Echo-Signale, die zeitlich verzögert am Prüfkopf-Array eintreffen. Nach dem Digitalisieren der Signale liegen numerische Daten für Laufzeit und Amplitude in RAM s vor. Die Inhalte dieser RAM s werden in jedem Prüfzyklus in Unterzyklen auf die Laufzeitdifferenzen in benachbarten Elementen hin ausgewertet. Aus dieser Signatur wird die Schräglage bestimmt. Durch Labor-Untersuchungen an Schrägfehlern hat sich gezeigt, daß für den Winkelbereich zwischen 20 und +20 minimal nur 5 (10 -Stufen), maximal nur 13 Schritte notwendig sind (2,5 -Stufen), um alle geforderten Schrägfehler zu entdecken. Allerdings ist dabei eine von der Schräglage abhängige Amplituden- Korrektur erforderlich. Die Tabelle 1 zeigt beispielhaft für ein Rohr der Abmessungen 244 mm x 12 mm die Echohöhen bei verschiedenen Schräglagen. Deutlich ist zu erkennen, daß die Echos eines bestimmten Reflektors immer von mehreren Elementen mit hoher Amplitude erfaßt werden. Testfehler / Auswerte-Winkel / 0 1 2 3 0 2,5 5 7,5 10 12,5 15 20 4 5 6 7 8 9 10 90 77 56 45 20 90 95 85 67 58 45 35 45 62 81 90 85 74 48 52 80 94 96 86 75 31 40 54 65 70 56 40 25 35 43 60 85 50 38 27 34 42 46 45 20 21 25 25 21 Tabelle 1: Signale von Schrägfehlern (Echoamplituden in Prozent BSH) 79
Zusammenfassung der Prüfergebnisse Die über die Prüfkopf-Arrays gewonnenen, digitalen Prüfdaten werden Gruppen weise zu den Ergebnissen von virtuellen Prüfköpfen zusammengefaßt und in virtuellen A-Bildern dieser Prüfköpfe dargestellt, um die Prüfdaten zu reduzieren und um die Auswertung der Prüfdaten mit der herkömmlichen Blendenlogik zu ermöglichen. Das Bild 6 zeigt beispielhaft, wie die Ergebnisse von 7 Elementgruppen zu jeweils einem virtuellen A-Bild zusammengefaßt werden. Die vielen A-Bilder, die die B-Bilder (links im Bild) erzeugen, resultieren in einem einzigen A-Bild (rechts im Bild). 1 3 5 7 2 4 6 0-Grad-Längsfehler A-Bild virtueller PK 1, Auswertung 0 Grad 1 3 5 7 2 4 6 A-Bild virtueller PK 4, Auswertung 15Grad 15-Grad-Schrägfehler Bild 6: Datenreduktion zu virtuellen A- Bildern Prüf-Elektronik Die elektronischen Bauteile zum Betrieb der Anlage und zum Verarbeiten der Signale sind entsprechend ihrer Funktion in zwei Schränken untergebracht: Die Sender und Verstärker, die Steuerung der Phased-Arrays und die Steuerung der Datenkommunikation im ersten Schrank (Front-End-Elektronik), Die Signalverarbeitung (Entstörung, Verdichtung), die Anlagen-Steuerung und die Kommunikation mit einem externen Computer im zweiten Schrank (Back-End Elektronik). Die Funktionen innerhalb der beiden Elektronik-Gruppen sind im Bild 7 gezeigt. VIS-Phased-Array Front-End VIS-Phased-Array Back-End Prüfkopf Sender Vorverstärker Blenden Commboard Phased-Array-Zyklen Steuerung Datenvorverarbeitung Mapping VIF Board Auswertung Entstörung Verarbeitung VCON Bedien-Oberfläche Datenvisualisierung A-Bild Datenspeicherung Anbindung an Betriebsnetz Steuerung Datenverdichtung Kommunikation mit PC VIF-Auswertekanäle Bild 7: VIS-Phased-Array-Elektronik 80
Zusammenfassung Die konsequente Verwendung von Phased-Array-Prüfköpfen in Verbindung mit der Paint-Brush -Technik erlaubt eine erhebliche Steigerung der Prüfgeschwindigkeit bei der Ultraschallprüfung von Rohren und Stangen. Gleichzeitig wird aber auch die Zuverlässigkeit der Prüfung verbessert, weil mit höherer Redundanz geprüft werden kann (Überlappung der Prüfzonen). Auch erlaubt die Bewertung der Zeitdifferenzen der Signale beim Empfangen jetzt den Nachweis und die Bewertung von Schrägfehlern bis zu Neigungswinkeln von ±20 gegen die Längsachse. Trotzdem ist durch Signalreduktion eine Beurteilung mit der herkömmlichen Blendenlogik in A-Bildern möglich, wenn sie gewünscht wird. Die Prüfung erfolgt in einem Durchgang auf Längsfehler, Schrägfehler, Querfehler und auf Wanddicken-Abweichungen, wobei alle beteiligten Prüfköpfe in einem sehr kompakten Tank untergebracht sind. Das ungeprüfte Ende beträgt nur 30 mm. 81