P Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

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Transkript:

P0310 0 Der Bibeltext zu heutigen Predigt steht im 1. Kapitel des Johannesevangeliums. Ich lese Ihnen die Verse 1 bis 3 und den Vers 14 nach der Übersetzung der Lutherbibel vor. Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Amen.

P0310 1 Predigt zu Joh 1, 1-3+14 Im Anfang war das Wort und was ist mit dem Ende? Liebe Mitchristen, Im Anfang war das Wort ; unter dieses Leitwort aus dem Johannesevangelium wurde in diesem Jahr die 500-Jahrfeier der Reformation in Deutschland gestellt; und auch auf den Leibchen der Helfer an unserem kirchgemeinde-eigenen Reformationsjubiläum stand dieser Satz geschrieben. Martin Luther hat auf der Wartburg binnen elf Wochen das ganze Neue Testament ins Deutsche übersetzt, und Martin Luther hat somit das Wort also die Bibel, die dann später auch um die deutsche Übersetzung des Alten Testaments ergänzt wurde allen Menschen deutscher Sprache zugänglich gemacht. Luthers Bibelübersetzung und Luthers wortgewaltige Sprache haben mitunter die Reformation geprägt und beflügelt; und dank der damaligen neuen Technologie des Buchdrucks wurde die Bibel innert kurzer Zeit in vielen Haushalten gelesen und studiert. Lange Zeit war die Bibel darum auch das einzige Lesebuch, das eine Familie besass; und entsprechend hoch wurde der Wert einer Bibel geschätzt. Im Anfang war das Wort ; mit diesen Worten beginnt also das Johannesevangelium. Mit Luthers Worten gegen den Ablass beginnt auch die Reformation. Und mit Luthers Auslegung des Wortes in Gestalt so vieler Predigten wird die Reformationszeit darum begleitet; und die wortgewaltige Auslegung des Wortes, das seit Anbeginn steht und feststeht, formt schliesslich nicht nur in Deutschland,

P0310 2 sondern auch hier bei uns mit Hilfe der Reformatoren Zwingli und Bullinger und Calvin ein ganz neues Glaubens- und Kirchenverständnis. Die Konzentration auf das Wort hat also die protestantische Kirche in Deutschland wie auch die reformierte Kirche in der Schweiz und an vielen anderen Orten geprägt. Denn nur so ist das reformatorische Sola Scriptura das Allein mit Hilfe der Heiligen Schrift-Prinzip zu verstehen, welches im ganz intensiven Nachdenken über ein Bibelwort, ein zum Leben erweckendes Wort jeweils hoffte und glaubte entdecken zu können. Und: Weil die Reformation im Speziellen durch die Auseinandersetzung mit dem Wort in Gang gesetzt wurde, blieben die Reformationskirchen dieser Auseinandersetzung auch treu: An Stelle des Papstes und des katholischen Lehramtes rückte folglich im Studierzimmer vieler reformierter Pfarrer das theologische Suchen und Schaffen und Studieren und Forschen und Fragen in den Vordergrund, da die reformierten Pfarrer vielerorts mit der Frage konfrontiert waren, wie sie das Wort, das eigentlich geheimnisvoll und unaussprechlich zwischen den Zeilen wohnt, den Menschen ans Herz legen konnten. Dies alles erklärt somit auch den hohen Stellenwert der Theologie und der Predigt innerhalb der reformierten Kirche. Denn so mancher reformierte Pfarrer fragte in den vergangenen 500 Jahren stets aufs Neue nach dem Wort, das nach dem Urteil des Neuen Testamentes in der Gestalt des Menschensohnes aus Nazareth Fleisch wurde und das sich in vielfältiger Weise Sonntag für Sonntag in unzähligen Predigten aufs Neue aktualisierte, und somit die Menschen in ihrem Leben und oft auch in ihrem Leiden zu begleiten versuchte.

P0310 3 Und somit erklärt sich, warum in der reformierten Kirche die Predigt stets als ein ganz zentraler Punkt für das Gemeindeleben wahrgenommen wurde. Man kann dieser Wortlastigkeit der reformierten Kirche und des reformierten Gottesdienstes durchaus kritisch gegenüber eingestellt sein: Schliesslich bestehen wir Menschen ja nicht nur aus einem Kopf und aus Gedanken, sondern wir haben eben auch ein Herz und zwei Hände und einen Leib und vielerlei Emotionen. Trotzdem sage ich: Die Predigt, die sich als eine Auslegung des Wortes und als eine Rückbesinnung auf das Wort Gottes versteht, bildet nach wie vor so etwas wie das eigentliche Rückgrat der christlichen Verkündigung. Denn in der Predigt wird quasi das ganze christliche Parteiprogramm verkündet und erklärt und eben auch öffentlich verantwortet, womit die Kirche der Gefahr der Sektiererei entrückt (!) wird ; und in der Predigt wird quasi immer wieder aufs Neue ausgefaltet, um was es in der Kirche geht: Nämlich im Kern stets um das Evangelium für den Sünder, und mit dieser Formulierung ist dann im Wesentlichen so etwas gemeint wie ein möglichst versöhntes Leben mit sich und seinen Mitmenschen trotz allem (!), was dem ganz und gar unversöhnlich und widerborstig entgegensteht und uns unseren Seelenfrieden rauben und uns aus dem Gleichgewicht bringen will. Im Anfang war das Wort ; so lautete also die Grundüberzeugung der Reformatoren; und unsere Vorfahren begleitete dieses Wort stets aufs Neue. Heute jedoch so kommt es mir vor wird dies mehr und mehr zu einer geschichtlichen Wahrheit;

zu einer Wahrheit der Vergangenheit. P0310 4 Denn heute ist das Wort im besten Fall nur noch am Anfang auszumachen etwa bei der Taufe ; aber kaum noch in der Mitte unseres Lebens; auf jeden Fall nicht mehr in der Mitte unserer Gesellschaft. Denn so viele Menschen aus unserem europäischen Kulturkreis also eben gerade nicht aus anderen Kulturen fragen heute kaum noch nach dem Wort, denn sie bleiben der Kirche und der sonntäglichen Predigt fern wie der Teufel dem Weihwasser. Gewiss, mit Sicherheit sind nicht alle Predigten so wortgewaltig, dass es sich lohnen würde, sie zu hören. Und vermutlich ist es eben auch die meinige heute nicht. Aber ich sage: Wenn der von mir beklagte Trend sich fortsetzt, dann ist es mit der Kirche und im Besonderen mit der reformierten Kirche, die ja noch immer eine Kirche für das Volk, für die Glieder unserer Gesellschaft, sein will bald einmal aus und vorbei. Und nicht nur das: Wenn es mit der Kirche aus ist, dann kommt in meiner Wahrnehmung auch schon bald anstelle des Reiches für die Menschen das Reich für die Unmenschen. Und schuld an dieser Entwicklung sind dann eben nicht allein die Globalisierung oder der allgemeine Leistungsdruck, sondern zumindest als weitere Ursache muss dann auch das gesehen und verstanden werden, dass wir als ganze Gesellschaft uns keinen Deut um die Werte und um die Worte des Menschensohnes aus Nazareth gekümmert haben, der uns allen eine menschliche und menschengerechte Zukunft offen halten will. Und so sage ich:

P0310 5 Stirbt die christliche Verkündigung, so stirbt auch bald das Humane in unserer Gesellschaft und das Unmenschliche kommt dafür auf in vielerlei Gestalt: Zum Beispiel, dass sich das soziale Klima zunehmend abkühlt und verschärft, und dass jemand keine IV mehr zugesprochen bekommt, die er doch so dringend bräuchte, oder dass in Zukunft noch weitere Hassideologien aufkommen; und so sind die Terroranschläge der jüngsten Gegenwart eigentlich nur so etwas wie die Spitze eines Eisberges eines blindwütigen Kampfes aller gegen alle. Indes ; selbstverständlich weiss ich auch, dass sich viele Probleme nicht einfach dadurch in Wohlgefallen auflösen würden, indem sich nun möglichst viele Menschen am Sonntagmorgen einfach bloss wieder brav unter die Kanzel stellen würden. Der Gottesdienstbesuch kann darum nicht allein als Allheilmittel für komplexe Problemstellungen propagiert werden. Aber: Die biblisch fundierte Verkündigung, die immer wieder nach dem Wort Gottes fragt, kann zumindest mithelfen, in unserer Gesellschaft gute und tragfähige und menschengerechte Lösungen zu suchen und zu schaffen; und sie kann uns vor allem auch immer wieder bewusst machen, dass sich die Kraft der Starken nicht allein an ihrer Stärke zeigt, sondern vor allem auch an ihrem Umgang mit den Schwachen bemisst. Denn nicht ohne Grund verheisst uns ein ganz wichtiges Jesuswort bis heute: Amen, ich sage euch: Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. (Mt 25, 40) Im Anfang war das Wort. ruft uns also die deutsche Reformationskampagne in Erinnerung.

Aber eigentlich fragt der Slogan auch: Und: Was ist mit diesem Wort denn heute? P0310 6 Ist und existiert das Wort Gottes auch heute noch in unserer Mitte? Wird es auch morgen noch unter uns wohnhaft sein? Existiert das Wort also nicht nur am Anfang, sondern auch am Ende? Freilich ; wir alle können über das Wort Gottes nicht verfügen! Das Wort Gottes darf darum nie als Besitz verstanden werden oder als etwas, worüber wir Theologen herrschen könnten. Das Wort Gottes ist frei. Es ist deshalb auch frei, sich uns und unserem theologischen Suchen und Fragen zu entziehen. Aber: Es kann sich uns eben auch zeigen und offenbaren! Unverfügbar natürlich! Aber dennoch stark und aufrüttelnd und wortgewaltig und wegweisend! Denn: Im Anfang war das Wort; und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Ich hoffe darum, dass sich die reformierte Kirche noch lange

P0310 7 an dieses Anfangswort aus dem Johannesevangelium erinnert, und dass sie darum auch heute noch unentwegt nach diesem ersten und zugleich letzten Wort Gottes fragt, das eigentlich unaussprechlich ist und das alle unsere menschlichen Worte übersteigt, aber nichtsdestotrotz uns alle ruft und uns auch trägt und durchträgt und uns darum auch hält und am Leben erhält und uns sogar im Sterben begleitet und uns selbst im Tod begegnet und uns auch da nicht fallen lässt, da es auch dort das letzte Wort über allem sein und bleiben wird. Amen.

P0310 8 Ich bitte Sie, sich zum Gebet zu erheben: Unser Gott, du hast das erste und das letzte Wort; du bist das grosse Weltengeheimnis, aus dem wir kommen und wohin wir wieder gehen. Du bist der Grund und der Urgrund, du bist der Anfang und das Ende; du bist der Sinn und das Ziel. Du bist das Wort, das uns alle ins Leben gerufen hat, denn du bist das Wort und die Quelle des Lebens. In dir sind wir geborgen, auch wenn wir fallen. Du bist das Wort, das sich allen unseren Worten entzieht und alle unsere Gedanken übersteigt. Lass uns darum immer wieder nach deinem Wort suchen und fragen; und zeige du dich darum auch in einem Wort der Bibel oder in einem Gedanken oder im Wort eines Menschen, der für uns ein offenes Ohr bereithält. Auch wir möchten da und dort ein Wort des Trostes sagen lernen, aber gib du uns dazu dein Wort, da wir es zumeist nicht aus uns selber zu sagen vermögen. Und alles, was uns sonst noch bewegt, das fassen wir zusammen, wenn wir gemeinsam das Unser-Vater beten: Unser Vater im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. Sie können sich wieder setzen. Und als Fortsetzung des Gebets singen wir nun vom Lied 260 alle 5 Strophen. Lied NRG: 260; 1-5 (Gott hat das erste Wort)