Grußwort von Ministerialdirektor Dr. Walter Schön

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Transkript:

Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Amtschef Grußwort von Ministerialdirektor Dr. Walter Schön anlässlich der Zentralen Fachtagung zum Jubiläum 60 Jahre Bewährungshilfe in Bayern am 17. April 2013 in München Telefon: 089/5597-3111 e-mail: presse@stmjv.bayern.de Prielmayerstraße 7 Telefax: 089/5597-2332 Internet: www.justiz.bayern.de 80335 München

- 1 - Als im Jahr 1953 im Jugendgerichtsgesetz und im Strafgesetzbuch die Strafaussetzung zur Bewährung und die Beiordnung eines Bewährungshelfers gesetzlich verankert wurden, betrat der Gesetzgeber Neuland. Zwar gab es Vorläufer der Strafaussetzung zur Bewährung, insbesondere die bedingte Entlassung aus der Strafhaft im Wege der Gnade und die Strafaussetzung zur Probe im Jugendgerichtsgesetz aus dem Jahr 1923. Dem Verurteilten kraft richterlichen Beschlusses einen Helfer zur Seite zu stellen, kannte das deutsche Strafrecht bis dahin jedoch nicht. Dass dies ein Versäumnis war, zeigten die praktischen Erfahrungen mit der Strafaussetzung zur Probe nach dem Jugendgerichtsgesetz: Ohne die Möglichkeit einer Bewährungshilfe war die Widerrufsquote hoch und daher die Enttäuschung über dieses neue Bestrafungsmodell groß. Telefon: 089/5597-3111 e-mail: presse@stmjv.bayern.de Prielmayerstraße 7 Telefax: 089/5597-2332 Internet: www.justiz.bayern.de 80335 München

- 2 - Der Gesetzgeber hat 1953 hieraus die notwendigen Lehren gezogen. In der Begründung des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes heißt es zur gesetzlichen Etablierung der Bewährungshilfe knapp: "Es reicht vielfach nicht aus, lediglich einschneidende Maßnahmen ohne die Möglichkeit der Kontrolle und der Betreuung des Verurteilten anzuordnen. Dieser wird oft nur dann die Energie zu einem geordneten Leben aufbringen, wenn ihm ein Helfer beigegeben wird, der ihm in unmittelbarem persönlichem Kontakt in allen Schwierigkeiten des Lebens beisteht." Daher wurde im neuen Jugendgerichtsgesetz von 1953 von Anfang an neben der Strafaussetzung und der Strafrestaussetzung obligatorisch die Bewährungshilfe verankert. Im allgemeinen Strafrecht hat man sie zumindest als Möglichkeit vorgesehen, bei unter 27-Jährigen und mehr als neunmonatiger Freiheitsstrafe sogar im Sinne einer Sollvorschrift.

- 3 - In der Justizpraxis gab es damals allerdings nicht wenige Stimmen, die daran zweifelten, ob das Konzept des Gesetzgebers realistisch umgesetzt werden kann. Vor allem wurde prognostiziert, dass die Aufsicht eines haupt- oder ehrenamtlichen Bewährungshelfers wohl nur auf dem Papier stehen wird, weil ehrenamtliche Bewährungshelfer nicht in der erforderlichen Zahl gewonnen werden können und für die notwendigen hauptamtlichen Bewährungshelfer die Mittel fehlen. Anrede! Die pessimistischen Prognosen haben sich nicht erfüllt. Am 1. April 1953 haben in München die beiden ersten bayerischen Bewährungshelfer die Arbeit aufgenommen. Sie waren beim Verein Bewährungshilfe e.v. angestellt und unterstanden der Dienstaufsicht des Stadtjugendamts. Zum 1. Januar 1956 wurden die Bewährungshelfer - es waren zwischenzeitlich 19 - in die Justiz über-

- 4 - nommen. Heute stehen in der bayerischen Bewährungsund Gerichtshilfe 305 Planstellen zur Verfügung, davon sind 8 Planstellen mit Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfern besetzt. Die Gerichtshilfe ist in Bayern vor 35 Jahren im Jahre 1978 als neue wichtige Sparte der Sozialdienste der Justiz eingeführt worden. Die Zahl der Planstellen für die Bewährungshilfe werden wir - wie sie wissen - in zwei Tranchen jeweils zum 1. Oktober 2013 und 2014 um insgesamt 38 Planstellen erhöhen. Dadurch werden wir die Belastung der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer voraussichtlich auf den Stand von vor über zehn Jahren senken können. Berücksichtigt man die Stellenmehrungen in den Doppelhaushalten 2003/2004 von 20 zusätzlichen Stellen und 2009/2010 von 15 zusätzlichen Stellen ist die bayerische Bewährungshilfe dann seit 2003 um insgesamt 73 Stellen verstärkt worden.

- 5 - Der Ausbau der Bewährungshilfe wurde in erster Linie durch die lange Jahre stetig gestiegenen Probandenzahlen dringend notwendig. Waren in der Bewährungshilfe 1960 noch etwa 3.600 Probanden zu betreuen, sind es zum 31. Dezember 2012 24.809 Probanden gewesen. Der starke Anstieg der Probandenzahlen hatte unterschiedliche Gründe. Lassen Sie mich zwei herausgreifen: Zum einen, wurden - maßgebend auch durch die Etablierung der Bewährungshilfe - die vollstreckten Freiheitsstrafen zurückgedrängt und im Bereich der Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren vielfach durch ausgesetzte Freiheitsstrafen ersetzt. Über 70 % aller aussetzungsfähigen Freiheitsstrafen werden heute in Bayern zur Bewährung ausgesetzt. Hingegen sind nur noch 7,5 % aller Sanktionen vollstreckte Freiheitsstrafen, im Vergleich zu einem Anteil von 23 % im Jahr 1965. Zum andern hat die Einführung der Führungsaufsicht im Jahre 1975 und ihr Ausbau durch

- 6 - das Sexualdeliktsbekämpfungsgesetz 1998 zu einer deutlichen Erhöhung der Probandenzahlen geführt. Von den 24.809 Probanden, die Ende 2012 durch die bayerischen Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer betreut wurden, waren 7.623 Führungsaufsichtsprobanden. Die bayerische Bewährungshilfe musste sich in den 60 Jahren ihres Bestehens aber nicht nur einer ständig steigenden Geschäftsbelastung stellen, sondern auch wachsenden qualitativen Herausforderungen. So sind die Problemlagen der Probanden deutlich schwieriger geworden. Die Situation vieler Unterstellten ist heute durch eine nachhaltige Suchtproblematik, hohe Schulden, Langzeitarbeitslosigkeit, gesundheitliche Beeinträchtigungen, soziale Bindungsunfähigkeit oder auch Persönlichkeitsstörungen gekennzeichnet. Darüber hinaus hat die Betreuung der sog. Risikoprobanden, bei denen im Falle erneuter Straffälligkeit erhebliche Gefahren für Leib und Leben anderer Menschen drohen, erheblich an Bedeu-

- 7 - tung gewonnen. Das gilt im besonderen Maße der für die unter Führungsaufsicht stehenden Gewalt- und Sexualstraftäter, die nach vollständiger Verbüßung ihrer Freiheitsstrafe aus dem Justizvollzug entlassen werden oder die stark rückfallgefährdeten Sicherungsverwahrten, die in jüngster Vergangenheit nach der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts entlassen werden mussten. Diese Probanden zu betreuen, fordert einen hohen zeitlichen und persönlichen Einsatz der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer. Hinzu kommt, dass in diesen Fällen zum Schutz der Allgemeinheit auch eine intensive Überwachung der Lebensführung der Entlassenen durch engmaschige Auflagen und Weisungen unabdingbar ist. Ohne die Mitwirkung der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer ließe sich dies nicht erfüllen. Trotz der hohen Geschäftsbelastung und der ständig angewachsenen qualitativen Anforderungen, sind die Erfolge der bayerischen Bewäh-

- 8 - rungshelferinnen und Bewährungshilfe erstaunlich. Fast zwei Drittel aller Unterstellungen können zu einem positiven Abschluss gebracht werden, enden also mit dem Erlass der Strafe, einer Tilgung des Schuldspruchs oder einer Aufhebung der Unterstellung. Berücksichtigt man, dass Bewährungshilfe tendenziell eher bei rückfallgefährdeten Probanden angeordnet wird, kann diese Erfolgsquote nur als überzeugender Beleg für die Wirksamkeit der Arbeit der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer angesehen werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Bewährungshilfe - quasi als letztes Glied der Kette - erst dann tätig wird, wenn es am schwierigsten ist. Wenn nämlich alle anderen Präventionsbemühungen - etwa in der Familie, Schule, Arbeit, Freizeit oder polizeilichen Vorbeugeprogrammen - erfolglos waren und es bereits zu einer Verurteilung oder sogar zum Vollzug einer Freiheitsstrafe wegen einer Straftat gekommen ist. Es ist eine gesicherte kriminologische Erkenntnis, dass die Wirksamkeit der Prävention

- 9 - umso geringer ist, je später die Einwirkung erfolgt und je geringer die soziale Nähe unter den Beteiligten ist. Manche bezeichnen daher eine effektive Prävention bei erwachsenen Straftätern als Glücksfall. Es ist allerdings auch anerkannt, dass die Chancen für eine erfolgreiche Prävention umso besser sind, je mehr es gelingt, die soziale und humane Komponente einzubringen. Hierfür sind wir in der Strafrechtspflege auf die Bewährungshilfe angewiesen. Über ihre Kontrollfunktion repräsentiert sie den äußeren Halt durch die Strafrechtsordnung und über ihre Hilfs- und Beratungsfunktion kann sie die moralisch protektiven Faktoren im Leben gefährdeter Straffälliger aktivieren. Die Bewährungshilfe verzahnt hier die Spezialaufgaben des Strafrechts mit den allgemeinen der sozialen Integration. Sie vermittelt das Angebot der Gemeinschaft, Straffällige wieder in die Gesellschaft einzugliedern und verkörpert damit das humanitäre Ideal der Resozialisierung.

- 10 - Lassen Sie mich noch daran erinnern, dass der Gesetzgeber bereits 1953 neben der hauptamtlichen Bewährungshilfe die ehrenamtliche Bewährungshilfe als Option vorgesehen hat. Die Förderung des ehrenamtlichen Engagements in der Bewährungshilfe ist mir ein großes Anliegen. Ehrenamtliche können nach meiner Überzeugung in der Bewährungshilfe einen wichtigen Platz einnehmen. Sie können hauptamtliche Bewährungshelfer selbstverständlich nicht ersetzen und auch keine Risikoprobanden betreuen. Sie sind jedoch in der Lage - angeleitet durch hauptamtliche Bewährungshelfer - Aufgaben zu übernehmen, die den Probanden helfen und auch die hauptamtlichen Bewährungshelfer unterstützen. Und ihnen kommt auch eine wichtige Vermittlerfunktion zwischen den straffällig Gewordenen und der Gesellschaft zu. Das Justizministerium wird daher in Kürze die Zentrale Koordinierungsstelle Bewährungshilfe mit der konzeptionellen Vorbereitung von Modellprojekten beauftragen, in denen in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken die ehren-

- 11 - amtliche Tätigkeit in der Bewährungshilfe überregional koordiniert und professionalisiert werden soll. Es gibt bereits heute einige gut funktionierende Modelle ehrenamtlicher Mitarbeit in Bayern als Vorbilder. Wir wollen mit diesen Modellprojekten erproben, ob nicht doch deutlich mehr Ehrenamtliche gewonnen werden können als die gegenwärtigen 136 Personen und ob dadurch nicht doch auch ein größerer Nutzen für die hauptamtlichen Bewährungshelfer erzielt werden kann. Ich bitte die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer, dieses Vorhaben aufgeschossen zu unterstützen. Anrede Die Bewährungshilfe hat sich in den letzten 60 Jahren in der bayerischen Justiz einen äußerst wichtigen und geachteten Platz erworben. Ihr ist es gelungen, die in den Anfangsjahren teilweise sehr skeptische Haltung innerhalb der Justiz zu überwinden und durch die erkennbaren Erfolge ihrer Arbeit ein Klima des Vertrauens zu schaffen, in dem es möglich wird, in gemeinsamer

- 12 - Verantwortung die kritische Probe mit den Verurteilten in Freiheit zu wagen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle all denen danken, die hierzu beitragen. Im Besonderen allen Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern, die unter schwierigen Bedingungen mit großem Engagement, häufig unter Hintanstellung persönlicher Interessen, ihre verantwortungsvolle Aufgabe erfüllen. Sie leisten mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Dienst am Einzelnen und an der Gesellschaft. Abschließend danke ich Herrn Beß seinen Kolleginnen und Kollegen der Zentralen Koordinierungsstelle Bewährungshilfe für die Vorbereitung und Durchführung der heutigen Fachtagung, mit der das 60-jährige Jubiläum der bayerischen Bewährungshilfe gewürdigt werden soll. Das Programm verspricht spannende Referate und interessante Diskussionen.